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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Die Kooperation USA-China

Eine Brücke zu einer neuen Plattform der Weltwirtschaft

Von Dr. Patrick Ho

Dr. Patrick Ho ist Vizevorsitzender und Generalsekretär des China Energy Fund Committee, Hong Kong. Die folgende Rede hielt er auf der Konferenz des Schiller-Instituts in New York City am 13. April 2017.

Frau Zepp-LaRouche, Frau Zhang Meifang, verehrte Gäste, meine Damen und Herren, guten Tag. Ich möchte zunächst dem Schiller-Institut dafür danken, daß es das China Energy Fund Committee eingeladen hat, gemeinsam diese Konferenz zu veranstalten.

Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich vertrete das China Energy Fund Committee. Der Name klingt hochtrabend, aber das sind wir nicht; tatsächlich sind wir eine Denkfabrik, die in Hongkong in China als gemeinnützige Organisation registriert ist. Wir sind auch in Arlington/Virginia als steuerbegünstigte gemeinnützige Einrichtung nach Abschnitt 501 (c) 3 registriert. Wir befassen uns mit Fragen im Zusammenhang mit neu entstehenden Positionen Chinas. Aber wir sind nicht nur eine Denkfabrik, wie sind auch eine Tatenfabrik – wir tun etwas. Wenn wir Chancen sehen, dann untersuchen wir Dinge, die unserer Überzeugung nach realisiert werden sollten, und bemühen uns darum, daß diese Maßnahmen oder Vorschläge umgesetzt werden. Es ist also etwas anderes als eine gewöhnliche Denkfabrik – wir sind eine Denk- und Tatenfabrik.

Meine Damen und Herren, lehnen Sie sich nun zurück und genießen Sie die Bildpräsentation „Die Kooperation USA-China – eine Brücke zu einer neuen Plattform der Weltwirtschaft“.

Eine Welt im Wandels und in Krisen

Wir leben in einer aufblühenden Welt, in der viele hundert Millionen Menschen aus der Armut befreit wurden. Menschlicher Einfallsreichtum, technischer Fortschritt und offene Märkte bescheren uns eine Welt wachsenden Überflusses. Unser bemerkenswerter Zuwachs an steigendem Wohlstand gibt uns die Sicherheit, daß wir tatsächlich genug Ressourcen haben, damit alle ein Auskommen haben können, auch unsere Kinder.


Abb. 1: Große Herausforderungen für die Welt:
  • Extreme Armut – 1,2 Milliarden Menschen leben in größer Armut;
  • Energiemangel – 2,8 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu einer modernen Energieversorgung;
  • Nahrungsmittelmangel – 800 Millionen Menschen sind chronisch unterernährt;
  • Wassermangel – mehrere hundert Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Dennoch, wenn man sich die heutige Welt betrachtet, muß man zugeben, daß es große Herausforderungen gibt: Trotz des beeindruckenden Wirtschaftswachstums der letzten Jahrzehnte leben immer noch 1,2 Milliarden Menschen in äußerster Armut. 2,8 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu einer modernen Energieversorgung, und 800 Millionen sind immer noch chronisch unterernährt. Mehrere hundert Millionen Menschen haben keinen regulären Zugang zu sauberem Trinkwasser, und mehrere Milliarden leben ohne ein Mindestmaß an sanitären Einrichtungen.

2013 hatten die reichsten 85 Milliardäre der Welt einen Besitz angesammelt, der dem der gesamten ärmeren Hälfte der Menschheit entsprach, 3,5 Milliarden Menschen. Den zehn Prozent der Menschen mit den höchsten Einkommen geht es außerordentlich gut, während die ärmsten zehn Prozent immer weiter zurückfallen. Auf diese Trends stößt man nicht bloß auf globaler Ebene, sondern auch innerhalb der Nationen und innerhalb der Städte. Selbst dort, wo es ein gesundes Wirtschaftswachstum gibt, sammelt sich der Reichtum vor allem an der Spitze an. In den Vereinigten Staaten stagnierte das Einkommen der einfachen Arbeiter, obwohl sich das BIP in den letzten 30 Jahren verdoppelt hat.

