Die Menschheit sagt: „Nie wieder Krieg!“
Hört der Westen auf die globale Mehrheit?
Von Alexander Hartmann
Nur mit Optimismus kann die Gefahr der Eskalation zu einem atomaren
Weltkrieg im Ukraine-Konflikt überwunden werden. Trotz Geopolitik,
Geoökonomie, „regelbasierter Ordnung“, Systemanalyse, künstlicher Intelligenz,
„Technokratie“ und Informationstheorie, deren Anwendung die gesamte Menschheit
in einen frühen Tod treiben könnte, haben das Schiller-Institut und seine
Mitstreiter in der Internationalen Friedenskoalition beschlossen, sich nicht
der Tragödie hartnäckig vertretener, aber falscher Axiome über das, was in der
heutigen Welt angeblich „möglich ist“ oder nicht, zu unterwerfen.
Ein Beispiel dafür, was in der heutigen Welt möglich ist, ist das jüngste
Russisch-Afrikanische Wirtschafts- und Humanitätsforum. Der Verlauf dieser
Treffen zeigt, daß sich der Globale Süden von den imperialen Forderungen nach
Unterordnung unter die „regelbasierte Ordnung“ nicht einschüchtern läßt. Trotz
der Bemühungen der USA und vieler europäischer Länder wie der alten
Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien, sie davon abzuhalten, nahmen
mehr als 40 Länder teil, von denen etwa 17 durch Staats- oder Regierungschefs
vertreten waren. Anstatt dem Druck der Verfechter der „unipolaren Weltordnung“
nachzugeben, richteten sie den Blick auf die gemeinsame Zukunft der
Menschheit.
In der Plenarsitzung zum Thema „Technologie und Sicherheit im Namen einer
souveränen Entwicklung zum Wohle der Menschheit“ nahmen u.a. der Vorsitzende
der Afrikanischen Union (AU) und Präsident der Komoren Azali Assoumani,
Patriarch Kirill, der Präsident der Afrikanischen Export-Import-Bank Benedict
Oramah und die Präsidentin der Neuen Entwicklungsbank Dilma Rousseff teil.
Präsident Wladimir Putin eröffnete sie mit einer Rede über die künftige
Zusammenarbeit zwischen Rußland und den afrikanischen Staaten. Putin verwies
auf die hohe durchschnittliche Wachstumsrate der afrikanischen
Volkswirtschaften in den letzten 20 Jahren, das Wachstum des Handels zwischen
Rußland und Afrika, das Potential für Zusammenarbeit in den Bereichen
Lebensmittel, Düngemittel, landwirtschaftliche Ausrüstung und Ausbildung, die
Zusammenarbeit bei der Energieinfrastruktur, die Modernisierung des
Verkehrswesens und dem persönlichen Austausch, etwa in den Bereichen Bildung
und Sport. Bedürftige afrikanische Länder sollen zehntausende Tonnen russische
Lebensmittel kostenlos erhalten.
Der Präsident der Komoren und AU-Vorsitzende Azali Assoumani, der zusammen
mit dem Vorsitzenden der AU-Kommission, Moussa Faki Mahamat, mit Putin
zusammentraf, erklärte bei dieser Gelegenheit: „Lassen Sie mich zunächst
sagen, Herr Präsident, daß Rußland ein sehr wichtiger Partner für Afrika ist.
Es heißt, ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund, und in Zeiten der Not
hat Rußland Afrika ungeachtet der auftauchenden Probleme immer zur Seite
gestanden, unter anderem bei seinem Kampf um die Unabhängigkeit. Rußland war
immer zur Stelle, trotz aller Schwierigkeiten, die Afrika durchgemacht hat...
