Entwicklung Afrikas: die EU redet, China handelt
China hat in den letzten zehn Jahren Hunderte von Milliarden in
Afrika investiert, von der EU kamen fast nur leere Versprechungen.
Trotz des vielbeachteten Abkommens der EU mit Tunesien vom 16. Juli ist der
Strom irregulärer Migranten über das Mittelmeer nicht zurückgegangen. In den
folgenden Wochen erreichten durchschnittlich tausend Migranten täglich die
italienischen Küsten. In der ersten Jahreshälfte waren es etwa 90.000, doppelt
so viele wie im letzten Jahr.
Das Phänomen der Massenmigration von Nordafrika nach Europa ähnelt dem von
Mexiko in die Vereinigten Staaten: In beiden Fällen werden die Migrantenströme
von Schlepperbanden gesteuert, deren Klauen die Opfer oft nicht einmal
entkommen, nachdem sie ihr Ziel erreicht haben.
Der US-Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy hat diesen Betrug nach
einer dreitägigen Informationsreise an die US-mexikanische Grenze aufgedeckt.
Er berichtete, daß dort fast keine Migranten aus Mexiko oder Mittelamerika
kommen. „Sie kommen aus Peru, Afghanistan, Usbekistan, Kasachstan,
Bangladesch, Indien, China, Tibet und Nepal. Die Kartelle verbreiten
TikTok-Videos und YouTube-Videos, die zeigen, was man tun muß,
um in die Vereinigten Staaten zu gelangen“, sagte er in einem Interview mit
Jimmy Dore.1 „Die Kartelle werben auf der ganzen Welt. Die Menschen
zahlen 10.000 oder 15.000 Dollar an die Kartelle und fliegen aus Ländern der
ganzen Welt ein...“
Ähnlich arbeiten Schlepper auf den Mittelmeerrouten. Im letzten Jahr kamen
die meisten Migranten über Libyen, jetzt über Tunesien. Um den Zustrom zu
stoppen, bot die EU der tunesischen Regierung eine Milliarde Euro an, um die
Sicherheitsbehörden zu stärken, und versprach Hilfe bei den Verhandlungen über
Wirtschaftshilfe mit dem IWF. Aber dieses Abkommen und ähnliche Strategien
können die Migrationsströme nicht aufhalten, wie die Zahlen der folgenden
Wochen beweisen. Die einzige Lösung besteht darin, Afrika wirtschaftlich zu
entwickeln!
In diesem Zusammenhang betont der italienische Ökonom und ehemalige
Regierungsbeamte Michele Geraci, daß China der wichtigste Verbündete ist, um
Afrika Entwicklung zu bringen. Anstatt Strategien gegen Beijings Einfluß in
Afrika zu entwerfen, sollten sich die europäischen Länder daher dringend an
der Investitionspolitik der Neuen Seidenstraße beteiligen.
Wie Geraci betont, sind neben den chinesischen Projekten auch „andere
Initiativen zum Ausbau von Infrastruktur und Verkehrsnetz hochwillkommen. Es
gibt in Afrika so viel zu tun, daß Raum für alle ist... China hat in den
letzten zehn Jahren bereits Hunderte von Milliarden – ich wiederhole –
Hunderte von Milliarden, investiert, während der EU-Plan, GlobalGateway, bei
Null liegt. Nur Worte. Mit Worten löst man keine Probleme.“
Ein McKinsey-Bericht von 2017 – also vor sechs Jahren – dokumentiere, wie
China „Millionen von Arbeitsplätzen“ in Afrika schuf. „Man kann sich
vorstellen, wo diese Millionen von Menschen heute wären, wenn das nicht
passiert wäre.“
Vollständige Stromversorgung Zentralafrikas bis 2030?
Ein krasses Beispiel für Afrikas Nachholbedarf in der Infrastruktur ist die
Energie- und Stromversorgung: Die Elektrifizierungsrate ist erschreckend
niedrig. Nach Angaben der Internationalen Energieorganisation sind 580
Millionen Afrikaner ohne Strom, besonders betroffen ist Zentralafrika. In
Niger haben nur 3% der Bevölkerung Stromanschluß, im Tschad 9%, in Liberia
11%, Burkina Faso 20%, Mauretanien 30% und Mali 40%, die meisten anderen
Länder liegen zwischen 30% und 60%. Nur Südafrika kann 95% seiner Bevölkerung
mit Strom versorgen.
