Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller




Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

     Konferenz in Flörsheim, November 2012   

Álfheidur Ingadóttir
Mitglied des isländischen Parlaments (Althingi)
stellv. Sprecherin des Althingi
Vorsitzende der Links-Grünen Parlamentsfraktion

 

Schriftlicher Beitrag

Nur eine vollständige Bankentrennung kann die Bevölkerung schützen

Ich sende meine besten Wünsche für eine erfolgreiche Konferenz des Schiller-Instituts, und begrüße die internationale Kampagne des Schiller-Instituts für eine Glass-Steagall-artige Bankentrennung. Ich rate den Parlamentariern in aller Welt dringend, sich mit dem Antrag für eine Bankentrennung vertraut zu machen, den wir im isländischen Parlament eingebracht haben, und ernsthaft darüber nachzudenken, ähnliche Schritte zu unternehmen.

Menschen in aller Welt leiden sehr wegen der hochriskanten Spekulationen der Finanzwelt, und diese Finanzwelt übt einen enormen Druck auf die Politiker aus, ihre monetären Werte zu retten, indem sie ihren Wählern eine brutale Sparpolitik aufzwingen. Ich denke, das ist falsch, und daß es Alternativen gibt. Eine ist es, eine vollständige Glass-Steagall-Bankentrennung einzuführen, die helfen kann, die Ersparnisse der Bevölkerung zu schützen, und die Grundlage dafür ist, eine produktive und gesunde Wirtschaft aufzubauen.

Nach dem Beginn des derzeitigen Finanzkollapses war Island das erste Land, in dem das Finanzsystem zusammenbrach. Es war auch das erste Land, das sich zu erholen begann. Jetzt arbeitet eine Gruppe von Abgeordneten, zu denen auch ich gehöre, daran, Island zum ersten Land zu machen, was wieder eine Glass-Steagall-artige Bankentrennung einführt.

Am 24. Oktober 2012 wurde ein Antrag zur Trennung der Geschäftsbanken von den Investmentbanken erneut ins isländische Parlament eingebracht und von 17 Abgeordneten aus allen Parteien und Unabhängigen außer der Unabhängigkeitspartei unterstützt. Die Unabhängigkeitspartei gab kurze Zeit später in einer einstündigen Parlamentsdebatte über diese Frage ebenfalls ihre Unterstützung bekannt. Der Antrag lautet:

„Das Parlament beschließt, den Minister für wirtschaftliche Angelegenheiten zu beauftragen, einen Ausschuß einzusetzen, der den Rahmen für die Bankdienstleistungen in Island revidiert, um das Risiko von Störungen für die Volkswirtschaft - durch die Trennung der Geschäftsbanken von den Investmentbanken - zu minimieren. Der Ausschuß soll die Regelungen der benachbarten Länder in dieser Hinsicht untersuchen, und seine Empfehlungen bis zum 1. Februar 2013 vorlegen.“

Würde unser Antrag verabschiedet, was sehr wahrscheinlich ist, sollte es möglich sein, daß diese Vorschläge schon vor dem Termin am 1. Februar vorliegen.

Hier sind einige der Punkte, die ich in der Parlamentsdebatte hervorgehoben habe:
• Das Ziel des Antrags ist es, die Geschäftsbanken in unserem Land von den riskanten Investment-Bankgeschäften zu trennen. Derzeit gibt es nur sehr wenig Investment-Aktivitäten in den isländischen Banken, man schätzt den Anteil auf etwa 5%, aber vor dem Krach hatten sie etwas mehr als 30% erreicht.
• Die Mitunterzeichner denken, daß es angemessen ist, diesen Schritt jetzt vollständig durchzuführen, bevor das Investmentbanking wieder alle Macht im isländischen Bankensystem zurückgewinnt. Auch wenn der Anteil immer noch gering ist, wächst er bereits wieder.

Warum sollten wir diese Aktivitäten trennen, könnte man fragen? Die Trennung dieser beiden verschiedenen Arten von Finanzdienstleistungen wird die systemischen Risiken für die Volkswirtschaft reduzieren, die vom Finanzsektor ausgehen. Während einige darauf hinweisen, daß eine Bankentrennung noch nicht alle Probleme löst, betonen andere, daß dies eine absolute Voraussetzung für wirtschaftliche Stabilität und ehrliche Geschäfte ist. Durch die Trennung stellen wir wirklich sicher, daß die Ersparnisse der Bevölkerung von den Besitzern der Investmentbanken nicht als „Spielgeld“ für ihre riskanten Geschäfte verwendet werden. Durch die Trennung kann der Staat sicherstellen, daß die normalen Sparguthaben nicht erneut mißbraucht werden, so daß die Verluste durch riskante Kredite und Investitionen nicht auf den Steuerzahler und den Staatshaushalt zurückfallen.

