S C H I L L E R J A H R

2 0 0 5

F R I E D R I C H   S C H I L L E R

Die Schillerfeste 1997:
Alt-Mölln: "Nehmt hin die Welt..."

Wiesbaden: Einblick in die Dichterwerkstatt
Alt-Mölln: "Nehmt hin die Welt..."

In schleswig-holsteinischen Mölln feierte man mit Musik, einem Vortrag über Schillers Ideenwelt und einem Rezitationsprogramm des Schauspielers Heinz-Josef Kaspar.

Am 9. November 1997, dem Vorabend des 238. Geburtstages von Friedrich Schiller, lud der Kulturausschuß von Alt-Mölln in Schleswig-Holstein zu einer Feier zu Ehren des großen deutschen Dichters in die Wesseller Mühle ein. Rund 80 Gäste - die Kaminräume der Mühle waren voll besetzt - folgten der Einladung des sehr aktiven Kulturausschusses, unter diesen auch der Bürgermeister der Gemeinde Alt-Mölln, die inzwischen mit Stolz auf eine über 800jährige Tradition zurückblickt.

In gemütlicher Atmosphäre, bei loderndem Kaminfeuer versetzten Jessica Primack, Klaus-Dieter Häge und Jean Sebastian Tremblay vom Laienchor und -orchester des Schiller-Institutes die Gäste mit Musik von Bach und Mozart in eine poetische Stimmung. Renate Müller De Paoli vom Schiller-Institut setzte in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen über den Dichter, Philosophen und Staatskünstler Schillers eigenes Lebensziel, "das vollkommenste aller Kunstwerke" zu schaffen, "den Bau einer wahren, politischen Freiheit". Die Gäste waren verblüfft, mit welcher Klarheit Schiller in den Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen ein Spiegelbild unserer heutigen Zeit beschreibt, so im 5. Brief:

Um so erstaunlicher, doch nachvollziehbar, Schillers Antwort auf diesen Zustand im 9. Brief:

Denn "die Schönheit ist es, durch welche man zu der Freiheit wandert!"

Mit diesen Ausführungen über Schillers Lebenswerk war der Weg bereitet für das einstündige Rezitationsprogrammm.

Heinz-Josef Kaspar von der Wilhelmshavener Landesbühne begeisterte mit Gedichten wie Hoffnung, Die Worte des Glaubens, Die Worte des Wahns, Die Teilung der Erde, Der Handschuh und den Balladen Der Taucher, Die Bürgschaft, Die Kraniche des Ibykus sowie dem Lied von der Glocke. Seit den 70er Jahren steht Kaspar auf der Bühne und hat in dieser Zeit den Mortimer in Maria Stuart, den Karl Moor in Die Räuber und den Don Carlos gespielt. In seinem Programm mit Schiller-Gedichten und -Balladen wagte er mutig gleich den Sprung zu den dichtesten, metapherreichsten poetischen Schätzen.

Der Zuhörer war überrascht. Kaspar hielt dem Zeitgeist, der "Sachlichkeit" und "Distanz" im Vortrag einklagt (ein Gedicht soll wie von einem "Nachrichtensprecher" gesprochen werden!) entgegen, er fand einen eigenen Weg, die Idee, die Schiller durch die Komposition vermitteln möchte, dem Zuhörer verstehbar zu machen. Man glaubt Kaspar, wenn er in seiner Vorstellung schreibt: "Ganz persönlich habe ich mich dem Erbe Schillers verschrieben und möchte es gern in der heutigen Zeit meinen Mitmenschen näherbringen. Zumal vieles in der heutigen Zeit wiedererkennbar ist ..." Heinz-Josef Kaspar begann sein abgerundetes Programm mit der Teilung der Erde:

    "Nehmt hin die Welt! rief Zeus von seinen Höhen
    Den Menschen zu. Nehmt, sie soll euer sein!
    Euch schenk' ich sie zum Erb' und ew'gen Lehen -
    Doch teilt euch brüderlich darein!"

Und er endete es mit den Worten des Wahns:

    "Drum, edle Seele, entreiß dich dem Wahn
    Und den himmlischen Glauben bewahre!
    Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,
    Es ist dennoch das Schöne, das Wahre!
    Es ist nicht draußen, da sucht es der Tor,
    Es ist in dir, du bringst es ewig hervor."

Das begeisterte Publikum dankte ihm mit großem Applaus.

rmpd