„Es kann eine neue Ära der Menschheit geben“
Interview von Helga Zepp-LaRouche mit China Radio International
Helga Zepp-LaRouche gab dem chinesischen Radiosender CRI in Beijing ein Interview, das am 17. März ausgestrahlt wurde.
Anläßlich ihres Chinabesuches im Februar führte China Radio
International (CRI) ein ausführliches Interview mit der Präsidentin des
Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, das am 17. März in der Sendereihe
„Menschen, die sich auskennen“ ausgestrahlt und auf die Internetseite des
Senders gestellt wurde. CRI ist der staatliche Auslandssender Chinas,
das Interview wurde in englischer Sprache geführt. In seiner Einleitung weist
der Moderator Zheng Chenguang besonders auf Zepp-LaRouches bahnbrechende
Aktivitäten für die Eurasische Landbrücke hin. Auf der Webseite wird sie wie
folgt vorgestellt:
„Helga Zepp-LaRouche ist die Gründerin und Präsidentin des
Schiller-Instituts, einer einflußreichen wirtschaftlichen und politischen
Denkfabrik mit Sitz in den USA und Deutschland. In ihren vielen Jahren als
politische Aktivistin entwickelte Frau Zepp-LaRouche ein gutes Gespür für die
Weltpolitik. Sie ist eine nachdrückliche Befürworterin von Vorhaben wie dem
,Oasenplan’, einem Friedensabkommen für den Nahen Osten auf der Grundlage
arabisch-israelischer Zusammenarbeit an großen Wasserprojekten.
Sie setzte sich auch nachdrücklich den Aufbau einer Eurasischen Landbrücke
ein, die ihrer Überzeugung nach entscheidend war, um die befreiten
osteuropäischen Nationen in einen kraftvollen Motor globaler wirtschaftlicher
Entwicklung zu verwandeln. Frau Zepp-LaRouche hatte auch oft mit China zu
tun.
Schon 1971 bereiste sie viele Monate lang China, als eine der ersten
Journalistinnen, die im Land arbeiteten.
Wie denkt Frau Zepp-LaRouche über einige der drängendsten Fragen der
heutigen Welt? Wie interpretiert sie die vielen Ideen, für die sie sich im
Lauf der Jahre eingesetzt hat, wie z.B. die Eurasische Landbrücke?“
Dann folgt das 25minütige Interview, das wir im Wortlaut wiedergeben.
Zheng Chenguang: Nihao.1 Sie hören die
Sendung „Leute, die sich auskennen“, die Ihnen Einsichten in die Schlagzeilen
in China und aller Welt vermittelt. Ich bin Zheng Chenguang in Beijing.
In der heutigen Sendung sprechen wir mit Helga Zepp-LaRouche, der Gründerin
und Präsidentin des Schiller-Instituts. Frau LaRouche, willkommen in unserer
Sendung.
Helga Zepp-LaRouche: Vielen Dank.
Zheng: Sie haben das Schiller-Institut gegründet, das zu
einer ziemlich einflußreichen wirtschaftlichen und politischen Denkfabrik in
den USA und Europa geworden ist. Was veranlaßte Sie ursprünglich zur Gründung
dieses Instituts?
Zepp-LaRouche: Es war insgesamt die Erkenntnis, daß die
auswärtigen Beziehungen zwischen den Nationen nicht auf der richtigen
Grundlage fußten. Wenn man hinter die Diplomatie und die Medienmeldungen im
Westen blickt, ist die Realität oft Subversion, Manipulation, sogar
Staatsstreiche, und ich sagte: Nein, wir brauchen Beziehungen zwischen den
Nationen auf einer völlig anderen Grundlage. Jede Nation sollte sich auf die
besten Traditionen der jeweils anderen beziehen und umgekehrt. Und nur so kann
es Frieden geben. Deshalb habe ich diese Bemühungen nach Friedrich Schiller
benannt, der, wie Sie wissen, der deutsche „Dichter der Freiheit“ ist, und er
hat ein sehr schönes Menschenbild. Und ich dachte, daß wir genau solch ein
humanistisches Konzept brauchen, um die auswärtigen Beziehungen zu
definieren.
