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Friedrich Schiller



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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

„Auf zu den Sternen – raus aus Aberglauben und Geopolitik!“

Von Alexander Hartmann

Mitglieder und Unterstützer des Schiller-Instituts befaßten sich bei einem „Renaissance-Wochenende“ zwei Tage lang intensiv mit den großen Ideen in der Wissenschaft und Kultur, die die menschliche Zivilisation in den letzten 2500 Jahren vorangebracht haben.

Zu einem „Renaissance-Wochenende“ in der Nähe von Meißen hatte das Schiller-Institut eingeladen, und rund 70 Aktivisten und Freunde kamen vom 31.5.-2.6. 2019 zusammen, um sich einmal weniger mit den tagespolitischen Problemen und statt dessen mit den Grundlagen der philosophischen Methode auseinanderzusetzen, die die menschliche Zivilisation vorangebracht hat – mit dem Schwerpunkt auf den Durchbrüchen und dem Lebenswerk von Lyndon LaRouche.

Dabei ging es um die grundlegende Hypothese, daß der Mensch „die Krone der Schöpfung“ ist, und nicht ihr Untergang, wie es von den heutigen Klima-Fanatikern behauptet wird. „Kreativität und Entwicklung sind die Prinzipien unseres Universums – und der menschlichen Gattung. Statt nach immer mehr ,künstlicher Intelligenz’ zu rufen, sollten wir unsere eigene Intelligenz endlich entwickeln! Statt immer mehr Häßlichkeit und Brutalität in der Gesellschaft brauchen wir Schönheit und eine Entwicklung der eigenen Emotionen im Sinne von Schiller oder auch Konfuzius. Wie wir das neue optimistische Paradigma weltweiter ,Win-Win’-Kooperation schaffen können, darum wird es in Vorträgen und Workshops zu den Themen Raumfahrt, klassische Musik, Neue Seidenstraße etc. gehen“, hieß es in der Einladung.

Die Vorträge des Wochenendes gruppierten sich in drei Themenbereiche – Vorträge zur Wissenschaft, zur Kultur und zur Ökonomie –, in den Pausen dazwischen hatten die Teilnehmer auch Gelegenheit, im Rahmen einer kleinen pädagogischen Ausstellung verschiedene Experimente, beispielsweise mit einem Monochord, mit Seifenlauge oder einer Kette, durchzuführen und geometrische Aufgaben zu lösen, und alle Teilnehmer waren eingeladen, an einer Chorprobe teilzunehmen. Nach jedem Vortrag gab es Gelegenheit zur Diskussion, die von den Teilnehmern ausgiebig genutzt wurde.

Das Wochenende begann am 31. Mai nach dem Abendessen mit einer Einführung der Gründerin und Vorsitzenden des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, über „Die Irrtümer der eurozentristischen Sicht auf die Welt“. Sie berichtete über ihren jüngsten Besuch in China, wo sie an der Konferenz über den Dialog der Asiatischen Zivilisationen teilgenommen und dort eine Rede beigetragen hatte. Das Ziel müsse es sein, nicht nur einen, sondern Hunderttausende oder besser noch Millionen qualifizierte Kanzlerkandidaten zu haben, so wie es in Schillers Don Carlos heißt: „Seien Sie ein König von Millionen Königen.“

Im Anschluß gab es eine kurze Chorprobe, in der geübte und weniger geübte Chorsänger eingeladen waren, gemeinsam das Kyrie aus Franz Schuberts Messe Nr. 2 in G-Dur (D 167) einzustudieren, bevor der Abend im lockeren Gespräch ausklang.

Platon

© alle Bilder: Schiller-Institut

Martin Kaiser

Die ersten Vorträge des Seminars am Samstagvormittag befaßten sich mit Themen zur Wissenschaft. Dabei stand, wie angekündigt, die Frage der Herangehensweise – die Denkmethode – im Mittelpunkt, am Beispiel einiger Denker in der Geschichte, auf die sich Lyndon LaRouche immer wieder bezogen hat.

