"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Die Menschheit sagt: „Nie wieder Krieg!“
Hört der Westen auf die globale Mehrheit?

Von Alexander Hartmann

Nur mit Optimismus kann die Gefahr der Eskalation zu einem atomaren Weltkrieg im Ukraine-Konflikt überwunden werden. Trotz Geopolitik, Geoökonomie, „regelbasierter Ordnung“, Systemanalyse, künstlicher Intelligenz, „Technokratie“ und Informationstheorie, deren Anwendung die gesamte Menschheit in einen frühen Tod treiben könnte, haben das Schiller-Institut und seine Mitstreiter in der Internationalen Friedenskoalition beschlossen, sich nicht der Tragödie hartnäckig vertretener, aber falscher Axiome über das, was in der heutigen Welt angeblich „möglich ist“ oder nicht, zu unterwerfen.

Ein Beispiel dafür, was in der heutigen Welt möglich ist, ist das jüngste Russisch-Afrikanische Wirtschafts- und Humanitätsforum. Der Verlauf dieser Treffen zeigt, daß sich der Globale Süden von den imperialen Forderungen nach Unterordnung unter die „regelbasierte Ordnung“ nicht einschüchtern läßt. Trotz der Bemühungen der USA und vieler europäischer Länder wie der alten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien, sie davon abzuhalten, nahmen mehr als 40 Länder teil, von denen etwa 17 durch Staats- oder Regierungschefs vertreten waren. Anstatt dem Druck der Verfechter der „unipolaren Weltordnung“ nachzugeben, richteten sie den Blick auf die gemeinsame Zukunft der Menschheit.

In der Plenarsitzung zum Thema „Technologie und Sicherheit im Namen einer souveränen Entwicklung zum Wohle der Menschheit“ nahmen u.a. der Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU) und Präsident der Komoren Azali Assoumani, Patriarch Kirill, der Präsident der Afrikanischen Export-Import-Bank Benedict Oramah und die Präsidentin der Neuen Entwicklungsbank Dilma Rousseff teil. Präsident Wladimir Putin eröffnete sie mit einer Rede über die künftige Zusammenarbeit zwischen Rußland und den afrikanischen Staaten. Putin verwies auf die hohe durchschnittliche Wachstumsrate der afrikanischen Volkswirtschaften in den letzten 20 Jahren, das Wachstum des Handels zwischen Rußland und Afrika, das Potential für Zusammenarbeit in den Bereichen Lebensmittel, Düngemittel, landwirtschaftliche Ausrüstung und Ausbildung, die Zusammenarbeit bei der Energieinfrastruktur, die Modernisierung des Verkehrswesens und dem persönlichen Austausch, etwa in den Bereichen Bildung und Sport. Bedürftige afrikanische Länder sollen zehntausende Tonnen russische Lebensmittel kostenlos erhalten.

Der Präsident der Komoren und AU-Vorsitzende Azali Assoumani, der zusammen mit dem Vorsitzenden der AU-Kommission, Moussa Faki Mahamat, mit Putin zusammentraf, erklärte bei dieser Gelegenheit: „Lassen Sie mich zunächst sagen, Herr Präsident, daß Rußland ein sehr wichtiger Partner für Afrika ist. Es heißt, ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund, und in Zeiten der Not hat Rußland Afrika ungeachtet der auftauchenden Probleme immer zur Seite gestanden, unter anderem bei seinem Kampf um die Unabhängigkeit. Rußland war immer zur Stelle, trotz aller Schwierigkeiten, die Afrika durchgemacht hat... Rußlands Investitionen in afrikanische Länder haben viele Länder auf den Weg der Entwicklung gebracht.“

Putin führte auch mehrere bilaterale Gespräche, so am 27. mit dem Präsidenten von Mosambik, Filipe Jacinto Nyusi, dem Präsidenten von Burundi, Évariste Ndayishimiye – der erklärte: „Ich möchte bekräftigen, daß Burundi ein Verbündeter Rußlands ist und immer sein wird, auf den es sich bei der Verteidigung seiner lebenswichtigen nationalen Interessen verlassen kann“ – sowie dem Präsidenten von Simbabwe, Emmerson Mnangagwa; weitere Treffen folgten am 28. Juli.

Am 26. Juli traf Dilma Rousseff, die ehemalige Präsidentin Brasiliens und heutige Präsidentin der BRICS New Development Bank (NDB), mit den Präsidenten zweier BRICS-Staaten zusammen: Putin und dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa. Die NDB „muß eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer multipolaren Welt spielen“, sagte sie. Der Rußland-Afrika-Gipfel sei für alle, die an die Entwicklung des Globalen Südens glauben, sehr wichtig. „Es ist von entscheidender Bedeutung“, betonte sie, „das Schuldenvolumen dieser Länder und ihre hohe Nachfrage nach Investitionen zu berücksichtigen. Es ist unfair und inakzeptabel, daß die traditionellen Finanzinstitutionen ihnen Bedingungen auferlegen, ohne die BRICS-Bank einzubeziehen.“ Sie sagte zu Putin: „Der Rußland-Afrika-Gipfel ist für alle, die an der Entwicklung des Globalen Südens interessiert sind, von entscheidender Bedeutung.“

Die Intervention von Papst Johannes XXIII.