Der Kuchen ist größer geworden, aber er wird immer unfairer aufgeteilt - weltweit, zwischen den Generationen und innerhalb der Nationen –, was reale und bedeutende Konsequenzen hat: Diejenigen, die zurückbleiben, finden keine Abhilfe gegen die systemische Ungerechtigkeit in der Gesellschaft, und sie greifen zu extremen Mitteln wie Gewalt und Terrorismus, damit ihre Stimme gehört wird. Letztendlich schadet Ungerechtigkeit allen.

Was sind die Ursachen dieser Herausforderungen, und was kann man dagegen tun? Diese tragischen Folgen lassen sich auf das gestörte System wirtschaftlicher Entwicklung zurückführen.

Seit dem letzten Jahrtausend wird die internationale Ordnung der Welt vor allem durch die Verteilung der natürlichen Rohstoffe diktiert. Viele der Herausforderungen, vor denen wir stehen, entspringen immer noch dem Nullsummenspiel des Zugriffs auf Rohstoffe für die Sicherheit und die Interessen einzelner Nationen. Länder streben im Namen der nationalen Sicherheit danach, sich strategische Güter für ihre Entwicklung zu verschaffen. Und diese Sorge wird noch um so stärker, wenn das Wachstum das Angebot der verfügbaren Rohstoffe übersteigt.

Das ist der Punkt, an dem Länder traditionell auf der Suche nach neuen Märkten und Zugriff auf mehr Ressourcen ihre Territorien nach Übersee ausgeweitet haben. In der Geschichte der Menschheit war das meistens verbunden mit Ausplünderung, Versklavung, Kolonien und Kriegen, in denen einige Länder im Namen der Religion, der Zivilisation, des Fortschritts oder der Demokratie fremde Gebiete annektierten. Und andere plündern regelmäßig, um Beute zu machen. Imperien und Imperialismus herrschen.

Das änderte sich nach den beiden Weltkriegen, als Imperialismus und Kolonialismus nun Demokratie und Menschenrechten wichen. Die Antwort, die sich herausbildete, war die Globalisierung. Die Globalisierung setzt auf Kapital und Investitionen, Handel und Waren, Menschen und Dienstleistungen und Informationen, auf der Grundlage eines Modells des Freihandels. Dies hat sich als ein sehr wirksames Mittel erwiesen, um große Reichtümer anzuhäufen, und es hat das Wachstum in der Weltwirtschaft beschleunigt.

Aber der Freihandel brachte auch Nachteile mit sich. Vor allem hat die kapitalistische Klasse unverhältnismäßig profitiert, während die weniger qualifizierten Arbeiter um ihr Auskommen kämpfen müssen. Diese Ungerechtigkeit wurde nicht nur zur Quelle sozialer Konflikte und Verbitterung, sondern auch zu einem realen Hindernis für weiteres Wirtschaftswachstum. In der entwickelten Welt protestieren die Arbeiter inzwischen gegen den Freihandel und diffamieren die Arbeiter im Ausland und die Auslandsinvestitionen.

In den Entwicklungsländern hat das Versäumnis, die Früchte des Fortschritts zu teilen, noch mehr Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung verursacht. Das Fehlen einer Zukunft, auf die man hoffen könnte, bringt in Verbindung mit der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit gewalttätigen Extremismus und Terrorismus hervor. Die heutige Jugend greift zu verzweifelten Maßnahmen und schließt sich extremistischen Gruppen und Organisationen an. So oder so ist das Endresultat Konflikte, Zwietracht und Instabilität innerhalb und zwischen den Nationen, was tragischerweise die Motoren des menschlichen Fortschritts abwürgt und untergräbt.

Im letzten halben Jahrhundert war die wirtschaftliche Entwicklung durch die Globalisierung verzerrt, hin zu virtueller Wirtschaft und Dienstleistungen. Dies ging einher mit astronomisch hohen Staatsschulden, mit immer weiter aufklaffenden Einkommensscheren, Ungleichgewicht der Einkommen, Instabilität des Finanzsystems und allen damit verbundenen sozialen Nöten.

Unsere Welt sucht jetzt verzweifelt nach einem neuen Paradigma der Entwicklung – einem Paradigma, das uns zu einer Politik ausgewogener wirtschaftlicher Entwicklung zurückführt, in dem die auf Werten beruhende physische und reale Wirtschaft, wie etwa Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur, eine zentrale Rolle spielt.


