Brücken bauen für die Neue Seidenstraße
Eine Delegation des Schiller-Instituts besucht Portugal und Spanien
Von Dennis Small
Ende November und Anfang Dezember besuchte Chinas Staatspräsident Xi
Jinping die EU-Mitgliedstaaten Spanien und Portugal und unterzeichnete dort
eine Reihe bedeutender Abkommen über die wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Zusammenarbeit im Kontext der Gürtel- und Straßen-Initiative
(BRI).
Spanien war dabei vorsichtiger als Portugal. Die Regierung unterschrieb
lediglich eine Erklärung, in der es heißt: „Beide Parteien sind überzeugt, daß
die Gürtel- und Straßen-Initiative ein wichtiger Vorschlag im Rahmen der
globalen Zusammenarbeit ist, und sie erkennen das Potential dieser
Vernetzungs-Plattform für die Stärkung von Handel und Kooperation in
Drittmärkten.“ Dabei nahm Spanien Rücksicht auf die EU-Bürokratie in Brüssel,
die ebenso wie Großbritannien und dessen Parteigänger in den Vereinigten
Staaten (wie z.B. US-Vizepräsident Mike Pence) ein ernsthaftes Engagement in
Chinas globalem Infrastrukturprojekt weiterhin entschieden ablehnt. Trotzdem
wurden während Xis Besuch 18 Abkommen und Absichtserklärungen in
unterschiedlichen Bereichen geschlossen, davon acht zwischen staatlichen
Stellen und zehn zwischen multinationalen Unternehmen.
In Spaniens Wirtschaft und Politik gibt es eine wachsende Bewegung für eine
umfassende Beteiligung an der BRI und für eine besondere Rolle dieses Landes
als Bindeglied nach Afrika und Iberoamerika, zu denen Spanien weit
zurückreichende historische und kulturelle Beziehungen hat. Das gilt besonders
für Valencia, die drittgrößte Stadt Spaniens mit dem sechstgrößten
Containerhafen Europas, dort setzen führende Vertreter des Landes und der
Region auf den Mittelmeer-Korridor und sein nordafrikanisches „Spiegelbild“,
den Trans-Maghreb-Korridor, als notwendige Verlängerung und wichtige
Komponenten der Wirtschaftsgürtel der Neuen Seidenstraße zu Land und zur
See.
Während Präsident Xis Besuch in Portugal am 4. und 5. Dezember vereinbarten
Portugal und China ein Memorandum über „Zusammenarbeit im Rahmen des
Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße und der Maritimen Seidenstraße“. Die
beiden Regierungen sind sich darin einig, daß Portugal ein Hauptumschlagpunkt
für den Handel und besonders den Seehandel zwischen China und Europa werden
soll. Sehr wichtig ist zudem, daß in dem gemeinsamen Abschlußkommuniqué nach
Xis Treffen mit Ministerpräsident António Costa ausdrücklich das Interesse
daran betont wird, „die Zusammenarbeit mit Drittländern in Regionen wie Afrika
und Lateinamerika zu fördern“.
Vor allem gab es Fortschritte bezüglich Chinas Beteiligung am Ausbau des
Tiefseehafens Sines im Süden des Landes, den beide Seiten als wesentlich für
die Verbindungen zwischen Europa, Afrika und Lateinamerika im Rahmen der BRI
betrachten.
Bemerkenswert ist, daß sich die portugiesische Regierung mit der
Unterzeichnung dieser Vereinbarungen über die feindselige Haltung und offenen
Drohungen des Britischen Empires und seiner Sprachrohre in der EU hinwegsetzt.
Der Mut, mit dem sich Italien gegen die Brüsseler Sparmanie und
China-Feindseligkeit auflehnt, scheint nun, wie das Beispiel Portugals zeigt,
auch andere EU-Mitgliedstaaten anzustecken.
Ein Besuch in Spanien und Portugal
Unmittelbar vor Xis Besuch in Portugal und Spanien hatten zwei Vertreter
des Schiller-Instituts aus den Vereinigten Staaten, Dennis und Gretchen Small,
zwei Wochen lang diese beiden Länder besucht, um Gespräche und Vorträge über
die BRI zu halten. Am 1. Dezember 2018 gab Dennis Small beim wöchentlichen
Treffen der LaRouche-Bewegung in Manhattan/New York den folgenden
Reisebericht; der Text wurde für den Druck leicht bearbeitet.