Normale Bankeinlagen und die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen werden als normale oder kommerzielle Bankgeschäfte eingestuft. Diese Einlagen sind durch Garantien der Regierung weitgehend geschützt. Werden diese geschützten Einlagen zusammengelegt mit einer spekulativen und riskanten Investmentstrategie, dann entsteht eine giftige Mischung, die das gesamte Finanzsystem ruinieren kann und bereits ruiniert hat, mit schwerwiegenden Konsequenzen für die Haushalte und den Staatsschatz. Die Konsequenzen kennen wir in Island sehr gut.

Die Mitunterzeichner haben keine Zweifel, daß diese giftige Mischung nachweislich eine Ursache für den Kollaps unserer Banken war.

In einem Bericht, den das Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten im April 2012 vorlegte, heißt es auf den Seiten 84 und 85, daß es keinen Zweifel gebe, daß die sehr unglückliche Beziehung zwischen Einlagen und dem Investment zum Teil die Wurzel der Krise von 2008 gewesen ist.

Es heißt außerdem, daß die Finanzstabilität durch eine stärkere Unterscheidung zwischen diesen beiden Aspekten des Bankwesens gestärkt würde, und daß es derzeit klare Warnsignale in Bezug auf diese unglückliche Beziehung zwischen den beiden Segmenten des hiesigen Finanzsystems gebe.

Die Autoren würden eine Unterscheidung oder Trennung dieser Segmente als zukünftiges Arrangement nicht ausschließen, vor allem, wenn der Trend auf den internationalen Märkten sich in diese Richtung bewegt.

In einer Erklärung, die unseren Antrag begleitete, diskutieren wir, wie eine vollständige Trennung dieser beiden Faktoren unter den Banken in den Vereinigten Staaten nach dem Krach der New Yorker Börse 1929 und der anschließenden Krise sichergestellt wurde. Das sogenannte Glass-Steagall-Gesetz war in den Jahren 1933-1999 in Kraft, und das globale Finanzsystem folgte in dieser Hinsicht den USA, aber 1999 hielt man es in den Vereinigten Staaten nicht mehr für notwendig. Das Gesetz wurde aufgehoben, und in weniger als zehn Jahren war es allen Finanzinstituten wieder erlaubt, normale Bankgeschäfte und Investmentaktivitäten zu verbinden. Bis 2007-2008 eine neue Bankenblase platzte.

Es ist klar, daß die jüngste Bankenkrise eine Neubewertung dieser Frage in der gesamten transatlantischen Region erfordert. Insbesondere nach dem Skandal um die Barclay’s Bank in Großbritannien gab es in den USA, in Großbritannien, in Europa und Island eine öffentliche Debatte über die Wiedereinführung von Glass-Steagall.

Die Idee, wieder eine Trennung im Geiste des Glass-Steagall-Gesetzes einzuführen, gewinnt zur Zeit in der gesamten westlichen Welt zunehmend an Unterstützung. Aber es gibt auch jene, insbesondere in den Vereinigten Staaten und Großbritannien, die argumentieren, daß es besser wäre, die Banken nur teilweise zu trennen - wie etwa bei dem Vorschlag der britischen Vickers-Kommission für einen „Ringzaun“. Das heißt, man würde innerhalb derselben Bank getrennte Abteilungen schaffen. Wieder andere ziehen die schwache Volcker-Regel für die USA vor.

Wir glauben jedoch, daß nur eine vollständige Bankentrennung die Bevölkerung vor den Exzessen der Spekulanten schützen kann. Hier in Island haben wir jetzt die einzigartige Möglichkeit, diesen notwendigen Schritt durchzuführen und so den anderen Ländern den Weg zu einer vollständigen Bankentrennung zu zeigen. Die Mitunterzeichner denken, daß die Verabschiedung dieses Antrags notwendig ist, damit wir weiter eine gesunde Volkswirtschaft für unser Land aufbauen können, von der die Zukunft unseres Landes abhängt.

Jetzt ist es an der Zeit, daß die politischen Führer an das Wohl der zukünftigen Generationen denken und mutige Maßnahmen ergreifen, um das Gemeinwohl der Bevölkerung zu schützen. Wir sind zur Loyalität gegenüber unseren Wählern verpflichtet, aber nicht gegenüber den Mächten der Finanzwelt.