Martin Kaiser eröffnete die Runde mit einem Vortrag über „Platon – die Quelle der westlichen Zivilisation“. Er beschrieb den kulturellen und moralischen Verfall Athens nach dem Sieg über die Perser und das Aufkommen der Sophisten, die stolz darauf waren, mit bloßer Rhetorik „alles beweisen oder widerlegen zu können“. Wenn diese Denkweise vorherrscht, wird das Streben nach Wahrheit zu einer lebensgefährlichen Angelegenheit, wie es Sokrates am eigenen Leibe erlebte. Auch Lyndon LaRouche stand vor 30 Jahren vor einer ähnlichen Herausforderung, als die US-Regierung gegen ihn vorging, um seinen unerwünschten Einfluß zu neutralisieren.

Am Beispiel des berühmten „Höhlengleichnisses“ beschrieb Martin Kaiser die platonische Sichtweise: Die Sinneseindrücke liefern uns nur Abbilder der Realität, wie die Schatten an der Wand einer Höhle. Die Prozesse, die diese Schatten hervorrufen, liegen außerhalb der Höhle, und nur wer die Höhle verläßt, kann die realen Prozesse erkennen und verstehen. Die Wahrheit liegt also im Bereich der Ideen.

Das Streben nach Wahrheit ist dabei auch immer ein Streben nach dem Guten, der Weise sucht das Gute in der Mathematik, der Geometrie, der Musik. Die Verwandtschaft von Musik und Astronomie provoziert die Suche nach einer höheren Wissenschaft, die die beiden verbindet. Die Art und Weise, wie man denkt, entscheidet auch darüber, ob es mit der Gesellschaft weitergeht oder ob sie untergeht.

Johannes Kepler


Michael Gründler

Michael Gründler befaßte sich dann mit Johannes Kepler und dem „kreativen Prinzip“. Um das Besondere an Keplers Herangehensweise zu verdeutlichen, präsentierte er zunächst mithilfe von Animationen die Vorstellungen von Keplers Vorgängern Ptolemaios, Nikolaus Kopernikus und Tycho Brahe über die Bewegungen der Planeten in unserem Sonnensystem – die, wie Kepler selbst enttäuscht feststellte, sich zwar in der Herangehensweise unterscheiden, aber zu den gleichen mathematischen Ergebnissen führen. Man konnte also auf diesem Wege nicht entscheiden, welches dieser drei Modelle das richtige ist, sondern nur anhand von Beobachtungen, ob sie entweder alle drei richtig oder – wie Kepler dann feststellte – allesamt falsch waren.

Der Fehler seiner Vorgänger lag darin, daß sie nur versuchten, auf der Grundlage feststehender Axiome – insbesondere der Vorstellung, daß die Planeten gleichförmigen Kreisbewegungen folgen – Modelle zu erstellen, die ein annäherndes Abbild der Beobachtungen liefern, anstatt zu versuchen, die physikalischen Ursachen der Bewegungen festzustellen. Um ihre Modelle mit den tatsächlichen Beobachtungen in Übereinstimmung zu bringen, erfanden sie daher mathematische Hilfskonstrukte wie den Epizykel oder den Äquanten. Die Ursachen der Bewegungen der Planeten lagen für sie völlig außerhalb der Sphäre des Menschen – sie glaubten, die Planeten würden von Gott oder Geistern am Firmament hin und hergeschoben.

Kepler hingegen stellte die Sonne als physisch wirkende Kraft in den Mittelpunkt des Sonnensystems – und gelangte auf dieser Grundlage zu der Einsicht, daß die Bewegungen der Planeten nicht kreisförmig, sondern elliptisch sind, und daß sie sich nicht gleichförmig auf diesen Bahnen bewegen, sondern die jeweilige Geschwindigkeit vom jeweiligen Abstand von der Sonne abhängt.

Damit änderte sich auch die Rolle des Menschen im Universum; plötzlich konnte der Mensch die Ursachen der Planetenbewegungen begreifen, sie waren nun für ihn zugänglich. Man kann sagen, daß Kepler und Kopernikus in verschiedenen Universen lebten.

Alexander von Humboldt


Alexander Hartmann

„Alexander von Humboldt – Motor der wissenschaftlichen Revolution“ lautete das Thema des nächsten Vortrags von Alexander Hartmann. 1799 trat Humboldt seine große Forschungsreise an, die ihn nach Süd-, Mittel- und Nordamerika führte und fünf Jahre später mit einem reichen Schatz an Sammlungen, Aufzeichnungen und Meßwerten nach Europa zurückbrachte.