* * *
Wir sind kürzlich von einer zweiwöchigen Reise nach Spanien, Portugal und
danach kurz nach Deutschland zurückgekehrt – zeitlich sozusagen eingepaßt
zwischen die Kongreßwahl in den USA und den G20-Gipfel in Buenos Aires am 1.
Dezember. Es traf sich, daß der chinesische Präsident Xi Jinping unmittelbar
nach unserem Besuch vom 27.-29. November Spanien besuchte, dann flog er nach
Buenos Aires zum G20-Treffen, und vom 4.-5. Dezember war er in Portugal.
Unser Besuch war eine Art Informationsreise, die Absicht war, Menschen in
diesen Ländern den neuen englischsprachigen Bericht des Schiller-Instituts
vorzustellen, den zweiten über die Weltlandbrücke, mit einem Kapitel zur
Iberischen Halbinsel: „Spanien und Portugal: Die Brücke der Weltlandbrücke
nach Afrika und Iberoamerika“.
Der Zweck dieses Berichtes und unserer Reise war nicht nur, die
Auflistungen und Landkarten zu den vielen wundervollen weltweiten Projekten zu
präsentieren, die wir bauen können und müssen, und die Argumente, warum die
Vereinigten Staaten und China zusammenarbeiten müssen, damit diese Projekte
zustandekommen. Die erklärte Mission dieses Berichtes war von Anfang an,
Lyndon LaRouches Methode zur Überwindung der existentiellen Krise der
Menschheit zu vermitteln. Deshalb stehen in dem Bericht auch solche
bahnbrechenden Projekte im Mittelpunkt, die das Schachbrett umwerfen und die
gesamte Organisationsweise der Menschheit grundlegend verändern – denn nichts
weniger als das wird funktionieren.
Zu Beginn möchte ich einige der Schwierigkeiten erwähnen, auf die wir
stießen. Es ist wichtig, die Probleme zu finden und ihnen nicht aus dem Weg zu
gehen. Ein ganz wesentliches Problem ist, daß nur wenige Menschen in Spanien
oder Portugal zugeben wollten, daß das transatlantische Finanzsystem völlig
bankrott ist und nur durch ein umfassendes Konkursverfahren saniert werden
kann.
Ein zweiter Schlüsselpunkt, bei dem die Menschen große Schwierigkeiten
hatten, war das Verständnis, was bei der Präsidentschaftswahl in Amerika 2016
wirklich passiert ist. Warum wurde Trump gewählt? Selbst wohlmeinende,
hochintelligente Menschen in aller Welt werden davon beeinflußt, daß die
Medien sie mit den gleichen Lügen eindecken wie CNN, die New York
Times und die Washington Post hier bei uns in Amerika.
Ich wähle diese beiden Fragen aus einem ganz bestimmten Grund aus, nämlich,
daß keines von beiden in das existierende Weltbild der Menschen paßt. Mit
anderen Worten, es ergibt für sie keinen Sinn, sie können es sich nicht
erklären. Es ist nichts, was sie in ihre existierende Denkweise
hineinquetschen können, deshalb verstehen sie es nicht. Denn ihr Ausgangspunkt
ist: „Hier ist ein rundes Loch, und Sie wollen einen quadratischen Stöpsel
reinstecken. Ich werde an dem runden Loch nichts ändern, also können Sie
unmöglich recht haben.“
Die eigentliche Herausforderung ist also, zu erreichen, daß die Menschen
anders denken – daß man nicht beeinflußt, was, sondern wie sie denken. Sonst
ist es egal, was sie denken, weil es immer nur ihrer alten, existierenden
Herangehensweise entspricht, sie werden bestenfalls versuchen, den eckigen
Stöpsel irgendwie in das runde Loch zu bugsieren.
Portugal: wo das Land aufhört und das Meer anfängt
© Europäische Kommission/EIRNS
Abb. 1: Der portugiesische Hafen Sines im Transeuropäischen
Verkehrsnetz.
© EIRNS
Abb. 2: Das Netzwerk der Infrastrukturkorridore der Weltlandbrücke.
