Chinas Raumfahrtprogramme – Hase oder Igel?
Jacqueline Myrrhe, Dr. William Carey
Es folgt der Text eines Vortrags, den Jacqueline Myrrhe, freie
Journalistin für Raumfahrt, Neubrandenburg, am 25. März 2017 auf der vom
Fusions-Energie-Forum (FEF) und dem Schiller-Institut veranstalteten Konferenz
„Krafft Ehrickes Vision für die Zukunft der Menschheit“ in München gehalten
hat.
Abb. 1: Wichtige Höhepunkte in Chinas Raumfahrtprogramm: v.l.n.r.: Chang‘e
2; Yinghuo 1; Tiangong 1; Shenzhou; CSS-Chinesische Raumstation.
In der jüngsten Vergangenheit hat China ökonomische und politische
Initiativen ins Leben gerufen, die den Aufstieg des Landes zur globalen Macht
unterstützen. In diesen Prozeß ist das nationale Raumfahrtprogramm
eingebettet. Durch die Integration der Raumfahrt in den
gesamtgesellschaftlichen Kontext ist es dem Reich der Mitte möglich, die
wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten für die Raumfahrt Schritt
für Schritt aufzubauen. Die grundlegende Herangehensweise ist es,
Schlüsselsysteme wie Startplätze, Raketen, Bahnverfolgungssysteme etc. zu
entwickeln, die auf mehreren Gebieten der Weltraumexploration, angefangen bei
der Erdbeobachtung, im bemannten Programm oder der Monderforschung angewendet
werden. Das Ganze erinnert vielleicht an einen Lego-Baukasten oder an die
Speisekarte in einem China-Restaurant.
Hase oder Igel – dynamisch oder langsam?
Die Geschichte vom Hasen und dem Igel ist die Geschichte des stolzen Hasen,
der sich wieder und wieder über den Igel lustig machte: „Du mit Deinen kurzen
Beinchen kriegst doch sowieso nichts gebacken.“
Eines Tages hat das den Igel so geärgert, daß er den Hase herausforderte:
„Hase, hör mal! Nur weil Du lange Beine hast, mußt Du nicht so überheblich
sein. Und sowieso, woher willst Du wissen, daß ich nicht auch schnell rennen
kann? Laß uns einfach ein Wettrennen veranstalten!“
In Anlehnung an diese Fabel wird das chinesische Raumfahrtprogramm oft mit
einem lahmen Igel verglichen. Wie kam es dazu?
Man sagt, Chinas Raumfahrtprogramm ist
- Klein – was es dem Budget nach auch ist. Die jährlichen
Ausgaben von ca. 1,8 Milliarden US-Dollar entsprechen ca. 1/10 des
NASA-Budgets oder 30-50 Prozent des ESA-Budgets.
- Langsam – es gab bislang nicht so viele Missionen, nur
sechs bemannte Missionen mit elf beteiligten Taikonauten (zwei davon flogen
zweimal).
- Technologisch zurück – basiert auf kopierter
sowjetisch-russischer Technologie;
- Unbedeutend – keine echte Raumfahrtnation, denn es hat
keine relevanten Wissenschaftsmissionen, was die Stärke der NASA und ESA
ist.
- Und sowieso: … es verfolgt militärische Ziele, die
Vorherrschaft im Weltraum, usw. usf.
So, was ist es denn? Ist Chinas Raumfahrtprogramm ein dynamischer Hase oder
ein sich mühender Igel? Und ist es eine Bedrohung für die Welt?
Nach einem Blick auf die historischen Anfänge, soll im 2. Teil dieses
Beitrages der Fokus auf einigen der heutigen Entwicklungen liegen.
Etappen in der gesellschaftlichen Entwicklung Chinas
Abb. 2: Etappen in der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung
Chinas.
Um China und sein Raumfahrtprogramm einschätzen zu können, braucht es einen
Blick auf den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext, besonders in
den Jahren nach dem 2. Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende.
Zu einer Zeit als sich in Europa, Japan und den USA ein enormer
Wirtschaftsaufschwung abspielte, fuhr die chinesische Gesellschaft
Achterbahn.
Nach einem moderaten Wachstum der Wirtschaft bis 1958 sollte „Der Große
Sprung nach Vorn“ China innerhalb von 15 Jahren in eine moderne
Industrienation verwandeln. Nach nur drei Jahren lag das Land am Boden. Der
darauf folgende Fünfjahrplan brachte etwas Erleichterung, bis dann 1966 die
„Große Proletarische Kulturrevolution“ ihren Lauf nahm. Die Verfolgung von
Intellektuellen und Akademikern beraubte die Nation einer ganzen Generation
von Experten, Lehrern, Geistlichen. Die Wirtschaft kam zwar nicht zum
Stillstand, so doch aber der Fortschritt. Erst nach dem Tod von Mao Zedong
konnte der Situation Einhalt geboten werden.
Chinas Erstleistungen in der Raumfahrt sind in diese dramatischen
Jahrzehnte eingebettet.
Chinas Erstleistungen: Der Osten ist Rot – DFH 1
Aus einer Bedrohungslage während des Koreakrieges heraus beschloß China,
ein Nukleararsenal plus die dazu nötige Starttechnik mit Assistenz der
Sowjetunion zu entwickeln.
Zusätzlich beeindruckte der Start von Sputnik 1 im Oktober 1957 Mao Zedong.