Abb. 2: Die Globalisierung 1.0 – ein System in der Krise –
  • BIP der Weltwirtschaft: 50 Billionen Dollar
  • Wert der Aktien- und Anleihemärkte: 100 Billionen Dollar
  • Umfang der globalen Derivatmärkte: 700 Billionen Dollar

Globalisierung 2.0

Die Globalisierung 1.0 ist heute ein System in einer Krise. Aber eine Rückkehr zum Isolationismus und zum Protektionismus wäre gegen den Gesamttrend des menschlichen Fortschritts. Die Welt braucht dringend eine Globalisierung 2.0. Und Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative ist die Antwort auf diesen Bedarf.

Wenn wir danach streben, auf diesem Planeten glücklich und friedlich zu leben, dann müssen wir zu einem nachhaltigeren und inklusiveren Entwicklungsmodell übergehen. Es ist unmöglich, daß ein Land oder ein Sektor der Gesellschaft alleine allen Reichtum für sich behält und die Früchte des Wohlstands genießt. Das führt nur zur Verbitterung unserer Nachbarn, die zurecht ihren eigenen Weg zur Erfüllung suchen. Ungerechtigkeit führt zu Unsicherheit und Instabilität und schadet letztendlich beiden – denjenigen, die zuviel haben, wie denjenigen, die zuwenig haben. Was wir statt dessen brauchen, ist eine Entwicklungsstrategie, die auf dem Prinzip der Inklusivität und des Teilens gründet. Indem wir Wachstum und Sicherheit teilen, können wir eine Entwicklung sicherstellen, die anhaltend und nachhaltig ist. Und das ist der Geist und die Einstellung hinter der Gürtel- und Straßen-Initiative.

Seit die Politik der „Reform und Öffnung“ 1978 eingeleitet wurde, hat China eine schnelle Entwicklung angestrebt, indem es die Wirtschaft des offenen Marktes übernahm. Chinas Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) 2001 zog eine hochschießende Welle der Entwicklung nach sich. Bis 2015 hat sich Chinas BIP gegenüber 2000 versiebenfacht, gegenüber 1978 stieg es auf das 184fache. Es ist nun die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den Vereinigten Staaten.

Aber China hat für dieses wirtschaftliche Wohlergehen einen hohen Preis in Hinsicht auf die Umwelt und die Einkommensgleichheit bezahlt. Mit steigenden Löhnen und steigenden Landpreisen, verbunden mit neuer öffentlicher Sorge um soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, hat China jetzt einen Engpaß in seiner wirtschaftlichen Entwicklung erreicht, ganz ähnlich wie andere reifende Volkswirtschaften.

Angesichts dieser Kosten und Herausforderungen hat China erkannt, daß der gegenwärtige Ansatz zum Wirtschaftswachstum mit seiner Ausrichtung auf Profite und Renditen nicht aufrechtzuerhalten ist. Das Land versteht, daß nur eine neue Form von Wachstum und Entwicklung fundamentale Probleme wie Ungleichheit, Rohstoffmangel und überschüssige Produktionskapazitäten in einem Zug lösen kann. Und die Geschichte ist voller Berichte über Nationen, die sich als Antwort auf ein sinkendes Wirtschaftswachstum für Kolonisierung oder Krieg entschieden haben.

China wird weder das eine noch das andere tun. Es hat einen dritten Weg gewählt, einen Weg der friedlichen, gemeinsamen Entwicklung, angetrieben von einer Strategie des Teilens mit seinen Nachbarn und verankert im wirtschaftlichen Prinzip der „Win-Win“-Kooperation.


Abb. 3: Die Gürtel- und Straßen-Initiative – eine Antwort auf die globalen Herausforderungen.

Abb 4: Die Gürtel- und Straßen-Initiative, ein Modell der Vernetzung.
Präsident Xis große Vision:
  • 7. September 2013, Astana, Kasachstan: Wirtschaftsgürtel der Neuen Seidenstraße
  • 2. Oktober 2013, Jakarta, Indonesien: Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts

Abb. 5: Die Gürtel- und Straßen-Intiative, ein neues Paradigma der Entwicklung:
  • Die Globalisierung 1.0 ist nur auf die Profitmaximierung ausgerichtet.
  • Die Globalisierung 2.0 ist ausgerichtet auf wirtschaftlichen Wohlstand inmitten von Gleichrangigkeit und ökologischer Verantwortung.