In Portugal ist eines der entscheidenden Themen der Hafen von Sines. Wie
man auf Abbildung 1 sieht, ist das vorgeschlagene Eisenbahnnetz der
Europäischen Kommission, die Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V), sehr
wohl sinnvoll und machbar. Aber unter dem gegenwärtigen bankrotten
transatlantischen Finanzsystem wird das niemals gebaut werden.
Sines hat zwei besondere Vorzüge. Es wird der westlichste Punkt der
Eisenbahn-Landbrücke vom fernen China sein, die bisher vom chinesischen Yiwu
aus nur bis Madrid führt. Bisher existiert nur ein Teil der auf der Karte
abgebildeten Strecke von Madrid nach Westen, es sind also weitere Arbeiten
nötig, um die Verbindung bis nach Lissabon und zum Hafen Sines
herzustellen.
Und neben der Funktion als Eisenbahnterminal ist Sines auch ein sehr
bedeutender Hafen, der nächste europäische Hafen auf dem Weg zum kürzlich
vergrößerten Panamakanal und zur ganzen westlichen Hemisphäre.
Sines ist heute schon Portugals größter Hafen, dort wird etwa die Hälfe der
Seefracht umgeschlagen, aber man plant, ihn zu einem großen Tiefwasserhafen
auszubauen – ein 700-Millionen-Dollar-Projekt –, damit er auch einer der
Hauptknotenpunkte der Maritimen Seidenstraße zwischen Eurasien, Afrika und
Amerika wird (Abbildung 2). Portugals Vorschläge für Sines stehen ganz
im Einklang mit den Vorschlägen des Schiller-Instituts zur Ausweitung der
Maritimen Seidenstraße: nicht nur vom Indischen Ozean durch den kürzlich
vergrößerten Suezkanal durch das Mittelmeer bis zur Straße von Gibraltar,
sondern auch von dort aus weiter in die Karibik, durch den neuen Panamakanal
und den geplanten Nikaraguakanal zur Ausweitung des Fernhandels über den
Pazifik bis nach China. Und in ähnlicher Weise wird sich die Maritime
Seidenstraße auch nach Afrika erstrecken.
In unseren Gesprächen in Portugal hörten wir oft: „Wir Portugiesen haben
das Meer im Blut und wir wollen Teil der BRI sein!“ Wer die Geschichte ein
wenig kennt, der weiß, daß das stimmt, die Tradition reicht zurück bis zur
Zeit von Heinrich dem Seefahrer (1394-1460), dem in Sines geborenen Vasco da
Gama (um 1460-1524) und anderen großen Entdeckern. Wenn man das weltberühmte
Schiffahrtsmuseum in Lissabon besucht, sieht man da zwar auch Schiffe usw.,
aber es ist vor allem ein Museum der wissenschaftlichen Entdeckungen im
Schiffbau und in der Astronomie im 15. und 16. Jahrhundert, die es möglich
machten, daß diese Menschen damals in dieser Weise das Universum
erforschten.
Portugals bekanntester Dichter, Luis de Camoes (1524-1580), hat das in dem
berühmten Satz ausgedrückt: „Hier hört das Land auf und das Meer fängt an.“ Xi
Jinping hat sogar seinen Artikel, den er kurz vor seiner Ankunft in dem Land
in der portugiesischen Presse veröffentlichte, mit diesem Satz
eingeleitet.
Spanien: „Quiero corredor!”
Unser zweites Reiseziel war Valencia, Spaniens drittgrößte Stadt mit dem
größten Containerhafen des Mittelmeers. Valencia ist der sechstgrößte
Containerhafen in ganz Europa, nach Rotterdam und anderen, aber hochrangige
Regierungsvertreter und Infrastrukturexperten haben uns gesagt: „Wir wissen,
daß die Gürtel- und Straßen-Initiative für die Welt immer wichtiger wird und
daß sich der Chinahandel in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vervielfachen
wird. Wir haben seit Jahrhunderten Kontakte zu China“ – denn Valencia war ein
Hafen im Seidenhandel der alten Seidenstraße und es gibt dort heute noch eine
Seidenbörse – „und wir haben vor, der drittgrößte Hafen Europas zu
werden.“
© EIRNS
Abb. 3: Mittelmeer-Korridor und Transmaghreb-Korridor, bestehende (grün)
und vorgeschlagene (rot) Aus- und Neubaustrecken.
