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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Eine Feier für Martin Luther King in Alexander Hamiltons New York

Von Dennis Speed

Dennis Speed berichtet über die Konferenz, mit der das Schiller-Institut an Alexander Hamilton und Dr. Martin Luther King erinnerte.

Am Gedenkwochenende für Martin Luther King in der New Yorker Riverside Church veranstaltete das Schiller-Institut am 17. Januar eine Konferenz, um die Ideen des großen Bürgerrechtlers mit denen des großen New Yorkers Alexander Hamilton, dem ersten Finanzminister der Vereinigten Staaten, in der für die heutige Zeit notwendigen Art und Weise zu vereinen. Für die 225 Teilnehmer und für die zahlreichen Internetzuschauer im In- und Ausland war die Konferenz etwas, was es heute in der westlichen Welt viel zu selten gibt: ein erhabenes Erlebnis. Daß eine Kirche der geeignete Ort dafür war, ist leicht nachvollziehbar, aber das Mittel zu dieser geistigen Erhebung war in diesem Fall das Prinzip der klassischen Tragödie, angewendet, um die erschreckend nahe Katastrophe eines Atomkriegs zu verhindern. Dem Publikum wurde die schockierende Erkenntnis vermittelt, daß die immer wahrscheinlicher werdende Zerstörung allen Lebens auf dem Planeten nur verhindert werden kann, wenn sie als Bürger der Vereinigten Staaten entsprechend dem Gemeinwohlprinzip der Verfassung gemeinsam handeln.

Die Hauptrednerin der Konferenz, Helga Zepp-LaRouche, verkörpert für viele Teile der Welt das Konzept, das die sich entfaltende Tragödie der heutigen Welt überwinden kann. Ihr politisches Werk, insbesondere seit dem Fall der Berliner Mauer 1989, im Einsatz für das, was wir heute die Weltlandbrücke nennen, hat ihr in China den anerkennenden Spitznamen „die Seidenstraßenlady“ eingetragen. In den Planungs- und Politikinstitutionen in Rußland und Indien ist sie kaum weniger bekannt.

Zepp-LaRouches Konferenzbeitrag „Die BRICS-Nationen verwirklichen Dr. Martin Luther Kings Traum: Wirtschaftliche Gerechtigkeit ist ein unveräußerliches Recht“ war der Startschuß zu einer intensiven Kampagne, speziell in der Stadt New York - dem von Lyndon LaRouche angeregten und konzipierten „Manhattan-Projekt“. Das Ziel ist, die mörderische Diktatur der Wall Street und der Londoner City in Fragen der Wirtschafts- und Militärpolitik, die seit der Ermordung John F. Kennedys das Denken der Amerikaner beherrscht, zu stürzen. (Auszüge aus ihrer Rede finden Sie in unserer letzten Ausgabe, Neue Solidarität 5/2015.)

Vor der Hauptrede war Martin Luther King selbst in einem kurzen Videoausschnitt aus einer Rede über das Unrecht des Vietnamkriegs zu hören und zu sehen. Zur Einstimmung sangen Michelle Fuchs (Sopran), Jessica Tremblay (Alt) und Everett Suttle (Tenor) Arien aus Georg Friedrich Händels Oratorium Der Messias, einem von Kings Lieblingswerken. Als junger Mann schrieb King über dieses Werk Händels: „Seine Gesundheit und seine Geschicke waren auf dem Tiefpunkt angelangt... Seine rechte Seite war gelähmt, und er hatte all sein Geld verloren. Seine Gläubiger pfändeten ihn und drohten ihm mit Gefängnis. Für kurze Zeit war er nahe daran, den Kampf aufzugeben..., aber er raffte sich wieder auf, um die größte Erleuchtung zu komponieren..., seinen monumentalen Messias.“

Es entging King auch nicht, daß aus den Erlösen des Messias damals die Schulden mittelloser Bürger bezahlt wurden und so das großartigste Werk dieses musikalischen Genies dazu diente, die schlimmste Not der Menschen zu lindern. Und in seiner berühmten Rede vom 28. August 1963 - „Ich habe einen Traum“ - zitierte King den berühmten, von Händel verwendeten Text des Propheten Jesaja: „Ev’ry valley shall be exalted - Alle Tale macht hoch und erhaben“.