Manche mögen das für zu idealistisch halten, aber ich denke, Menschen
unterscheiden sich von den Tieren dadurch, daß wir zu schönen Zukunftsvisionen
fähig sind, um die Zukunft zu gestalten. Ich bin daher optimistisch, daß die
Arbeit, die wir inzwischen seit Jahrzehnten tun - das Schiller-Institut wird
in diesem Jahr 30 Jahre alt werden -, daß wir letztendlich mit unseren Ideen
gewinnen können.
Glass-Steagall, um die Kasinowirtschaft zu stoppen
Zheng: Sie und Ihr Ehemann [Lyndon LaRouche] sind
entschiedene Befürworter einer Neuauflage eines weltweiten
Glass-Steagall-Trennbankensystems und auch des Baus der Eurasischen
Landbrücke. Warum halten Sie das für so wichtig, und glauben Sie, daß dies
realistische Ziele sind, die unsere menschliche Gemeinschaft erreichen kann,
wenn man die wachsenden politischen Differenzen zwischen den großen Mächten
der Welt sieht?
Zepp-LaRouche: Glass-Steagall ist der einzige Weg, wie man
die heutige „Kasinowirtschaft“ stoppen kann. Wie Sie sehen können, haben die
G-20-Staaten nach dem Kollaps von Lehman Brothers 2008 immer nur die
bankrotten Banken gestützt, den Spekulanten ihre Verluste ersetzt und private
Spielschulden in öffentliche, in Staatsschulden verwandelt. Und das hat
inzwischen den Punkt erreicht, an dem die zusätzliche Maßnahme des
„Quantitative Easing“ (QE) - d.h. daß man einfach Geld in das System pumpt -
nicht mehr funktioniert.
Deshalb redet man inzwischen von einem „Bail-in“, das sogenannte
Zypern-Modell, bei dem man einfach allen Konten in der Bank einen
Zwangsschnitt verpaßt. Und wenn man jetzt das tun würde, was von der
amerikanischen Federal Reserve und der EU-Kommission aktiv vorbereitet wird,
dann sprengt man das ganze System. Es käme zu einer plötzlichen, traumatischen
sozialen Explosion, einem Zusammenbruch des Finanzsystems mit unvorstellbaren
Konsequenzen.
Deshalb schlagen wir statt dessen vor, es so zu machen wie Franklin D.
Roosevelt 1933, als auch er es mit der Depression und der Krise der 1930er
Jahre zu tun hatte. Und er machte das Glass-Steagall-Gesetz, die Trennung der
Banksparten, was dann zusammen mit dem New Deal zu einem wirtschaftlichen
Aufschwung der Vereinigten Staaten aus der Depression führte.
Wir wollen es heute genauso machen. Wir haben [in den USA] bereits mehr als
80 Kongreßabgeordnete und 11 Senatoren dafür gewonnen und in 26 der 50
Bundesstaaten gibt es dazu Resolutionen und Anträge. Und wir wollen die Wall
Street in den Konkurs schicken. Denn diese Kasinowirtschaft muß gestoppt
werden, weil sie die Schere zwischen Reich und Arm unglaublich vergrößert hat.
Kürzlich erschien ein Bericht, daß 85 einzelne Menschen genausoviel besitzen
wie 3,5 Milliarden Menschen. Und es ist offensichtlich nicht gerecht, daß die
reichen Leute diese Privilegien haben, aber zwei Milliarden Menschen auf der
Welt jeden Tag hungern. Und wir denken, daß das nicht länger hingenommen
werden kann.
Zheng: Sie sprechen davon, daß die QE-Maßnahmen in den USA
die Inflation anheizen oder sogar zu Hyperinflation führen. Aber wir haben
gerade erst gesehen, daß die Federal Reserve beschlossen hat, diese Maßnahmen
einzuschränken, und auch [die Fed-Vorsitzende] Janet Yellen hat in ihrem
ersten Auftritt vor dem Kongreß gesagt, daß die Fed an den Maßnahmen zum
Zurückfahren des QE festhalten wird. Würden Sie sagen, daß das ein weiser
Schritt für die USA ist? Und denken Sie, daß das Zurückfahren des QE
tatsächlich den Beginn einer dauerhaften Erholung der US-Wirtschaft
signalisiert?
