Aufbruchstimmung beim Belt & Road-Forum:
Europas „Ablehnungsfront“ bricht auf
Von Alexander Hartmann
Am 17. April 2019, kurz vor dem 2. Belt & Road-Forum in Beijing,
veröffentlichte Beijing Review, Chinas angesehene, nationale
englischsprachige Wochenzeitung, einen Artikel von Helga Zepp-LaRouche mit dem
Titel „Wege in den Westen – Geopolitische Brille verstellt den Blick für
Lösungen“. Darin schreibt die Vorsitzende des Schiller-Instituts:
„In den letzten Jahren haben westliche Medien und Mainstream-Politiker die
Belt & Road Initiative, die der chinesische Präsident Xi Jinping 2013
vorgeschlagen hat, weitgehend ignoriert. Die Initiative, bestehend aus dem
Seidenstraßen-Wirtschaftsgürtel und der Seidenstraße des 21. Jahrhunderts,
trägt effizient den Infrastrukturbedürfnissen der Entwicklungsländer Rechnung,
die der Westen schlichtweg für nicht existent hielt.
Aber zu einem bestimmten Zeitpunkt dämmerte es dem westlichen
Establishment, daß China in Asien, Afrika und sogar in Teilen Europas nicht
nur eine enorme Menge an Eisenbahnlinien, Häfen, Brücken, Kraftwerken und
Industrieparks baute, sondern daß die Aussicht auf eine Armutsbekämpfung durch
China einen beispiellosen Optimismus hervorrief...
Aus der Sicht der Universalgeschichte ist diese wachsende Integration der
Infrastruktur als Voraussetzung für die industrielle und landwirtschaftliche
Entwicklung für alle offensichtlich und organisch. Aber sie hat die Kräfte des
alten neoliberalen Paradigmas in Europa bereits verärgert, die China lieber
vorwerfen, Europa zu spalten, als über die Auswirkungen ihrer eigenen Politik
nachzudenken.“
Die Eröffnung des Forums am 25. April unter Beteiligung von 37 Staats- und
Regierungschefs aus über 150 vertretenen Nationen sollte alle Verleumdungen
gegen diese großartige Initiative für jeden vernünftigen Menschen sofort
entkräften. Mehr noch, Gürtel und Straße und dieses Forum sind Kennzeichen
einer neuen Epoche der Weltgeschichte, die von Lyndon und Helga LaRouche seit
langem vorausgesagt und unermüdlich vorangetrieben wurde.
Sehr zum Schrecken des geopolitisch denkenden westlichen Establishments
begreifen dies offenbar immer mehr Regierungen in Europa und der übrigen Welt.
Auch dies wurde anläßlich des Belt & Road Forums deutlich. Einige
Beispiele:
Griechenland war beim Belt & Road Forum durch eine
hochrangige Delegation unter der Führung von Premierminister Alexis Tsipras
und Außenminister Giorgos Katrougalos vertreten. Sie unterzeichneten ein
Memorandum über die bilaterale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie,
Verkehr, Telekommunikation und Finanzen. Dies war bereits der dritte
offizielle Besuch von Tsipras in China, er folgte auf den Beitritt
Griechenlands zur China-CEEC-Kooperation mit mittel- und osteuropäischen
Ländern („17+1“).
In einem Interview mit Xinhua am Vorabend seiner Abreise hob
Außenminister Katrougalos die ausgezeichneten bilateralen Beziehungen hervor,
die die beiden Länder pflegen. Katrougalos lobte insbesondere die
Investitionsprojekte der chinesischen Reederei COSCO im Hafen von Piräus,
einschließlich der Pläne zum Ausbau der Infrastruktur des Hafens. Die
chinesischen Investitionen hätten auch eine soziale Rolle gespielt, indem sie
den umliegenden Gemeinden halfen, im letzten Jahrzehnt der Finanzkrise zu
überleben. Chinas Plan für Bauprojekte in mehr als 60 Ländern von Guangzhou in
Ostchina bis Venedig zeige, wie Länder zusammenarbeiten können, um gemeinsam
eine Zukunft des wirtschaftlichen Wohlstands aufzubauen. Griechenland habe die
Aufgabe, als Brücke zwischen Europa und China zu fungieren und ihre
gemeinsamen Interessen – nämlich Multilateralismus, friedliche Beziehungen und
Achtung des Völkerrechts – hervorzuheben.