Deshalb hat der chinesische Präsident Xi Jinping 2013 sein strategisches Konzept des Aufbaus der Initiative „Ein Gürtel, eine Straße“ vorgeschlagen, die jetzt „Gürtel und Straßen“-Initiative oder kurz BRI genannt wird. Es ist eine große Vision des Friedens, der Entwicklung, der Zusammenarbeit und eines „Win-Win“-Resultats.

Diese Vision zielt darauf ab, den vielversprechendsten Wirtschaftskorridor der Welt zu schaffen, von dem 4,7 Milliarden Menschen, 65 Länder und 67% der Weltbevölkerung, vor allem in den Entwicklungsländern, unmittelbar profitieren werden. Mit einem gemeinsamen BIP von 27 Billionen Dollar stellt diese Gruppe etwa 38% der weltweiten Produktion. Es ist wirklich eine große Vision für internationale Zusammenarbeit.

Die Kennzeichen der Gürtel- und Straße-Initiative sind: Wohlwollen, Teilen, Inklusivität und ein Ansatz von Volk zu Volk.

Wohlwollen: Bei der Gürtel- und Straßen-Initiative geht es darum, die Länder und Völker miteinander in Verbindung zu setzen, Differenzen auszuräumen, Vielfalt anzunehmen, Potentiale zu realisieren und verschiedene Ziele und Aussichten zu ermöglichen, die das Wohlwollen fördern.

Teilen: Im Rahmen der Gürtel- und Straßen-Initiative wird China, wenn es überschüssige Kapazitäten und überschüssige Mittel hat, diese teilen. China erkennt: Indem es Nachbarn hilft, zu wachsen, und sie zu Freunden macht, die genauso entwickelt sind wie es selbst, wird es auch selbst stabiler, sicherer und wohlhabender.

Inklusivität: Die Gürtel- und Straßen-Initiative steht allen interessierten Ländern und Völkern offen, um sich zu gemeinsamer Entwicklung zu verbinden, unabhängig von der Regierungsform, vom kulturellen und religiösen Hintergrund oder der geographischen Lage. Sie ist geleitet von dem Wunsch, Gemeinschaften aufzubauen und die Menschen ins Boot zu holen und andere als Saat aufblühen zu sehen, so wie China in den letzten Jahrzehnten.

Volk zu Volk: Dieses Modell, das gemeinsame Erfahrungen fördert, wird letztendlich zu bedeutungsvollen und dauerhaften Beziehungen führen, auf der Grundlage eines Gemeinschaftsgefühls anstelle von Konkurrenzdenkens. In dem sie dies tut, bewältigt die Gürtel- und Straßen-Initiative nicht nur wirtschaftliche, sondern auch kulturelle und soziale Herausforderungen, und sie wirbt bei allen Völkern für die Werte des Teilens und der Solidarität. Die Gürtel- und Straßen-Initiative schafft die Grundlage für Frieden.

Die Initiative zielt darauf ab, die Vernetzung auf dem eurasischen Kontinent und in den anliegenden Regionen zu fördern. Man kann davon ausgehen, daß in den kommenden Jahren neue Straßen und neue Eisenbahnen gebaut werden, neue Schiffahrtsstrecken und Fluglinien eröffnet werden, und Ölpipelines und Stromnetze angeschlossen werden. Das ist ein neues Modell der Vernetzung zwischen den Völkern.

Aber Vernetzung besteht nicht nur darin, Straßen und Brücken zu bauen oder lineare Verbindungen zwischen verschiedenen Punkten auf der Oberfläche herzustellen. Wichtiger ist, daß es eine dreidimensionale Verbindung von Infrastrukturen, Institutionen und Austausch zwischen den Völkern sein sollte, und auch ein vielseitiger, fünffacher Fortschritt: bei der politischen Kommunikation, der Vernetzung der Infrastrukturen, den Handelsbeziehungen, den Kapitalströmen und der Völkerverständigung. Einfach gesagt, die Gürtel und Straßen-Initiative betrachtet die Entwicklung der Infrastruktur als den grundlegenden Baustein der globalen Vernetzung und des sozialen Wirtschaftswachstums.

