Das nächste Wirtschaftswunder der Welt:
Afrika läßt sich nicht aufhalten
Von Dean Andromidas
Afrika ist fest entschlossen, durch industrielle und technische Entwicklung
das immense kreative Potential, das seine Bevölkerung der Menschheit zu bieten
hat, zu realisieren, und es wird sich vom Widerstand der grün-malthusianischen
Milliardäre nicht daran hindern lassen. Die maßgeblichen politischen
Strömungen des Kontinents sind sich zunehmend einig darin, daß Afrika mit
einer ehrgeizigen Strategie zum Aufbau der Wirtschaft und besonders der
Infrastruktur das nächste „Wirtschaftswunder“ werden muß.
Im Mittelpunkt einer solchen infrastrukturgetriebenen Strategie steht die
Energieversorgung. Der verstorbene Wirtschaftswissenschaftler und Staatsmann
Lyndon LaRouche klassifizierte die Technologien nach ihrer „Energiedichte“,
d.h. nach der Energie in immer höheren Formen – von menschlicher und
tierischer Muskelkraft über Wind und Wasser am untersten Ende der Skala bis
hin zu Kohle, Kohlenwasserstoffen, Kernspaltung und Kernfusion zur Erzeugung
von Wärme, Strom und agroindustrieller Energie am oberen Ende. Diese höheren
Energieformen sollten zusammen mit Infrastrukturverbindungen wie Straßen,
Eisenbahnen und Elektrizität in Entwicklungskorridoren auf dem gesamten
Kontinent eingesetzt werden, um die 54 souveränen Nationen Afrikas zu einer
vollständig integrierten agro-industriellen Wirtschaft zu vernetzen.
Die afrikanischen Regierungen sind sich darüber im Klaren, daß sie das
enorme Energiedefizit des Kontinents rasch überwinden müssen, wenn sie dieses
Ziel erreichen wollen. Afrikas reiche Vorkommen an Kohle, Erdöl, Gas und Uran
müssen dabei die zentrale Rolle spielen.
Armut überwinden mit fossilen Brennstoffen
In einem Kommentar vom 30. November zur Eröffnung der Weltklimakonferenz
COP28 wandte sich der Geschäftsführende Vorsitzende der Afrikanischen
Energiekammer (African Energy Chamber, AEC), N.J. Ayuk, scharf gegen das
malthusianische Diktat der Klima-Oligarchen. Ayuk zollte der Klimalobby zwar
Respekt, lehnte jedoch deren kohlenwasserstofffeindliche Agenda ab:
„Die kohlenwasserstoff-besitzenden Länder unseres Kontinents verdienen es,
in den Genuß der gleichen Vorteile zu kommen wie die Industrienationen, als
sie die fossilen Brennstoffe unter ihrem Boden und vor ihren Küsten abbauten
und zu Geld machten. Die afrikanischen Staaten brauchen ihre fossilen
Brennstoffe, insbesondere Erdgas, auch, um die lähmende Energiearmut zu
lindern, von der mehr als 600 Millionen Menschen betroffen sind... Die
Menschen in Afrika haben lange genug auf die Vorteile und Chancen der
Modernisierung gewartet.“1
Das war noch ein sehr diplomatischer Protest, verglichen mit der jährlichen
Afrikanischen Energiewoche, die Ayuks AEC vom 16.-20. Oktober in Kapstadt
veranstaltete und die Afrikas Klimaschutz-Lobby gehörig in Aufruhr versetzte.
Bei der Veranstaltung wurde der Ausbau der Öl-, Gas-, Kohle- und Atomenergie
für die Industrialisierung Afrikas gefeiert. Die südafrikanische Zeitung
Daily Maverick ereiferte sich darüber in einer langen Tirade unter dem
Titel „Afrikanische Energiewoche: Wo die Klimawissenschaft den Göttern von
Erdgas und Kohle weicht“.