Zepp-LaRouche: Früher gab es eine Debatte in der Federal
Reserve und anderswo, daß dieses Zurückfahren unmöglich sei, weil das
Qantitative Easing eine gigantische Blase geschaffen hat und diese Blase
platzt, wenn man aufhört, mehr Liquidität in sie hineinzupumpen. Es gab also
Leute, die sagten, das QE kann man gar nicht stoppen, weil man damit die
völlige Auflösung des Weltfinanzsystems riskiert. Und das ist genau das, was
wir jetzt sehen. Das Liquiditätspumpen wurde inzwischen von 85 Mrd. $ im Monat
auf zunächst 75 Mrd.$ und dann 65 Mrd.$ heruntergefahren. Nun sieht man, daß
die aufstrebenden Märkte kollabieren. Es gibt eine Kapitalflucht aus den
Schwellenländern zurück in die Vereinigten Staaten und zurück nach Europa und
damit droht unmittelbar ein Systemzusammenbruch.
Das wird sogar in einem Bericht der Bank für Internationalen
Zahlungsausgleich erwähnt, die davor warnt. Aber das ist nur die Spitze des
Eisbergs. Die systemrelevanten Banken sind hoffnungslos bankrott. Und einer
der Befürworter von Glass-Steagall, Thomas Hoenig, der Vizepräsident der
[US-Bundeseinlagenversicherung] FDIC, sagte - und ich stimme da völlig mit ihm
überein -, wenn jetzt eine dieser systemrelevanten Banken zusammenbricht, dann
würde nicht nur eine Bank, sondern das ganze System zusammenbrechen. Und genau
davor stehen wir jetzt.
Kasino schließen und Kreditsystem schaffen
Zheng: Denken Sie, daß die Finanzbranche, die Banker und die
Finanziers der Wall Street tatsächlich ihre Lehren von Ende 2007, als die
Finanzkrise begann, gelernt haben?
Zepp-LaRouche: Nein. Ich glaube, sie sind unfähig, zu lernen,
die sind so von ihrer Gier und ihrer Macht besessen, daß sie wohl nicht zu
retten sind. Der einzige Weg, wie man das lösen kann, ist der, das Kasino zu
schließen, Glass-Steagall in Kraft zu setzen und das ganze virtuelle Geld
abzuschreiben. Der frühere italienische Wirtschaftsminister Giulio Tremonti
sagte einmal, was man nur virtuell besitzt, das kann man gar nicht verlieren,
weil man es in Wahrheit nie besessen hat. Wenn man also die Derivate und die
„kreativen“ Finanzinstrumente abschreibt, dann verliert man gar nichts.
Aber dann muß man den zweiten Schritt tun, nämlich, ein Kreditsystem in der
Tradition des Amerikanischen Systems der Ökonomie schaffen, was auf die
Tradition von Alexander Hamilton zurückgeht, der die erste Nationalbank der
Vereinigten Staaten gründete, die Tradition von Lincoln, von Roosevelt, von
John F. Kennedy. Und dann kann man ein neues Kreditsystem schaffen, das
Kredite für klar definierte Projekte vergibt. Man schöpft nicht Geld, bloß um
damit zu zocken oder für andere virtuelle Aktivitäten, sondern dieser Kredit
wird ausschließlich dazu geschaffen, die Realwirtschaft wieder in Gang zu
bringen. Und wir haben sehr konkrete Vorschläge ausgearbeitet, die sofort
umgesetzt werden können.
Beispielsweise schlagen wir für die Vereinigten Staaten das
nordamerikanische Wasserregulierungsprogramm NAWAPA vor, das größte
Wasserprojekt der Geschichte. Man nähme Wasser, das jetzt in Alaska und Kanada
ungenutzt in den Arktischen Ozean abfließt, und brächte es durch ein Kanalnetz
entlang der Rocky Mountains bis hinunter nach Mexiko. Und auf diese Weise
würde man in einem Gebiet, das jetzt Wüste ist, neue Vegetation,
Landwirtschaft und Wälder schaffen.
Wie Sie wissen, herrscht derzeit in Kalifornien und in Texas eine
schreckliche Dürre, die die Nahrungsmittelversorgung der Amerikaner bedroht.
Deshalb sind solche Projekte äußerst wichtig für die Vereinigten Staaten -
aber auch für China, Afrika, für große Teile Zentralasiens, für den Nahen
Osten.
Wir wollen also wirklich Kredit für produktive Zwecke schöpfen, nicht mehr
für den Profit einiger weniger Spekulanten.
