Afrika
braucht 25 Millionen Tonnen Nahrungsmittelhilfe!
Von
Mary Jane Freeman und David Cherry (August 2008) Nahrungsmittelkrise.
Angesichts der Fakten, die auf dem
Tisch liegen, gibt es überhaupt keinen Grund mehr, nach neuen Studien
zur Nahrungsmittelkrise zu rufen. Wenn das dennoch von Seiten
internationaler Hilfsorganisationen und offizieller Institutionen
passiert, kann das nur als Sabotage der notwendigen Sofortmaßnahmen
gewertet werden.
EIR
Abb. 1:
Das
Nahrungsmittel-Defizit liegt in 28 afrikanischen Staaten zwischen 5 und
45%, gemessen an einer Mindestmenge von 2100 Kalorien pro Kopf und Tag.
Quellen: USDA Economic Research Service, Bevölkerungsdaten: UNEP, EIR.
Unmittelbar werden
fast 25
Mio. t Getreide oder Getreide-Äquivalent benötigt, um die mehr als 850
Millionen Menschen in 41 der 53 Nationen Afrikas ernähren zu können.
Dieser
Bedarf kommt zu den 40 Mio. t an Getreide hinzu, die diese Nationen in
den
letzten Jahren normalerweise importiert haben, aber sich jetzt
nicht
leisten
können, und zu der geringen Menge an Nahrungsmittel-Hilfslieferungen,
die das
Welternährungsprogramm (WFP) und ähnliche Organisationen verteilen, die
die
Rationen drastisch reduzieren mußten.
Eine Fortsetzung der
derzeitigen Nahrungsmittel-Verweigerung wäre Völkermord. Diese Krise
wird noch
durch die Tatsache verschlimmert, daß die globalen
Nahrungsmittel-Vorräte, die
man bräuchte, um sie zu beheben, gar nicht existieren. Wir brauchen
eine
Mobilisierung sowohl der Produktion von Nahrungsmitteln als auch der
Nothilfe,
und gleichzeitig eine sofortige Einstellung der Verwendung von
Nahrungsmitteln
zur Produktion von Biotreibstoffen.
Die Zahl von 25 Mio. t ergibt
sich, wenn man die „Nahrungsmittel-Lücke“, die in jedem der 41 armen
Staaten
existiert, d.h. das, was notwendig wäre, um eine Mindestration von 2100
Kalorien pro Tag und Kopf zu erreichen, mit dem vergleicht, was in den
jeweiligen Ländern produziert oder als Nahrungsmittelhilfe eingeführt
wird.
Tab. 1
enthält diese Zahlen für jedes
dieser Länder, auf der
Grundlage einer Datenreihe für weltweit 70 arme Nationen, die der
Forschungsdienst
des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) zusammengetragen und in
seinem
jüngsten Jahresbericht, Ernährungssicherheit 2007, der im Juli 2008
erschienen
ist, veröffentlicht hat. Vom USDA stammt auch das Kriterium der 2100
Kalorien/Tag, und EIR errechnete hieraus den Bedarf
Afrikas Anfang 2008.
Abb. 1 zeigt 28 der bedürftigen Nationen Afrikas,
aufgereiht nach dem
ungedeckten Bedarf, der von 5-10% (im Falle der 79 Millionen Äthiopier)
bis zu
20-55% (im Falle der 59 Millionen Menschen in der Demokratischen
Republik
Kongo) reicht.
Tab. 1: Ungedeckter
Nahrungsmittelbedarf in 41
afrikanischen Staaten
Region/Land
| Bevölkerung (Mio.)
| Ungedeckter Bedarf (absolut,
in 1000 t) | Ungedeckter Bedarf (% des
Gesamtbedarfs) |
Zentralafrika |
| 8.200,0 | |
Dem. Rep. Kongo |
58,7 | 7.195,1 | 45,0% |
Zentr. Afrik. Rep.