Aber viel wichtiger als die zahlreichen konkreten Meßwerte, die er von jener Reise zurückbrachte, war das weltweite Netzwerk wissenschaftlicher Kontakte, das er durch diese Reise und im Anschluß daran entwickelte, um seine Ergebnisse in 20jähriger Arbeit in Zusammenarbeit mit den besten Wissenschaftlern seiner Zeit auszuwerten. Denn Humboldt ging es nicht um die Daten an sich, sein Ziel war es, „die Erscheinungen der körperlichen Dinge in ihrem allgemeinen Zusammenhange, die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes aufzufassen“.

Daraus ergab sich die Erkenntnis, daß man nur auf der Grundlage ständiger und systematischer exakter Beobachtungen eine solide Grundlage für das Erkennen natürlicher Gesetzmäßigkeiten gewinnt – und dazu braucht man ein globales Netzwerk gut ausgebildeter und ausgerüsteter Wissenschaftler, die diese Daten ständig erfassen und auswerten.

Aber dazu mußte zunächst der Geist, der die Ausbildung der Wissenschaftler an den Universitäten bestimmte, geändert werden, denn dort herrschte noch Ende der 1820er Jahre die Naturphilosophie vor, die die Erkenntnisse über die Gesetzmäßigkeiten der Natur allein aus philosophischen Überlegungen ableiten wollte.

Humboldt nutzte sein großes Ansehen und seine Stellung als Kammerherr des preußischen Königs, um etliche Forschungsprojekte wie den „magnetischen Verein“ oder die Gründung wissenschaftlicher Institute anzustoßen, und um zahllose talentierte Wissenschaftler (wie z.B. den jungen Justus Liebig) an die Universitäten zu vermitteln, wo sie als Forscher und Lehrer halfen, das Wissen um die Natur zu vertiefen und die Kader für eine massive Ausweitung der exakten Wissenschaften auszubilden. Die Flut der dadurch ausgelösten wissenschaftlichen Erkenntnisse war gleichzeitig eine wesentliche treibende Kraft bei der Entwicklung völlig neuer Industriezweige, wie der chemischen Industrie oder der Elektrotechnik.

Wladimir Wernadskij


Andrea Andromidas

Andrea Andromidas präsentierte dann „Das optimistische Weltbild von Wladimir Wernadskij“, der über Humboldt hinausgehend die biogeochemische Welt und die Wechselwirkungen zwischen der (unbelebten) Geosphäre, der (belebten) Biosphäre und dem Wirken der Menschheit (Noosphäre) in ihnen und auf sie in ihrer Gesamtheit betrachtete. Als Beispiel erläuterte sie Wernadskijs Konzept der Wanderung der Atome, die sich, im Lauf der Zeit von unterschiedlichsten geologischen und biologischen Prozessen erfaßt, in ständiger Bewegung befinden. Das Ergebnis all dieser Prozesse ist ein ständiger Evolutionsprozeß, in dem die Biosphäre die Geosphäre immer weiter umgestaltet und in ihre Prozesse einbezieht, während die Noosphäre ihrerseits sowohl die Geosphäre als auch die Biosphäre erfaßt, umgestaltet und weiterentwickelt.

Anhand der Evolutionsspirale zeigte Andrea Andromidas auf, wie sich die lebenden Prozesse aus ganz einfachen Anfängen im Laufe von Milliarden von Jahren immer weiter entwickelt haben und immer wieder höherentwickelte Gattungen neben oder an die Stelle der zuvor existierenden Gattungen traten.

Indem sie zunehmend in die Prozesse in der Geosphäre und Biosphäre eingreift und diese steuert und beschleunigt, wird die Menschheit in ihrer Gesamtheit zu einer „geologischen Kraft“, die die Welt irreversibel verändert und weiterentwickelt. Wernadskij war der Ansicht, daß die Menschheit, wie wir sie heute kennen, noch nicht die Krone der Schöpfung ist, sondern sich weiter auf höhere Ebenen entwickeln wird.