Das Thema der Konferenz lautete „Afrikas Energie-Renaissance: Prioritäten
für Energiearmut, Menschen, den Planeten, Industrialisierung und freie
Märkte“. Nahezu alle afrikanischen Regierungen, privaten und staatlichen
Energiekonzerne nahmen daran teil. Im Maverick hieß es: „Die Redner
wehrten sich vehement gegen die weltweiten Forderungen nach einer sofortigen
Abkehr von fossilen Brennstoffen...“
Namibias Präsident Hage Geingob sagte auf der Konferenz: „Wenn die
afrikanische Energie-Renaissance sinnvoll sein soll, dann muß es Afrika
erlaubt sein, seine natürlichen Ressourcen zum Wohle des Kontinents zu
erschließen und zu nutzen. Dies sollte nicht für den Export in andere Länder
geschehen, sondern zum Nutzen der afrikanischen Bevölkerung.“
Ein Panel trug den Titel „König Kohle ist zurück: Afrikas zukünftige
saubere Kohleindustrie“. In seiner Grundsatzrede erklärte Dr. Zwanani Titus
Mathe, Chef des südafrikanischen National Energy Development Institute: „Der
Energiemix der Zukunft wird immer Kohle enthalten. Wir müssen daher weiterhin
in Kohle investieren und die Forschung rund um die Kohle fortsetzen…, es ist
ganz klar, daß die Grundlaststromversorgung aus Kohlekraftwerken und
Kernkraftwerken kommen wird.“
Der Exekutivsekretär der Afrikanischen Kommission für Kernenergie, Enobot
Agboraw, sagte auf der Konferenz: „Angesichts der derzeitigen Energiearmut ist
die Kernenergie mit ihrer langen Lebensdauer und Zuverlässigkeit ein wichtiger
Pfeiler für die Energiewende in Afrika.“
Sayed Salah Eldin Motyaser Aly von der ägyptischen Kernkraftbehörde
informierte die Teilnehmer über die Fortschritte des ersten ägyptischen
Kernkraftwerks, das er als „Einstieg in unsere zukünftige Industrialisierung“
bezeichnete:
„Es schafft Möglichkeiten für hochqualifizierte Arbeitsplätze und die
Entwicklung lokaler Industrie, und Ägypten hat in viele Initiativen
investiert, wie z.B. in die Berufsfachschule in El Dabaa sowie ein
Ausbildungsprogramm, das gemeinsam mit unserem strategischen Partner
durchgeführt wurde, um sicherzustellen, daß wir über die erforderlichen
Fähigkeiten verfügen, um dieses Projekt voranzutreiben.“
Elektrifizierung innerhalb eines Jahrzehnts
Alle nordafrikanischen Länder, Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien und
Marokko, sind bedeutende Öl- und Gasproduzenten und -exporteure und sind
flächendeckend elektrifiziert, gleichzeitig betreiben sie eine ehrgeizige
Wirtschaftsentwicklung. Schwarzafrika hingegen ist der einzige Kontinent, auf
dem ein Großteil der Bevölkerung keinen Zugang zu Elektrizität hat. In Niger
haben nur 3% der Bevölkerung einen Stromanschluß, im Tschad 9%, in Liberia
11%, in Burkina Faso 20%, in Mauretanien 30%, in Mali 40% und in den meisten
anderen Ländern südlich der Sahara zwischen 30 und 60%. Nur in Südafrika haben
95% der Bevölkerung Zugang zu Elektrizität, aber es gibt immer wieder
Engpässe.
Nach Angaben der Internationalen Energieorganisation sind insgesamt 580
Millionen Afrikaner ohne Strom. Die besonders betroffenen Länder liegen in
Zentralafrika. Afrika ist jedoch reich an Kohle-, Öl-, Gas- und Uranvorkommen,
von denen der Großteil exportiert wird. Nigeria, der größte Erdölproduzent
Afrikas, importiert trotz eigener Raffinerien nachgelagerte Erdölprodukte im
Wert von 2 Mrd. Dollar. Viele der großen afrikanischen Öl- und Gasexportländer
sind noch nicht vollständig elektrifiziert. Der Hauptgrund dafür ist, daß die
Öl- und Gaseinnahmen der Finanzierung der Staatshaushalte und Tilgung von
Schulden im Ausland dienen, anstatt Afrika wirtschaftlich zu entwickeln und
eine moderne Landwirtschaft und Industrie für wachsenden Wohlstand
aufzubauen.
© NASA
Abb. 1: Afrika südlich der Sahara ist die größte Region der Erde, in der
nicht alle Menschen Zugang zu elektrischem Strom haben. Dieses Satellitenbild
zeigt, daß ein Großteil Afrikas nachts völlig dunkel ist.
