Stoppt den politischen Terror, verteidigt das Recht auf
Leben der Führer einer ukrainischen Oppositionspartei!
Ein Offener Brief der Vorsitzenden der Progressiven
Sozialistischen Partei der Ukraine, Natalja Witrenko, 2. November 2016
An
den Präsidenten der Ukraine, P.Poroschenko
den Generalstaatsanwalt der Ukraine, J. Luzenko
den Vorsitzenden der Sicherheitsdienste der Ukraine, W.
Hryzak
den Minister für innere Angelegenheiten der Ukraine, A.
Awakow
die Ombudsfrau der Obersten Rada der Ukraine für
Menschenrechte, W. Lutkowska
den Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte, nationale
Minderheiten und ethnische Beziehungen der Obersten Rada, H. Nemyria,
die Vertretung der OSZE in der Ukraine
die Vertretung der Europäischen Union in der Ukraine
die Botschaft der Vereinigten Staaten in der Ukraine
die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in der Ukraine
die Botschaft Frankreichs in der Ukraine
die Botschaft Italiens in der Ukraine
die Botschaft der Republik Polen in der Ukraine
die Botschaft der Russischen Föderation in der Ukraine
die Botschaft der Republik Weißrußland in der Ukraine
die Botschaft Israels in der Ukraine
Ich bin gezwungen, Sie dazu aufzufordern, daß Sie die
politischen Rechte der Mitglieder der Progressiven Sozialistischen Partei der
Ukraine (PSPU), die gröblichst verletzt wurden, verteidigen und den Maßnahmen,
die die rechtmäßigen Aktivitäten unserer Partei behindern, Einhalt gebieten.
Am 28. Oktober 2016 besetzte eine Gruppe unbekannter
Personen, darunter Kämpfer des Asow-Bataillons unter der Führung A.E.
Schatilins, gewaltsam das Anwesen 3/7 Podgornaja/Tatarskaja Straße in Kiew, das
rechtmäßig der Siver Ukraina LLC gehört. Dieses Besitzrecht wurde am 22. Juli
2003 durch die Entscheidung #18/519 des Handelsgerichtes von Kiew bestätigt,
und wurde bisher von keiner Seite aufgehoben.
Seit 2005 hat die PSPU einen Teil des Anwesens unter der
genannten Adresse von der Siver Ukraina LLC auf der Grundlage eines
Mietvertrages gemietet. Die PSPU leistet die erforderlichen Zahlungen in
völliger Übereinstimmung mit den Gesetzen und dem Mietvertrag. Die
Vertragsbeziehungen zwischen der PSPU und der Siver Ukraine LLC wurden von
keiner Seite gekündigt.
Die PSPU bewahrte ihre Partei-Dokumente, einschließlich der
Originale der Satzung und des Programms der PSPU, der Protokolle ihrer
Kongresse, der Plenarsitzungen ihres Zentralkomitees und der Sitzungen des
Präsidiums ihres Zentralkomitees sowie das Parteiarchiv, die Embleme und
Literatur in diesen gemieteten Räumlichkeiten auf. Zu diesen Parteidokumenten
gehören auch die Registrierungsunterlagen der Orts-, Bezirks- und
Regionalorganisationen der Partei, die persönlichen Daten der örtlichen und
zentralen Parteiführung, Originale und Kopien zahlreicher Gerichtsurteile aus
den 20 Jahren, in denen die PSPU aktiv war, umfangreiches Foto- und
Videomaterial aus den Jahren, seit die Partei existiert, Computer und
Kopiergeräte, Kameras und Videorekorder, Haushaltsgeräte und persönliches
Eigentum von mir, der Vorsitzenden der PSPU und Abgeordneten der Ukraine in
zwei Legislaturperioden, von W. Martschenko, dem stellv. Vorsitzenden der PSPU
und Abgeordneten der Ukraine in drei Legislaturperioden, sowie mehrerer
weiterer Parteimitglieder.
Darüber hinaus beherbergten die gemieteten Räumlichkeiten
unsere einzigartige historische, juristische, wirtschaftliche, politische,
soziologische und statistische Bibliothek, Unterlagen zu Treffen mit Bürgern
über persönliche Angelegenheiten, meine wissenschaftlichen und analytischen
Arbeitspapiere (als professionelle Ökonomin und Doktor der Ökonomie) sowie
Papiere, die dem Chefredakteur der PSPU-Zeitung Dosvitni ogni gehören
und von W. Martschenko für seine Arbeit als Journalist benötigt werden.
Ich weise darauf hin, daß weder der [Sicherheitsdienst der
Ukraine] SBU noch das [Innenministerium] MVD mir selbst oder W. Martschenko irgendwelche
Straftaten vorwerfen und auch keine Verfahren in solchen Angelegenheiten
eröffnet haben.