Dazu sollen u.a. die Hafenanlagen in der nahegelegenen Hafenstadt Sagunto,
sie liegt etwa 30 km nördlich, ausgebaut werden, und die beiden Städte sollen
durch einen Unterwassertunnel für Lastwagen verbunden werden, um so einen
einzigen, integrierten Hafen zu schaffen.
Und das ist noch nicht alles, was man für Valencia plant. Wie Abbildung
3 zeigt, ist Valencia Teil eines Mittelmeer-Bahnkorridors, der fast fertig
ist, der aber noch ausgebaut und verbessert wird, damit Spanien umfassend mit
Frankreich verbunden und ein integraler Bestandteil der ganzen Weltlandbrücke
wird. Die Regierung hat sogar eine eigene Abteilung gegründet, Corredor del
Mediterráneo, mit Sitz in Valencia, um diese Pläne voranzutreiben.
Die zuständigen Behörden sehen in diesem Projekt nicht nur einen
europäischen Mittelmeerkorridor, sie sehen es im Zusammenhang mit dem
Trans-Maghreb-Korridor entlang der nordafrikanischen Mittelmeerküste. „Sie
müssen sich das Mittelmeer wie einen Spiegel vorstellen“, sagten uns
hochrangige Beamte. „Der Mittelmeer- und der Maghreb-Korridor sind
Spiegelbilder, und sie sind Teil eines übergreifenden Entwicklungsprojekts,
wozu letztlich auch der Bau einer Brücke über die Straße von Gibraltar gehört.
Das ist die einzige wirklich effektive Herangehensweise zur Lösung der
Probleme wie Migration, Armut und Terrorismus, unter denen Afrika leidet. Man
muß die ganze Region wirtschaftlich entwickeln.“
Das Denken geht sogar noch weiter, jedenfalls in diesen weitsichtigen
Kreisen. Sie wollen die spanische Bevölkerung systematisch für diese
Perspektive mobilisieren. Sie veranstalten Busreisen, die gesamte spanische
Mittelmeerküste herauf und herunter, sie stellen sich mit Informationsständen
auf die Straße und sammeln Unterschriften unter einen Aufruf mit dem Titel
Quiero corredor! - „Ich will den Korridor!“ Und sie erklären den
Menschen, warum diese Herangehensweise notwendig ist, damit Spanien insgesamt
aus seiner gegenwärtigen üblen Lage herauskommt.
Von Valencia aus fuhren wir nach Madrid, aus zwei Gründen: Erstens hatten
wir dort politische Treffen. Zweitens wollten wir mit einem
Hochgeschwindigkeitszug fahren. Wie wir unseren Freunden in Spanien, die das
kaum glauben konnten, erklärten, gibt es in den Vereinigten Staaten keine
Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnen. Spanien dagegen hat viel davon, es ist nach
China das Land mit der größten Kilometerzahl an Hochgeschwindigkeitsbahnen.
Der Hochgeschwindigkeitszug von Valencia nach Madrid fährt 300 km/h.
Ein Amerikaner, der mit einem Hochgeschwindigkeitszug fahren will, hat
mehrere Möglichkeiten: Er kann es in China tun oder in Spanien – und er kann
es auch in Nordafrika tun. Seit 19. November 2018 gibt es eine
Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Tanger und Casablanca. Der Zug fährt 320
km/h, und die Fahrzeit verkürzt sich von bisher 4 Stunden 45 Minuten auf 2
Stunden und 10 Minuten. Und bald wird es das auch in Panama geben, die
Chinesen bieten an, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Panama-Stadt nach
David an der Grenze zu Costa Rica zu bauen.
Wir waren unmittelbar vor Xi Jinpings Staatsbesuch in Spanien vom 27.-28.
November in Madrid, deshalb lag viel Begeisterung und Planung für die BRI in
der Luft. Eines der interessantesten Treffen, an dem wir teilnahmen, war eine
Buchvorstellung des 82jährigen Leiters der spanischen Denkfabrik Càtedra
China, Marcelo Munoz. Er beschrieb vor einem überfüllten Saal mit 150
Zuhörern, spanischen und ausländischen Diplomaten (darunter Chinas Botschafter
in Spanien), Unternehmern, Gewerkschaftern, Sinologen und anderen, die neue
Weltordnung, die mit der Gürtel- und Straßen-Initiative entsteht. Neben ihm
auf dem Podium saßen zwei ehemaligen spanische Botschafter in China.