| 4,2 | 284,6 | 23,8% |
Kamerun | 17,8 | 719,8 | 12,5% |
Ostafrika |
| 7.495,0 | |
Eritrea | 4,5 | 657,9 | 53,9% |
Somalia | 8,2 | 925,6 | 42,5% |
Burundi | 7,9 | 718,9 | 33,1% |
Rwanda | 9,2 | 357,4 | 14,5% |
Kenia | 35,6 | 1.321,9 | 13,5% |
Äthiopien | 79,0 | 1.872,7 | 8,9% |
Tansania | 38,5 | 875,5 | 8,5% |
Sudan
| 36,9 | 453,1 | 3,9% |
Uganda | 29,0 | 312,1 | 3,6% |
Südafrika | | 2261 | |
Lesotho | 2,0 | 97,5 | 17,7% |
Simbabwe | 13,1 | 600,1 | 17,4% |
Madagaskar | 18,6 | 883,1 | 16,2% |
Sambia | 11,5 | 402,4 | 14,1% |
Swasiland | 1,1 | 21,3 | 6,6% |
Mosambik | 20,5 | 158,9 | 2,7% |
Malawi | 13,2 | 50,3 | 1,2% |
Angola | 16,1 | 47,3 | 0,9% |
Westafrika |
| 5.892,0 | |
Sierra Leone | 5,6 | 582,8 | 30,7% |
Guinea-Bissau | 1,6 | 127,2 | 27,3% |
Liberia | 3,4 | 248,4 | 24,5% |
Senegal | 11,8 | 510,0 | 15,0% |
Niger | 13,3 | 670,5 | 15,0% |
Gambia | 1,6 | 68,0 | 14,6% |
Tschad | 10,1 | 460,6 | 14,3% |
Togo | 6,2 | 240,7 | 13,9% |
Burkina
Faso
|
14,0 | 588,6 | 12,0% |
Mauretanien | 3,0 | 107,0 | 11,9% |
Benin | 8,5 | 250,6 | 10,0% |
Elfenbeinküste |
18,6 | 570,3 | 9,9% |
Kap Verde | 0,5 | 8,4 | 5,3% |
Guinea | 9,0 | 130,1 | 4,5% |
Mali | 11,6 | 143,9 | 3,4% |
Ghana
|
22,5 | 175,4 | 2,4% |
Nigeria | 141,4 | 1.012,3 | 2,0% |
Nordafrika |
| 12,5 | |
Marokko | 30,5 | 12,5 | 0,1% |
Tunesien | 10,1 | 0,0 | 0,0% |
Ägypten | 72,8 | 0,0 | 0,0% |
Algerien | 32,9 | 0,0 | 0,0% |
Summe |
854,8 | 23.860,5 | |
Diese
Quantifizierung des
ungedeckten Bedarfs wirft ein Schlaglicht auf die Tatsache, daß die
Nahrungsmittelproduktion schon allein, um ein bloßes Minimum an
Nahrungsmitteln
sicherzustellen, weltweit so schnell wie möglich ausgeweitet werden
muß, um die
für die Hilfslieferungen benötigten Mengen zu erzeugen. Gleichzeitig
muß eine
Mobilisierung zur drastischen Ausweitung der Produktion in Afrika
selbst
höchste Priorität erhalten.
Einige
Vergleiche
unterstreichen diesen Punkt: Die 25 Mio. t für Afrika sind weit
mehr als die
18 Mio. t, die das Welternährungsprogramm 1993 (dem
bisherigen Rekord seiner
Lieferungen) weltweit an Getreidelieferungen organisierte.
Zweitens sind
diese 25 Mio. t ein volles Achtel des Gesamtvolumens an Getreide, das
in den
letzten Jahren jährlich gehandelt wurde (200 Mio. t der weltweit
geernteten
rund 2 Mrd. t). Der größte Teil des Getreides und der Ölsaaten, die
weltweit
angebaut werden, wird in den Ländern verbraucht, die sie erzeugen, und
es gibt
jeweils nur wenige Ausnahmen, die den Exportmarkt dominieren, wie die
Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Argentinien, die 27 EU-Staaten
und
inzwischen auch Rußland. In fünf der letzten zehn Jahre übertraf der
Verbrauch
die weltweite Getreideproduktion! Die Vorräte an Weizen, Reis und Mais
sind auf
historischen Tiefstständen, so daß nur noch geringe Reserven
existieren.
Inzwischen ergreifen immer mehr Nationen Maßnahmen, um ihren eigenen
Verbrauch
abzusichern, indem sie den Verkauf auf dem Weltmarkt einschränken oder
unterbinden.
Wo
soll also die Nothilfe für
Afrika herkommen? Zunächst müssen die Nationen mit der bisherigen
Praxis und
mit dem Denken brechen, das uns in diese Krise überhaupt erst
hineingeführt
hat und eine Mobilisierung zur Ausweitung der Produktion und
der
Hilfslieferungen beginnen. Derzeit zirkuliert eine internationale
Resolution,
in der die UNO-Vollversammlung aufgefordert wird, sich der
Nahrungsmittelkrise
anzunehmen und zu handeln, wenn sie am 26. September in
New York City zusammentritt. Diese
Resolution wurde am 29. Juli
von Helga
Zepp-LaRouche, der Vorsitzenden des Schiller-Instituts, veröffentlicht
(siehe Neue
Solidarität 32/2008,
„Resolution zur
weltweiten Krise“). Sie fordert darin eine Verdoppelung der weltweiten
Nahrungsmittelproduktion und einen Bruch mit der
Welthandelsorganisation WTO,
deren Philosophie und Praxis, ein Verbot der Produktion von
Biotreibstoffen und
die Schaffung eines neuen weltweiten Kreditsystems für Infrastruktur
und
Entwicklung.