Italien: Auch der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte
nahm in Beijing am Belt & Road-Forum teil. Nach Abschluß der Sitzungen
hatte Conte ein bilaterales Treffen mit Xi und am nächsten Tag mit
Premierminister Li Keqiang. In Italien selbst organisierte die Regierung am
18. April ein Treffen in Rom mit der Asian Infrastructure Investment Bank
(AIIB) und italienischen Finanzinstituten. Am nächsten Tag traf Finanzminister
Giovanni Tria den stellvertretenden Vorsitzenden der AIIB, Danny Alexander.
„Wir glauben fest an die Möglichkeiten, die die AIIB für italienische
Finanzinstitute bieten kann“, sagte Tria anschließend in einer Erklärung.
Italien sei „nicht nur ein großer Teilhaber einer Initiative, die es von
Anfang an gemeinsam mit seinen wichtigsten europäischen Partnern mit
Begeisterung verfolgt hat, sondern unterstützt auch die Rolle der Bank bei der
Unterstützung der Entwicklung im asiatischen Gebiet“.
Österreich: Bundeskanzler Sebastian Kurz nahm nicht nur
persönlich am Belt & Road-Forum teil, er besuchte China insgesamt fünf
Tage lang. Begleitet von einer 26-köpfigen Delegation der heimischen
Wirtschaft, nahm er zunächst an einer österreichisch-chinesischen
Wirtschaftskonferenz in Shanghai teil und besuchte außerdem Hangzhou, ehe er
zum Forum in die chinesische Hauptstadt reiste.
Stephan Barisitz, führender Ökonom der Österreichischen Nationalbank,
erläutert in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Diplomacy &
Commerce in einem fünfseitigen Interview das Potential der Neuen
Seidenstraße für Europa und Österreich. Europa könne sehr viel dazu beitragen,
den russischen Teil der transeurasischen Verbindungen zu entwickeln,
beispielsweise durch Investitionen in die geplante
Hochgeschwindigkeitsbahntrasse Moskau-Kasan als Teilstück der Bahnroute von
Beijing nach Duisburg. Für Österreich selbst sei es ein großer
wirtschaftsgeographischer Vorteil, an drei wichtigen Routen des
transeurasischen Bahnverkehrs zu liegen, sagt Barisitz: erstens an der
Land-See-Verbindung von Piräus nach Wien, zweitens an der Verbindung vom
italienischen Hafen Triest (in dessen Ausbau China investieren will) nach
Kärnten und weiter ins übrige Europa, drittens an der geplanten Verlängerung
der russischen Breitspurbahn von der transsibirischen Route über die Ukraine
und Slowakei bis nach Wien. Dort soll, in enger Kooperation mit der
slowakischen Hauptstadt Bratislava, das „Twin City Project” entstehen, als
zentraler Verladepunkt für Bahnfracht zwischen Asien und Europa.
Schweiz: Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse, dem
größten nationalen Wirtschafts-Dachverband der Schweiz mit 100.000
Mitgliedsfirmen mit insgesamt zwei Millionen Arbeitnehmern, sagte, es gebe mit
China noch gewisse Probleme zu lösen, er hoffe aber, daß diese früher oder
später in Gesprächen gelöst werden. Für die Schweizer Wirtschaft sei eine
unvoreingenommene Zusammenarbeit mit China wichtig, denn die Belt &
Road-Initiative unterstütze die Länder beim Ausbau ihrer Infrastruktur, die
die Grundlage für Wirtschaftswachstum und Wohlstandsentwicklung sei. Die
Schweiz mit ihren Hightech-Produkten sei auf die Entwicklungsmärkte in
wohlhabenden Ländern angewiesen und mache Belt & Road damit zu einem
Schritt in eine Zukunft, die der Schweizer Wirtschaft zugute komme, sagte
Minsch. Gleichzeitig deutete er an, daß die Zusammenarbeit von schweizerischen
und chinesischen Finanzinstituten bei Projekten entlang der Neuen Seidenstraße
ein vielversprechendes Potential darstellt. Interessanterweise sagte dies auch
ein Sprecher von Bundespräsident Ueli Maurer, der auch Finanzminister ist und
ebenfalls am 2. Belt & Road-Forum teilnahm.