Den Höhepunkt von Munoz’ Vortrag war seine Schilderung, wie Chinas Neue
Seidenstraße die neue Welt des 21. Jahrhunderts erschafft. Dazu verwendete er
als Abbildung die unverkennbare Karte der Weltlandbrücke aus dem neuen
Sonderbericht des Schiller-Instituts (ohne die Quelle zu nennen) und bemerkte,
das sei die große Vision, was die Welt im 21. Jahrhundert erwartet. Er listete
die vier Projekte auf, die auf der Karte hervorgehoben sind: den
Beringstraßentunnel, den Kra-Kanal in Thailand, die Darien-Lücke in
Mittelamerika und den Tunnel unter der Straße von Gibraltar. Letzterer wurde
später in der Diskussion aus dem Publikum enthusiastisch unterstützt.
Ein wichtiges Element in den Vorträgen von Munoz und den anderen Rednern
war die Sorge um den Kurs der amerikanischen Chinapolitik unter Präsident
Trump, und wie man verhindern kann, daß daraus ein Konflikt entsteht. Der
dreimalige frühere spanische Botschafter in China (und einmal in Rußland),
Eugenio Bregolat, sagte dazu, es gebe in der US-Regierung und deren Umfeld
sowohl vernünftige Stimmen als auch Falken (als Beispiel für die Falken nannte
er zutreffend den Handelsberater Peter Navarro). Er stellte die Reaktion der
USA auf Chinas Aufstieg heute der Reaktion auf den Sputnik-Schock 1957
gegenüber, als die USA besonders unter Präsident Kennedy voll Vertrauen auf
sich selbst einen wissenschaftlich-technischen Sprung machten. Amerika sollte
es heute genauso machen, betonte Bregolat, statt zu versuchen, Chinas
Fortschritt aufzuhalten. Munoz und Bregolat waren einhellig der Ansicht, daß
die Lösung in der Zusammenarbeit liegt. Munoz erklärte, die gemeinsame
Grundlage für die Zusammenarbeit beider Nationen liege im Bereich der
Forschung, und die konfuzianische Philosophie sei für dieses gemeinsame
Unternehmen wesentlich.
© EIRNS
Abb. 4: Reale Arbeitslosigkeit in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten, 2008 und
2017.
© EIRNS
Abb. 5: Bevölkerungsentwicklung in Griechenland und Portugal.
© EIRNS
Abb. 6: Geburten und Todesfälle in Italien.
© EIRNS
Abb. 7: Geburten und Todesfälle in Portugal.
© EIRNS
Abb. 8: Geburten und Todesfälle in Spanien.
Das Problem der Europäischen Union
Es gibt zwei wesentliche Probleme, die viele wohlmeinende
Menschen in Portugal und Spanien (und anderswo) daran hindern, die globale
strategische Krise ganz zu verstehen und politische Lösungen dafür zu
entwickeln.
Das eine ist der Zusammenbruch des internationalen
Finanzsystems. Die falsche Einschätzung des Zustands des Finanzsystems
verleitet viele Menschen in Europa zu Wunschvorstellungen über die Rolle der
Europäischen Union. Viele – in Portugal weniger als in Spanien – denken immer
noch: „Die EU wird das alles mit China aushandeln.“ Sie mögen Brüssel nicht,
sie mögen den Souveränitätsverlust nicht, sie mögen die Haushaltskürzungen
nicht, sie mögen die Sparpolitik nicht, die die EU ihnen nach 2008
aufgezwungen hat, aber sie sagen: „Wir sind nun einmal in der EU, und die EU
ist dafür zuständig, ein Abkommen mit China auszuhandeln.“
Der einzige Grund für diese Einstellung ist, daß sie noch
nicht erkannt haben, daß die EU untrennbar mit dem transatlantischen
Finanzsystem verbunden ist und dieses System schon tot ist. Die
EU verkörpert ein Ancien régime, das schon gestorben und nur noch nicht
begraben ist.
Man betrachte dazu die folgenden Grafiken, die den
realwirtschaftlichen und demographischen Kollaps Europas und insbesondere
Südeuropas unter der von der EU durchgesetzten Politik des Britischen Empire
zeigen.