Institutionelle Sabotage
Dieser
Forderung nach
Maßnahmen der UNO ging eine Initiative von Frau Zepp-LaRouche im Mai
voraus, um
solche Notmaßnahmen auf die Tagesordnung der Konferenz der FAO über
Ernährungssicherheit Anfang Juni in Rom zu setzen. Trotz
Unterstützungserklärungen aus aller Welt für diese Initiative sperrten
sich die
offiziellen Institutionen - FAO, Weltbank, IWF, UNCTAD etc. Seitdem gab
es
wiederholt ähnliche Fälle verdächtiger Tatenlosigkeit.
Am
30. Juli wurde in
Washington D.C. ein Aktionsplan veröffentlicht, den ein Team des Center
for
Strategic and international Studies (CSIS) unter der nominellen Leitung
der
Senatoren Robert E. Casey (Demokrat aus Pennsylvania) und Richard Lugar
(Republikaner aus Indiana) für das Establishment ausgearbeitet hatte.
Der
14seitige Bericht „Aufruf zu einem strategischen Ansatz der USA
gegenüber der
weltweiten Nahrungsmittelkrise“ wurde unter Beteiligung der
Projektleiter von
Oxfam America, CARE USA, Brot für die Welt und des German Marshall Fund
erstellt. Josette Sheeran, die Direktorin des WFP, war bei der
Vorstellung des
Berichtes anwesend. Trotz der sich offensichtlich zuspitzenden Krise
forderte
diese Gruppe sogar eine noch größere Dosis der falschen Medizin wie der
„weisen
Verwendung“ von Biotreibstoffen, noch mehr Freihandel durch die
Doha-Runde der
WTO (die am gleichen Tag abgebrochen wurde), sowie „Studien“, wie man
die
Nahrungsmittelhilfe „modernisieren“ könne.
Aber
weitere Studien sind gar
nicht nötig. Das Ausmaß der Krise ist längst lang und breit dargestellt
worden,
auch wenn es aus den Schlagzeilen herausgehalten wird - beispielsweise
vom WFP,
dem von der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID)
finanzierten
Frühwarnsystem, dem globalen Informations- und Frühwarnsystem der FAO
und den
Regierungen und Botschaften der betroffenen Nationen. Als
„Informationen für
Entscheidungsträger“ bezeichnet das USAID-Büro im US-Außenministerium
den Zweck
der Internetseite seines Hunger-Frühwarnsystems, auf der sogar eine
detaillierte Karte der weltweiten Hungeraufstände in diesem Jahr zu
finden ist.
Dir Frage ist nur – wann wird endlich gehandelt?
Hunger in Afrika
Der
Bericht des USDA besagt,
daß in den untersuchten 70 armen Nationen fast eine Milliarde Menschen
nicht
genug zu essen hat. Um auf eine Tagesration von 2100 Kalorien zu
kommen, wären
44 Mio. t Nahrungsmittelhilfe notwendig, die bei weitem nicht erreicht
werden.
85% dieser Milliarde Menschen leben in Afrika. Für 2007 stellte der
USDA-Bericht fest, daß mehr als 22 Mio. t benötigt würden, wobei er
davon
ausgeht, daß die 41 ärmsten Nationen Afrikas 42 Mio. t Nahrungsmittel
durch
kommerzielle Importe erhalten könnten. Das ist jedoch wegen des
sinkenden
Angebots auf dem Weltmarkt und der Hyperinflation nicht mehr der Fall.
Im Mai
beispielsweise hatte die FAO von den voraussichtlich benötigten 38,5
Mio. t
Nahrungsmittellieferungen (Importe und Hilfslieferungen) an die 44 von
der FAO
(in der Datenreihe „Ernteaussichten und Nahrungsmittellage“)
beobachteten
afrikanischen Staaten (den Staaten mit geringen Einkommen und
Nahrungsmitteldefiziten,
LIFDC) erst 20 Mio. t auftreiben können.
Gleichzeitig
explodieren die
Nahrungsmittelpreise. Der Preis von weißem Mais stieg zwischen Juni
2007 und
Juni 2008 in Äthiopien um fast 200%. In Somalia sind die
Treibstoffpreise
allein seit Januar z. T. um 77% angestiegen.