Tschechien: Der tschechische Präsident Milos Zeman, der während
seiner China-Reise zum Belt & Road-Forum von einer großen
Wirtschaftsdelegation begleitet war, sagte Xinhua, er erwarte, daß sich
die Tschechische Republik weiter an der von China vorgeschlagenen Belt &
Road-Initiative (BRI) beteiligen und zu einer Verkehrs- und Finanzzentrale
zwischen Europa und China entwickeln wird. Zeman nannte die BRI ein
„phantastisches Infrastrukturprojekt“ und sagte: „Ich ermutige tschechische
Unternehmen, sich am Bau der Neuen Seidenstraße zu beteiligen, insbesondere am
Eisenbahnbau; wir haben eine gute Tradition in diesem Bereich.“ Er sagte, der
China Railway Express, ein internationaler Handelskorridor, der China und
Europa verbindet, könne die Kosten des Güterverkehrs deutlich senken und auch
die Entwicklung neuer Industrien und neuer Städte fördern.
Ungarn: Nach seinem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi
Jinping sagte der ungarische Premierminister Viktor Orban, der in Beijing am
2. Belt & Road-Forum teilnahm, er habe bereits vor zehn Jahren erkannt,
daß Ungarns Zukunft weitgehend in seinen Beziehungen zu China liegt. Die Belt
& Road-Initiative sei keine Bedrohung, sondern eine Chance. Ungarn
unterstütze diese Initiative nachdrücklich und werde sich aktiv an ihr
beteiligen. Zuvor hatte Orban mit Premierminister Li Keqiang Gespräche geführt
und mehrere bilaterale Abkommen unterzeichnet, u.a. über die Einrichtung einer
ungarisch-chinesischen Kooperationsstelle, über die Fortsetzung der
Partnerschaften im Bereich des Sports, über die Digitale Seidenstraße, über
die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Förderung des Freihandels und über die
Ausfuhr von ungarischem Geflügel nach China.
Angesichts dieser eindeutigen Positionierung von immer mehr europäischen
Ländern ist klar, daß es der bisherigen „Ablehnungsfront“ um Merkel, Macron,
May und Juncker nicht gelungen ist, den Fortschritt der Neuen Seidenstraße und
des mit ihr verbundenen neuen Paradigmas zu verhindern.
Dieser Fortschritt kann nur durch zwei Entwicklungen aufgehalten werden:
zum einen durch militärische Konflikte zwischen dem Westen und China und/oder
Rußland, zum anderen durch den drohenden Kollaps des westlichen Finanzsystems.
Beides kann abgewendet werden, aber dazu ist es notwendig, daß die
Kriegspartei im Westen von den Schalthebeln der Macht entfernt wird und daß
das bankrotte westliche Finanzsystem durch ein Kreditsystem ersetzt wird, das
die Entwicklung der Welt finanziert. Das ist möglich, wenn sich auch die
Vereinigten Staaten der Belt & Road-Initiative anschließen und gemeinsam
mit China, Rußland und Indien ein Neues Bretton Woods-System nach dem Vorbild
des von Franklin Roosevelt geschaffenen Weltwährungssystems errichten, wie es
Lyndon LaRouche seit Jahrzehnten gefordert hat. Europa und US-Präsident Donald
Trump können und müssen für diese Perspektive gewonnen werden.
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