So etwas wollte er auch haben, möglichst mit Hilfe der Sowjetunion. Es ging
dabei nie um einen Wettlauf, sondern darum, mit den technologisch entwickelten
Nationen mithalten zu können.
Die Chinesische Akademie der Wissenschaften bildete eine Arbeitsgruppe, die
sich mit der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung eines zivilen
chinesischen Satelliten befaßte und damit gleichzeitig einen Langzeitplan für
ein umfassendes nationales Satellitenprogramm verband. Mao gab den Genossen
mit auf den Weg:
„Wenn wir schon etwas dort hochschießen, dann schießen wir einen großen -
einen, der zwei Tonnen wiegt. Natürlich werden wir anfangen, kleine Satelliten
zu schießen, aber es müssen wenigstens zwei Tonnen werden. So was wie das
Hühnerei der Amerikaner ist mit mir nicht zu machen!”
Trotz Unterstützung im militärischen Raketenprogramm gab die Sowjetunion
keine Hilfe für die Entwicklung eines zivilen Satelliten.
Schlimmer noch: Der „Große Sprung nach Vorn“ begrenzte Ressourcen,
Ausstattung und Personal. Statt zügig einen Satelliten zu bauen, mußten die
Spezialisten ganz von vorn anfangen: mit der Entwicklung von Höhenraketen. Was
sie auch taten.
1961, nach dem Ende des „Großen Sprunges“, konzentrierte sich die Partei-
und Staatsführung auf die „Vier Modernisierungen“ wozu auch „Wissenschaft und
Technologie“ gehörte. Der Erfolg der Satelliten-Arbeitsgruppe der Akademie der
Wissenschaften blieb mäßig.
Zhao Jiuzhang, der damalige Direktor des Geophysikalischen Instituts der
Akademie der Wissenschaften, sah den großen Fortschritt in der
Raketentechnologie des Militärs und schrieb einen Brief an die Führung der
Kommunistischen Partei Chinas:
„Ich schlage vor, wir kombinieren die Tests unseres ballistischen
Raketenprogramms mit dem Satellitenprogramm und können so zwei Fliegen mit
einer Klappe schlagen.”
Die 1966 beginnende Kulturrevolution änderte in China alles. Organisationen
wie die Akademie der Wissenschaften wurden das Ziel von Verleumdung, Angriffen
und Intrigen. Die Leitung der Akademie bat die Parteiführung, das
Satellitenprogramm unter militärischen Schutz zu stellen. Mao Zedong stimmte
zu, und von diesem Moment an wurden die Volksbefreiungsarmee und die Raumfahrt
zum Tandem.
Nach zwölf harten Jahren, gezeichnet von ökonomischen und technischen
Zwängen sowie politischen und gesellschaftlichen Einflüssen – mitten in den
Wirren der Kulturrevolution – wurde der erste chinesische Satellit fertig.
Dongfanghong-1 (DFH-1) startete am 24. April 1970 und machte China zur fünften
Raumfahrtnation. Der singende, 173 kg - keine zwei Tonnen – schwere Satellit
war ein Propagandainstrument, aber nicht der Ausgangspunkt für ein robustes
Wissenschaftsprogramm.
Zum Vergleich: 1970 war das Jahr, in dem Lunochod 1 den Mond erkundete,
Venera 7 weich auf der Venus landete, Apollo 13 wohlbehalten zur Erde zurück
kehrte.
Chinas nächster ziviler Satellit flog erst 1975, mit einigen der eigentlich
für DFH-1 vorgesehenen wissenschaftlichen Nutzlasten.
Dennoch, die meisten chinesischen Satelliten beruhen bis heute auf dem
DFH-Bus. Die Vision der Wissenschaftler und Ingenieure der 1950er/1960er Jahre
jedoch wurde erst ab den 1990er Jahren Wirklichkeit.
Chinas Erstleistungen: Geostationärer Satellit
Im März 1974 schrieben drei junge Telegrafenamtarbeiter einen Brief an die
Partei- und Staatsführung. Sie verwiesen darauf, daß China seinen Anspruch auf
einen Slot im geostationären Orbit mit einem echten Satelliten in Position
sichern muß.
Der 1976 im Sterben liegende Mao gab seine Zustimmung zu dem Projekt, und
China informierte die ITU darüber, bis 1980 einen Satelliten in GEO zu
starten.
Nach dem Ende der Kulturrevolution war Deng Xiaoping für Wissenschaft,
Technologie und Bildung verantwortlich - den Punkt der vier Modernisierungen,
den er als den Wichtigsten ansah. Er gab seiner Begeisterung Ausdruck, als er
1978 in einer Versammlung die folgende Überlegung anstellte:
„Wenn wir einen guten Lehrer einladen, um eine Unterrichtsstunde in der
,Großen Halle des Volkes’ zu geben, dann können das nur 10.000 Menschen hören,
aber wenn derselbe Lehrer eine Unterrichtsstunde über das Fernsehen gibt und
jeder hat die technische Ausrüstung, um zu folgen, dann haben wir einen
Klassenraum von unbegrenzter Größe.“
Durch die Entwicklung einer kryogenen Oberstufe schritt das Programm sehr
langsam voran. Deng Xiaoping wollte daher einen Kommunikationssatelliten von
den USA kaufen. Der Deal ging nicht auf. Damit war der selbst gesetzte Termin
für 1980 nicht zu halten, aber es setzte sich auch die Erkenntnis durch:
„Wenn wir einen Satelliten kaufen, dann können wir einen oder zwei kaufen,
aber wir können nicht ständig kaufen. Wir müssen das dann schon selber auf die
Reihe kriegen.“
Im August 1983 wurden die Hauptsysteme – Rakete, Satellit, Startplatz,
Satellitensteuerung und Bahnverfolgung sowie das Netzwerk von Bodenstationen
fertig.