Die Gürtel- und Straßen-Initiative stellt ein neues Modell der nachhaltigen Entwicklung der Welt dar – die Globalisierung 2.0 –, in dem soziale Inklusivität, Gleichrangigkeit und individuelles und soziales Wohl ebenso berücksichtigt werden wie wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand, wobei alledem gleiches Gewicht zugemessen wird.

Wohlstand wird durch gemeinsame, inklusive Ansätze erreicht, gestützt auf Vertrauen, soziale Gerechtigkeit, Wohlwollen, Dialog und Zusammenarbeit zwischen den Ländern.

Während die Globalisierung 1.0 nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, legt die Globalisierung 2.0 Wert auf wirtschaftlichen Wohlstand inmitten von Gleichrangigkeit und ökologischer Verantwortung.

Infrastruktur

In ihren prägenden Stadien wird die Straßen- und Gürtel-Initiative darauf setzen, Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur vorzunehmen, indem sie die ganze Welt aufruft, die globale Wirtschaft stufenweise wieder auf die grundlegenden, realen Werte auszurichten, weg von virtuellen Derivaten und Schuldenfinanzierung. Investitionen in Infrastruktur sind ein erprobter Weg, in unsere Zukunft zu investieren und eine Grundlage und einen Anstoß für Wachstum und Entwicklung zu bieten.

Aber der Begriff „Infrastruktur“ umfaßt nicht nur physische Strukturen, sondern auch Institutionen und menschliche Fähigkeiten. Zur wirtschaftlichen Infrastruktur gehören Verkehrs-, Energie-, Kommunikationsnetze und finanzielle Dienstleistungen. Zur sozialen und ökologischen Infrastruktur gehören aber auch Wasser und sanitäre Einrichtungen, Schulen, Krankenhäuser und Gesundheitswesen.

Eine infrastrukturbasierte wirtschaftliche Entwicklung erfordert, daß ein bedeutender Anteil der Mittel des Landes systematisch in langfristige Werte gelenkt wird, wie Verkehrs- und Energienetze, sowie in die soziale Infrastruktur wie Schulen, Universitäten und Krankenhäuser. Dies definiert die langfristige wirtschaftliche Effizienz der Ankurbelung des Wachstums in wirtschaftlich rückständigen Regionen und der Förderung technischer Innovation und sozialer Gerechtigkeit, während man gleichzeitig kostenlose Bildung und erschwingliche Krankenversorgung für alle bietet.

Infrastruktur ist ein Motor der Wirtschaft und bildet in jedem Land das Rückgrat der Wirtschaft und die notwendige Vorleistung für jedes wirtschaftliche Produkt. Sie ist entscheidend für den Wohlstand, die öffentliche Gesundheit, das soziale Wohl und die Humanressourcen der Nation. Der Zustand der Infrastruktur hat eine kaskadenförmige Wirkung auf die Wirtschaft und die Technik eines Landes und seinen Zugang zu den Märkten. Eine solche Stärkung der Gesellschaft schafft Chancen, insbesondere für den einzelnen, sich aus Arbeitslosigkeit und Armut zu befreien.

Die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen weist darauf hin, daß Investitionen in die Infrastruktur für Verkehr, Bewässerung, Energie, Information und Kommunikationstechnik wesentlich sind, um eine soziale Entwicklung und eine Stärkung der Gemeinden in vielen Ländern zu erreichen. Man hat schon lange erkannt, daß das Wachstum von Produktivität und Einkommen und Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungswesen Investitionen in die Infrastruktur voraussetzen.

Aber es gibt zahlreiche Herausforderungen beim Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur. Allem voran ist der globale Infrastrukturmangel eine bedeutende Herausforderung: 2,6 Milliarden Menschen haben keine ununterbrochene Stromversorgung; 2,5 Milliarden Menschen fehlt der Zugang zu grundlegenden sanitären Einrichtungen; 800 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, davon viele hundert Millionen in Schwarzafrika und in Südasien; eine bis anderthalb Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu verläßlichen Telefonverbindungen. Der „Addis-Abeba-Aktionsplan“ betonte die Notwendigkeit, die Infrastrukturlücke in den Entwicklungsländern zu schließen, wofür Ausgaben von einer bis anderthalb Billionen Dollar jährlich notwendig sind.