Vergleichen Sie Johannesburg, Kapstadt und den unteren Nil mit dem
Rest des Kontinents. Vergleichen Sie den Kontinent mit Spanien und
Italien.
© efisha.com
Abb. 2: Anteil der Bevölkerung der jeweiligen Staaten, der Zugang zu
elektrischem Strom hat.
Abb. 3: Wichtige Infrastrukturelemente zur
Beseitigung der Energiearmut in Afrika: LNG-Pipelines,
Ölpipelines, Pumpstationen, LNG-Terminals, Kraftwerke, Erdölraffinerien und
Treibstoffdepots.
Dies ändert sich nun rasch, weil die afrikanischen Regierungen beginnen,
ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sich neuen Wirtschaftspartnern
zuzuwenden, darunter Chinas Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI), Rußland und
die BRICS, der rasch wachsende Zusammenschluß der Regierungen um
Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika. Der jüngste BRICS-Gipfel in
Südafrika und zuvor der Rußland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg waren von
afrikanischen Staats- und Regierungschefs sehr gut besucht. Seit dem 1. Januar
2024 sind Ägypten und Äthiopien neue BRICS-Mitglieder, zwei der
bevölkerungsreichsten Länder Afrikas, die eine sehr ehrgeizige
Entwicklungspolitik verfolgen.
Es besteht ein zunehmender Konsens darüber, daß die grüne sogenannte
„Energiewende“ die Armut in Afrika festzuschreiben droht, weil sie Afrika die
Nutzung seiner reichhaltigen Kohlenwasserstoffressourcen für die
Industrialisierung des Kontinents untersagen soll.
Die nebenstehende Karte (Abbildung 2) zeigt den Grad der
Elektrifizierung auf dem afrikanischen Kontinent, wobei zu erkennen ist, daß
die Küstenländer einen relativ hohen Elektrifizierungsgrad aufweisen, während
die Binnenländer unter einem lähmenden Stromdefizit leiden. Dies entspricht
der geographischen Verteilung der Öl- und Gasvorkommen, die
hauptsächlich an der nordafrikanischen Mittelmeerküste und entlang der Küste
Westafrikas zu finden sind.
In Ostafrika kommen zu den langjährigen Öl- und
Gasproduzenten Mosambik und Tansania weitere hinzu, und an der Ostküste sowie
im Landesinneren, etwa in Uganda und der Sahelzone, werden immer
mehr neue Vorkommen entdeckt. Kohle ist im südlichen Afrika im Überfluß
vorhanden und trägt dazu bei, daß Südafrika zu 95% elektrifiziert
ist. Führende afrikanische Organisationen bemühen sich, Abhilfe
zu schaffen, indem man Gaspipelines von den Förderländern an der Westküste in
die Binnenländer verlegt, um den Strom- und sonstigen Energiebedarf zu decken.
Wichtige panafrikanische Organisationen, darunter die African Petroleum
Producers Organization (APPO), die die 18 erdölproduzierenden Länder Afrikas
vertritt, die AEC sowie verschiedene Staaten, die gemeinsam handeln, haben
bereits begonnen, dies zu verwirklichen.
Kohlenwasserstoffe und Kernkraft
Die Elektrifizierung Afrikas wird in zwei sich überschneidenden Phasen
erfolgen: in der ersten durch Kohle, Gas und Öl sowie Wasserkraft, in der
zweiten durch Kernkraft. Kohle und Gas bieten die schnellsten Möglichkeiten
zur Elektrifizierung (Abbildung 3). Gas- und Dampfturbinenkraftwerke
können in wenigen Monaten gebaut werden. Alle wichtigen Komponenten werden im
Werk hergestellt und vor Ort zusammengebaut. 2016 beauftragte Ägypten das
deutsche Unternehmen Siemens mit dem Bau des weltweit größten Gas- und
Dampfturbinenkraftwerks mit einer Leistung von 14,4 Gigawatt (GW). Es wurde in
nur 36 Monaten gebaut und 2018 in Betrieb genommen, wodurch sich die
ägyptische Stromkapazität auf mehr als 34 GW erhöhte.