Eine Strategie gegen den Krieg

Eine wesentliche Aufgabe der Konferenz bestand darin, in New York wenigstens einige Dutzend Menschen, die tendenziell die moralisch und finanziell bankrotte Weltsicht der Wall Street ablehnen, dafür zu qualifizieren, sich an den internationalen Bemühungen zur Verbreitung der von Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche entwickelten Lösungskonzepte zu beteiligen - allem voran die jüngste große EIR-Studie The New Silk Road Becomes the World Land Bridge („Aus der Neue Seidenstraße wird die Weltlandbrücke“). Der Weg dazu war, ihnen die Ideen auf der höchsten möglichen Ebene zu präsentieren und so ihrem „inneren Engel“ einen positiven Schock zu versetzen, damit sie diese Ideen begreifen und als Führung anderen vermitteln können. Das heißt, daß sie mehr sein müssen als Straßenaktivisten, Parteiaktivisten oder Lobbyisten; sie müssen so handeln wie damals Alexander Hamilton in New York in seinem erfolgreichen Kampf für die Annahme der Verfassung und einer einheitlichen Bundesregierung der Vereinigten Staaten statt einer von der Wall Street gelenkten „Verschwörung von Idioten“.

Dies wird immer mehr zu einer Frage von Leben und Tod, denn die Regierung Obama „treibt ein ehrgeiziges Programm zur Modernisierung der Kernwaffen voran, das die Gefahr eines Nuklearkriegs drastisch erhöhen kann“, wie es Theodore A. Postol in The Nation formuliert hat. Der Artikel in der Ausgabe vom 20. Dezember beschreibt Vorstellungen, die es einem kalt den Rücken herunterlaufen lassen: „Einsichtige russische Analysten, besonders diejenigen, die die technischen Aspekte der Kernwaffen verstehen, sehen in den Modernisierungsbestrebungen der USA einen beunruhigenden Hinweis darauf, daß das US-Militär glaubt, einen Nuklearkrieg gegen Rußland führen und gewinnen zu können.“ Und Michail Gorbatschow, der letzte Staats- und Parteichef der Sowjetunion, erklärte im deutschen Magazin Der Spiegel: „Ein solcher Krieg würde heute wohl unweigerlich in einen Atomkrieg münden. Wenn angesichts dieser angeheizten Stimmung einer die Nerven verliert, werden wir die nächsten Jahre nicht überleben... Ich sage so etwas nicht leichtfertig. Ich mache mir wirklich allergrößte Sorgen.“

Doch Besorgnis allein verhindert keinen Krieg, das wird nur gelingen, wenn die Macht der Wall Street und der Londoner City gebrochen wird. Nur eine Hamiltonische Lösung, eine zeitgemäße Umsetzung von Alexander Hamiltons Ideen, kann die Vereinigten Staaten und die Welt retten, und das bedeutet: Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems, Ausgabe nationalen Kredits für lebenswichtige reale Produktion, ein internationales Sofortprogramm zum Aufbau einer Kernfusionswirtschaft und Ablösung der fossilen Brennstoffe sowie gemeinsame Bestrebungen der Vereinigten Staaten Chinas, Rußlands und Indiens - d.h. der BRICS-Nationen und der USA - in der Weltraumforschung, um eine „Strategische Verteidigung der Erde“ gegen Asteroiden aufzubauen und gemeinsam auf dem Mond Helium-3 zu fördern, um eine noch weiter fortgeschrittene technische Grundlage für eine Kernfusionswirtschaft zu entwickeln.

Die gemeinsame Absicht hinter den verschiedenen Konferenzbeiträgen, einschließlich der musikalischen Aufführungen, war es, die „Republik der Prinzipien“ zu definieren, den geistigen Bereich schöpferischen Denkens zur Problemlösung, wofür Hamiltons entschlossener Einsatz für das Gemeinwohlprinzip der Verfassung in seinen vier Wirtschaftsberichten, die er als Finanzminister dem US-Kongreß vorlegte, beispielhaft ist. Und dies alles diente dazu, die Teilnehmer der Konferenz dafür zu qualifizieren, daß sie selbst den Kampf für die wirtschaftliche Gerechtigkeit aufnehmen können, wie ihn Dr. Martin Luther King am Ende seines Lebens führte.