Zheng: Was ist mit der europäischen Wirtschaft auf der
anderen Seite des Atlantik? Letztes Jahr haben wir einige ermutigende Signale
aus Europa gesehen. Mehrere Länder der Europäischen Union haben das Programm
umgesetzt und es wird berichtet, daß Großbritannien diesen Aufschwung anführt
und manche britische Ökonomen glauben, daß dieses Land zur größten Wirtschaft
Europas aufsteigen wird. Was denken Sie darüber? Glauben Sie, daß die
europäische Wirtschaft aus dem Gröbsten heraus ist?
Zepp-LaRouche: Nein, überhaupt nicht. Ich denke, die
Eurokrise wird nur versteckt. Schauen Sie sich nur den Zustand der
südeuropäischen Volkswirtschaften an, schauen Sie nach Griechenland - dort
gibt es 65% Jugendarbeitslosigkeit, in Spanien über 65%
Jugendarbeitslosigkeit.
Das einzige Land, das relativ gesehen noch funktioniert, ist Deutschland,
aber der berühmte Exportweltmeister Deutschland ist nur deshalb
Exportweltmeister, weil er nach Asien exportieren kann. Normalerweise ginge
der größte Teil der deutschen Exporte in die Europäische Union, aber der Süden
[der EU] bricht zusammen. Frankreich ist in einem schrecklichen Zustand. Der
einzige Grund, warum Deutschland noch relativ gut dasteht, ist also, weil es
die Verluste in der Europäischen Union durch Exporte nach Asien kompensieren
konnte. Aber es ist sehr anfällig.
Zheng: Vor dem Zweiten Weltkrieg lagen die europäischen
Länder ständig im Streit und kämpften gegeneinander. Deshalb wurde das
europäische Projekt überhaupt erst von Robert Schuman [dem Vater der EU]
vorgeschlagen, um Frieden zwischen den europäischen Ländern zu stiften. Denken
Sie, daß das EU-Projekt wirklich funktioniert, was die Kriegsvermeidung und
den Frieden auf dem Kontinent angeht?
Zepp-LaRouche: Nein. Ich denke, es gibt einen fundamentalen
Unterschied zu dem, was die Menschen in der unmittelbaren Nachkriegszeit
wollten - wie beispielsweise die Zusammenarbeit zwischen Adenauer und de
Gaulle, die den Krieg und die Feindschaft zwischen Franzosen und Deutschen
überwunden hat; das war sehr gut, und wir wollen zu dieser Tradition
zurückkehren, zur Zusammenarbeit zwischen den europäischen Vaterländern. Aber
jetzt, seit dem Maastricht-Vertrag, gibt es eine supranationale Struktur, die
inzwischen ein Eigenleben führt, das im fundamentalen Widerspruch zu den
Interessen der Mitgliedsstaaten steht.
China im Übergang
Zheng: Betrachten wir nun die asiatisch-pazifische Region,
lassen Sie uns über China sprechen. Wir haben gehört, daß Sie China erstmals
1971 besucht haben, und ich glaube, damals fragten sich wahrscheinlich viele
Chinesen, woher sie etwas zu essen bekommen würden. Aber heute fragen sich die
Leute, welches Auto sie sich anschaffen oder welche schicke Handtasche sie
kaufen wollen. Ich denke, China hat in den letzten Jahrzehnten eine
grundlegende Änderung erlebt.
Während wir hier reden, steht China vor einer neuen Übergangszeit. Das
Wachstum des BIP verlangsamt sich, der Konsum wird zunehmend zum Motor des
Wachstums. Glauben Sie, daß das Wirtschaftswunder der letzten zwei Jahrzehnte
weitergehen wird?
Zepp-LaRouche: Ich glaube, was Präsident Xi Jinping mit der
Neuen Seidenstraße angekündigt hat, ist das Versprechen, daß China das
schaffen kann. Aber in unmittelbarer Zukunft besteht das Problem, daß der
Zusammenbruch der amerikanischen und europäischen Exportmärkte - und sie
werden kollabieren, wenn wir nicht Glass-Steagall bekommen -, natürlich
schwere Konsequenzen für China haben wird. Deshalb ist es um so dringlicher,
nicht nur in den Vereinigten Staaten und Europa in Richtung Glass-Steagall zu
gehen, sondern auch über ein neues Kreditsystem nachzudenken, ein neues
Kreditsystem in der Tradition von Bretton Woods.