Bei einem ersten Versuch am 29. Januar 1984 klappte der Start, aber die
Oberstufe versagte bei der Wiederzündung. Erst der zweite Versuch am 8. April
1984 war von Erfolg gekrönt. Lediglich die Batterien überhitzen sich, was mit
einer Lageregelung korrigiert werden konnte.
Nach zehn Jahren wurde China zur 5. geostationären Weltraumnation.
Zur Rekapitulation: 1984 war die Salut-7 Raumstation operationell und der
3. Space Shuttle in Dienst gestellt worden.
Chinas Erstleistungen: Bemannte Raumfahrt
Die größte Mühe hatte China mit der Initiierung der bemannten
Raumfahrt.
Bereits 1966 gab es eine Studie, um das erste Satellitenprogramm für ein
bemanntes Raumfahrtprogramm zu nutzen. 1970 – auf dem Höhepunkt der
Kulturrevolution – wurde das „Projekt 714“ verabschiedet, mit dem Ziel bis
Ende 1973 einen Chinesen ins All zu starten. Eine Auswahlgruppe wurde zum
Training ins Sternenstädtchen nach Moskau gesendet.
Doch schon 1971 löste Mao Zedong das Astronautenkorps wieder auf:
„Wir sollten uns zuerst um die Angelegenheiten hier auf der Erde kümmern
und uns mit extraterrestrischen Dingen etwas später beschäftigen.”
Deng Xiaoping, der nach der Kulturrevolution die Raumfahrt in seinem
Ressort betreute, hatte zwar großes Interesse an Raumfahrtanwendungen,
beendete aber offiziell das bemannte Raumfahrtprogramm 1976:
„China sollte nicht an einem Wettlauf im Weltraum teilnehmen, statt dessen
sollten wir unsere Energie auf die dringend benötigten praktischen
Satellitenanwendungen fokussieren.”
Im März 1983 hielt Ronald Reagan seine SDI-Rede. In China regte diese
Ansprache eine Debatte über die Rolle von Wissenschaft und Technologie in der
nationalen Entwicklung des Landes an.
Anfang 1986 gab es wieder einen Brief: vier gestandene Wissenschaftler
wandten sich persönlich an Deng Xiaoping und wiesen darauf hin, daß China den
Anschluß verliert, wenn die Nation nicht konzertierte Anstrengungen
hinsichtlich neuer technologischer Durchbrüche macht.
Im April 1986 wurde das Dokument „Grundzüge der Nationalen
Hochtechnologie-Planung“ veröffentlicht und im Oktober wurde der „Plan 863“
angenommen und mit Budget ausgestattet.
Auch hierbei ging es nicht um ein Wettrennen, sondern darum, daß China
nicht hinter den Rest der Welt zurückfällt, sowie darum, daß ein ehrgeiziges
Projekt den Rahmen für die Entwicklung der nationalen Weltrauminfrastruktur
und die Ausbildung der notwendigen Talente und Experten bildet.
Abb. 3: Chinas Erstleistungen in der Raumfahrt sind in die dramatischen
Jahrzehnte der Nachkriegsentwicklung der chinesischen Nation eingebettet.
Meinungsverschiedenheiten über den Bau eines Spaceshuttles oder einer
Raumkapsel verzögerten die Umsetzung des „Plans 863“ für mehr als fünf
Jahre.
Am Ende beschloß das Politbüro im September 1992 den „Plan 921“ zum Bau
einer Raumstation. Bis heute ist das Raumstationsprogramm das Kernstück von
Chinas bemannter Raumfahrt.
Mitte der 1990er Jahre bemühte sich China, eine komplett ausgerüstete
Sojus-Raumkapsel in Rußland zu kaufen. Es konnte aber nur verschiedene
Einzelteile erstehen. Wieder schlußfolgerten die chinesischen Experten, „daß
sie den Löwenanteil der Arbeit selber machen müssen.“
Obwohl die Rakete Langer Marsch 2F planmäßig fertig wurde, gab es
Verzögerungen bei der Shenzhou-Kapsel.
Erst am 20. November 1999 flog die erste unbemannte Shenzhou-Mission,
gefolgt von drei weiteren automatischen Testflügen.
Interessanterweise sollte die erste bemannte Mission ursprünglich ein
dreitägiger Flug mit zwei Mannschaftsmitgliedern werden. Doch die bemannte
Premiere fiel bescheidener aus. Der Flug von Yang Liwei am 15. Oktober 2003
mit Shenzhou 5 dauerte 21 Stunden und machte China zum dritten Land der Erde
mit bemannter Raumflugkapazität.
(Für eine ausführliche Darstellung der Anfänge Chinas in der Raumfahrt,
siehe: Gregory Kulacki and Jeffrey G. Lewis „A Place for One’s Mat: China’s
Space Program, 1956-2003”.)