Kernfusion


Dr. Wolfgang Lillge

Nach diesem Rückblick auf die Entwicklung der Wissenschaften in der Vergangenheit richtete Dr. Wolfgang Lillge den Blick auf die Zukunft und befaßte sich mit der „neuen universellen Plattform der Kernfusion“, wobei er zunächst die Konzepte der Energiedichte und Energieflußdichte erläuterte. Als Beispiel dafür verwies er auf den Unterschied zwischen der Energiegewinnung aus Holz, Kohle, Öl oder Gas und der Energiegewinnung durch Kernspaltung und Kernfusion, bei der die Energiedichte (gemessen in Joule pro Gramm des Brennstoffs) millionenfach höher liegt, während die sog. „Erneuerbaren“ dagegen mit so geringen Energiedichten arbeiten, daß sie gar nicht mehr vergleichbar sind.

Als Beispiel, was mit den hohen Energiedichten der Kernfusion möglich wird, erläuterte er die sog. „Plasmafackel“, mit der beliebige Stoffe in einen Plasmazustand versetzt werden können, der es erlaubt, auch minderwertige Erze oder Abfallstoffe in ihre atomaren Bestandteile zu zerlegen und als Rohstoffquelle zu nutzen.

Die Kernfusion ist auch eine unverzichtbare Voraussetzung für die Erforschung und Besiedelung des Weltraums. Lillge zitierte hierzu Krafft Ehrickes „Fundamentalsätze der Astronautik“ sowie Lyndon LaRouche, der sich in zahlreichen Schriften mit dem Projekt der Erschließung und Besiedelung von Mond und Mars beschäftigte. Zum Abschluß berichtete er dann über die jüngsten Erfolge der Weltraumforschung, insbesondere Chinas Mondmission Chang’e-4.

Ästhetische Erziehung


Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche eröffnete die nächste Vortragsrunde, die sich mit der klassischen Kultur befaßte, und sprach über das Thema „Ästhetische Erziehung in Deutschland und China“, und über Wege, sich anderen Kulturen anzunähern. Tatsächlich gibt es etliche Prinzipien, die in vielen Kulturen in gleicher oder sehr ähnlicher Form vorhanden sind.

So ist das Ziel in der chinesischen Gesellschaft nach der konfuzianischen Vorstellung die moralische Verbesserung der Menschheit und die Überwindung schlechter Charaktereigenschaften (wie z.B. Egoismus oder Zorn). Diese Idee lag auch dem kaiserlichen Prüfungssystem zugrunde.

Der Verlust bzw. das Fehlen jeglicher höherer Idee, wie wir es auch heute wieder in der westlichen Welt erleben, führte in Preußen und in China jeweils zum Untergang des Staates – in Preußen durch Napoleon, in China durch die Opiumkriege und den Einfluß der europäischen Kolonialmächte. Als Reaktion auf diesen Zusammenbruch studierte der chinesische Gelehrte Cai Yuanpei die Blütezeiten der europäischen Geschichte und stieß dabei auf die erstaunlichen Parallelen zwischen dem konfuzianischen Verständnis und Friedrich Schillers Konzept der Ästhetischen Erziehung, das von Wilhelm von Humboldt in dessen Bildungsideal aufgegriffen wurde und dessen Reformen zugrunde lag. Dabei ist das Ziel die umfassende Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Zepp-LaRouche hob das Harmoniestreben als wesentlichen Aspekt der chinesischen Kultur hervor: Glück des einzelnen gibt es nur, wenn der Staat glücklich ist. Gleichzeitig legen die Chinesen sehr großen Wert auf Schönheit in der Öffentlichkeit und auf Ästhetik im Alltag. Das Ziel ist es, die Menschheit zu etwas Harmonischem zu entwickeln. Insbesondere spielen Metaphern eine große Rolle in der chinesischen Kultur und im chinesischen Denken.

Für Cai Yuanpei ist der Staat so etwas wie eine große Familie, und sein Ziel war es, eine große Gemeinschaft der Welt zu schaffen, in der das Interesse der einzelnen Staaten dem Interesse der gesamten Welt nicht widersprechen darf.