In den Regionen mit Strommangel werden wesentlich kleinere Anlagen
benötigt. Während die Pipelines gebaut werden, können die Kraftwerke und Netze
errichtet werden. Das Verlegen von Pipelines ist nicht schwierig, afrikanische
Unternehmen mit afrikanischen Mitarbeitern können diese Technik leicht
beherrschen.
Die Phase der Kernenergie wird gleichzeitig beginnen, da der Bau eines
Reaktors in Ländern, die noch keine Erfahrung in der Kerntechnik haben, 15-20
Jahre in Anspruch nimmt. (Mehr dazu unten.) Auch große Wasserkraftwerke
erfordern lange Bauzeiten bis zu einem Jahrzehnt.
Es gibt zahlreiche Pipelines und Gasanlagen in Afrika, aber die meisten
dienen dem Export; keine transportiert in Afrika produziertes Flüssigerdgas in
andere afrikanische Länder. Im folgenden beschreiben wir einige Projekte, die
auf die Verteilung von Gas innerhalb Afrikas abzielen.
Auf der Tagung des Zentralafrikanischen Wirtschaftsforums (CABEF) im Januar
2023 wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die Region Zentralafrika
bis 2030 zu einer „energiearmutsfreien Zone“ zu machen. Zu den Unterzeichnern
gehören die African Petroleum Producers Organization (APPO), Äquatorialguinea,
Kamerun, Gabun, Tschad, die Demokratische Republik Kongo, die Republik Kongo
sowie Angola, Afrikas zweitgrößter Ölproduzent.
Der Plan ist, ein zentralafrikanisches Pipelinenetz zu schaffen, um Energie
nicht nur nach Europa bzw. den Westen zu exportieren und mit den Einnahmen
Auslandsschulden zu tilgen, sondern Erdgas in ganz Zentralafrika zu verteilen.
Das Vorhaben umfaßt den Bau von gasbefeuerten Kraftwerken, Raffinerien und
Gasverflüssigungsanlagen. Die erzeugte Energie soll Haushalte und Unternehmen
versorgen, darunter neue Industrie, die Ressourcen wie Eisenerz, Bauxit,
Kupfer usw., die derzeit unverarbeitet exportiert werden, weiterverarbeitet.
Der Plan erfordert die Verlegung von 6500 Kilometern neuer Pipelines durch elf
afrikanische Länder.
Allein in Zentralafrika lagern Ölreserven von schätzungsweise mehr als 31
Mrd. Barrel, und fünf der zehn afrikanischen Ölproduzenten befinden sich in
dieser Region: Gabun, die Republik Kongo, Äquatorialguinea, der Tschad und
Angola. Die China National Petroleum Corporation (CNPC) ist in den Ländern der
Region stark engagiert.
Ende 2022 stellte der damalige Minister für Bergbau und Kohlenwasserstoffe
Äquatorialguineas, Gabriel Mbaga Obiang Lima, bei einem Treffen der AEC einen
Zeitplan für das Projekt vor.2 Sein Land und Kamerun arbeiten an
der ersten Phase, die eine Verbindung in den Tschad vorsieht. Dabei sollen
Energieumschlagszentren für den Empfang und den Export von
Kohlenwasserstoffen, einschließlich Flüssigerdgas, sowie von Chemikalien
geschaffen werden. Diese Umschlagszentren werden über Kraftwerke verfügen, die
billigen Strom erzeugen, der in die energiearmen Länder Zentralafrikas
weitergeleitet werden kann.
© NNPC/X Page
Abb. 4: Unterzeichner einer Absichtserklärung für den Bau der Gaspipeline zwischen Marokko und Nigeria (v.l.): Sédido Douka, ECOWAS-Kommissar für Infrastruktur, Energie und Digitalisierung, Amina Benkhadra, Generaldirektorin von ONHYM (Marokko), und Mele Kyari, Konzernchef von NNPC, Ltd. (Nigeria).
© MapPorn
Abb. 5: Die geplante 5 600 km lange Gaspipeline zwischen Marokko und
Nigeria wird 400 Millionen Menschen in Afrika mit Energie versorgen. Sie wird
auch eine Verbindung nach Cádiz, Spanien, herstellen.
CS = Verdichterstation;
RS = Empfangsstation.
