Zensur und Lügen werden die BRICS nicht aufhalten
Von Harley Schlanger
Die westlichen Medien und Regierungen versuchen, die
Bedeutung des BRICS-Gipfels und seiner Ergebnisse herunterzuspielen.
Wenn Sie im „Globalen Norden“ leben, wissen Sie wahrscheinlich so gut wie
nichts Wahres über den BRICS-Gipfel, der vom 22. bis 24. August im
südafrikanischen Johannesburg stattfand. Tatsächlich war dieser Gipfel Teil
eines „Erdbebens der Veränderung“ auf der Welt: Der Globale Süden nimmt die
entwicklungsfeindliche Politik, die ihm jahrhundertelang von den
Kolonialmächten des Nordens aufgezwungen wurde, nicht länger hin, und nutzt
die BRICS – sowie andere multilaterale Institutionen wie die Shanghaier
Organisation für Zusammenarbeit und die Eurasische Wirtschaftsunion –, um
diese Unterwerfung zu überwinden.
Der Gipfel bot eine Alternative für eine friedliche, kooperative
Entwicklung der Welt und weckte berechtigte Hoffnungen auf eine bessere
Zukunft für Milliarden von Menschen in Ländern, die jahrhundertelang Raubbau
ausgesetzt waren. Die Vorsitzende des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche,
die seit Jahrzehnten, lange zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann Lyndon
LaRouche, für weltweite wirtschaftliche Gerechtigkeit kämpft, begrüßte die
Ergebnisse des Gipfels enthusiastisch. In einem Interview am 30. August
bezeichnete sie den Gipfel als „Durchbruch für die Menschheit“. Es sei „der
Wunsch der Mehrheit der Länder des Globalen Südens, ein System zu beenden, das
um 1500 mit dem Kolonialismus begann und diese Länder des Globalen Südens in…
Unterentwicklung hielt und ihnen ihr natürliches Recht verweigerte, sich wie
alle anderen Menschen und Länder der Erde zu entwickeln“.
Diesen Enthusiasmus teilen viele Regierungen der Länder des Südens, die
sich anschicken, den BRICS beizutreten. Zu den bisherigen Mitgliedern
Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika wurden in Johannesburg sechs
neue Mitglieder (ab 1.1. 2024) aufgenommen: Saudi-Arabien, die Vereinigten
Arabischen Emirate, Iran, Ägypten, Äthiopien und Argentinien. Berichten
zufolge wollen bis zu 40 weitere Länder beitreten.
Typisch für die Aufbruchsstimmung war eine Äußerung des bolivianischen
Präsidenten Luis Arce, der kürzlich die Absicht seines Landes ankündigte, den
BRICS beizutreten. Er sagte, daß diese Mitgliedschaft „Ländern den Zugang zu
den internationalen Märkten ermöglicht, ohne daß sie ihre Würde aufs Spiel
setzen müssen, und ohne politische Bedingungen, Sanktionen oder
militaristische Einschüchterung“ – eine Anspielung auf die brutale Behandlung
der ärmeren Länder durch multinationale Konzern- und Finanzinteressen im
gegenwärtigen neoliberalen, neokolonialen System.
Der harte Kampf um Würde und Gerechtigkeit zog sich wie ein roter Faden
durch die Johannesburger Beratungen. So erklärte der chinesische Präsident Xi
Jinping in seiner Rede, daß sich die BRICS-Staaten dem Kampf gegen
„wirtschaftlichen Zwang“ verschrieben haben, und forderte, daß „alle Länder
das gleiche Mitspracherecht bei der Ausarbeitung internationaler Regeln
haben“. Das war ein kaum verhohlener Seitenhieb auf die ständige Litanei von
Leuten wie US-Außenminister Blinken, die „regelbasierte Ordnung“ gegen
„autoritäre Regime“ zu verteidigen. Xi beschrieb das alte System so: „Wer sich
gut entwickelt, den wollen sie eindämmen; wer aufholt, den wollen sie
behindern“ – ein Gefühl, das sicherlich von allen Ländern geteilt wird, die in
ihrem Streben nach wirtschaftlicher Entwicklung ausgebremst werden sollen.
Zensur der Zeitgeschichte
In den Medien des Globalen Nordens wurde diese tektonische Veränderung
jedoch entweder ignoriert oder völlig verzerrt. Sie schürten Ängste, dieser
sich entfaltende Prozeß wäre ein offener „Angriff auf die Demokratie“, wenn
nicht gar ein „kommunistisches Komplott“ zur Untergrabung der Freiheit. Es ist
sicher keine große Überraschung, wenn westliche Mainstream-Medien Zensur
ausüben und über wichtige strategische Entwicklungen lügen, dennoch bietet die
„Berichterstattung“ über den Gipfel der letzten Woche ein abstoßendes Beispiel
dafür, wie mit künstlichen „Narrativen“ Unwissenheit und Angst gefördert
werden sollen.