Selbst in vielen entwickelten Ländern des Westens ist ein großer Teil der Infrastruktur veraltet, mindestens ein halbes Jahrhundert alt und muß erneuert werden, insbesondere in den Vereinigten Staaten. Infrastrukturprojekten mangelt es an ausreichenden Investitionen des öffentlichen wie des privaten Sektors. Und die meisten großen Infrastrukturprojekte überschreiten die Bauzeit um mindestens 20 Monate und die Kosten um 80%.


Abb 6: Die Gürtel- und Straßen-Initiative, eine große Vision.
  • Eine Politik dient einer bestimmten politischen Agenda und folgt starren Mechanismen.
  • Eine Vision ist ehrgeizig und weitsichtig, aber gleichzeitig auch flexibel, anpassend und anpaßbar an neue Bedingungen und Herausforderungen.

Die Gürtel- und Straßen-Initiative ist eine große Vision. Anders als andere regionale Kooperationsprojekte, die einer bestimmten politischen Agenda dienen und einem starren Mechanismus unterliegen, wie etwa der Marshallplan, ist die Gürtel- und Straßen-Initiative eine große Vision, die unbegrenzten Raum für kreative Lösungen und Möglichkeiten ihrer Umsetzung bietet. Die Gürtel- und Straßen-Initiative ist ehrgeizig und weitsichtig, aber gleichzeitig auch flexibel, anpassend und anpaßbar an neue Bedingungen und Herausforderungen. Sie bietet ein übergreifendes Thema und einen Schirm, unter dem jede Form der Zusammenarbeit ermöglicht werden kann. Regierungen, Unternehmen, Denkfabriken und Menschen können ständig zu dieser Initiative und zu neuen Interpretationen und neuen Inhalten beitragen und ihr Material bereichern, um die Kooperation zu fördern und den Nutzen zu teilen.

Wir alle haben unterschiedliche Vergangenheiten, aber wir haben eine gemeinsame Zukunft, der wir uns stellen müssen. Die Gürtel- und Straßen-Initiative ist eine visionäre Strategie für nachhaltiges Wachstum und Entwicklung, die für die gesamte Menschheit inklusiv ist. Sie dient nicht nur China, sondern ist ein Modell für alle Länder und alle Völker. Motiviert von Wohlwollen, lädt China die Völker und Länder entlang von Gürtel und Straße ein, eine Gemeinschaft des gemeinsamen Interesse und der gemeinsamen Bestimmung zu bilden, eine Gemeinschaft, in der niemand zurückgelassen wird und niemand sich mit dem zweiten Platz abfinden muß.

Einfach gesagt: Bei der Gürtel- und Straßen-Initiative geht es weder um die Schaffung einer Einflußsphäre noch um ein Hegemoniestreben. Es geht darum, Länder und Völker miteinander zu verbinden, Differenzen beizulegen, Vielfalt zu begrüßen, Potentiale zu verwirklichen, Kapazitäten zu teilen und verschiedene Ziele und Aussichten zu ermöglichen.

Sie ist eine positive Unternehmung, um neue Modelle der internationalen Kooperation und der globalen Regierungsführung zu suchen, und sie wird dem Frieden und der Entwicklung auf der Welt neue positive Energie zuführen. Sie bereitet den Weg für den Aufbau einer Gemeinschaft der gemeinsamen Bestimmung der ganzen Menschheit.

Was die BRI den USA verspricht

Als die Gürtel- und Straßen-Initiative 2013 gestartet wurde, haben wir an Amerikas Tür geklopft, aber sie öffnete sich nicht. Und heute hämmern wir an Herrn Trumps Tür und skandieren: „Sesam, öffne dich!“

Meine Damen und Herren, nach unseren heutigen Gesprächen muß ich wohl sagen, unser „Sesam, öffne dich!“ ist ein lauter Zuruf an die amerikanische Regierung, noch einmal über die Gürtel- und Straßen-Initiative nachzudenken, als Anstoß, auch über die amerikanische Außenpolitik für ein neues Jahrhundert nachzudenken und sie neu auszurichten.

Ich kann die wesentlichen Punkte zusammenfassen und die Bereiche, über die die neue US-Regierung nachdenken sollte, folgendermaßen beschreiben.

Es sind nur Vorschläge, damit die USA auf den Zug der Gürtel- und Straßen-Initiative aufspringen können.

