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Schiller-Institut e. V.
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Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Trennbanken-Debatte in Dänemark

26. Juni 2013 •

Von Michelle Rasmussen

Eine Delegation des Schiller-Instituts sorgte dafür, daß beim dänischen „Volkstreffen“ auf Bornholm über das Glass-Steagall-Trennbankensystem gesprochen wurde.

Eine dreiköpfige Delegation des dänischen Schiller-Instituts unter der Leitung des Vorsitzenden Tom Gillesberg warb beim dritten jährlichen „Volkstreffen“ auf der dänischen Ostseeinsel Bornholm erfolgreich für die internationale Kampagne zur Wiederherstellung der Glass-Steagall-Bankentrennung und gegen den „Bail-in“-Betrug. Sie informierten fast die Hälfte der amtierenden Regierungsmitglieder, darunter die Premierministerin Helle Thorning-Schmidt, viele Abgeordnete, Bürgermeister, Gewerkschaftsvertreter, Journalisten, weitere wichtige politische Akteure und zahlreiche politisch interessierte Bürger. An dem „Volkstreffen“, das aus etwa 1300 Treffen, Debatten und anderen Veranstaltungen an den zahlreichen Informationsständen bestand, nahmen fast 60.000 Menschen teil.

Viele Teilnehmer kannten das berühmte Wahlplakat „Glass-Steagall - oder Chaos“ und es ergaben sich - geplant oder spontan - viele Gelegenheiten, die Menschen über die Erfolge der Kampagne in den Vereinigten Staaten und über im die Rahmen der Bankenrettungen („Bailout“ durch den Steuerzahler, „Bailin“-Zypernmodell) geplanten, brutalen Sparmaßnahmen aufzuklären.

Aber nicht nur die auf Bornholm versammelten Menschen erfuhren davon, mehrere Diskussionsbeiträge des Schiller-Instituts wurden auch vom nationalen Fernsehen übertragen, so im nationalen Nachrichtensender TV2 News Tom Gillesbergs Frage über Glass-Steagall und den geplanten Bail-in an den früheren Finanzminister Claus Hjort Frederiksen von der liberalen Venstre-Partei. (Frederiksen lehnte in seiner Antwort eine Trennung der Banksparten ab und sagte, das wichtigste sei die Erhaltung der Finanzstabilität.) Auch entsprechende Fragen Gillesbergs, der Vizepräsidentin des Schiller-Instituts Michelle Rasmussen und des früheren Aalborger Parlamentskandidaten des Schiller-Instituts, Hans Schultz, an den derzeitigen (sozialdemokratischen) Finanzminister Bjarne Corydon und seinen schon genannten liberalen Vorgänger wurden von TV2 News gefilmt und ebenfalls live übertragen.

Dekoriert mit ihren berühmten „Glass-Steagall oder Chaos“-Plakaten und bewaffnet mit einer Resolution zur Unterstützung von Glass-Steagall und entsprechendem Informationsmaterial, trat die Delegation an mindestens 50 Abgeordnete und andere prominente Politiker heran. Einige wollten sich nicht auf ein Gespräch einlassen, andere hörten sich kurz an, was man ihnen zu sagen hatte, aber es gab auch einige, mit denen sich ein ausführlicheres Gespräch ergab. Einige, darunter der Vorsitzende einer wichtigen Gewerkschaft und der Vorsitzende einer ausländischen Partei mit Verbindungen nach Dänemark, unterzeichneten sogar die Resolution.

Das Team intervenierte bei einer ganzen Reihe der Vorträge und Debatten, verteilte Flugblätter an den Verbindungswegen zwischen den wichtigsten Veranstaltungsorten, sprach mit politisch interessierten Bürgern und besuchte viele Informationsstände.

Es gab bei der Veranstaltung auch eine „Speaker’s Corner“, und Tom Gillesberg nutzte diese Gelegenheit, um eine zehnminütige Rede zu halten, die live über die Internetseite des Volkstreffens ausgestrahlt wurde.

„Warum trennen Sie nicht die Banken?“

Der erste Tag begann mit einer Veranstaltung „Treffen Sie die Premierministerin“. Sobald Helle Thorning-Schmidt eintraf, fragte Gillesberg sie, warum sie die Bankentrennung noch nicht eingeführt habe. Als sie sich abwendete, weil ihr die Frage offenbar unangenehm war, hakte Rasmussen nach: „Ich habe Sie während des Wahlkampfs auf die Bankentrennung angesprochen und Sie forderten damals eine Aufspaltung der ,finanziellen Supermärkte’. Warum machen Sie das jetzt nicht?“ Aber Thorning-Schmidt wollte sich der Frage nicht stellen.