Zäsur – Der wirtschaftliche Aufschwung
Der ökonomische Erfolg der Jahrtausendwende gab China nicht nur
Selbstvertrauen für große gesellschaftliche Entwürfe, sondern er war auch der
Zeitpunkt, an dem Wissenschaft und Technologie und somit die Raumfahrt einer
grundlegenden Neuorientierung und Ausrichtung auf die Zukunft bedurfte.
Weißbücher – White Papers
2001 begann China im Fünfjahresabstand die sogenannten „White Papers on
Space Activities“ zu veröffentlichen. Der Grundtenor der Weißbücher ist bis
heute gleich geblieben:
„Die chinesische Regierung betrachtet die Raumfahrtindustrie als einen
wichtigen Teil der Gesamtstrategie zur Entwicklung der Nation und hält am
Prinzip der Exploration und Nutzung des Weltraums für friedliche Zwecke
fest...
Weltraumaktivitäten spielen eine wachsende und immer wichtiger werdende
Rolle in Chinas wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung.“
Die Prinzipien für die Entwicklung der Raumfahrt basieren darauf, daß
Raumfahrt:
1. im Dienste der Gesamtstrategie des Landes steht;
2. des Selbstverständnis von Unabhängigkeit und Verlaß auf eigene
Fähigkeiten wahrt;
3. die umfassende, koordinierte und nachhaltige Gesamtentwicklung
unterstützt;
4. und zum Kurs der Öffnung nach außen beiträgt.
Über die Jahre betrachtet, ist Chinas Raumfahrtstrategie von drei
Hauptcharakteristiken gekennzeichnet:
1. Kontinuität, 2. Kontinuität, 3. Kontinuität.
Veränderungen sind möglich, werden aber schrittweise und aufeinander
aufbauend erreicht.
Keine großen Sprünge nach vorn!
China ist und bleibt für internationale Kooperation aufgeschlossen.
Roadmap – der Fahrplan ins Jahr 2050
Chinas Weltraumaktivitäten sind langfristig, stabil und nachhaltig
angelegt und dienen der allgemeinen staatlichen
Entwicklungsstrategie.
Raumfahrt ist ein Instrument für die Wiederbelebung der chinesischen
Nation mittels Wissenschaft, Bildung und nachhaltiger Entwicklung.
Weltraumaktivitäten werden von der Regierung unterstützt und befürwortet.
Wichtig sind Unabhängigkeit, Selbständigkeit und
Modernisierung sowie internationaler Austausch und
Kooperation. Die Modernisierung von Weltraumtechnologie ist kombiniert
mit Technologieimporten basierend auf gegenseitigem Vorteil.
China wählt eine bestimmte Anzahl von Projekten aus,
die von entscheidender Bedeutung für die nationale Wirtschaft und
Entwicklung der Gesellschaft sind.
Raumfahrtaktivitäten müssen ökonomischen Effizienz-Kriterien genügen. Eine
integrierte Planung kombiniert Langzeit- mit
Kurzzeitentwicklungen, stimmt die Entwicklung von Raketentechnik mit der
Entwicklung von Bodeninfrastruktur ab und koordiniert die Entwicklung von
Weltraumtechnologie, Anwendungen und Wissenschaft.
Zusätzlich führte die wissenschaftliche Gemeinde einen grundlegenden und
straff organisierten Diskurs über den Fahrplan von Raumfahrtwissenschaft und
Technologie bis zum Jahr 2050 durch. Am Ende dieser Bestandsaufnahme, Analyse,
Abwägung und Evaluierung der Aufgaben für die Zukunft stand das Dokument
„Space Science and Technology in China: A Roadmap to 2050“
(Weltraumwissenschaft und Technologie in China: Ein Fahrplan bis zum Jahr
2050).
Das im Jahr 2009 herausgegebene Dokument analysiert die Schwächen und
Stärken der chinesischen Wissenschaftsgemeinde und die weltweiten Trends in
Raumfahrtwissenschaft und -technologie. Darauf basierend versuchten die
Experten Voraussagen zur zukünftigen Entwicklung von Wissenschaft und
Technologie zu machen. Demgegenüber wurden die Bedürfnisse der chinesischen
Nation für die kommenden 20-30 Jahre abgeschätzt,
„um unter Berücksichtigung des Wirtschaftswachstums und der nationalen
Wettbewerbsfähigkeit, die Entwicklung einer harmonischen Gesellschaft und die
Nachhaltigkeit von Mensch und Natur zu berücksichtigen.“
Die Analyse ergab, daß Wachstum rein durch eine Erweiterung der Produktion
seine Grenzen hat!
Chinas wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung wird in der
Zukunft von Wissenschaft und Technologie bestimmt: durch wissenschaftliche
Entdeckungen, durch die Umsetzung sogenannter „Mega-Projekte“ (Beidou,
High-Res Erdbeobachtungsnetzwerk, Bodenstationsnetzwerk), durch neue
Erfindungen und technologische Innovation.
Die strategischen Ziele der Roadmap reflektieren die Prinzipien aus den
Weißbüchern.
Der Roadmap-Prozeß führte auch zu der Schlußfolgerung:
„Die vergangenen 250 Jahre der Industrialisierung haben zur Modernisierung
und der Verbesserung des Lebens von weniger als 1 Milliarde Menschen geführt,
vorwiegend in Europa, Nordamerika, Japan und Singapur.