Die Zauberkraft der Poesie


Christa Kaiser

Christa Kaiser überschrieb ihren Vortrag mit der provozierenden Frage: „Ist Poesie noch zeitgemäß?“ Sie erklärte, daß Menschen schon immer neben dem Nützlichen das Schöne gesucht haben, und dazu gehört nicht zuletzt die Poesie. Gute Dichtung, wie z.B. Aischylos und Schiller, trägt dazu bei, eine moralische Gesellschaft zu schaffen und zu erhalten. Die heutige Kultur ist jedoch meist banal und häßlich – als Beispiel rezitierte sie ein typisches postmodernes Gedicht, das die „Sinnlosigkeit“ des Lebens propagiert. Klassische Poesie dagegen, sei es im Gedicht oder auf der Theaterbühne, dient der Veredelung des Charakters, indem der Mensch jenseits der Ebene der sinnlichen Erfahrung auf der Ebene des Denkens angesprochen wird. Sie zitierte Schiller, die wahre Kunst solle den Menschen „in der Tat frei machen, indem sie eine Kraft in ihm erweckt, übt und ausbildet, die sinnliche Welt in eine objektive Ferne zu rücken und das Materielle durch Ideen zu beherrschen“. Ein Mittel dazu sei ein Überraschungseffekt, ähnlich wie bei einem guten Witz. Am Ende gelangt der Zuschauer oder Zuhörer zu einer Erkenntnis, die „über den Worten“ liegt.

Sie rezitierte Friedrich Schillers Gedicht „Breite und Tiefe“ und schloß dann ihren Vortrag mit einem Audiomitschnitt von Schillers packender Ballade „Die Kraniche des Ibykus“, eine Aufnahme von Maria Becker.

Die Renaissance in Deutschland

„Wie die Renaissance nach Deutschland kam“, erläuterte dann Alexander Hartmann. Er berichtete über die Impulse, die von Nikolaus von Kues ausgingen: seine Verhandlungen über die Beendigung des Schismas, die zur Entsendung einer großen Delegation der griechisch-orthodoxen Kirche zum Konzil von Florenz und zur Wiederentdeckung der klassischen griechischen Schriften führte, und sein Anstoß zu den Entdeckungsreisen des Kolumbus, die zur Entdeckung Amerikas führte. Und von Cusanus kam vermutlich auch der Anstoß zur Entwicklung der Druckkunst.

Nürnberg als Zentrum der Metallverarbeitung spielte eine wichtige Rolle bei der Herstellung der wissenschaftlichen Instrumente, die für die Seefahrt und für astronomische Beobachtungen benötigt wurden, was den Mathematiker und Astronomen Regiomontan – der in Wien und in Italien eng mit Kardinal Bessarion, einem Mitstreiter von Cusanus, und Georg von Peuerbach zusammengearbeitet hatte –, dazu veranlaßte, sich in Nürnberg „Unter der Veste“ anzusiedeln. Und in diesem Stadtviertel entwickelte sich ein Kreis wohlhabender Bürger, die im späten 15. Jahrhundert daran gingen, ihre Zeitgenossen über die neuesten Entdeckungen über die wahre Gestalt der Erde aufzuklären und so das vorherrschende Weltbild zu verändern. Durch Projekte wie die Schedelsche Weltchronik – einen gedruckten Bildband mit 1800 handgefertigten Abbildungen – und den Behaimschen Globus demonstrierten sie den Menschen, daß die Erde keine flache Scheibe ist.

Zur jüngeren Generation dieses Nürnberger Kreises gehörten der „Dichterkönig“ Conrad Celtis, von dem die Anregung zur Gründung einer „Poetenschule“ kam, um die jungen Menschen Griechisch, Latein und Redekunst zu lehren, damit sie die durch das Konzil von Florenz wieder zugänglich gemachten Schriften der alten Griechen studieren konnten; Willibald Pirckheimer, der viele klassische Schriften aus dem Griechischen und Lateinischen übersetzte und als Rat der Stadt Nürnberg den Projekten der Humanisten politischen Geleitschutz gab; und der Maler Albrecht Dürer, der schon als 14jähriger Lehrling an den Illustrationen der Weltchronik mitarbeitete und dessen Kupferstiche und Radierungen erstmals die Produkte der großen Kunst für die breite Masse erschwinglich machten.

