S C H I L L E R J A H R

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F R I E D R I C H   S C H I L L E R

Schillerfeste zum 200. Todestag:
Mainz: Warum feiern wir Schiller heute?

Berlin: Verteidigt Schiller gegen das Regietheater!

Wiesbaden: Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben...

Aachen: Schiller, Deutschlands "schöne Seele"

Hamburg, Hannover: "Lebe mit deinem Jahrhundert, aber sei nicht sein Geschöpf"

Dresden: Gegen den "vermoosten" Pessimismus der 68er!

Zittau: 750 Jahre Stadt Zittau und Schillers Vermächtnis
Berlin: Verteidigt Schiller gegen das Regietheater!

Zehn Mitglieder der LaRouche-Jugendbewegungen stellten am 2. Mai 2005 das vorläufige Ergebnis ihrer Schiller-Projekte vor. Dabei ging es um Schillers Universalgeschichte, Don Carlos, Wilhelm Tell und eine Kriegserklärung gegen das Regietheater.

Dreist haben sie sich in unsere Städte geschlichen, unsere Theater und Schulen besetzt, die öffentliche Meinung verführt, und haben vor unseren Augen das uns Teuerste in den Dreck gezogen. Im Namen der Moderne und Postmoderne haben sie unsere klassische Kultur umgepflügt und eine faule Saat gestreut, die seit vielen Jahren ungenießbare Früchte hervorbringt: die Schiller-Inszenierungen des sogenannten "Regietheaters". Doch am 2. Mai 2005 ist der Anfang vom Ende dieser Kulturbarbarei beschlossen worden. Es steht die erste Verteidigungslinie, die nie wieder durchdrungen werden darf, wollen wir unsere kulturelle Identität und nationale Einheit bewahren. Zehn Jugendliche hatten sich mit den Ideen Friedrich Schillers gerüstet, um ihn, unseren besten Denker, aus vollem Herzen vor weiteren unsäglichen Verdrehungen und Schändungen zu verteidigen. Diese für manche überzogen anmutende Rhetorik trifft den Kern der Sache jedoch ziemlich genau. Denn der Kampf um Schiller ist der Kampf um einen der edelsten Kunstschätze der Menschheit.

Die Kulturbarbaren, von denen hier die Rede ist, sind die modernen Regisseure, die ihren sorgsam gepflegten Neurosen ein Ventil verschaffen wollen, indem sie Schiller ihren perversen Phantasien unterordnen und arme Schauspieler nackt und schreiend auf die Bühne schicken. Schülern drehen sie ihre absurden Fehlschlüsse an, indem sie, wie jüngst im Fernsehen gezeigt wurde, behaupten, Johanna von Orleans sei eine religiöse Fanatikerin gewesen, die, durch Gottes Stimme angestachelt, mordend durch die Lande zog. Prompt wurde Johanna von den verwirrten Schülern als islamische Fundamentalistin aufgeführt. Auch andere Schüler gingen dem modernistischen Dogma auf den Leim, man könne Schiller aufführen, wie man wolle, was alsbald in einer HipHop-Version eines Schiller-Dramas mündete. Diese und zahllose andere Beispiele signalisieren, daß wir auf dem letzten Posten vor der kulturellen Kapitulation stehen.

Was mit den Attacken auf den Idealismus durch den "Kongreß für kulturelle Freiheit" in der Nachkriegszeit begann, führten in den 60er Jahren die Anhänger der Frankfurter Schule weiter, mit dem Resultat, daß heute nicht eine klassische Aufführung eines Schiller-Stoffes mehr in den Theatern läuft, und viele junge Menschen Schiller nur noch vom Hörensagen kennen. Die Feuilletonisten tun Schiller als "peinlich" ab, wie kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschehen, oder erklären ihn gar zum Vorläufer des Expressionismus, wie es der Deutschlandfunk in einem Beitrag über Schillers Drama Don Carlos tat. In den Köpfen lauwarmer Liberaler mag sich ein teilnahmsloses "Na und?" zusammenbrauen, für eine an moralischen Prinzipien orientierte Fortschrittsgesellschaft muß es das "Bis hierhin und nicht weiter!" sein. Ab jetzt wird Friedrich Schiller verteidigt wie das eigene Leben!

Die von der LaRouche-Jugendbewegung am 2. Mai im Berliner Literaturhaus eingeläutete Schiller-Kampagne hegt die Absicht, "die Regietheaterleute aus dem Tempel zu jagen" und die "Ideen Schillers völlig neu zu erarbeiten", wie sich die Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, die die Kampagne ins Leben rief, in ihrer Ansprache ausdrückte. Es geht hierbei nicht darum, seufzend das Verschwinden der klassischen Kultur zu bedauern. Dieser Prinzipienstreit muß zwingend gewonnen werden, wollen die Deutschen überhaupt eine zivilisatorische Überlebenschance bekommen.

Die Zerstörung der Klassik muß man einerseits sicherlich als böswillige "Kulturrevolution" durch Leute wie Theodor Adorno einklagen, der doch ernsthaft Schillers Idealismus als Nährboden des Faschismus ansah, weil eine an Prinzipien orientierte Erziehung einen "autoritären Charakter" hervorbringen würde.