Obiang Lima hat mit den Regierungschefs aller elf Länder gesprochen und
sich die Finanzierung einer Projektstudie der Africa EXIM Bank in Kairo
gesichert. Der Minister hat das Projekt auf der Konferenz MSGBC Oil, Gas &
Power 2022 ausführlich vorgestellt.3
Transformatives Projekt für Elektrizität
Weiter nördlich an der Westküste befindet sich das geplante
Gaspipeline-Projekt zwischen Marokko und Nigeria (Abbildung 4,5), das
400 Millionen Menschen in Afrika mit Strom versorgen könnte. König Mohammed
VI. von Marokko stellte das „transformative“ Projekt auf dem Afrikanischen
Investitionsforum (AIF) vom 8.-10. November in Marrakesch vor. Es werde „die
regionale wirtschaftliche Integration fördern und allen Ländern entlang der
Pipelineroute Zugang zu einer zuverlässigen Energieversorgung
ermöglichen“.
Das Projekt war von König Mohammed und dem früheren nigerianischen
Präsidenten Muhammadu Buhari 2016 mit einer Vereinbarung zwischen der Nigerian
National Petroleum Corporation (NNPC) und dem marokkanischen Office National
des Hydrocarbures et des Mines (ONHYM) initiiert worden. Die 5660 Kilometer
lange Pipeline würde zahlreiche Staaten anbinden: Nigeria, Benin, Togo, Ghana,
Elfenbeinküste, Liberia, Sierra Leone, Guinea, Guinea-Bissau, Gambia, Senegal
und Mauretanien. Einen Endpunkt bilden Tanger (Marokko) und Cádiz (Spanien),
den anderen faktisch Ghana, wo die bestehende Westafrika-Pipeline zwischen
Nigeria, Benin, Togo und Ghana endet.
Alle beteiligten afrikanischen Länder haben bereits Vereinbarungen zur
Teilnahme unterzeichnet. Die von der Islamischen Entwicklungsbank und dem
OPEC-Fonds für internationale Entwicklung (OFID) finanzierten
Durchführbarkeits- und technischen Studien sind abgeschlossen oder in Arbeit.
Noch gibt es keinen Termin für den Baubeginn, aber das Projekt steht ganz oben
auf der Tagesordnung Marokkos. Die Pipeline würde es ermöglichen, Gas von
dieser Küstenleitung in die Binnenländer der Sahelzone zu transportieren, die
die niedrigste Elektrifizierungsrate in Afrika aufweisen.
Das Projekt ist auch Teil der kürzlich vom marokkanischen König
angekündigten Initiative, alle afrikanischen Länder an der Atlantikküste durch
Hafen- und Transportinfrastruktur mit den Binnenländern der Sahelzone und
Zentralafrikas zu verbinden.4
In Ostafrika exportiert Mosambik, ein wichtiger Produzent, sein Gas bereits
über bestehende Pipelines in die Nachbarländer Simbabwe und Südafrika; neue
Pipelines sind in Planung. Tansania, ein weiterer bedeutender Gasproduzent,
plant die vollständige Elektrifizierung des Landes bis 2030. Das Land hat auch
Vereinbarungen für Pipelineprojekte mit den Nachbarländern Kenia und Uganda
geschlossen.
Am 10. November 2023 einigten sich Tansania und Uganda auf eine
Machbarkeitsstudie für eine Gaspipeline, in der die Projektstruktur, der
Gasbedarf und die Dimensionen der Pipeline bestimmt werden sollen.5
Beide Länder sehen das Projekt als Teil der umfassenderen Bemühungen zur
Energie-Integration Ostafrikas, die darauf abzielen, die regionale
Energiesicherheit und wirtschaftliche Entwicklung zu verbessern. Darüber
hinaus haben sie vereinbart, bei dem Ölprojekt EACOP (East African Crude Oil
Pipeline) zusammenzuarbeiten, mit dem kürzlich in Uganda entdecktes Erdöl für
den Export auf die Weltmärkte nach Tansania gebracht werden soll.
Tansania und Kenia beginnen demnächst mit dem Bau einer 600 km langen
Pipeline Mombasa-Daressalam, die tansanisches Gas nach Kenia transportieren
soll.6
Finanzierungsbank in Gründung
Diese Pipelineprojekte bedrohen die Pläne der Europäischen Union für
Energieunabhängigkeit von Rußland mit der Fantasievorstellung, Afrika in ein
Paradies grüner Energie zu verwandeln – nicht für die Afrikaner, sondern für
Europa mit seiner verrückten, mörderischen Klimaschutzpolitik.