LaRouche und die Musik

Die Musik – bzw. Lyndon LaRouches Gedanken über die Rolle der Musik als Baustein einer neuen Renaissance – war Gegenstand eines von Sergej Strid produzierten 15minütigen Videos mit Ausschnitten aus Interviews mit Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche und Musikern wie Norbert Brainin (dem Primarius des Amadeus-Quartetts), Raymond Björling (dem Enkel des Tenors Jussi Björling) und anderen über solche Aspekte der klassischen Musik wie die Belcanto-Gesangstechnik, die Geschichte der Motivführung oder die besondere Rolle des Künstlers als Vermittler der musikalischen Ideen, die man nur „hinter den Noten“ findet.

Den Abschluß des Tages bildete dann ein Musik- und Poesieabend; er begann mit der Darbietung des am Abend zuvor eingeübten Kyrie aus der Schubert-Messe in G-Dur. Weitere musikalische Beiträge waren das Lied „Von ewiger Liebe“ von Johannes Brahms, vorgetragen von Portia Tarumbwa-Strid, die Arie der Marzelline aus Beethovens Fidelio, gesungen von Leona Meyer-Kasai, und Friedrich Schillers Ballade „Die Bürgschaft“ in der Vertonung von Franz Schubert, gesungen und selbst am Klavier begleitet von Werner Hartmann.

Zwischen den verschiedenen Musikstücken wurden klassische Gedichte vorgetragen, darunter klassische Lyrik wie Friedrich Schillers „Der Antritt des neuen Jahrhunderts“, „Das Mädchen aus der Fremde“, Balladen wie Schillers „Der Ring des Polykrates“, „Der Handschuh“ und „Pegasus im Joche“ sowie Adelbert von Chamissos „Die Sonne bringt es an den Tag“, aber auch kleinere Gedichte wie „Das ist’s eben“ und „Genug gewandert“, ebenfalls von Chamisso.

Die Weltlandbrücke


Stephan Ossenkopp

Die letzten Vortragsrunde am Sonntagmorgen, die sich mit Konzepten zur Gestaltung der Wirtschaft befaßte, wurde von Peter Møller mit dem zweiten Satz der berühmten „Pathétique“, Beethovens Klaviersonate Nr. 8, musikalisch eröffnet.

Stephan Ossenkopp berichtete dann über die Entwicklungsgeschichte der Idee der Neuen Seidenstraße, „Vom Produktiven Dreieck zur Weltlandbrücke“. Ausgehend von Lyndon LaRouches Rolle in den Verhandlungen zwischen der Regierung Reagan und der Sowjetunion über die SDI berichtete er, daß LaRouche den wirtschaftlichen Zusammenbruch der COMECON-Länder schon 1983 für „in etwa fünf Jahren“ vorhergesagt hatte, und daher vom Fall der Berliner Mauer 1989 keineswegs überrascht war, sodaß er sofort (aus dem Gefängnis heraus) konkrete Vorschläge für einen schnellen wirtschaftlichen Aufbau in Osteuropa machen konnte. So entstand das Konzept des „Produktiven Dreiecks Paris-Berlin-Wien“: die Idee, Mitteleuropas Wirtschaftskraft zu mobilisieren, um Infrastrukturkorridore zu den übrigen Bevölkerungszentren Europas aufzubauen und dieses Aufbauprogramm zur „Runderneuerung“ der produktiven Wirtschaft in Süd- und Osteuropa bis hin nach St. Petersburg, Moskau und Kiew zu nutzen.

Diese Idee wurde jedoch nicht realisiert und Osteuropa statt dessen einer „Schocktherapie“ unterzogen, die seine produktive Wirtschaft brutal dezimierte. Schon 1991 erfolgte der Zusammenbruch der Sowjetunion.

Wiederum reagierte LaRouche auf diese Krise mit einer Weiterentwicklung seiner Vorschläge: Die Idee des „Produktiven Dreiecks“ wurde erweitert zum Konzept der „Eurasischen Landbrücke“, das vom Schiller-Institut in Hunderten von Vorträgen, Seminaren und Konferenzen weltweit propagiert wurde. Auch diese Idee wurde von den westlichen Regierungen zurückgewiesen, und anstelle der physischen Wirtschaft, die in eine Dauerkrise verfiel, wuchsen Finanzblasen.