Die Modernisierungskraft der nächsten 50 Jahre wird definitiv das Leben von
2-3 Milliarden Menschen, einschließlich einer Milliarde Chinesen, verbessern
und das ökonomische Wachstum verglichen mit den vergangenen 250 Jahren
verdoppeln oder sogar verdreifachen.“
Raumfahrt wird eine der tragenden Säulen dabei sein.
Bemannte Missionen im erdnahem Raum – Effizienz ist Trumpf
Abb. 4: Zeitstrahl der Shenzhou- und Tiangong-Raumfahrtmissionen.
Abb. 5: Eine ältere Illustration der zukünftigen chinesische Raumstation
CSS.
Abb. 6: Effizienz auf Chinesisch – Vergleich der Weltraumerstleistungen der
USA, der Sowjetunion und Chinas.
Gibt es einen besonderen Grund, warum das chinesische Raumfahrtprogramm,
verglichen mit den führenden Raumfahrtnationen Sowjetunion und USA langsamer
zu sein scheint? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, kann ein genauer
Blick auf das laufende bemannte Raumfahrtprogramm Chinas hilfreich sein.
Die geringe Anzahl von Raumflügen ist von einer speziellen Herangehensweise
charakterisiert.
2003 wurde Shenzhou 5 mit einem Taikonauten an Bord gestartet. Zwei Jahre
später sahen wir die zweiköpfige Mannschaft mit Shenzhou 6 und drei Jahre
darauf eine Mannschaft von drei Taikonauten mit Shenzhou 7 die erste EVA
ausführen.
Die Raumfahrtwelt rechnete nun damit, daß weitere Missionen folgen würden,
allerdings gab es bis 2011 eine Pause von drei Jahren. Wir nehmen an, daß
diese Unterbrechung genutzt wurde, um zu lernen, analysieren und zu
verbessern, bevor es weiter ging. Schließlich mußte China grundlegende
Raumfahrttechnologien für das bemannte Programm lernen.
Danach folgte wieder eine Art von Serie, eine gewisse Art von Cluster von
drei Raumflugmissionen: Im Oktober 2011 testete das unbemannte
Shenzhou-8-Raumschiff automatisches Rendezvous und Kopplung mit dem Mini-Labor
Tiangong 1. Nur siebeneinhalb Monate später koppelte dann Shenzhou 9 an mit
einer dreiköpfigen Besatzung, darunter die erste weibliche Taikonautin Liu
Yang. Ein Jahr später, im Juni 2013, folgte die nächste Dreier-Mannschaft an
Bord von Shenzhou 10. Wang Yaping hielt die weltweit Aufsehen erregende
Unterrichtsstunde für 60 Millionen Schulkinder aus der Erdumlaufbahn ab. Das
Klassenzimmer von unbeschränkter Größe - die Vision von Deng Xiaoping aus dem
Jahr 1978 – wurde 2013 zur Realität.
Wiederum gab es eine dreijährige Pause für die Analyse, das Lernen und
Verbessern des bislang Erreichten. Der letzte, derweil 30tägige Raumflug fand
vom Oktober bis November 2016 statt. Zwei Taikonauten koppelten mit dem neuen
Raumlabor Tiangong 2.
Worauf ich ebenfalls hinweisen möchte: Ursprünglich waren Tiangong 1, 2 und
3 geplant. Die effiziente Nutzung von Tiangong 1 machte es möglich, viele
Ziele für Tiangong 2 schon vorzeitig zu realisieren und die einst für Tiangong
3 geplanten Aufgaben, als Test für langfristige Aufenthalte von Mannschaften,
wurden schon mit Tiangong 2 erfüllt. Somit kann bereits nach Tiangong 2 der
Aufbau der CSS beginnen.
Die Illustration 5 zeigt eine ältere Darstellung der zukünftigen
chinesischen Raumstation. Die Konfiguration ist der Mir-Raumstation ähnlich,
was im Kontrast zu der Internationalen Raumstation ISS steht. Es ist jedoch
deutlich zu erkennen, das die CSS eine moderate Größe haben wird, die mit
nationalen Raumfahrtkapazitäten unterhalten werden kann.
Die Beobachtung des bemannten Raumfahrtprogramms zeigt: Zeit ist nicht das
entscheidende Kriterium in China. Die Grafik 6 stellt dar, daß China im
internationalen Vergleich meistens nicht schneller in der Umsetzung von
Erstleistungen in der Raumfahrt war. Was China jedoch auszeichnet, ist die
Effizienz, mit der das Land seine Ziele erreicht. Alle Erstleistungen wurden,
verglichen mit den USA oder der Sowjetunion, mit weniger Flügen erreicht.
Zum Beispiel: China konnte seinen erste EVA (Außenbordausstieg) während
seiner 3. bemannten Raumfahrtmission absolvieren, während die Sowjetunion dies
erst während der 8. Mission schaffte und die USA beim 6. Flug. Oder: die erste
Frau flog auf Chinas 4. Mission, in der Sowjetunion auf der 6. nationalen
Mission und in den USA auf der 36. bemannten Mission.
China mag langsam sein, aber hinsichtlich Effizienz ist es Weltmeister.
Das Monderforschungsprogramm CLEP – Chinas Überholspur
CLEP ist Chinas Test für zukünftige Missionen in den tiefen Weltraum – Deep
Space.