So würde beispielsweise die Idee der Neuen Seidenstraße - die wirklich
identisch ist mit unserem Vorschlag der Eurasischen Landbrücke vor 24 Jahren -
große Projekte schaffen, Korridore bauen, Hochgeschwindigkeitsbahnen bauen,
Wasserstraßen bauen, beispielsweise Wasserprojekte, um die Wüsten zu
überwinden. Und dies sind Projekte, die international sein müssen. Deshalb
braucht man Vereinbarungen über Kreditlinien zwischen den beteiligten
Nationen, um das über lange Zeiträume aufzubauen. Das bedeutet, daß man nicht
schon nach zwei Monaten einen Profit erwarten kann, sondern man würde diese
Projekte über 10, 20, 40 oder sogar 50 Jahre planen, und dazu schafft man
Kreditarrangements zwischen souveränen Staaten.
Wir müssen darüber nachdenken, wie wir das gegenwärtige, kollabierende
Finanzsystem durch ein neues Systems des Kredits zwischen souveränen Nationen
ersetzen. Und ich glaube, China kann eine phantastische Zukunft haben, denn
China ist jetzt auf dem richtigen Weg. Der Unterschied zwischen der
kollabierenden transatlantischen Welt und der asiatischen Welt ist heute
gewaltig. Denn Europa wird grün - eine völlig malthusianische
Bevölkerungsreduzierung -, aber wenn man China und Rußland, Indien, Korea
anschaut: Diese Länder mögen Probleme haben, aber sie gehen in die richtige
Richtung. Sie gehen in die Richtung einer höheren Energieflußdichte in ihrer
Produktion.
So ist z.B. die jüngste Mondlandung Chinas mit dem Jadehasen [Mondrover]
ein sehr vielversprechendes Zeichen für die Zukunft nicht nur Chinas, sondern
der ganzen Welt, denn die Absicht ist, auf dem Mond Helium-3 für eine
zukünftige Wirtschaft auf der Grundlage der Kernfusion abzubauen. Das ist
genau die richtige Politik. Ich denke, wenn China daran festhält, dann kann
China eine glänzende Zukunft haben.
Zheng: Sie haben uns eine sehr vielversprechende
wirtschaftliche Aussicht für Asien geboten. Aber ich glaube, strategisch
betrachtet, in Bezug auf die Sicherheit, droht in der asiatisch-pazifischen
Region eine Krise, insbesondere wegen des eskalierenden Territorialstreits
zwischen Japan und China und südostasiatischen Nationen wie den Philippinen.
Im April wird US-Präsident Barack Obama Asien besuchen, und er wird nach Japan
und den Philippinen kommen. Beide sind in territoriale Streitigkeiten mit
China verwickelt. Denken Sie, daß China besorgt sein sollte, daß es
strategisch von den Vereinigten Staaten eingekreist wird?
Zepp-LaRouche: Ja, das denke ich. Denn wir stehen derzeit
tatsächlich am Rande des Abgleitens der internationalen Beziehungen in einen
Weltkrieg. Für den Pazifik gibt es leider die Politik des „Asien-Schwerpunkts“
der Vereinigten Staaten und die Doktrin des Luft-See-Kampfs, die auf demselben
utopischen Konzept beruht, daß man Chinas Zweitschlagskapazitäten ausschalten
könnte. Und China hat auch sehr deutlich gemacht, daß das inakzeptabel und
dumm ist. Die Gefahr, die von der US-Doktrin der Raketenabwehr wie auch von
Luft-See-Kampf-Doktrin ausgeht, ist die, daß es die andere Seite dazu
veranlassen kann, einen Erstschlag durchzuführen, weil es für sie zu spät sein
könnte, wenn sie abwartet.
Wir sitzen also auf einem Vulkan, der extrem gefährlich ist, und deshalb
kämpfen wir in den USA sehr dafür, Änderungen in den Vereinigten Staaten
herbeizuführen - daß die Vereinigten Staaten nicht länger diese Politik
verfolgen, sondern zu ihrer Verfassung zurückkehren.