China hingegen erklärte die „Eurasische Landbrücke“ zum Teil seiner Politik. Nachdem Präsident Xi Jinping 2013 seine „Seidenstraßen-Initiative“ verkündet hatte und damit den anderen Nationen das Angebot machte, ihre wirtschaftliche Entwicklung durch eine „Win-Win-Kooperation“ im Rahmen des Aufbaus der Wirtschaftskorridore der Seidenstraße zu fördern, veranlaßte Helga Zepp-LaRouche die Ausarbeitung und Veröffentlichung der Studie „Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke“, in der das Konzept der Eurasischen Landbrücke zu einem globalen Infrastrukturnetz erweitert wird, das sämtliche Nationen der Welt miteinander verbindet und in diesen wirtschaftlichen Aufbau mit einschließt. Ossenkopp schloß seinen Vortrag mit einem Überblick über die Fortschritte, die dieses Aufbauprogramm in den letzten Jahren gemacht hat.

Geschichte und Zukunft der deutschen Industrie

Rainer Apel berichtete über die „Deutsche Industriegeschichte und die Zukunft der deutschen Wirtschaft“. Er begann seinen Vortrag mit Lyndon LaRouches berühmter „Tripelkurve“, um den derzeitigen Stand der Dinge zu charakterisieren: Anstelle der produktiven Wirtschaft werden gigantische Finanzblasen aufgebaut – bis der Punkt erreicht ist, an dem diese platzen.

Als Kontrast dazu berichtete er über die Frühzeit der industriellen Entwicklung Deutschlands, über das Wirken Friedrich Lists, des Industriepioniers Friedrich Harkort sowie des Schaafhausenschen Bankvereins. Dieser wurde nach einer durch Spekulationen ausgelösten Krise durch Garantien des preußischen Staats gerettet und ganz auf die Förderung der produktiven Wirtschaft ausgerichtet – so, wie dies heute auch mit der Deutschen Bank geschehen sollte –, und spielte dann eine wesentliche Rolle bei der Finanzierung des Aufbaus zahlreicher führender Industrieunternehmen.


Rainer Apel und Elke Fimmen

Schließlich zeigte Apel anhand einiger Beispiele – wie z.B. in Deutschland entwickelte Schienenlegemaschinen, Anwendungen von Plasmatechnologien zur Entwicklung von Nanospeichern oder in der Medizintechnik sowie die Rolle deutscher Unternehmen in der Weltraumtechnik –, daß die deutsche Industrie auch heute noch in vielen Bereichen zur Weltspitze gehört und durchaus eine Zukunft haben wird – wenn es gelingt, die Mißstände etwa im Finanzsektor, in der Infrastruktur und im Bildungssystem abzustellen.

Friedrich List in China

Elke Fimmen schloß dann den Reigen der Vorträge ab mit einem Bericht über die besondere Rolle Friedrich Lists als einem der wichtigsten Vertreter des „Amerikanischen Systems“ der politischen Ökonomie, dessen Konzepte auch von Lyndon LaRouche vertreten und weiterentwickelt wurden. Auch in China, wo Deng Xiaoping 1976 eine gezielte Aufbaupolitik begann, ist der Einfluß von Friedrich List zu erkennen.

Heute ist diese Schule im Westen jedoch kaum bekannt. In der neuen Richtlinie des European Research Council sind auch gar keine Mittel für die Forschung und Lehre zur Wirtschaftsgeschichte mehr vorgesehen. Aber noch in den 1970er Jahren betrachtete der Council on Foreign Relations in seinem „Projekt für die 1980er Jahre“ den Merkantilismus – die Tradition von Leibniz, Hamilton und List – als eine der drei Hauptrichtungen der wirtschaftlichen Systeme (neben dem Sozialismus und dem Liberalismus, dem der CFR zur Vorherrschaft verhelfen wollte). Auch wenn der CFR dabei LaRouche namentlich nicht nannte, war klar, daß sich die Argumentation des CFR gegen ihn und seine Bewegung richtete.