Umweltschützer haben die afrikanischen Vorhaben bereits verurteilt, allen
voran die Africa Climate Foundation in Südafrika, die in einem Jahr 6,5
Millionen Dollar von der Rockefeller Foundation, Hewlett Foundation und Bill
and Melinda Gates Foundation erhalten hat.
Die unmittelbare Bedrohung des afrikanischen Kohlenwasserstoffsektors geht
von der Londoner City als der wichtigsten Kapitalquelle der Öl- und
Gasindustrie in Afrika aus. Die Afrikaner wehren sich mit der Gründung einer
eigenen Bank, der Afrikanischen Energiebank, die im Juni 2024 eröffnet werden
soll.7 Sie wurde 2022 konzipiert und ist ein gemeinsames Projekt
der Afrikanischen Export-Import-Bank (Afreximbank) und der African Petroleum
Producers Organization (APPO). Letztere hat das oben genannte
CAPS-Pipelinesystem initiiert, erstere finanziert die Machbarkeitsstudie.
In einer Rede auf der Interafrikanischen Handelsmesse in Kairo am 16.
November sagte der Direktor für Kundenbeziehungen der Afreximbank, Rene
Awambeng: „Die Leitung der Afreximbank hat in Zusammenarbeit mit der African
Petroleum Producers Organization beschlossen, eine weitere Agentur zu gründen,
die sich mit der Finanzierung des afrikanischen Energiebedarfs befassen wird.
Wir befinden uns in der Endphase, um alle Genehmigungen zu erhalten, und es
wird eine Organisation auf der Grundlage von Verträgen sein... Wir werden drei
Arten von Anteilseignern haben: die afrikanischen erdölproduzierenden Länder,
nationale Erdölgesellschaften und afrikanische Investoren sowie internationale
Investoren aus allen Lebensbereichen.“
Business Insider Africa zitierte im Mai 2023 den
APPO-Generalsekretär, Dr. Omar Farouk Ibrahim, die Bank werde sich im
wesentlichen auf die Finanzierung von Öl- und Gasprojekten auf dem
afrikanischen Kontinent konzentrieren, da die anderen Geldquellen versiegt
seien. Er nannte insbesondere die Weltbank und andere internationale
Finanzinstitutionen (IFI), die früher Öl- und Gasprojekte in Afrika finanziert
haben, schloß aber implizit auch private Mittel ein, die den Vorgaben des
COP26-Finanzgurus Mark Carney für „grüne Finanzen“ folgen. Ibrahim beschrieb,
daß die IFI die Finanzierungskanäle geschlossen und „im Vergleich zu vor 20
oder 30 Jahren strenge Bedingungen“ haben.
Kernenergie
Auch die nukleare Phase von Afrikas Energieversorgung hat bereits begonnen.
Südafrika ist bisher das einzige Land mit einem in Betrieb befindlichen
Kernkraftwerk (KKW), einem 970-Megawatt-KKW, das vom französischen Unternehmen
Framatome (jetzt Areva) in Koeberg bei Kapstadt gebaut wurde. Ein zweites ist
in Planung. Seit dem Bau von Atomwaffen während der Apartheid-Regierung
verfügt Südafrika über eine sehr ausgereifte nukleare Forschungs- und
Entwicklungskapazität. Bereits in den 90er Jahren entwickelte das Land den
bahnbrechenden Modularen Kugelhaufen-Reaktor (PBMR). Dieses vielversprechende
Projekt wurde jedoch wegen mangelnder Finanzierung eingestellt.
Nichtsdestotrotz wird die Technologie sowohl von der Regierung als auch von
privater Seite weiter entwickelt. Das vielversprechendste Projekt wird von der
Firma STL Nuclear durchgeführt, sie entwickelt einen gasgekühlten modularen
Hochtemperaturreaktor, den HTMR-100 (100 MW thermisch, 35 MW elektrisch) mit
Kugelhaufenbett und einem Brennstoffkreislauf auf Thoriumbasis.8
Das Kraftwerk wird mit Blick auf die Bedürfnisse Afrikas entwickelt, wo eine
häufig weit verstreute Bevölkerung besser mit kleinen, netzunabhängigen
Kraftwerken bedient werden kann.
