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Friedrich Schiller



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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

„Das neue Paradigma ist in greifbarer Nähe“

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche schloß die New Yorker Konferenz mit den folgenden Bemerkungen.

Es gibt einen Bereich, über den wir heute nicht genug gesprochen haben, und das ist, daß wir dringend eine neue kulturelle Renaissance auf der gesamten Erde brauchen. Ich denke, daß wir uns alle einig sind, und das wurde ja auch schon von Ramsey Clark angesprochen, daß die populäre Kultur schrecklich ist, satanisch. Sie verwandelt Menschen in wilde Tiere - nein, so schlimm sind nicht einmal wilde Tiere. Ich kenne kein Tier, das so bestialisch wäre, wie es Menschen manchmal werden.

Wir brauchen also dringend eine Renaissance. Wie kommen wir aus einem Finsteren Zeitalter in eine neue Renaissance?

Wir haben die Universalgeschichte der Zivilisation studiert, und Jeff [Steinberg] hat schon den Decamerone und das Finstere Zeitalter des 14. Jahrhunderts erwähnt. Wie kam die Menschheit in das Goldene Zeitalter der italienischen Renaissance, die ein völliger Bruch mit allen Axiomen der Hexerei und der Flagellanten des Finsteren Zeitalters war? Die Menschen des 14. Jahrhunderts, als die Schwarze Pest wütete, wurden wirklich zu Bestien, weil die Schrecken so groß waren, daß sie jedes menschliche Gefühl, jede Menschlichkeit verloren. Mütter machten sich nicht mehr die Mühe, ihre toten Kinder zu begraben. Die Menschen waren vollkommen entmenschlicht.

Und die Zivilisation wurde dann durch eine Handvoll Menschen gerettet, die auf die Höhepunkte der früheren Zivilisationen zurückgriffen, die griechischen Klassiker, Dante, Petrarca, und sie begannen, die Schätze aus der antiken Vergangenheit wiederzubeleben. Und dafür war die Methode, Handschriften und Originalschriften der Humanisten zu sammeln, absolut entscheidend.

Mein erster Rat ist also, alle diese Bücher mit Fußnoten wegzuwerfen oder zumindest erst mal in den Keller zu schaffen, und zu den Originalquellen zurückzukehren. Gehen Sie zurück zu Platon, gehen Sie zurück zu Augustinus. Gehen Sie zurück zu Konfuzius. Lesen Sie die großen Denker der anderen Kulturen.

Das geschah in der italienischen Renaissance so: Es gab eine Reihe begabter Menschen, die das bereits wieder aufgegriffen hatten, aber wirklich in Gang kam es erst, als Nikolaus von Kues eine ganze Delegation der griechisch-orthodoxen Kirche dafür gewann, am Konzil von Florenz teilzunehmen, und sie brachten alle Bücher von Platon mit. Platon war 1700 Jahre lang in Vergessenheit geraten, nachdem Griechenland nach dem Peloponnesischen Krieg zusammengebrochen war. Und schon Petrarca hatte versucht, wenigstens eine Übersetzung zu finden, von der er wußte, weil er Augustinus gelesen hatte, sodaß ihm wenigstens klar war, daß die platonischen Schriften sehr wichtig sein mußten. Aber er konnte sie nicht finden.

Aber als die Delegation der griechisch-orthodoxen Kirche kam - Plethon, Bessarion und andere berühmte Gelehrte -, traf sie zum Glück die Medici, und sie gründeten eine platonische Schule. Da begann die italienische Renaissance erst richtig zu blühen, und sie schuf die Grundlage für die folgenden 600 Jahre der kulturellen Entwicklung des Westens.

Kunst und Wissenschaft

Die Lehren, die wir daraus ziehen können, hängen mit zwei Dingen zusammen.

Auf der einen Seite müssen wir uns den BRICS-Staaten anschließen, schon aus dem einfachen Grund, weil die Menschen in den BRICS-Staaten nicht so pessimistisch sind. Sie sind optimistisch. Sie denken an die Zukunft. Sie denken darüber nach, wie man die Zukunft gestalten kann. Und dieser Optimismus ist sehr ansteckend. Lassen Sie sich also von dem Optimismus dieser Länder anstecken.

Aber gleichzeitig müssen wir zur Wissenschaft, zur Technik und zur großen klassischen Kunst zurückkehren und die großen Beiträge der Vergangenheit studieren.

Warum, denken Sie, haben wir in jeder Konferenz, die wir veranstalten, soviel klassische Musik und Spirituals? Weil wir die moralische Seite der Menschen verändern müssen. Wir müssen die ästhetische Seite der Menschen verändern. Die Menschen haben keinen Geschmack mehr! Sie haben vergessen, was es bedeutet, klassische Musik zu lieben! Wir müssen sie also studieren.