Das Erbe des Zweiten Weltkriegs
Zheng: Ich glaube, eine der akuteren Gefahren ist ein
potentieller Disput oder Konflikt zwischen China und Japan. Und der Streit,
den China mit Japan hat, ist Chinas Vorwurf, daß sich Japan niemals ernsthaft
für die Greueltaten im Zweiten Weltkrieg entschuldigt hat. Ich denke, in
diesem Sinne waren Deutschland und Japan historisch in der gleichen Lage, aber
Deutschland hat es mit seinen Entschuldigungen für das, was im Zweiten
Weltkrieg geschehen ist, wirklich ernst gemeint. Was halten Sie von Japans
Mangel an Bereitschaft, zuzugeben, was sie während des Krieges getan haben?
Und über seine jüngste Rhetorik, mit der sie die Greueltaten des Zweiten
Weltkriegs beschönigen wollen?
Zepp-LaRouche: Das ist offensichtlich sehr dumm und sehr
gefährlich. Aber ich glaube, man darf das, was Japan tut, nicht als außerhalb
des Bündniszusammenhanges mit den Vereinigten Staaten betrachten. Denn es ist
erst die amerikanische Expansion in den Pazifik, die Japan den Spielraum dazu
verschafft. Wir hoffen, daß es einige Leute in Japan gibt, die rechtzeitig zur
Vernunft kommen und in eine andere Richtung gehen. Denn Japan ist, wie
Deutschland, ein Land, das fast gar keine Rohstoffe hat, und es ist sehr
abhängig von seinen Exporten. Deshalb liegt der einzige Weg, wie man diese
Dinge lösen kann, in Konzepten wie der Weltlandbrücke, wo man wirtschaftliche
Zusammenarbeit zwischen allen Ländern hat, was dem Nutzen und Interesse aller
Beteiligten viel mehr dient als die lokalen Konflikte.
Wir haben einige gute Freunde und Kontakte in Japan, die gute Beziehungen
zu China wollen, und wir hoffen, daß sie zu einer dominierenden Kraft werden
können.
Zheng: Führende Amerikaner, darunter Außenminister John
Kerry, haben mehr als einmal gesagt, daß die USA den Aufstieg Chinas begrüßen
und daß die USA ein stärkeres China in die asiatisch-pazifische Region
aufnehmen werden. Denken Sie, daß sie das wirklich meinen, was sie da
predigen?
Zepp-LaRouche: Das ist schwer zu beurteilen, denn Herr Kerry
hat auch das Gegenteil sehr oft gesagt, und damit sind wir auf
Interpretationen angewiesen, was denn nun die tatsächliche Politik ist. Ich
denke, wenn Kerry selbständig handeln könnte, dann meint er es vermutlich
wirklich so, aber leider herrscht in den Vereinigten Staaten derzeit ein
großer Fraktionskampf.
Zu den Leuten, die sagen, daß man das Prinzip der Souveränität wahren
sollte, gehört z.B. [der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs] General
Dempsey, ein sehr positiver Faktor, der oftmals gesagt hat, daß der Aufstieg
Chinas niemanden beunruhigen sollte. Er sagte, der heutige Aufstieg Chinas
sollte keine Sorge sein, die zu einem Krieg gegen China führt. Das hat er
sehr, sehr oft gesagt.
Ich weiß, daß es in den Vereinigten viele Patrioten wie ihn gibt, die
wirklich überzeugt sind, daß die auswärtigen Beziehungen in Zukunft wieder in
der Tradition von John Quincy Adams stehen müssen, der sich für ein Bündnis
völlig souveräner Republiken in aller Welt eingesetzt hat, wo keiner über den
anderen herrscht.
Aber leider gibt es auch andere in den Vereinigten Staaten, die an die
Blair-Doktrin glauben, die Idee der „Schutzverantwortung“. Die haben sogar ein
eigenes Amt in den Vereinigten Staaten, wo sie alle Menschenrechtsverletzungen
rund um den Globus erfassen, und Leute wie Susan Rice und andere - und leider
auch Obama - glauben, daß sie unter dem Vorwand humanitärer Gründe militärisch
in aller Welt intervenieren sollten. Das ist die Doktrin von Tony Blair, der
sie 1999 in Chicago verkündet hat. Und wir hoffen sehr, daß die Patrioten in
den Vereinigten Staaten diesen Kampf gewinnen.