Ungerechte Gesetze ändern

„Aber der Stachel des Todes ist die Sünde; die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz“, mahnt uns der Apostel Paulus in seinem 1. Brief an die Korinther (15,56). Aber wie ändert man ungerechte Gesetze? Der frühere US-Justizminister Ramsey Clark berichtete, wie er als damaliger stellvertretender Justizminister für die persönliche Sicherheit von Martin Luther King in Alabama verantwortlich war, insbesondere während des letzten der drei Bürgerrechtsmärsche von Selma nach Montgomery. Ein Bundesgericht hatte diesen Marsch zugelassen, aber es durften immer nur Gruppen von 300 Menschen in Zweierreihen hintereinander auf der Fernstraße marschieren. Am Ende des Marschs hatten sich 25.000 Menschen vor dem Landeshaus in Montgomery versammelt. Es gab Berichte, wonach 1200 weiße Aktivisten des rassistischen Ku Klux Klan, darunter viele verurteilte Straftäter, in der Nähe waren, um Teilnehmer, darunter auch King, umzubringen.

Clark berichtete über ein Gespräch mit King, als beide, schon nach Mitternacht, auf das Nachtlager der Demonstranten heruntersahen. „Es erinnerte an ein Militärlager im Bürgerkrieg... Die Angst war mit Händen zu greifen“, erinnerte sich Clark. Als er King bedrängte, ihn ständig über seine Pläne auf dem laufenden zu halten, damit er ihn schützen konnte, habe King geantwortet: „Man darf keine Angst vor dem Tod haben.“ King glaubte an ein höheres Recht, das ungerechte Gesetze umstoßen konnte, und genau das tat er in Selma.

Clarks Thema war, daß Tod und Zerstörung durch Kriege auf der Erde für immer beendet werden müssen, indem man sich auf dieses höhere Recht beruft. Dazu bezog er sich auf eine Rede Kings, die vielen als seine kontroverseste Rede überhaupt gilt - eine Predigt, die er am 4. April 1967 in derselben Riverside-Kirche, in der auch diese Konferenz stattfand, gehalten hat. Darin hatte King erklärt: „Der größte Gewaltausüber in der heutigen Welt ist meine eigene Regierung“, und weiter: „Es ist keine Wahl zwischen Gewaltlosigkeit und Gewalt. Heute ist es die Wahl zwischen Gewaltlosigkeit und Nichtexistenz.“ Genau ein Jahr, nachdem er diese Rede gehalten hatte, wurde King in Memphis/Tennessee ermordet. (Den Text von Ramsey Clarks Rede finden Sie in dieser Ausgabe.)

Helga Zepp-LaRouches Überblick über die 25jährige Kampagne für die Weltlandbrücke als „Tambourmajor für Gerechtigkeit“ zeigt ganz ähnlich die Entschlossenheit, die tragischen Elemente der Menschheitsgeschichte zu überwinden. Vom Fall der Berliner Mauer 1989, als der damals als politischer Gefangener inhaftierte Lyndon LaRouche das Konzept des „Produktiven Dreiecks Paris-Berlin-Wien“ entwickelte, bis heute, wo die BRICS-Nationen sich die Idee der Weltlandbrücke zueigen gemacht haben, sei diese Hamiltonische Anschauung trotz beständiger Ablehnung der Bushs, Thatchers, Merkels und Obamas dieser Welt die beste Hoffnung für die Menschheit. Aber das erfordere „Tambourmajors für Gerechtigkeit“, die diese neuen Gesetze, die die Menschheit braucht, auch durchsetzen. Dazu müsse man einem höheren, ästhetischen Prinzip folgen, dem, was Friedrich Schiller als „das Erhabene“ beschreibt und das auch in Kings berühmter, letzter Rede vom 3. April 1968 wirkt. Das ist der Bereich der menschlichen Schöpferkraft, von der alle wahre Kreativität und Kunst ausgeht.