Da ist zunächst einmal die reale Arbeitslosigkeit
(Abbildung 4). Sie umfaßt nicht nur die von Eurostat vermeldete
offizielle Arbeitslosigkeit, sondern auch die faktisch Arbeitslosen –
also Menschen, die es aufgegeben haben, eine Arbeit zu suchen, Menschen, die
nur eine Teilzeitstelle haben, aber eine Vollzeitstelle suchen, etc. Man
sieht, was seit 2008 geschehen ist, als uns die letzte große internationale
Finanzkrise traf und alle Finanzinstrumente dazu verwendet wurden, die
Spekulationsblasen aufrecht zu erhalten: Die Arbeitslosigkeit nahm in Portugal
um 94% zu, in Spanien um 62% usw. Bei der Jugendarbeitslosigkeit ist die Lage
noch weit schlimmer.
Was wird mit diesen Ländern geschehen, wenn sie der nächste,
noch weit größere Finanzkrach trifft, der unvermeidlich kommen wird?
Abbildung 5 zeigt den voranschreitenden demographischen
Kollaps seit der Krise von 2008. Betrachten wir Griechenland: die
Bevölkerungszahl des Landes wuchs bis 2010, seither ist sie eingebrochen. Das
gleiche geschah auch in Portugal, Spanien und Italien.
Abbildung 6 zeigt die Zahl der Geburten und Sterbefälle
in Italien: die Zahl der Sterbefälle wächst, die der Geburten sinkt. Das ist
der Hintergrund, warum die italienische Regierung sich nicht mehr dem
Spardiktat der EU unterwerfen will und auf einer Kooperation mit China
besteht.
In Portugal ist die Lage ähnlich, wie Abbildung 7
zeigt, wo sich die Geburtenrate in den letzten Jahren zwar geringfügig
verbessert hat, aber immer noch deutlich unter der Sterberate liegt. Auch in
Spanien sehen wir dieses Phänomen der demographischen Implosion (Abbildung
8).
Trump und Italien
Nur wenige Europäer bestreiten, daß es äußerst wichtig ist,
die Vereinigten Staaten dafür zu gewinnen, mit der Gürtel- und
Straßen-Initiative zu kooperieren. Aber die Meinungen über die Regierung Trump
sind meist stark von der falschen Darstellung der liberalen internationalen
und nationalen Medien geprägt. Am besten hilft man den Menschen, die Vorgänge
in den Vereinigten Staaten richtig zu verstehen, indem man das Thema zunächst
gar nicht anspricht. Denn die Menschen sind in dieser Frage ideologisch
festgefahren, man könnte es ihnen um die Ohren schlagen, und sie würden es
immer noch nicht begreifen. Viel sinnvoller ist es, zuerst über Italien zu
reden.
Warum Italien? Weil die neue italienische Regierung in der
gleichen Weise ins Amt kam wie Trump, in der gleichen Weise, wie es zum
Brexit-Votum kam, in der gleichen Weise, wie Präsident Lopez Obrador in Mexiko
an die Macht kam: Sie wurden alle von der weltweiten Welle der Ablehnung gegen
das Establishment getragen. In Italien wurde eine Regierung gebildet, von der
die Medien behaupten, sie sei rechtsextrem, immigrantenfeindlich, rassistisch
und xenophob. Tatsächlich hat sie eine Innen- und Außenpolitik eingeführt, die
sich am Vorbild von Franklin Delano Roosevelt orientiert.