CLEP wurde in drei Phasen – Orbiter, Landen, Probenrückholmission –
angesetzt. Jeder Phase wurden zwei Missionen zugeordnet, um schrittweise die
notwendigen Kapazitäten – Infrastruktur, Technologie und Ressourcen –
aufzubauen.
Die jeweils nächste Phase kann nur erreicht werden, wenn die Ziele der
vorherigen erfüllt und die korrespondierenden Ressourcen systematisch Schritt
für Schritt errichtet wurden.
Abb. 7: Zeitstrahl für CLEP – Chinas Mondexplorationsprogramm.
Phase 1 begann mit dem Chang'e-1-Orbiter, der zum Missionsende auf dem Mond
einschlug. Bereits Chang'e 2 – ebenfalls ein Orbiter – absolvierte eine
verlängerte Mission mit Flug zum Sonne-Erde-L2-Lagrange-Punkt und einem
Rendezvous mit Asteroid Toutatis. Chang’e 2 ist noch aktiv und steht für Tests
des Deep-Space-Netzwerkes zur Verfügung.
Phase 2 startete mit Chang’e 3, dem Mond-Lander und dem Yutu-Rover. Nun war
Chang’e 4 erwartet worden, aber es gab eine Überraschung:
Statt Chang’e 4 (back-up von Chang’e 3) flog in Vorbereitung auf Phase 3
Chang’e 5-T1 um mit dem Testkörper Xiaofei – ein maßstabsgerechtes
Shenzhou-Modell – den Hochgeschwindigkeits-Wiedereintritt in die Erdatmosphäre
zu testen.
Und noch eine Überraschung hatte China in petto: mit an Bord von 5-T1 war
die luxemburgisch-deutsche 4M-Nutzlast, die Manfred Memorial Moon Mission
(mit Radiosender und Dosimeter) – die erste privat finanzierte
Mondmission.
Wir erwarten für November dieses Jahres die Chang’e 5 Probenrückholmission,
die 2 kg Mondgestein nach China bringen wird.
Chang’e 4 bekommt keinen Ehrenplatz im Museum, sondern wird nächstes Jahr
mit neuem Missionsprofil zur Landung auf die Mondrückseite gesendet werden. Es
wird internationale und kommerzielle Kooperationen für diese Mission geben,
mit der China Raumfahrtgeschichte durch die erste Landung auf der
Mondrückseite schreiben wird.
An dieser Stelle ist es berechtigt zu sagen, daß es China gelungen ist, das
Igel-Image loszuwerden.
Endlich Wissenschaft – Mars und darüber hinaus
Langsam aber sicher erobert sich die Weltraumwissenschaft ihren Platz. Der
Mars ist fest eingeplant für die zukünftige chinesische Exploration. Die
chinesischen Raumfahrtexperten betonen, daß die Marserforschung auf den
Ergebnissen und Erfahrungen aus dem Mondprogramm aufbaut. Das technische
CLEP-Team ist auch ins Marsprogramm einbezogen.
Mit den Lehren aus CLEP wird die erste chinesische Marsmission einen großen
Wurf wagen: Orbiter, Lander und Rover in einer Mission. Start: 2020. Mit einem
Erfolg dieser Mission wird China für immer sein Igel-Image ablegen.
Auch die jüngsten Wissenschaftsmissionen bezeugen, daß China zulegt:
Im Dezember 2015 startete DAMPE-Wukong zur Erforschung Schwarzer Materie,
im April 2016 der Rückkehrsatellit Shijian 10 mit wissenschaftlichen
Experimenten an Bord, im August QUESS-Mozi zum Test von
Quantenkommunikation.
Für die nahe Zukunft sind weitere höchst anspruchsvolle wissenschaftliche
Missionen geplant:
- HXMT, ein Röntgenstrahl-Teleskop,
- SMILE zur Beobachtung des Weltraumwetters,
- MIT für die Magnetfeld-Ionosphärenforschung,
- WCOM zur Fernerkundung von Boden und Ozean,
- ASO-S, ein Sonnenobservatorium,
- Einstein zur Untersuchung von Schwarzen Löchern,
- sowie Missionen zum Jupiter und/oder Asteroiden.
Politischer Kontext: BRICS, SCO und One Road One Belt
Raumfahrt und Politik sind keine guten Freunde. Dennoch beeinflussen sich
beide oft. Zum Schluß soll daher auf politische Zusammenhänge verwiesen
werden.
China ist Mitglied der BRICS-Länder - ein Schulterschluß der aufstrebenden
Wirtschaftsnationen, um mit vereinter Kraft einen Platz in einer multipolaren
Welt zu finden.
Während 2015 im Vorfeld des Gipfels in Ufa (Rußland) die Möglichkeit einer
gemeinsamen Raumstation diskutiert wurde, zeichnet sich als konkrete Maßnahme
jetzt eine Kooperation auf dem Gebiet der Erdbeobachtung ab. Igor Komarow,
Direktor der Roscomos State Corporation erklärte dazu im Mai 2016:
„Die praktische Initiative, an der wir innerhalb der BRICS-Staaten
gegenwärtig arbeiten, ist der Austausch von Erdbeobachtungsdaten. Damit werden
wir in der Lage sein, schneller auf Notsituationen, Naturkatastrophen,
Umweltverschmutzung und andere Aspekte zu reagieren. Ich bin sicher, daß alle
BRICS-Staaten daraus wichtigen und praktischen Nutzen ziehen können.”