Gleich zu Beginn einer Debatte zwischen dem Präsidenten des Finanzrats (dem Bankenverband) und Frank Aaen, dem führenden „Bankengegner“ unter den linken Abgeordneten, forderte Aaen eine Ausgliederung aller spekulativen Aktivitäten - diese dürften nicht mit Bail-out-Geldern gestützt werden. Michelle Rasmussen konnte die erste Frage aus dem Publikum stellen und berichtete über die Kampagne für Glass-Steagall und die jüngsten Entwicklungen dazu in den USA, und fragte Aaen, ob er bereit sei, ein solches Gesetz im dänischen Parlament einzubringen. Das trug dazu bei, daß die Bankentrennung in der gesamten einstündigen Debatte im Mittelpunkt stand, sie wurde unabhängig voneinander von zwei weiteren Fragestellern unterstützt. Auch Hans Schultz kam in dieser Debatte zu Wort und kritisierte die Haltung des Finanzratsdirektors, der Derivate verteidigt hatte.

Zuvor hatte Gillesberg bei einer Debatte im Zelt des Finanzrats zwischen dem Präsidenten des Bankenverbands, zwei Abgeordneten und dem Vorsitzenden des Gewerkschaftsdachverbands über die Frage, wie man für Wirtschaftswachstum sorgen könne, eine Frage zu Glass-Steagall gestellt. Er erhielt eine negative Antwort von einem der Diskussionsteilnehmer; dagegen antwortete der Gewerkschaftsvorsitzende auf eine Frage von Rasmussen, in der sie ein nationales Kreditsystem beschrieb, dies klinge wie eine gute Idee.

Während die Debatte über die Bankentrennung lief, beteiligte sich Gillesberg an einem 15minütigen Gespräch einer kleinen Gruppe mit Außenminister Villy Soevndal über Syrien. Soevndal sagte bei dieser Gelegenheit, nur die Amerikaner behaupteten, die Syrer würden Chemiewaffen einsetzen, und Dänemark werde unter keinen Umständen militärische Unterstützung nach Syrien schicken.

Im Laufe des Treffens ergab sich ein vielschichtiger Austausch mit dem derzeitigen sozialdemokratischen Finanzminister Corydon, der jetzt die Sparmaßnahmen durchsetzen muß. Beim ersten Zusammentreffen auf dem Weg zu seiner ersten größeren Veranstaltung sagte er, er habe sich im Wahlkampf 2011 jeden Tag darauf gefreut, unser „Glass-Steagall oder Chaos“-Wahlplakat jeden Tag vor dem Ministerium zu sehen. Im Verlauf der Veranstaltung sprach ihn Rasmussen dann auf Glass-Steagall an, worauf er vor versammeltem Publikum antwortete, er freue sich im Wahlkampf immer, die „ganz speziellen“, ziemlich schwer verständlichen Wahlplakate des Schiller-Instituts zu sehen. Dann verwarf er die Idee der Bankentrennung und sagte, die dänische Regierung arbeite derzeit an Plänen für den Umgang mit „systemrelevanten“ Banken.

In einer öffentlichen Debatte zwischen Corydon und Frederiksen warf Gillesberg ihnen vor, sie würden beide die gleiche Politik betreiben. Die Sparpolitik werde von der Finanzwelt und der EU vorgegeben und dann von den Buchhaltern im Finanzministerium umgesetzt. Gillesberg stellte dieser Politik die Wirkungsweise von Glass-Steagall und eines Kreditsystems gegenüber. Beide Referenten versuchten sich mit der Behauptung, das Schiller-Institut hänge „Verschwörungstheorien“ an, vor Antworten zu drücken. Trotzdem bedankte sich Corydon, als ihm das Team - das mit der gleichen Fähre zurückfuhr - zur Erinnerung und Mahnung ein Exemplar des Wahlplakats schenkte.

Den „Verschwörern von Bornholm“, wie sie später ein Unterstützer des Schiller-Instituts nannte, der die Intervention im Fernsehen mitverfolgt hatte, gelang es, die vorherrschende Austeritätspolitik in Frage zu stellen und die wirtschaftlichen Alternativvorschläge des Schiller-Instituts beim Volkstreffen auf den Tisch zu bringen.

MR