Rußlands Investitionen in afrikanische Länder haben viele Länder auf den Weg
der Entwicklung gebracht.“
Putin führte auch mehrere bilaterale Gespräche, so am 27. mit dem
Präsidenten von Mosambik, Filipe Jacinto Nyusi, dem Präsidenten von Burundi,
Évariste Ndayishimiye – der erklärte: „Ich möchte bekräftigen, daß Burundi ein
Verbündeter Rußlands ist und immer sein wird, auf den es sich bei der
Verteidigung seiner lebenswichtigen nationalen Interessen verlassen kann“ –
sowie dem Präsidenten von Simbabwe, Emmerson Mnangagwa; weitere Treffen
folgten am 28. Juli.
Am 26. Juli traf Dilma Rousseff, die ehemalige Präsidentin Brasiliens und
heutige Präsidentin der BRICS New Development Bank (NDB), mit den Präsidenten
zweier BRICS-Staaten zusammen: Putin und dem südafrikanischen Präsidenten
Cyril Ramaphosa. Die NDB „muß eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer
multipolaren Welt spielen“, sagte sie. Der Rußland-Afrika-Gipfel sei für alle,
die an die Entwicklung des Globalen Südens glauben, sehr wichtig. „Es ist von
entscheidender Bedeutung“, betonte sie, „das Schuldenvolumen dieser Länder und
ihre hohe Nachfrage nach Investitionen zu berücksichtigen. Es ist unfair und
inakzeptabel, daß die traditionellen Finanzinstitutionen ihnen Bedingungen
auferlegen, ohne die BRICS-Bank einzubeziehen.“ Sie sagte zu Putin: „Der
Rußland-Afrika-Gipfel ist für alle, die an der Entwicklung des Globalen Südens
interessiert sind, von entscheidender Bedeutung.“
Die Intervention von Papst Johannes XXIII.
Welche positive Wirkung ein optimistisches Eingreifen in den Gang der
Ereignisse haben kann, zeigt ein historisches Beispiel, das heute sehr aktuell
ist: die Intervention des Vatikans auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges vor 60
Jahren. In seiner Eröffnungsrede zum Zweiten Vatikanischen Konzil am 11.
Oktober 1962, fünf Tage vor Beginn der Kubakrise, sagte Papst Johannes XXIII.:
„In der täglichen Ausübung Unseres apostolischen Hirtenamtes geschieht es
oft, daß bisweilen Stimmen solcher Personen unser Ohr betrüben, die zwar von
religiösem Eifer brennen, aber nicht genügend Sinn für die rechte Beurteilung
der Dinge noch ein kluges Urteil walten lassen. Sie meinen nämlich, in den
heutigen Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft nur Untergang und Unheil
zu erkennen. Sie reden unablässig davon, daß unsere Zeit im Vergleich zur
Vergangenheit dauernd zum Schlechteren abgeglitten sei. Sie benehmen sich so,
als hätten sie nichts aus der Geschichte gelernt, die eine Lehrmeisterin des
Lebens ist… Wir aber sind völlig anderer Meinung als diese Unglückspropheten,
die immer das Unheil voraussagen, als ob die Welt vor dem Untergange
stünde.“
Dank dieser optimistischen, transzendenten Denkweise konnte Johannes XXIII.
selbst inmitten seiner umstrittenen Neuordnung der katholischen Kirche im
Zweiten Vatikanischen Konzil wie kein anderer einen leidenschaftlichen Dialog
mit dem sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow und US-Präsident John F.
Kennedy führen, als dann tatsächlich buchstäblich das Ende der Welt drohte.