    1. Betrachten Sie die Gürtel- und Straßen-Initiative als eine Plattform, um soziale und wirtschaftliche Initiativen und Programme voranzutreiben, die zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Ländern und Regionen führen.

    2. Richten Sie die Handelsabkommen mit den pazifischen Ländern und den atlantischen Ländern neu aus, um sie an die Gürtel- und Straßen-Initiative anzupassen.

    3. Fordern Sie die nationalen und regionalen Entwicklungsbanken und ähnliche Organisationen auf, bei den finanziellen Vereinbarungen und Arrangements zu helfen, um den Infrastrukturausbau entlang der Gürtel- und Straßen-Initiative zu unterstützen, insbesondere im privaten Sektor.

    4. Kultivieren Sie ein Umfeld, das es privaten und institutionellen Fonds ermöglicht, sich an der Schließung der Infrastrukturlücke zu beteiligen.

    5. Kooperieren Sie bei der Schaffung von Sicherheit für die Infrastruktur- und sonstigen Projekte der Gürtel- und Straßen-Initiative zu Land und zur See.

    6. Beteiligen Sie sich an der Wiederherstellung von Frieden, Stabilität und Hoffnung in den vom Krieg zerstörten und geplagten Regionen der Welt, durch die sozialen und wirtschaftlichen Anreize aus der Gürtel- und Straßen-Initiative für den Prozeß des Wiederaufbaus der Länder, die bombardiert und in Kriege hineingezogen wurden.

Aus Punkt 6 ersieht man, daß die wahren Verdienste der Gürtel- und Straßen-Initiative in ihrem geopolitischen Nutzen liegen, nicht nur für China oder diejenigen, die sich an der Initiative beteiligen, sondern für alle Länder der Welt, indem sie unserer von Nöten geplagten Welt Stabilität, Hoffnung und Frieden bringt.


Abb. 7: Infrastruktur als Schlüssel – ein anderer Ansatz zur Überwindung der heutigen Herausforderungen:
Samt-Revolution (1989, Tschechoslowakei), Rosen-Revolution (2003, Georgien), Orangene Revolution (Ukraine, 2004), Jasmin-Revolution (2010, Tunesien), Lotus-Revolution (2011, Ägypten), Maidan-Revolution (2013, Ukraine).

Unsere Welt erlebt grundlegende und komplexe Herausforderungen, unter anderem das Aufkommen von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus vor dem Hintergrund kultureller und religiöser Spannungen. Gegen diese Herausforderungen war man gezwungen, vielfältige Ansätze zur Förderung von Toleranz und Versöhnung zu nutzen, ganz zu schweigen von den Mitteln und Mühen, die in den letzten Jahrzehnten zur Bekämpfung des Terrorismus aufgewandt wurden – doch alles mit entmutigenden, um nicht zu sagen jämmerlichen Resultaten.

Vielleicht haben wir nur die Symptome bekämpft, ohne uns um die Ursachen des Problems zu kümmern, und es ist höchste Zeit, daß wir alternative Ansätze suchen und erwägen.

Die politischen Probleme im Nahen Osten und in Nordafrika können nicht mit militärischen Mitteln allein gelöst werden. Nur indem wir die zugrundeliegenden sozioökonomischen Bedingungen in diesen Regionen ändern, können wir den großen Massen junger Menschen, die heute in Verzweiflung leben und zu verzweifelten Mitteln greifen, indem sie sich diesen extremistischen Gruppierungen anschließen, Hoffnung und eine Zukunft bieten.

Die vielen Infrastrukturprojekte der Gürtel- und Straßen-Initiative würden zahlreiche Arbeitsplätze schaffen, wirtschaftliche Aktivitäten anstoßen und die Erwerbssorgen der wachsenden jungen Bevölkerung in diesen Gebieten lösen, und so den unruhigen Regionen den Nahen Ostens und Nordafrikas Frieden, Hoffnung und die lange verlorene Stabilität zurückgeben, sie in die globale Wirtschaft integrieren und dazu beitragen, die sozialen Übel zu lindern, die durch wiederkehrende Bombenangriffe, ständige Kriege und die schnelle Ausweitung der Wohlstandsschere durch die Globalisierung 1.0 entstanden sind.


Abb 8: Globalisierung 2.0: Die Gürtel- und Straßen-Initiative hilft der Welt, ihre derzeitigen politischen, wirtschaftlichen und Entwicklungskrisen zu überwinden.