Ohne eine Gerichtsentscheidung, die die Zwangsräumung der
Räumlichkeiten autorisierte, und in Abwesenheit irgendeines Gerichtsbeamten war
das, was am Freitag, dem 28. Oktober 2016 geschah, eine gewaltsame Besetzung
des gesamten Anwesens der Siver Ukraina LLC, einschließlich der Räumlichkeiten
der PSPU. Darüber hinaus wurden rechtswidrig Eigentum, Dokumente, Geräte,
Literatur und Embleme der PSPU beschlagnahmt.
A.E. Schatilin erklärte am 29. Oktober 2016, der SBU habe
eine Durchsuchung des Anwesens der Siver Ukraine LLC einschließlich der
Räumlichkeiten der PSPU durchgeführt und zwei Wagenladungen an Eigentum,
Dokumenten, Literatur, Computern etc. entfernt, die uns faktisch gestohlen
wurden. Weder dem Besitzer des Anwesens, der Siver Ukraina LLC, noch mir als
Vorsitzender der PSPU wurden irgendwelche Ermächtigungen zur Durchsuchung und
Beschlagnahmung von Dokumenten der Partei oder persönlichem Eigentum vorgelegt.
Ich betone, daß ich am 28. Oktober 2016, als die gewaltsame
Besetzung unserer Räumlichkeiten durchgeführt wurde, persönlich von den
Polizeibeamten und dem Ermittler S. Soroka verlangt habe, daß sie die
Sicherheit und die sichere Aufbewahrung des Eigentums, der Dokumente, der
Literatur und Geräte sowie des persönlichen Besitzes der Führung und Mitglieder
der PSPU sicherstellen, d.h. zu verhindern, daß Außenstehende die von uns
gemieteten Räumlichkeiten betreten. Meine Forderung wurde ignoriert, und die
Polizeibehörden haben unsere Rechte nicht verteidigt.
Am Montag, dem 31. Oktober, wurden ich persönlich, W.
Martschenko und Vertreter anderer Mieter daran gehindert, zu unseren
Arbeitsplätzen zu gelangen. Wir waren erneut gezwungen, uns an die Polizei des
Schewtschenko-Bezirks von Kiew zu wenden, die diesen Gesetzesbruch
protokollierte.
Ich bin überzeugt, daß die illegale Besetzung des Anwesens
der Siver Ukraina LLC und das Eindringen in die von der PSPU gemieteten
Räumlichkeiten zu dem Zweck erfolgte, die politischen Aktivitäten der PSPU,
einer Oppositionspartei, zu behindern und fadenscheinige Vorwände für ein
Verbot unserer Partei zu suchen, Strafverfahren gegen mich selbst und gegen W.
Martschenko und andere Führer der Partei in Gang zu setzen sowie die Mitglieder
der PSPU und die gesamte Gesellschaft einzuschüchtern.
Diese politische Maßnahme zielt darauf ab, die Freiheit der
Rede und die Freiheit des Denkens und des Glaubens zu unterdrücken und
diktatorische Formen der Bekämpfung der Opposition zu legalisieren. Die
Behinderung der PSPU und die gesetzeswidrige Untätigkeit der ukrainischen
Polizeibehörden zeichnen sich besonders durch den Umstand aus, daß die PSPU
nicht nur die Wirtschafts-, Sozial- und Außenpolitik der Regierung aus guten
Gründen kritisiert, sondern unsere Partei auch eine antifaschistische Haltung
einnimmt und unter Berufung auf die Normen und Prinzipien des Völkerrechts die
Kollaboration der OUN-UPA [Organisation Ukrainischer Nationalisten und
Ukrainische Aufstands Armee] mit Nazi-Deutschland offen angeprangert und
publiziert und deren Verbrechen während der Besetzung der Ukraine durch Hitlers
Kräfte aufgedeckt hat.
Die Untätigkeit der Polizeibehörden und die freie Hand, die
man den Asow-Kämpfern läßt, bedeuten in Verbindung mit einem politischen
Vorgehen gegen die PSPU die Gefahr der physischen Eliminierung von mir selbst,
W. Martschenko und des Kerns der Aktivisten der PSPU.
Bitte widmen Sie diesem Appell Ihre vordringliche
Aufmerksamkeit und verteidigen Sie die Progressive Sozialistische Partei der
Ukraine gegen die Diskriminierung und die rechtswidrigen Eingriffe von Seiten
staatlicher Behörden und der radikalen Guerillas. Ich bitte Sie auch, das Recht
der Bürger der Ukraine sicherzustellen, sich auf der Grundlage der Verfassung
der Ukraine, des Gesetzes der Ukraine „über die politischen Parteien der
Ukraine“ und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der
fundamentalen Freiheiten an den gesetzmäßigen Aktivitäten der PSPU zu
beteiligen. Ich bitte Sie, für die persönliche Sicherheit von mir selbst, W. Martschenko und der Mitglieder der PSPU zu sorgen.
Natalja Witrenko, Vorsitzende der PSPU
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