Ägypten wird das zweite afrikanische Land sein, das ein Kernkraftwerk
betreibt, wenn das 4,8-Gigawatt-Kraftwerk El Dabaa, das von der russischen
Rosatom gebaut wird, 2026 oder 2027 in Betrieb genommen wird.
Wie alle afrikanischen Länder außer Südafrika verfügte auch Ägypten über
keine nukleartechnischen Kapazitäten, als es beschloß, einen Reaktor zu bauen.
Der Weg dorthin wird fast 20 Jahre dauern und ist ein Beispiel für andere
Länder. Zu den notwendigen Schritten gehören die Schaffung einer
Regulierungsbehörde und eines Rechtsrahmens, die Standortsuche,
Machbarkeitsstudien usw. Am wichtigsten ist die Ausbildung der
wissenschaftlichen und technischen Kader für den Reaktorbetrieb und die
institutionelle und physische Infrastruktur. Ägypten hat nicht nur mehrere
hundert Studenten zur Aus- und Weiterbildung nach Rußland geschickt, sondern
auch eine Hochschule eingerichtet, in der junge Ägypter in Kerntechnik und
-wissenschaft unterrichtet werden. Erst nach diesem mehr als ein Jahrzehnt
langen, unvermeidlichen Prozeß folgte im Juli 2022 der erste Spatenstich, um
das Fundament für das KKW zu legen. Ägypten erwägt den Bau weiterer
Anlagen.
Der langwierige Prozeß hält andere afrikanische Länder nicht davon ab, sich
ebenfalls auf den Weg zu machen. Rußland und Rosatom haben bei diesen
Bemühungen eine Vorreiterrolle übernommen; auf dem zweiten
Rußland-Afrika-Gipfel in St. Petersburg im Juli 2023 standen
Nukleartechnologien im Mittelpunkt des Programms. Rosatom hat neben Ägypten
nukleare Kooperationsabkommen mit: Äthiopien, Burkina Faso, Burundi, Ghana,
Kongo, Mali, Nigeria, Ruanda, Sambia, Simbabwe, Sudan, Südafrika, Tansania,
Uganda. Viele dieser Projekte werden zweifellos in den Bau von Kernkraftwerken
münden.
Rußland ist aber nicht der einzige Akteur. Auch die USA versuchen mit
Unternehmen wie Westinghouse und GE Hitachi auf dem afrikanischen Markt Fuß zu
fassen. Im vergangenen November veranstaltete die Kernenergie-Abteilung des
US-Energieministeriums in Zusammenarbeit mit dem ghanaischen
Energieministerium und dem Nuclear Power Institute der Ghana Atomic Energy
Commission den US-Afrika-Energiegipfel in Ghana.9 Die Teilnehmer
kamen aus ganz Afrika, dazu internationale Institutionen, Industrie,
Hochschulen, zivilgesellschaftliche Organisationen aus Amerika, dem
Vereinigten Königreich, Südkorea und Japan. Nach Angaben des
US-Energieministeriums waren unter den Teilnehmern hochrangige Beamte aus
Labors in den Vereinigten Staaten und in ganz Afrika, was das breite Interesse
an der Kernenergie beweist.
Anmerkungen
1. https://www.africa.com/troubling-pledges-past-present-and-possibly-future-by-nj-ayuk/
2. http://www.pipeline-journal.net/news/planned-central-african-pipeline-system-project-progress
3. https://www.youtube.com/watch?v=SlIzKwiJATs
4. https://northafricapost.com/72783-africa-investment-forum-moroccos-king-calls-for-boosting-entrepreneurship-
to-unleash-africas-full-potential.html
5. https://www.tan.com/energy/tanzania-uganda-sign-mou-on-crude-oil-export-pipeline
6. https://www.theeastafrican.co.ke/tea/business/kenyan-facility-ready-for-tanzania-gas-delivery-4355596
7. https://newsdiaryonline.com/afreximbank-appo-to-set-up-african-energy-bank/
8. https://www.thorium100.com/
9. https://www.neimagazine.com/news/newsfirst-us-african-nuclear-summit-concludes-in-ghana-11287149