Ohne Entwicklungsperspektive wird sich der Krieg in Äthiopien ausweiten
Am 5. November wurde im Nationalen Presseclub in Washington die Gründung der
„Vereinigten Front der äthiopischen föderalistischen und konföderalistischen
Kräfte“ bekanntgegeben, sie fordert die Absetzung der Regierung des äthiopischen
Ministerpräsidenten Abiy Ahmed durch Verhandlungen oder mit militärischen
Mitteln. Dies stellt eine deutliche Eskalation des Konflikts in dem Land dar.
Die meisten der neun Gruppen der Front sind klein und wenig schlagkräftig, doch
der Anstoß zu der Aktion kam eindeutig von der Tigray People's Liberation Front
(TPLF), die sich seit einem Jahr im Krieg mit der Regierung befindet, sowie der
mit der TPLF verbündeten Oromo Liberation Front-Oromo Liberation Army.
In der Gründungserklärung der Gruppe heißt es, sie reagiere auf die
zahlreichen Krisen im Land, „um die schädlichen Auswirkungen der Herrschaft von
Abiy Ahmed auf die Menschen in Äthiopien rückgängig zu machen... und ihre Kräfte
für einen sicheren Übergang im Land zu bündeln“. Auf der Pressekonferenz sagte
der Sprecher der TPLF und ehemalige äthiopische Botschafter in den USA und
China, Berhane Gebrechristos: „Wir versuchen, dieser schrecklichen Situation in
Äthiopien, für die allein die Regierung Abiy verantwortlich ist, ein Ende zu
setzen. Für ihn läuft die Zeit ab.“
Die äthiopische Regierung tat die Ankündigung als „Publicity-Gag“ ab, hat
aber den Ausnahmezustand erklärt und ruft die Bevölkerung zu einer
Massenmobilisierung gegen die TPLF auf. Der Konflikt ist letztlich politischer
Natur, denn die Führung von Tigray, ehemalige hochrangige Minister und Militärs,
fühlt sich ins Abseits gedrängt – mit legalen, aber auch weniger legalen Mitteln
wie Verhaftungen und Morden.
Der Bürgerkrieg hat bereits zu einer humanitären Krise in Tigray und anderen
Teilen Äthiopiens geführt und wird die gesamte Region in Mitleidenschaft ziehen,
einschließlich Sudan und Südsudan, Ägypten, Eritrea, Somalia, Kenia und andere
Länder Ostafrikas. Sanktionen oder Gewalt werden keine Abhilfe schaffen, sondern
nur Verhandlungen, um alle Parteien hinter einer Politik der wirtschaftlichen
Entwicklung zu einen.
Einen Schritt in diese Richtung hat der ehemalige ägyptische
Vize-Außenminister Mohamed Hegazy in der ägyptische Regierungszeitung Al
Ahram vorgeschlagen, nämlich eine Lösung für den durch den Großen
Äthiopischen Renaissance-Damm (GERD) ausgelösten Streit um das Nilwasser in Form
eines Entwicklungskorridors.1 Einen solchen Vorschlag hatte
EIR bereits 2014 mit einem Projekt zur Entwicklung des gesamten
Nilbeckens unterbreitet, u.a. in einer vierteiligen Serie zum
GERD-Problem.2 Hegazys Vorschlag sieht eine gemeinsame Verwaltung und
wirtschaftliche Entwicklung des Beckens des Blauen Nil durch Ägypten, Sudan und
Äthiopien vor, was später auf den Weißen Nil ausgeweitet werden könnte, um
Uganda und andere ostafrikanische Länder einzubeziehen. Elemente des Projektes
wären Eisenbahnen, Straßen, Stromerzeugung und Industrieprojekte, möglicherweise
gefördert durch Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI), an der Ägypten und
Äthiopien bereits teilnehmen.
dea
Anmerkungen
1. Siehe https://english.ahram.org.eg/NewsContent/50/1204/436575/AlAhram-Weekly/Opinion/Corridor-solution-on-the-GERD.aspx
2. Siehe https://larouchepub.com/other/2014/4146nile_basin_transport.html