In den spärlichen Berichten herrschten zwei Linien vor. Die eine besagt,
hinter den BRICS stünden chinesische und russische imperiale Interessen, die
die ärmeren Entwicklungsländer in eine „antiamerikanische“ Dynamik einbinden
wollen, um den Dollar zu verdrängen und zugunsten ihrer autokratischen Regime
den „Kapitalismus“ zu zerstören. Der andere Grundtenor war, daß die BRICS
wahrscheinlich scheitern werden, weil die unterschiedlichen Absichten der fünf
Staaten unvereinbar seien und sie sich nicht auf neue Mitglieder einigen
könnten.
Das Ergebnis des Gipfeltreffens beweist, daß dies alles nur böswillige
Erfindung war. Hinter diesen Lügen und Falschdarstellungen stehen die globalen
Finanzinteressen der Wall Street und der Londoner City, die erkannt haben, daß
es die wahre Absicht der BRICS-Mitglieder ist, die unipolare Weltordnung mit
ihrem Zwang zur Unterwerfung unter die neoliberale Wirtschaftspolitik zu
beenden. Diese sehr konkrete Angst dieser Kreise läßt sich aus der
Berichterstattung ablesen. Es folgen einige typische Beispiele:
- Die Washington Post titelte am 23. August: „Putin und Xi stehen
vor Hürden bei ihren Bemühungen, BRICS in einen antiwestlichen Block zu
verwandeln.“ Sie zitiert zwar Erklärungen der Präsidenten Putin und Xi zum
Kampf gegen den Neokolonialismus, und daß alle Nationen eine
„gleichberechtigte Stimme“ haben sollen, kommentiert aber abschätzig, die
BRICS würden immer „oberflächlich“ bleiben. Der Artikel schließt mit dem Zitat
eines „Rußlandexperten“ der Universität Chicago, die BRICS würden „eine
oberflächliche Struktur“ bleiben, die nur wenig eint. (Die Chicagoer
Universität, der Arbeitgeber dieses Professors, ist eine Bastion radikal
marktwirtschaftlicher, neoliberaler Ökonomen, die 1973 den faschistischen
Putsch in Chile steuerten, der General Augusto Pinochet zum Diktator
machte.)
- Die New York Times schrieb vor dem Gipfeltreffen, China wolle
„seinen Einfluß stärken“, und „ein isoliertes Rußland braucht neue
Verbündete“. Die Autoren kommen zu dem Schluß: „Die Nationen in der Gruppe
haben sehr unterschiedliche Interessen, was es schwierig macht, eine
gemeinsame Basis zu finden.“ Eine Erklärung, wie es trotzdem zu der Einigung
über die Erweiterung der BRICS-Mitgliedschaft kommen konnte, sucht man in der
„renommiertesten Zeitung Amerikas“ vergeblich.
- Auf CNN war der ehemalige Goldman-Sachs-Ökonom Jim O'Neill zu
sehen, der dafür bekannt ist, daß er 2001 das Kürzel „BRIC“ prägte, als er
sagte, die vier Länder Brasilien, Rußland, Indien und China würden bis 2050
die Weltwirtschaft beherrschen. Heute nennt er sich Baron O'Neill of Gatney,
war britischer Minister und ist von dieser Behauptung abgerückt. Er äußerte
sich abfällig über die Ergebnisse des Gipfels und sagte, die in Johannesburg
verkündete Erweiterung sei zwar „sehr starke Symbolik“, aber „ich bin mir
nicht ganz sicher, was es bringen soll, wenn es viel mehr Länder werden“.
- Der Londoner Guardian schloß sich der Meinung von Baron O'Neill
an und erklärte, es sei unklar, ob und wie die Erweiterung die Schlagkraft des
Clubs erhöhen werde. Die BRICS seien nun „noch disparater, eine Mischung aus
mächtigen Autokratien und Demokratien mit mittlerem Einkommen und
Entwicklungsländern“. Die Schlußfolgerung war, die Erweiterung sei „mehr
symbolisch als alles andere“.
- Den Vogel schoß der Londoner Economist mit seiner Schlagzeile
im Vorfeld des Gipfels ab: „Der BRICS-Block ist von Spannungen zerrissen –
Chinas Plan, den Club zu erweitern, offenbart den Widerspruch im Kern.“
Unsere Leser können unserer Berichterstattung über den Gipfel entnehmen,
daß die BRICS im Gegenteil daraus gestärkt und geeinter hervorgingen und ihr
Engagement für eine für alle Seiten vorteilhafte Entwicklung bekräftigt haben.
Sie werden die Finanzierung von Großprojekten koordinieren, um die von
Institutionen der westlichen Finanzkartelle wie dem IWF auferlegte
Unterentwicklung zu beenden, und sie werden dabei niemanden ausschließen.
Wenn die westlichen Medien sich weigern, über die Beratungen des Gipfels
und die Begeisterung des Globalen Südens darüber wahrheitsgemäß zu berichten,
dann zeigt das die Absicht, diesen historischen Prozeß zu sabotieren. Es ist
Teil des Versuchs, die kollabierende, räuberische „regelbasierte Ordnung“, die
die BRICS-Nationen überwinden möchten, zu retten und dazu die traurige
„fröhliche Ignoranz“ der Mehrheit im Globalen Norden über dieses Erdbeben der
Veränderung aufrechtzuerhalten.