Abb. 9: Die Gürtel- und Straßen-Initiative schafft weltweiten Frieden, Freundschaft und Wohlstand durch
  1. Aufbau von Straßen und Brücken
  2. Vernetzung der Völker und Gemeinschaften
  3. Verbindungen zwischen Religionen und Kulturen
  4. Gemeinsamkeit der Lebensstile und Berufe
  5. Kommunizieren von Hoffnungen und Vorstellungen

Die Gürtel- und Straßen-Initiative arbeitet nach dem geo-ökonomischen Prinzip der „Win-Win“-Kooperation und überwindet das Nullsummenspiel der geopolitischen Konfrontation, das die Welt an den Rand eines Weltkriegs gebracht hat. Gürtel und Straße bringen Frieden und Gerechtigkeit, indem sie die Ungleichheiten reduzieren. Sie haben das Potential, der Welt dabei zu helfen, ihre derzeitigen politischen, wirtschaftlichen und Entwicklungskrisen zu überwinden.

Meine Damen und Herren, über die beiden früheren Seidenstraßen wurden Tee, Seide, Gewürze, exotische Früchte, Juwelen und Gold gehandelt. Diese Seidenstraße des 21. Jahrhunderts bietet den Austausch kreativer Ideen, Ansichten und Perspektiven, Traditionen und Vermächtnisse – sie tauscht Güte und bietet Frieden!

Die moderne Seidenstraße lehrt uns, gegenseitigen Respekt zu lernen und zu erkennen, daß es, trotz unserer unterschiedlichen Hintergründe, grundlegende Werte gibt, die wir alle schätzen, grundlegende Prinzipien, die wir alle respektieren, und wesentliche Überzeugungen, die wir alle teilen. Indem wir auf die anderen zugehen und sie hereinholen, können wir weltweit Frieden, Freundschaft und Wohlstand schaffen.

Letztendlich geht es bei der Gürtel- und Straßen-Initiative darum, Straßen und Brücken durch die ganze Welt zu bauen, die Völker und Gemeinschaften miteinander zu vernetzen, Religionen und Kulturen in Verbindung zu setzen, Lebensstile und Berufe zu vereinen, und Hoffnungen und Vorstellungen zu kommunizieren, in einer wunderbaren Feier der Vielfalt der Werte und der Anpassung in Harmonie.

Meine Damen und Herren, die Gürtel- und Straßen-Initiative ist eine weltweite Herausforderung, die eine weltweite Beteiligung erfordert. Durch diese Initiative übermittelt China laut und klar eine ernstgemeinte Botschaft der Kooperation und Partnerschaft an alle unsere Freunde und Feinde in Nah und Fern, daß wir zusammenarbeiten, um gemeinsam Lösungen für ein nachhaltiges Wachstum für die gesamte Menschheit zu finden. Indem wir teilen, werden wir bessere Partner beim Ausgleichen unserer zukünftigen Ziele, um unsere gemeinsamen Träume zu verwirklichen.

Ein sehr berühmter Chinese, Sun Yat-sen, hatte einst einen Traum. Er sagte: „Wenn unser Ziel, China zu modernisieren, verwirklicht ist, dann wird die Morgenröte eines neuen Jahrhunderts auf unser schönes Land herabscheinen und die ganze Menschheit wird sich einer glänzenderen Zukunft erfreuen.“

Und ein nicht so berühmter Chinese, Patrick Ho, hatte auch einen Traum. Er sagte: „Ich habe einen Traum. Ich träume von einem China der Kultur mit Ideen und Werten, die die Menschheit inspirieren. Die Neudefinition der chinesischen Grundwerte signalisiert das Erwachen einer modernen Menschheit und wird am Ende zu einer neuen Renaissance der Menschheit in moderner Zeit führen.“

Die Gürtel- und Straßen-Initiative ist eine weltweite Brücke, die alle Träume miteinander verbindet. Dieser Traum ist nicht nur der Traum von 1,3 Milliarden Chinesen, seit 5000 Jahren. Er ist auch ein Traum der Welt, der Traum vom Frieden auf der Erde und der geeinten Welt. Dieser Traum gehört uns allen. Er gehört Ihnen, und er gehört mir.

Vielen Dank.