Wir rieten den Leuten, über die Erklärung des italienischen
Ministers für Europa-Angelegenheiten, Paolo Savona, nachzudenken, warum
Italien sich weigert, die EU-Forderung nach Streichungen im Staatshaushalt zu
befolgen; er sagte:
„Ich muß hier die Tatsache hervorheben, daß es notwendig ist, hundert Jahre
später das zu wiederholen, was Roosevelt mit seinem New Deal und seinen
Reformen getan hat. Er verband den industrialisierten Norden der Vereinigten
Staaten mit dem landwirtschaftlichen Süden, und es gelang ihm. Das Experiment,
das wir im Moment durchführen, ist wirklich ein großes Unternehmen der
nationalen Einheit... Wir sind uns darüber im klaren, daß wir die Reformen
umsetzen müssen, die Roosevelt unternommen hat. Roosevelt unternahm eine
substantielle Reform im Finanzsektor [ein klarer Verweis auf das
Glass-Steagall-Trennbankengesetz, d.V.], im Wettbewerb, in den industriellen
Beziehungen. Wer die Geschichte kennt..., weiß, daß er sehr wichtige
Initiativen unternommen hat.“
Italien hat auch eine „China-Arbeitsgruppe“ gebildet, an der rund 300
Persönlichkeiten aus allen Teilen der Gesellschaft beteiligt sind, um die
Beziehungen mit China weiterzuentwickeln, insbesondere bei der gemeinsamen
Entwicklung Afrikas. In der „Erklärung der Ziele“ dieser Arbeitsgruppe vom
August 2018 heißt es:
„China kann Italien helfen, das Immigrationsproblem zu lösen, indem es
Afrika hilft: China ist das Land, das am meisten in Afrika investiert hat
(schon jetzt 340 Mrd.$, weit mehr als nur die 70 Mrd.$, die Analysten
gewöhnlich berechnen), mit Wirkungen, die sich schon jetzt an den Armutsraten
ablesen lassen und die langfristig dazu beitragen dürften, die Migrantenströme
nach Europa schrittweise zu verringern.
Chinas Engagement in Afrika bietet Italien eine historische Chance für
internationale Zusammenarbeit zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung
des Kontinents, was nicht nur für eine nachhaltige und solidarische Lösung des
Flüchtlingsproblems wesentlich ist, sondern auch für die wirtschaftlichen
Chancen, die sich italienischen Firmen auf dem Kontinent bieten werden.“
Unsere Gesprächspartner in Portugal und Spanien wußten meist, daß sich
Italien der EU widersetzt, aber sie wußten nur wenig über die zentralen
politischen Fragen, um die es dabei geht. Sie werden von den Massenmedien im
Unklaren gelassen und belogen.
Sobald sie das begriffen hatten, erkannten sie, daß Italien ebenso wie die
Vereinigten Staaten Teil eines weltweiten Prozesses ist, daß auch die
amerikanischen Wähler bei den letzten Wahlen die Pläne des Establishments über
den Haufen geworfen haben, und daß auch Trump ein Instrument dieses Wandels
ist.
Es ist sehr nützlich, die Menschen mit etwas zu konfrontieren, das nicht in
ihr Weltbild paßt, was aber unbestreitbar ist und was sie unbedingt wissen
müssen. Dabei geht es nicht darum, zu ändern, was sie denken, sondern
wie sie denken. Man kann das als die „Macht des negativen Denkens“
bezeichnen, wenn man so will. Es geht nicht „positiv“, man muß herausfinden,
was die Menschen nicht verstehen, und warum, weil etwas an ihrer
Denkweise falsch ist.
Genau dieser Prozeß vollzieht sich nun im gesamten transatlantischen
Sektor, auch wenn die Menschen das nicht notwendigerweise erkennen. Die
Menschen sind in Bewegung, aber Bewegung allein löst die Probleme nicht. Wir
brauchen echte programmatische Lösungen, die den Widerspruch zwischen dem, was
sich die Menschen wünschen, und ihrer derzeitigen Denkweise überbrücken.
Das ist ein anderer Ausdruck für das, was Helga Zepp-LaRouche immer wieder
als das Konzept der coincidentia oppositorum des Nikolaus von Kues
bezeichnet hat: das Zusammenfallen der Gegensätze.
In Europa entwickelt sich derzeit die Grundlage für solche Änderungen, und
dazu gehört eine Rückkehr zu den besten, klassischen Traditionen in den
Kulturen aller dieser Länder. Lassen Sie mich schließen mit einer Äußerung,
die Michele Geraci, der italienische Staatssekretär im Ministerium für
wirtschaftliche Entwicklung, kürzlich im Peterson Institute in Washington
gemacht hat:
„In Italien haben wir hochwertige Produktion, nicht nur, weil es gute
Ingenieure gibt, sondern weil die Ingenieure, wenn sie morgens aufwachen,
Kunstwerke sehen. Sie werden von der Kultur inspiriert, von der Geschichte,
die das italienische System umgibt, das hilft den Menschen, sogar beim
Industriedesign und sogar Menschen, die mit Maschinen arbeiten. [Die
Regierung] muß also, wie früher die Päpste und Könige, Künstler finanzieren,
die Gemälde anfertigen können, die man nicht gleich zu Geld machen kann, aber
die der gesamten Bevölkerung helfen.“
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