Welche positive Wirkung ein optimistisches Eingreifen in den Gang der Ereignisse haben kann, zeigt ein historisches Beispiel, das heute sehr aktuell ist: die Intervention des Vatikans auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges vor 60 Jahren. In seiner Eröffnungsrede zum Zweiten Vatikanischen Konzil am 11. Oktober 1962, fünf Tage vor Beginn der Kubakrise, sagte Papst Johannes XXIII.:

    „In der täglichen Ausübung Unseres apostolischen Hirtenamtes geschieht es oft, daß bisweilen Stimmen solcher Personen unser Ohr betrüben, die zwar von religiösem Eifer brennen, aber nicht genügend Sinn für die rechte Beurteilung der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen. Sie meinen nämlich, in den heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur Untergang und Unheil zu erkennen. Sie reden unablässig davon, daß unsere Zeit im Vergleich zur Vergangenheit dauernd zum Schlechteren abgeglitten sei. Sie benehmen sich so, als hätten sie nichts aus der Geschichte gelernt, die eine Lehrmeisterin des Lebens ist… Wir aber sind völlig anderer Meinung als diese Unglückspropheten, die immer das Unheil voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange stünde.“

Dank dieser optimistischen, transzendenten Denkweise konnte Johannes XXIII. selbst inmitten seiner umstrittenen Neuordnung der katholischen Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil wie kein anderer einen leidenschaftlichen Dialog mit dem sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow und US-Präsident John F. Kennedy führen, als dann tatsächlich buchstäblich das Ende der Welt drohte.

Unmittelbar nach Kennedys Rede vom 22. Oktober, in der er die Blockade Kubas beschrieb, verfaßte der Papst am 23. Oktober eine Botschaft, die er am nächsten Tag im Radio verbreitete:

    „Wir bitten alle Regierungen, diesem Schrei der Menschheit gegenüber nicht taub zu bleiben. Daß sie alles tun, was in ihrer Macht steht, um den Frieden zu retten. So werden sie die Welt vor den Schrecken eines Krieges bewahren, dessen schreckliche Folgen niemand vorhersagen kann. Daß sie die Gespräche fortsetzen, denn dieses loyale und offene Verhalten hat großen Wert als Zeugnis für das Gewissen aller und vor der Geschichte. Gespräche zu fördern, zu begünstigen und zu akzeptieren, auf allen Ebenen und zu jeder Zeit, ist eine Regel der Weisheit und Klugheit, die den Segen des Himmels und der Erde hat.“

Seine Botschaft erschien am folgenden Tag in allen großen Zeitungen der Welt, sogar in der sowjetischen Prawda – und sie hatte weitreichende Wirkung. 2017 berichtete Allen Pietrobon in der amerikanischen Zeitung The Hill: „Kürzlich freigegebene Dokumente der US-Regierung aus dieser Zeit bestätigen, daß sich der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow die Botschaft des Papstes tatsächlich zu Herzen genommen hat. [Norman] Cousins enthüllte dem Weißen Haus, was Chruschtschow ihm während eines späteren privaten Treffens gesagt hatte: ,Der Appell von Papst Johannes während der Raketenkrise hatte in seinem Denken erhebliches Gewicht. Es sei sogar der erste Lichtstrahl in der schnell zunehmenden Dunkelheit.‘“

Die Intervention der Friedenskoalition heute

Aber Optimismus ist nicht das Vorrecht der Päpste. Optimismus im Hinblick auf die Gemeinschaft der Menschheit und auf die Sicherung ihres Gemeinwohls durch Entwicklung – der neue Name für Frieden – gibt uns eine Macht, die stärker ist als die Tyrannei des Pessimismus.

In ihrem Internetforum am 27. Juli berichtete die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, über die auf einen solchen Optimismus gegründete Intervention der von ihr initiierten Internationalen Friedenskoalition in die globale Diskussion über die äußerst gefährliche strategische Lage:

    „Es gibt viele hochrangige Analysten und Leute mit viel politischer Erfahrung, die nicht zum Mainstream gehören oder von ihm nicht beachtet werden, die sich alle einig sind: Das Beängstigende an der Situation ist, daß wir uns immer mehr auf einen Atomkrieg zubewegen, während die Politiker völlig ahnungslos erscheinen. Sie scheinen sich nicht um die Gefahr zu kümmern, in der wir uns befinden. Und die Mehrheit der Bevölkerung ist wie im Schlafwandel; sie kümmert sich mehr um ihre Ferien, ihre Urlaubsreisen…

    Deshalb mobilisieren die Internationale Friedenskoalition und viele andere Organisationen rund um den Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima am 6. August und Nagasaki am 9. August, vor allem aber am 6. August, um in der ganzen Welt so viele machtvolle Demonstrationen wie möglich zu veranstalten…

    Da sind Leute in Lateinamerika, es wird Schwesterkundgebungen in Mexiko, in Argentinien und vielleicht anderen lateinamerikanischen Ländern geben. Auch in Europa haben wir Kundgebungen in verschiedenen Städten, und natürlich gibt es Schwesterkundgebungen in verschiedenen amerikanischen Städten. Wenn Sie auf unsere Webseite oder auf humanityforpeace.net gehen, finden Sie alle Informationen. Dort finden Sie auch ein Flugblatt. Bitte laden Sie das Flugblatt herunter und verteilen Sie es über die sozialen Medien, in Ihrer Nachbarschaft, werfen Sie es in die Briefkästen in Ihrer Umgebung. Machen Sie mit bei dieser wirklich sehr wichtigen Mobilisierung! Die Menschen müssen aufwachen und erkennen, daß die Gefahr sehr real ist, und sie müssen ein starkes Zeichen des Widerstands gegen diesen Wahnsinn setzen.“

(Lesen Sie dazu auch den Aufruf zu den Demonstrationen in dieser Ausgabe.)


Anmerkung

1. Ein Verzeichnis der registrierten Schwesterkundgebungen in aller Welt finden Sie im Internet unter: https://humanityforpeace.net/index.php/international-sister-rallies/