S C H I L L E R J A H R

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F R I E D R I C H   S C H I L L E R

Historische Schillerfeste
Die Schillerfeste haben eine lange Tradition. Spätestens das Glockenlied machte Schiller zum "Volksdichter" und "Liebling der Nation". Sein 100. Geburtstag im Jahre 1859 wurden auf der ganzen Welt gefeiert, so in Paris, Stockholm, Amsterdam, Prag, Bukarest, St. Petersburg, Warschau, Smyrna, Konstantinopel, Algier und in Chikago. In Frankfurt am Main waren 40-50000 Menschen aus der Umgebung in die Stadt geströmt, um am Schillerzug teilzunehmen. In Berlin zählte man beim Festakt vor dem Schauspielhaus eine halbe Million Menschen. Es war die größte politische Demonstration für einen deutschen Verfassungsstaat seit der gescheiterten Revolution von 1848.

Leipzig 1859

Höhepunkt der dreitägigen Schillerfeiern in Leipzig 1859 war der Festzug von mehr als 10000 Bürgern. Im Gedenkbuch des Festzugskomitees heißt es:

"Die Straßen, durch welche sich der Zug bewegte, prangten in festlichem Schmucke. Flaggen wehten von den Dächern und höheren Stockwerken. Die Fenster und selbst Simse und Dächer waren mit Schaulustigen gefüllt. Den Zug führte der Zugleiter mit seinen beiden Adjutanten zu Pferde. Ihm folgten ein halbes tausend Männer mit ihren Fahnen und mit Instrumentalmusik. Hierauf das Festzugskomitee und eine Abteilung Studenten...

Es folgten die Turnvereine und nach ihnen zahlreiche Handwerkerinnungen. Die Bäcker z.B. kamen mit sieben Fahnen. Eine Gruppe von ihnen hatte Tracht und Bewaffnung der Tage Wallensteins... Als Mitte des Zuges prangte der von vier Pferden gezogene Festwagen der Gärtner, ein mit Psalmen geschmückter Baldachin, unter dem Schillers Büste stand. Dahinter kamen Mitglieder des Stadtrates, des Stadtverordnetenkollegiums und der königlichen Behörden. Es folgten die Klempner, welche Gestalten aus der Jungfrau von Orleans vorführten. Jeanne d'Arc selbst und die Ritter und Knappen zu Fuß und zu Roß, in weithin glänzenden Harnischen. Dann die Buchbinder, diese hatten zwei geschmückte Tragen; auf der einen trugen vier Lehrlinge einen Kolossalband mit Schillers Bild und der Aufschrift: Schillers Werke, auf der zweiten trug ein Meister die gewöhnliche Ausgabe der Schillerschen Werke in Prachtband. Zigarrenarbeiter folgten, auch sie hatten einen Festwagen, auf welchem in weiß und rot gekleidete Arbeiter Zigarren zur Verteilung drehten. Dann die Schneider, welche zeitgetreu in reicher und mannigfaltiger Tracht die Personen des Tell zur Anschauung brachten. Es folgten die Fleischer, geführt von 20 Berittenen... Dann die Schlosser, welche die Figuren des Ganges nach dem Eisenhammer veranschaulichten und auf einem Wagen eine Schlosserwerkstatt mit sich führten. Hierauf die Glockengießer mit einem als Glockenstuhl gezierten Festwagen, auf welchem eine läutende Glocke hing und die Inschrift: 'Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine versammle sie die liebende Gemeine'.

Zum Schluß, als die erst in der Neuzeit entstandene Handwerkschaft, die Maschinenbauer, Mechaniker, Eisen- und Zinkgießer. Getragen wurde das Modell einer kleinen Drehbank, mehrere Nähmaschinen und auf einem roten Samtkissen eine neukonstruierte Papierschneidemaschine. So zeigte das Ende dieses stattlichen Zuges ein Bild des Fortschritts deutscher Gewerbetätigkeit."

Amerikanische Verfassungsfeier 1887 mit Schiller und Mendelssohn-Bartholdy

Vor 112 Jahren feierten die Vereinigten Staaten den 100. Jahrestag der Unterzeichnung ihrer Verfassung. Zu diesem Anlaß fanden u.a. dreitägige Feierlichkeiten in Philadelphia statt, wo das Verfassungsdokument 17. September 1787 unterzeichnet worden war. Hier ein kurzer Blick in die Vergangenheit:

Am ersten Tag, dem 15. September 1887 begannen die Feierlichkeiten mit einer achteinhalbstündigen Parade, der 1,5 Millionen Menschen (nicht an den Fernsehgeräten, sondern persönlich) zuschauten. Jede Industrie- und Handwerksbranche war vertreten, und alle zeigten den Fortschritt, den ihr jeweiliger Wirtschaftszweig in den vergangenen hundert Jahren seit Einführung der Verfassung gemacht hatte. So präsentierten sich die Sägemacher mit zwei Wagen: Auf dem einen war ein Schiff zusehen, das ein Schild mit der Aufschrift "1787 - Rückkehr nach Amerika mit einer Ladung Sägen", auf dem zweiten Wagen lautete das Schild "1887 eine Ladung Sägen für Europa". Am eindrucksvollsten vertreten waren die Baldwin-Lokomotivenwerke. Sie zeigten zunächst ein Pferdegespann von 1787, um dann ein großes Modell einer damals modernen Lokomotive mit einer genauen Darstellung des Herstellungsprozesses zu präsentieren. 1200 begleiteten die Ausstellungstücke.

Den Höhepunkt des zweiten Tages bildete eine Militärparade unter der Führung von Generalleutnant Philip Sherida, der sich viele Veteranen der Großen Armee der Republik angeschlossen hatten.

Am tatsächlichen 100. Jahrestag, dem 17. September 1887, fand eine riesige Kundgebung auf dem Unabhängigkeitsplatz statt. Der Festmusikausschuß hatte dazu zwei Chöre aufgeboten: einen Kinderchor mit 2000 Kindern aus den öffentlichen Schulen der näheren Umgebung sowie einen Männerchor mit 300 Sängern, dessen Mitglieder aus den verschiedenen Chorvereinen der Stadt wie dem Maennerchor, dem Jungen Männerchor, Young Germania und der 1874 gegründeten Mendelssohn-Gesellschaft stammten. Sie sangen u.a. Felix Mendelssohn-Bartholdys Vertonung des Schiller-Gedichts An die Künstler, das der Komponist als Opus 68 unter dem Titel "Festgesang an die Künstler" für Männerchor, Männerquartett und Blasinstrumente veröffentlicht hatte.