Weiterhin soll auf die Existenz der Shanghai Cooperation Organisation (SCO)
hingewiesen werden. In der Zielsetzung ist sie vergleichbar mit der KSZE/OSZE
(Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Die
Mitgliedsstaaten von BRICS und SCO sind wichtig für das von China initiierte
Projekt „Neue Seidenstraße“ (One Belt, One Road): Ein Megaprojekt der
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung, das auf die
Wiederbelebung des Eurasischen Seidenstraßen-Modells des Altertums als
Brückenschlag zwischen Asien und Europa zielt.
„Die neue Seidenstraße ist eine chinesische Initiative, aber sie gehört der
Welt. Die Idee kommt aus China, aber der Nutzen wird in alle Länder fließen“,
betonte Chinas Außenminister Wang Yi im März 2017, als er auf das im Mai 2017
in Peking stattfindende wegweisende „Belt and Road Forum for International
Cooperation“ hinwies.
Das Projekt wird durch die digitale Seidenstraße unterstützt. Umfassende
Raumfahrtinfrastruktur - wie das chinesische
Beidou-Satellitennavigationssystem und das russische GLONASS - untermauern die
Raumfahrtanwendungen, die bei der Realisierung des OBOR-Projektes eine Rolle
spielen werden. Wie groß dieser Markt ausfallen wird, ist momentan noch nicht
abzuschätzen. Gewiß ist, daß er enorm sein wird.
Abb. 8: Chinas Vorschlag für die HSTI - Human Space Technology Initiative
des Büros für Weltraumangelegenheiten der Vereinten Nationen UNOOSA.
Wichtig ist, sich bewußt zu machen, daß die „Neue Seidenstraße“
komplementär zur Eurasischen Handelszone ist, eine Initiative des russischen
Präsidenten Wladimir Putin. Er bekräftigte mehrmals: „Für uns ist China ein
Schlüsselpartner in der Region.“
Im Einklang mit dieser strategischen Herangehensweise für offene
internationale Kooperation steht die Initiative China innerhalb der
Vereinigten Nationen.
Im März 2016 haben das Büro für Weltraumangelegenheiten der Vereinten
Nationen UNOOSA und die Chinesische Agentur für Bemannte Raumfahrt CMSA ein
Rahmen- und Finanzierungsabkommen für die Nutzung der zukünftigen chinesischen
Raumstation unterzeichnet.
China bietet den UNOOSA-Mitgliedsstaaten an:
- Kooperation bei der Nutzlastentwicklung,
- Flugmöglichkeiten für Experimente,
- Astronautenausbildung inklusive Fluggelegenheit
- Austausch von Wissen und Know-how.
Am 24. April 2016 - dem Tag, an dem China zum ersten Mal seinen nationalen
„Tag der Raumfahrt“ beging - äußerte sich Chinas erster Taikonaut, Yang Liwei,
gegenüber den Medien:
„Auf der chinesischen Raumstation, die um 2022 ihren Betrieb aufnehmen
wird, wurden Nutzlasten für internationale Projekte und ausländische
Astronauten reserviert. Auf Nachfrage wird China auch Astronauten für andere
Länder ausbilden und gemeinsam mit Astronauten der ESA trainieren… Die Zukunft
der Weltraumerforschung liegt in der internationalen Kooperation. Das ist wahr
für uns genauso, wie es die Wahrheit für die USA ist. China wird kein Land von
der Zusammenarbeit ausschließen, und das gilt auch für die USA.”
Es könnte sein, daß die chinesische Raumstation das Potential hat, die
Welt-Weltraumstation zu werden.
Wie sieht die Zukunft aus?
Prognosen zur Zukunft der Raumfahrt Chinas sind rar. Die Autoren dieses
Beitrages sind Teil des sino-europäischen GoTaikonauts!-Teams, das in den
letzten zehn Jahren das chinesische Raumfahrtprogramm aufmerksam verfolgt hat.
Jeder im Team hat einen anderen Interessenschwerpunkt und hat somit Chinas
Raumfahrtprogramm aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und gewagt,
Prognosen über die zukünftige Entwicklung zu geben. Obwohl wir uns nicht ganz
einig über die Geschwindigkeit der Entwicklungen waren, so sind wir doch
überzeugt, daß China zur zweiten Weltraumnation nach den USA werden wird. Wir
sind zu den in Grafik 9 illustrierten Schlußfolgerungen gekommen.
Abb. 9: Prognosen zur zukünftigen Entwicklung von Chinas
Raumfahrtprogramm.
Der Wissenschaftler (rot) bei uns im Team sagt:
Die Erforschung des Weltraums wird wichtig bleiben in China. Diese
Anstrengungen werden linear wachsen, weil Weltraumwissenschaft und Technologie
als Werkzeug für die Gesamtentwicklung der Gesellschaft gesehen werden. Der
Weltraum nährt eine fundamentale Sehnsucht der Menschheit. Der Weltraum ist
Sinnbild einer High-Tech-Arena. Das All ist extrem schwer zu erobern, doch
jede Gesellschaft, die sich der Herausforderung des Weltalls stellt, kann
dadurch ihre Fähigkeiten demonstrieren.