Zheng: Sie sagen also, daß die chinesisch-amerikanischen
Beziehungen zunehmend komplizierter werden, insbesondere in der pazifischen
Region. Welche konkreten Schritte, denken Sie, können diese beiden Nationen
unternehmen, um Fehleinschätzungen zu vermeiden und um die
asiatisch-pazifische Region zu einer Region des Friedens und der
Zusammenarbeit zu machen, anstatt die Konfrontation fortzusetzen?
Zepp-LaRouche: Ich denke auch hier, daß wir uns auf die
gemeinsamen Ziele der Menschheit konzentrieren müssen. Wir sitzen auf einem
Pulverfaß, dem möglichen Aussterben [der Menschheit]. Wenn wir den
gegenwärtigen Kurs weiterverfolgen - mit der Globalisierung, der imperialen
Expansion, der TPP [Transpazifischen Partnerschaft] und der TTIP
[Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft] -, dann ist es ein
Alptraum.
Tatsächlich wird das System niemals so weit kommen, weil es schon jetzt
kollabiert, aber die Vorstellung dieser Leute ist, die nationale Souveränität
abzuschaffen, zum Vorteil der großen Konzerne, die dann praktisch die Welt
beherrschen würden. Wenn das geschieht, dann werden wir meiner Meinung nach
vor die Wand fahren. Das ist eine schreckliche Gefahr.
Deshalb müssen wir jetzt, angesichts der Gefahr der potentiellen
Auslöschung der Zivilisation übereinkommen, daß wir als Menschen gemeinsame
Interessen haben. Es gibt viele, viele Probleme, und wir sollten uns darauf
konzentrieren, sie gemeinsam zu lösen.
Eines ist: Wir müssen die Kernwaffen abschaffen. Wir brauchen ein
Raketenabwehrsystem, das alle Nationen einschließt, sodaß Sicherheit
für alle geschaffen werden kann und die Kernwaffen für obsolet erklärt werden
können.
Zweitens müssen wir darüber nachdenken, was die Bedrohungen sind - z.B. die
Drogenproduktion. Auch das Terrorismusproblem ist real, es bedroht die
Sicherheit aller Länder. Wir sollten eine internationale Zusammenarbeit haben,
um die Drogen auszumerzen, den Terrorismus zu beseitigen, und eine umfassende
Entwicklung anstreben. Denn wenn man keine Alternative auf den Tisch bringt,
für eine wirkliche wirtschaftliche Entwicklung, um den Lebensstandard der
Bevölkerung zu verbessern, dann können wir dieses Problem nicht lösen.
Mein Vorschlag ist schon lange, daß für einen Frieden in der Region des
gesamten Nahen und Mittleren Ostens, in Südwestasien, Länder wie Rußland,
China, Indien, der Iran und hoffentlich auch die Vereinigten Staaten und
hoffentlich auch einige europäische Länder zusammenarbeiten, um diese Region
zu entwickeln. Denn es ist die Armut in dieser Region, die den Terrorismus
nährt.
Es gibt noch weitere gemeinsame Ziele der Menschheit. Wir sind z.B. derzeit
nicht in der Lage, den Planeten vor der Bedrohung durch Asteroiden zu
schützen. Warum sich also nicht auf solche Fragen konzentrieren wie den Schutz
des Planeten vor Objekten aus dem Weltraum? Es gibt so viele Bereiche, wo wir
in einer nützlichen Art und Weise zusammenarbeiten könnten.
Ich glaube, wir haben jetzt den Punkt erreicht, wo wir entweder zu einem
völlig neuen Paradigma übergehen, das der Würde und der schöpferischen
Identität der menschlichen Gattung entspricht - oder wir werden nicht
überleben. Wir stehen vor einer einfachen Entscheidung: Wir brauchen eine neue
Ära der Zusammenarbeit. Ich bin sehr optimistisch und denke, wir stehen immer
noch ganz am Anfang. Wenn wir uns zusammenreißen und uns wie Menschen
verhalten, dann können wir uns eine Zukunft vorstellen, die ganz anders ist
als das, was wir in der Vergangenheit hatten.
Zheng: Frau LaRouche, vielen Dank, daß Sie uns ihre Ansichten
mitgeteilt haben.
Zepp-LaRouche: Vielen Dank.
Anmerkung
1. Chinesischer Ausdruck für „Hallo“.
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