Deshalb hat Diane Sare unseren Chor für New York und New Jersey gestartet, um den Belcantogesang zu lernen. Kommen Sie jede Woche, oder wann immer sie stattfinden, zu den Proben und lernen Sie, so zu singen wie die wunderbaren Sänger, die wir heute gehört haben. Jeder kann singen lernen. Ihre Stimme ist ein Instrument, und wenn Sie erst einmal anfangen, Mozart, Beethoven, Schubert, Verdi und andere große Komponisten zu meistern und sich zueigen zu machen, daß Sie wissen, wie man die Musik singen oder spielen muß, dann werden Sie sehen: Es wird Sie verändern. Sie werden ein ganz anderer Mensch werden.

Befassen Sie sich dann mit den großen Dichtern. Lesen Sie Shakespeare, lesen Sie Schiller, lesen Sie Shelley und andere. Und Sie werden sehen: Diese Dinge werden zu Geistesmassen, Gedankendingen in ihrem Geist, und man wird Schritt für Schritt, immer wenn man sich ein neues Wissensgebiet erschließt, eine harmonischere Persönlichkeit. Und man weiß, daß man seine Emotionen verändern kann. Man kann bewußt eine schöne Seele werden.

Die Menschen gehen in Fitneßstudios und trainieren, wie man die Muskeln aufbaut, indem man die Maschine entsprechend bedient, und sie verwenden eine enorme Energie darauf, aber sie konzentrieren sich nicht darauf, eine schöne Seele zu werden. Schöne Körper sind okay, ich bin da nicht dagegen, aber schöne Seelen sind etwas wichtiger. Und Friedrich Schiller, nach dem das Schiller-Institut benannt ist, hatte genau diese Vorstellung, daß jeder Mensch eine schöne Seele werden kann: ein Mensch, für den Freiheit und Notwendigkeit das gleiche sind; Menschen, die ihre Pflicht mit Leidenschaft üben und frei sind, indem sie es tun.

Und Sie können Ihren Charakter so entwickeln, daß er dem entspricht, was die Nationalbank, die Neue Entwicklungsbank usw. schaffen werden.

Unser hochgeschätzter Freund Krafft Ehricke - ein deutsch-amerikanischer Wissenschaftler, der die Saturn-Rakete für das Apollo-Programm entwickelte - hat gesagt, das Schiller-Institut sei deshalb so wichtig, weil man alles zum Guten wie zum Schlechten verwenden kann. Man kann jede Technologie, jedes Instrument verschieden nutzen. Man kann Papier dazu verwenden, Menschen zu betrügen, aber man kann es auch für anderes verwenden. Es gibt nichts Objektives, alles ist subjektiv: Ist der Mensch, der diese Dinge verwendet, eine erhabene, edle Seele, ein moralischer Mensch, ein ästhetischer Mensch oder nicht?

Wir müssen also all das miteinander verbinden: Infrastruktur, neue Kreditinstitutionen, neue Wissenschaften. Und all das muß immer damit verbunden sein, Ihre Seele immer schöner zu machen und eine Renaissance von Menschen zu erschaffe, die ihre Identität nicht in den Besitz von Geld oder Macht legen, sondern deren Identität in der Kreativität der Menschheit liegt und die mit ihrem Leben dazu beitragen, daß die Menschheit voranschreitet, oder in den Worten Wernadskijs: daß die Herrschaft der Noosphäre über die Biosphäre immer stärker wird.

Wenn man die lange Evolution der Menschheit anschaut, dann sieht man, daß da ein enormer Fortschritt ist. Und je mehr Menschen Künstler, Wissenschaftler, Lehrer werden, und vor allem Entdecker in der klassischen Kunst und in der Wissenschaft, desto mehr Menschen werden besser werden und um so weniger werden sie den Wunsch haben, anderen Menschen Böses anzutun. Denn wenn Sie einen Wissenschaftler oder einen großen Komponisten oder Musiker fragen, was er will, wird er Ihnen sagen: „Ich bin so glücklich, daß ich meine Arbeit tun kann, denn das ist meine Identität. Selbst wenn ich nicht mehr Geld bekomme, würde ich doch das gleiche tun.“

Und das ist die Zukunft der Menschheit. Die Menschheit wird aufhören, kleine, habgierige Bösewichte zu sein, die ihre Nachbarn betrügen. Ich denke, das sind wir Menschen nicht, sondern wir sind [das Gute], was wir sein könnten.

Und ich bin optimistisch, daß ich noch in meiner Lebenszeit - und so jung bin ich ja nicht mehr - ein völlig neues Paradigma der Zivilisation erleben werden. Denn das ist in greifbarer Nähe. Und ich möchte, daß Sie sich unseren Bemühungen anschließen, damit dies so bald wie möglich geschieht.