Ebenso dramatisch ist aber auch, wie wehrlos die Deutschen der Demontage ihres besten Dichters und Denkers zusahen und weiterhin zusehen. Der von der Kulturkritik und den Modernisten getretene Schiller steht aber auch stellvertretend für viele andere Klassiker wie Mendelssohn, Humboldt, Lessing, List, Mozart, Beethoven, deren Kunst- und Wissenschaftsideale wir weit von uns geworfen haben, um sie gegen Sensationen und Moden einzutauschen, deren Knalleffekte unsere Seelen auslaugen. Nicht mehr die Läuterung des Charakters, das Bestreben, eine "schöne Seele" zu werden, wie Schiller das höchste Ziel des Menschen ausdrückt, steht bei unserem Tagesgeschäft hoch im Kurs, sondern die belanglose Gerüchteküche und tierische Gemeinheiten. Kein Wunder, warum wir Deutschen so depressiv, aggressiv und obsessiv geworden sind. Das Volk hat seine Dichter und Denker an der Börse verhökert, hat seine Klassikerbände gegen existentialistische Pornoromane eingetauscht. "Ein Volk kann so nicht positiv mit Krisen umgehen", betont Helga Zepp-LaRouche in ihrer Einleitung. Im Rahmen des globalen Wirtschaftszusammenbruchs steht uns eine Tragödie bevor, sollten wir das Ruder nicht herumreißen können.

Denn Kunst ist kein Anhängsel des Lebens, sondern sein zentraler Bestandteil. Schiller hat durch die Beschäftigung mit der klassischen Kunst und Wissenschaft eine geniale Methode gefunden, den Menschen innerlich wahrhaft frei zu machen. Da die Kunst des Menschen Kreativität und die Wissenschaft seine Liebe zur Wahrheit entwickelt, wird selbst aus einem ehemals zerrissenen Wesen durch beständige Arbeit am eigenen Charakter ein Genie. Genialität ist somit kein Privileg weniger Auserlesener, sondern das Geburtsrecht aller Menschen.

Schiller richtet sein Werk dementsprechend an die gesamte Menschheit, weil er darin die wahre Natur des Menschen zeigt, seinen "Götterfunken", der ihn, wenn er ihn bewußt und willentlich voll entwickelt, zu einem zweiten Schöpfer macht.

Was kann es also Revolutionäreres geben, als wenn hier und jetzt eine Gruppe entschlossener Jugendlicher sich aufmacht, Schiller wieder von diesem höchsten und eigentlichen Standpunkt aus zu entdecken. Neben dramatischen Werken wie Wilhelm Tell und Don Carlos haben die Vortragenden vor allem die Schriften zur Geschichte und Ästhetik als Schwerpunkt gewählt, um Schillers Philosophie des erhabenen historischen Individuums ins Feld zu führen gegen das animalische Menschenbild, das heutzutage die Schiller-Aufführungen dominiert. Vor allem die polemische Antrittsrede Schillers, die er 1789 an der Jenaer Universität hielt, stellte sich als einer der beliebtesten Stoffe heraus.

Schiller war und ist im Verständnis von geschichtlichen Prozessen allen anderen Historikern und Philosophen weit überlegen. Er erkannte die Prinzipien, nach denen Entscheidungen in der Geschichte ablaufen und stellte sie wissenschaftlich präzise dar. In Schillers Dramen wird nur durch die historische Genauigkeit die Identifikation des Theaterzuschauers mit den Figuren möglich. Ein emotionaler Prozess entfaltet sich, der die Idee des Geschichtsprozesses nacherlebbar macht und den Zuschauer moralisch veredelt.

Die Zuschauer am Abend des 2. Mai waren jedenfalls sehr bewegt, als sie sahen, daß die Erkenntnisse der jungen Leute zu persönlichen und ideenreichen Vorträgen zusammengetragen wurden, daß Szenen werkgetreu aufgeführt und Gedichte klassisch gesprochen wurden. Mit aufrichtigem Dank begegnete man den Beiträgen. Es wurde klar und deutlich, daß die Vortragenden aus sich selbst heraus sprachen, den Schillerschen Stoff und die Ideen ernsthaft durchgearbeitet hatten.

Es wurde ebenfalls klar, daß es für Zuschauer älteren Jahrgangs wie eine Verjüngung wirkte. "Ich habe mich in meine Schulzeit zurückversetzt gefühlt", sagte eine Dame. Eine weitere stand auf und richtete Worte des Danks an alle Anwesenden. Sie alle verstanden, was der Gesellschaft verloren geht, wenn sie nicht ihre beste Kultur weiterträgt und entwickelt. Ihnen wurde offensichtlich, daß Schiller durch die Kraft seiner ewigen Ideen junge Leute neu begeistert, und daß wir mit ihm die effektivste Waffe gegen die schlechte Bildung und miserable Moral der Deutschen zur Hand haben.

Bewaffnet mit Schillers klassischen Ideen werden wir eine Revolution gegen das Regietheater entfachen. Schiller ist unser, nicht Euer!

Stephan Ossenkopp