Der gesellschaftsfokussierte Blick (blau) unter uns sagt:
Die Exploration des Weltraums wird in China weiterhin wichtig bleiben, aber
andere Themen (Klimawandel, Energie, Sozialleistungen, Infrastrukturprojekte
(auch im globalen/asiatischen/afrikanischen Maßstab) werden mehr Ressourcen
erfordern. Nachdem der Aufbau einer harmonischen, möglichst globalen
Gesellschaft vollendet wurde, wird die Erforschung des Weltraums eine
Renaissance erfahren.
Der Ingenieur (grün) sagt:
China ist berühmt dafür, erstmal angefangene Programme auch zu Ende zu
bringen. Beispiele dafür sind das bemannte Raumfahrtprogramm, das
Mondexplorationsprogramm, das Beidou-Navigationssystem und andere zivile und
militärische Programme. Daher ist es sehr vernünftig, anzunehmen, daß China
seine Raumfahrtprogramme auch weiterhin ausdehnt, allerdings in einer
Geschwindigkeit, die an die etwas niedrigere Wachstumsrate der Wirtschaft
angepaßt sein wird. Obwohl in der Zukunft viele Herausforderungen zu meistern
sind, werden wir erleben, daß China die zweite Weltraumnation nach der USA
werden wird.
Abb. 10: Weder Hase noch Igel… China hat seine eigene Geschwindigkeit auf
dem Weg in den Weltraum.
Hase oder Igel?
Chinas Raumfahrtprogramm ist weder Hase noch Igel.
Von den Anfängen bis ca. 1990 war es sehr langsam. Es kann auch dauern, bis
Programme ausgearbeitet sind.
Wenn der Rahmen jedoch abgesteckt ist, und Entscheidungen gefallen sind,
beschleunigen sich die Prozesse und der Igel kann sich in einen Hasen
verwandeln.
In der Ausführung der Programmphasen gibt es Sprünge, die zu signifikantem
Fortschritt führen. Froschsprünge sind eine chinesische Spezialität.
Noch ein Aspekt soll erwähnt werden: Ein Gast in einem China Restaurant
staunt häufig über die enorme Speisekarte. Der Trick ist, daß eine Anzahl von
Grundkomponenten zu einer fast beliebigen Anzahl von Gerichten kombiniert
werden kann. Chinas Raumfahrtprogramm funktioniert ähnlich.
Das nächste Mal, wenn Sie in einem China-Restaurant sitzen, bitte, denken
Sie an das chinesische Raumfahrtprogramm und … Frösche…
Anmerkung
Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung des IAC2016-Paper (IAC-16,E3,2,5 -
E3.2 - 29th IAA Symposium on Space Policy, Regulations and Economics) mit dem
Titel: „China‘s Space Programme - Hare or Tortoise?“ Für mehr Details
konsultieren Sie bitte das Original-Paper.
Anerkennung
Dieser Beitrag wäre nicht ohne den jahrelangen Austausch und die klugen
Analysen unseres GoTaikonauts! Team-Mitglieds Chen Lan möglich gewesen.
Referenzen
[1] G. Kulacki, J. G. Lewis, A Place for One’s Mat: China’s Space
Program, 1956-2003, American Academy of Arts and Sciences 2008,
ISBN: 0-87724-079-5.
[2] G. Kulacki, Why China is Building a Space Station, June 2012,
Union of Concerned Scientists, http://www.ucsusa.org/sites/default/files/legacy/assets/documents/nwgs/why-china-is-building-a-space-station-06-12-12.pdf,
abgerufen im Juni 2016).
[3] B. Harvey, China in Space – The Great Leap Forward, (2013),
ISBN: 9781461450436, 9781461450429
[4] W. Carey, “No Giant Leap – A Review of China’s Space Activities White
Papers” (2000-2011), GoTaikonauts! – All about the Chinese space
programme, 4 (2012) 25-29.
[5a] Information Office of the State Council of the People’s Republic of
China. November 2000, China’s Space Activities in 2000, http://english1.english.gov.cn/official/2005-07/27/content_17656.htm,
abgerufen im Juni 2016).
[5b] Information Office of the State Council of the People’s Republic of
China. October 2006, China’s Space Activities in 2006, http://www.china.org.cn/english/features/book/183672.htm,
abgerufen im Juni 2016).
[5c] Information Office of the State Council of the People’s Republic of
China. 29 December 2011, China’s Space Activities in 2011, http://www.china.org.cn/government/whitepaper/node_7145648.htm,
abgerufen im Juni 2016).
[6] W. Carey, J. Myrrhe, “What if…? Searching for Evidence – An Attempt to
Analyse the ‘Space Science & Technology in China: A Roadmap to 2050’”,
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[7] H. Guo, J. Wu, Space Science & Technology in China: A Roadmap to
2050, Science Press Beijing, ISBN 978-7-03-025703-1, Springer ISBN
978-3-642-05341-2, 2010.
[8] ISU SSP03 Tracks to Space – Report, ISU Strasbourg, http://ice.sso.esa.int/intranet/communities/TechnologyObservatory/TRACKS_to_SPACE_Report.pdf,
abgerufen im Juni 2016).
[9] Ji QiMing, Chinese Space Station CSS and International
Cooperation, 57th session of the Committee on the Peaceful Uses of Outer
Space – COPUOS, Vienna, 11 - 20 June 2014.
[10] http://news.xinhuanet.com/english/2016-04/24/c_135307921.htm,
Xinhua, 24 April 2016, abgerufen im Juni 2016).
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