Tiere haben keine Wirtschaft

Diese Frage wurde auch vom letzten Konferenzredner, Jason Ross vom „Basement“-Wissenschaftsteam des LaRouche-Aktionskomitees, angesprochen:

    „Wie Sie wissen, ist Entwicklung nicht bloß etwas, wonach wir uns sehnen, wonach unser Geist strebt. Sie ist die Grundlage dafür, warum wir eine Wirtschaft haben und Tiere nicht. Vielleicht ist Ihnen schon aufgefallen, daß Tiere keine Wirtschaft haben. Es gibt keine Banken für Eichhörnchen, kein Internationales Tauben-Institut veröffentlicht Inflationsdaten, und es gibt auch keine Nashörner, die ihren Produktionsausstoß berechnen...

    Wenn wir eine Zeitmaschine hätten und 5000 Jahre in die Vergangenheit zurückkehren könnten, dann wären wir in einer ganz anderen Welt als heute... Könnten Sie den Menschen helfen, zu entdecken, wie man aus Steinen Metall macht? Könnten Sie den Menschen helfen, nach den Sternen zu navigieren? Könnten Sie helfen, die Landwirtschaft zu entwickeln? Könnten Sie einen Kanal entwerfen? ... Oder stellen Sie sich einen Menschen vor, der vor 5000 Jahren gelebt hat und den Sie in die heutige Welt bringen... Aber wenn Sie in dieser Zeitmaschine ein Känguruh, einen Kolibri oder eine Mücke mitnähmen, dann kämen die sehr gut zurecht. Känguruhs leben heute nicht anders als vor 5000 Jahren... Die Zeit ist etwas, was nur für uns existiert, für uns Menschen... Wirtschaft beruht auf unserer Fähigkeit, Geschichte zu gestalten, Neues zu entdecken, herauszufinden, wie das Universum funktioniert, und unser Verhalten zu ändern, indem wir dieses Wissen nutzen, um anders zu leben...

    Denken Sie an die Landwirtschaft, denken Sie an die Erfindung des Säens, so daß man wußte, wo man in Zukunft Nahrung finden würde. Tun das Tiere? Sie laufen nur herum in der Hoffnung, etwas zu finden... Was ist mit der neuzeitlichen Wissenschaft, die Werkzeuge erschuf, die nicht aus Steinen gemacht sind wie in der Steinzeit, oder aus Metall oder Holz, sondern Werkzeuge, die aus der Macht des menschlichen Geistes bestehen? Was ist mit der Schaffung dieses Apparats des menschlichen Denkens als Möglichkeit? Diesen Werkzeugen, die von Cusa, Kepler, Fermat, Leibniz, Gauß, Riemann geschaffen wurden. Wie haben sie uns verändert?“ (Den Text des Vortrags von Jason Ross finden Sie in unserer letzten Ausgabe, Neue Solidarität 5/2015.)

Der Mensch hat also anders als die Tiere eine Natur, die sich selbst weiterentwickelt und sich bewußt für Verbesserung entscheiden kann.

Es ist eine schöne Ironie, daß auch Martin Luther King in seiner letzten Rede auf die höhere Ordnung der Natur hingewiesen hat. Er sagte über den berüchtigten Sheriff Connor, der die Bürgerrechtler brutal bekämpfte: „Bull Connor kannte die Geschichte nicht... Er kannte eine Art von Physik, die paßte nicht zusammen mit der Trans-Physik, die wir kannten: nämlich der Tatsache, daß es ein Feuer gibt, das kein Wasser löschen kann.“

An dieses prometheische Feuer, in dem die Unsterblichkeit Martin Luther Kings liegt, wurde bei der Konferenz nicht bloß erinnert, es wurde neu entfacht. Der frühere Artilleriehauptmann im Revolutionskrieg Alexander Hamilton hätte die geistigen Waffen bewundert, die heute in seinem New York zum Einsatz kamen.