Unmittelbar nach Kennedys Rede vom 22. Oktober, in der er die Blockade
Kubas beschrieb, verfaßte der Papst am 23. Oktober eine Botschaft, die er am
nächsten Tag im Radio verbreitete:
„Wir bitten alle Regierungen, diesem Schrei der Menschheit gegenüber nicht
taub zu bleiben. Daß sie alles tun, was in ihrer Macht steht, um den Frieden
zu retten. So werden sie die Welt vor den Schrecken eines Krieges bewahren,
dessen schreckliche Folgen niemand vorhersagen kann. Daß sie die Gespräche
fortsetzen, denn dieses loyale und offene Verhalten hat großen Wert als
Zeugnis für das Gewissen aller und vor der Geschichte. Gespräche zu fördern,
zu begünstigen und zu akzeptieren, auf allen Ebenen und zu jeder Zeit, ist
eine Regel der Weisheit und Klugheit, die den Segen des Himmels und der Erde
hat.“
Seine Botschaft erschien am folgenden Tag in allen großen Zeitungen der
Welt, sogar in der sowjetischen Prawda – und sie hatte weitreichende
Wirkung. 2017 berichtete Allen Pietrobon in der amerikanischen Zeitung The
Hill: „Kürzlich freigegebene Dokumente der US-Regierung aus dieser Zeit
bestätigen, daß sich der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow die
Botschaft des Papstes tatsächlich zu Herzen genommen hat. [Norman] Cousins
enthüllte dem Weißen Haus, was Chruschtschow ihm während eines späteren
privaten Treffens gesagt hatte: ,Der Appell von Papst Johannes während der
Raketenkrise hatte in seinem Denken erhebliches Gewicht. Es sei sogar der
erste Lichtstrahl in der schnell zunehmenden Dunkelheit.‘“
Die Intervention der Friedenskoalition heute
Aber Optimismus ist nicht das Vorrecht der Päpste. Optimismus im Hinblick
auf die Gemeinschaft der Menschheit und auf die Sicherung ihres Gemeinwohls
durch Entwicklung – der neue Name für Frieden – gibt uns eine Macht, die
stärker ist als die Tyrannei des Pessimismus.
In ihrem Internetforum am 27. Juli berichtete die Präsidentin des
Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, über die auf einen solchen Optimismus
gegründete Intervention der von ihr initiierten Internationalen
Friedenskoalition in die globale Diskussion über die äußerst gefährliche
strategische Lage:
„Es gibt viele hochrangige Analysten und Leute mit viel politischer
Erfahrung, die nicht zum Mainstream gehören oder von ihm nicht beachtet
werden, die sich alle einig sind: Das Beängstigende an der Situation ist, daß
wir uns immer mehr auf einen Atomkrieg zubewegen, während die Politiker völlig
ahnungslos erscheinen. Sie scheinen sich nicht um die Gefahr zu kümmern, in
der wir uns befinden. Und die Mehrheit der Bevölkerung ist wie im
Schlafwandel; sie kümmert sich mehr um ihre Ferien, ihre Urlaubsreisen…
Deshalb mobilisieren die Internationale Friedenskoalition und viele andere
Organisationen rund um den Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima am 6.
August und Nagasaki am 9. August, vor allem aber am 6. August, um in der
ganzen Welt so viele machtvolle Demonstrationen wie möglich zu
veranstalten…
Da sind Leute in Lateinamerika, es wird Schwesterkundgebungen in Mexiko, in
Argentinien und vielleicht anderen lateinamerikanischen Ländern geben. Auch in
Europa haben wir Kundgebungen in verschiedenen Städten, und natürlich gibt es
Schwesterkundgebungen in verschiedenen amerikanischen Städten. Wenn Sie auf
unsere Webseite oder auf humanityforpeace.net gehen, finden Sie alle
Informationen. Dort finden Sie auch ein Flugblatt. Bitte laden Sie das
Flugblatt herunter und verteilen Sie es über die sozialen Medien, in Ihrer
Nachbarschaft, werfen Sie es in die Briefkästen in Ihrer Umgebung. Machen Sie
mit bei dieser wirklich sehr wichtigen Mobilisierung! Die Menschen müssen
aufwachen und erkennen, daß die Gefahr sehr real ist, und sie müssen ein
starkes Zeichen des Widerstands gegen diesen Wahnsinn setzen.“
(Lesen Sie dazu auch den Aufruf zu den Demonstrationen in dieser Ausgabe.)
Anmerkung
1. Ein Verzeichnis der registrierten Schwesterkundgebungen in aller Welt
finden Sie im Internet unter:
https://humanityforpeace.net/index.php/international-sister-rallies/