Die zentralafrikanischen Länder wollen das Problem nun selbst in die Hand
nehmen. Auf einer Tagung des Zentralafrikanischen Wirtschaftsforums (CABEF) im
vergangenen September wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet,
Zentralafrika bis 2030 zur „energiearmutsfreien Zone“ zu machen. Zu den
Unterzeichnern gehörten die Afrikanische Organisation der Erdölproduzenten
(APPO), Äquatorialguinea, Kamerun, Gabun, Tschad, die Demokratische Republik
Kongo (DRK), die Republik Kongo sowie Angola, der zweitgrößte Erdölproduzent
Afrikas. Die Idee ist, mit einem zentralafrikanischen Pipelinenetz die
geförderten Energieträger in der gesamten Region zu verteilen, anstatt sie
nach Europa bzw. in den Westen zu exportieren und die Einnahmen hauptsächlich
zur Schuldentilgung zu verwenden.
Das Projekt umfaßt die Verlegung von 6500 km neuer Pipelines sowie den Bau
von Gaskraftwerken, Raffinerien und Gasverflüssigungsanlagen. Haushalte,
Unternehmen und neue Industrien sollen so mit Strom versorgt werden, u.a. zur
Verarbeitung von Rohstoffen wie Eisenerz, Bauxit, Kupfer usw., die bisher
unverarbeitet exportiert werden. Allein in Zentralafrika gibt es Ölreserven
von schätzungsweise über 31 Mrd. Barrel, und fünf der zehn afrikanischen
Ölproduzenten – Gabun, Republik Kongo, Äquatorialguinea, Tschad und Angola –
sind in dieser Region. Die China National Petroleum Corporation (CNPC) ist in
vielen Ländern der Region stark engagiert.
Äquatorialguineas Minister für Bergbau und Kohlenwasserstoffe, Gabriel
Mbaga Obiang Lima, hat bei einem Treffen der Afrikanischen Energiekammern Ende
letzten Jahres einen Zeitplan für das Projekt vorgestellt. Sein Land und
Kamerun arbeiten an der ersten Phase, die durch den Tschad führen soll,
während die DRK „über Angola und Zentralafrika angeschlossen werden soll, da
sie bereits Produkte in diese Richtung liefert“, wie er
erklärte.2
In einem offensichtlich verwandten Schritt wurde im Tschad im März ein
Gesetz zur Verstaatlichung des Kohlenwasserstoffsektors verabschiedet, nachdem
sich ExxonMobile aus dem Land zurückgezogen hatte. Der Konzern hatte die
Konzession für über 400 Mio.$ an die Londoner Sahara Energy verkauft, doch die
Regierung betrachtet das Geschäft als illegal und droht mit Enteignung.
Auch wenn der Plan sich zunächst auf Zentralafrika bezieht, wird er
zweifellos als Beispiel für andere Förderländer wie Niger dienen, die sich
anschließen könnten. Ägypten, ein bedeutender Gaserzeuger, hat 2018 ein
ähnliches Vorhaben umgesetzt, Siemens hat dort das weltweit größte
Gaskombikraftwerk mit nicht weniger als 14,5 GW gebaut.
Die Zentralafrikanische Pipeline gefährdet die Pläne der EU für
Energieunabhängigkeit von Rußland und ihre Fantasien, Afrika in ein „grünes
Energieparadies“ zu verwandeln – nicht für die Afrikaner, sondern für Europa
mit seiner (selbst-)mörderischen Klimapolitik. Gegen den zentralafrikanischen
Plan gibt es bereits Proteste von Umweltschützern, angefangen mit der
südafrikanischen Africa Climate Foundation, die allein im letzten Jahr 6,5
Mio.$ von der Rockefeller Foundation, Hewlett Foundation und Bill and Melinda
Gates Foundation erhalten hat.
Anmerkungen
1. https://twitter.com/i/status/1689383276144951298
2. https://www.pipeline-journal.net/news/planned-central-african-pipeline-system-project-progress