Die westlichen Eliten begannen dann den langen Marsch in die nachindustrielle Gesellschaft – mit dem Erfolg, daß heute der Westen vollständig bankrott ist. China hingegen vollzog fast zum selben Zeitpunkt, nach der Kulturrevolution, einen ganz anderen Kurswechsel, nämlich einen zielgerichteten, langfristigen technologischen und wissenschaftlichen Aufbau. Dieser Aufbau orientiert sich an der Verwirklichung der Vision, die der Staatsgründer Sun Jat-sen für China entworfen hatte, welcher wiederum durch seine Reisen in den USA und Europa, u.a. auch Deutschland, stark von den Ideen des Amerikanischen Systems und Friedrich Lists beeinflußt war.

List betrachtete die Entwicklung des geistigen Potentials einer Nation und die Entwicklung der menschlichen Arbeitskraft als die höchste Aufgabe; für ihn war der Bau von Eisenbahnen ein Instrument der kulturellen Entwicklung. List konzipierte ein eurasisches Eisenbahnnetz, um die Länder vom Einfluß des britischen Imperialismus zu befreien. Seine Schriften fanden große Beachtung, sie wurden in Rußland, Japan, Indien und China in die Landessprachen übersetzt und hatten großen Einfluß auf die Politik von Graf Witte in Rußland, die Meiji-Restauration in Japan, die Ziele der Unabhängigkeitsbewegung in Indien und die Anführer der Revolution in China um Sun Jat-sen. So antwortete der später sehr einflußreiche Ökonom Ma Yinchu 1922 auf die Frage, wer besser zu China passe, Marx oder List, klar mit der Feststellung, List passe besser, weil er sich mit der Frage der industriellen Entwicklung befaßt habe, während Marx’ Lehren eine industrielle Entwicklung voraussetzen, die in China noch gar nicht stattgefunden habe. Fimmen nannte auch eine Reihe weiterer chinesischer Ökonomen, die Lists Ideen aufgegriffen haben, und zitierte aus Sun Jat-sens Schrift „Die Internationale Entwicklung Chinas“, um die Übereinstimmung mit Lists Ideen deutlich zu machen.

LaRouche muß rehabilitiert werden!

In ihrem Schlußwort betonte Helga Zepp-LaRouche, daß ein wirklicher Durchbruch für alle diese Ideen, die an diesem Wochenende präsentiert wurden, nur dann möglich sein wird, wenn es gelingt, die vollständige Rehabilitierung von Lyndon LaRouche durchzusetzen, denn nur dann werde es für die Menschen möglich, sich unvoreingenommen mit seinen Ideen auseinanderzusetzen. Die jüngsten Enthüllungen im sog. Muellergate in den USA – dem Skandal um die britische Einmischung in die amerikanische Präsidentschaftswahl und den Versuch, Präsident Donald Trump zu stürzen – bieten eine hervorragende Gelegenheit, für LaRouches Rehabilitierung zu wirken, da eben jener Robert Mueller schon vor 30 Jahren eine führende Rolle in der juristischen Hexenjagd gegen LaRouche gespielt hatte.

Das Problem in Deutschland sei, daß es zuwenig Staatsbürger gibt, die Menschen trauen sich nicht, ihre Meinung zu sagen, und das müsse sich ändern.

Impressionen des Seminars


Werner Hartmann mit Chor


Portia Tarumbwa-Strid


Werner Hartmann

Der Chor sang beim Musikabend das „Kyrie“ aus Schuberts Messe in G-Dur.
Portia Tarumbwa-Strid sang das Lied „Von ewiger Liebe“ von Johannes Brahms, Leona Meyer-Kasai, die Arie der Marzelline aus Beethovens Oper „Fidelio”; begleitet wurden sie von Sergej Strid am Klavier.

Werner Hartmann sang Schillers „Bürgschaft“, vertont von Franz Schubert.


Leona Meyer-Kasai


Christa Kaiser


Martin Kaiser


Elke Fimmen

Christa und Martin Kaiser und Elke Fimmen rezitierten Gedichte von Schiller und Chamisso.




Außerdem hatten die Teilnehmer Gelegenheit zu kleinen geometrischen und physikalischen Experimenten – und viel Spaß daran.