Der
USDA-Bericht enthält für
jeden dieser afrikanischen Staaten die folgenden Daten: Für die
verschiedenen
Getreide- und Gemüsearten, wie z.B. Cassava, wird die jeweils
verfügbare Menge
angegeben, einschließlich der im Land selbst erzeugten Menge, der
Importe und
der erhaltenen Nahrungsmittelhilfe. Diese Mengen werden in
„Getreide-Äquivalente“ umgerechnet. Dann wird, ausgehend von einem
angestrebten
Verbrauch von 2100 Kalorien, die benötigte Nahrungsmittelmenge für
diese Nation
und die sich ergebende Differenz errechnet. Dies wird als
„Verteilungslücke“
bezeichnet, womit gemeint ist, daß ausreichend Nahrungsmittel
bereitgestellt
werden müssen, damit sie an alle Teile der Gesellschaft verteilt werden
können.
EIR nahm diese Zahlen und nahm dann
eine lineare
Projektion vor, um festzustellen, was 2008 benötigt würde. Diese ergibt
ein
Defizit von 23,861 Mio. t für 2008.
In
diesen Zahlen sind jedoch
zahlreiche Untertreibungen eingebaut. Erstens arbeitete der
Wirtschaftsforschungsdienst nur mit „vorläufigen“ Zahlen und nicht mit
den
Produktionszahlen, die in den jeweiligen Staaten 2007 tatsächlich
erreicht
wurden. Zweitens beruhten die Projektionen für die beiden externen
Komponenten
- die kommerziellen Importe und die Hilfslieferungen - auf „konstanten
Werten
der Nahrungsmittelhilfe auf dem Niveau von 2004-2006.“ Verwendet man
diese
sogenannten Trend-Daten, um den künftigen Bedarf zu errechnen, wird die
Dynamik
der Realität nicht beachtet und damit der Bedarf - aufgrund der
Hyperinflation und
der Verknappung der Nahrungsmittel seit 2007 - notwendigerweise
unterschätzt.
Schließlich
geht der
Wirtschaftsforschungsdienst von einem Verbrauch von lediglich 2100
Kalorien/Tag
aus - und das sind gerade mal zwei Drittel des auf 3500 Kalorien
geschätzten
Mindestbedarfs, von dem man in den entwickelten Staaten ausgeht,
einschließlich
eines Anteils von tierischem Protein. Berücksichtigt man diese
Untertreibungen,
muß man davon ausgehen, daß diese Länder 2007 schwer Not leiden mußten
und
heute noch größere Not leiden.
Diese
Lage verdeutlicht ein
Blick auf Tabelle 1. Der Fall der Demokratischen
Republik Kongo mit 59
Mio. Einwohnern macht die Notlage des gesamten Kontinents deutlich. Im
Durchschnitt ist in diesem riesigen Land pro Person kaum ein Pfund an
täglichem
Getreide-Äquivalent vorhanden - und das bedeutet für viele den Tod.
Henry Kissingers NSSM 200
Die
heutige Notlage Afrikas
ist nicht die Folge des Scheiterns, sondern des „Erfolges“ der Politik
zur
Kontrolle der Nahrungsmittelversorgung in den drei Jahrzehnten der
Globalisierung. Das versteht man am leichtesten, wenn man sich auf das
Geheimpapier NSSM-200 des damaligen Außenministers und Nationalen
Sicherheitsberaters Henry Kissinger vom Dezember 1974 bezieht. In
diesem
„Memorandum zur Nationalen Sicherheit“, dessen Geheimhaltung 1989
aufgehoben
wurde, behauptete der erklärte britische Agent Kissinger, im Interesse
der
anglo-amerikanischen Politik müsse das Bevölkerungswachstum und die
wirtschaftliche Entwicklung in 13 namentlich genannten Staaten der
Welt,
darunter Nigeria, Äthiopien und Ägypten, unterdrückt werden, damit die
knappen
Ressourcen dieser Staaten und ihrer Nachbarländer für den Gebrauch der
anglo-amerikanischen Interessen „aufbewahrt“ würde. Unter Kissinger und
danach
wurden Nahrungsmittel als Waffe eingesetzt, sowohl durch Dumping
amerikanischer
Hilfslieferungen als auch durch Vorenthalten benötigter Hilfe.
Im
Lauf dieser Jahrzehnte
wurde eine ganze Phalanx öffentlicher Einrichtungen - IWF, Weltbank,
UNDP, FAO
und andere - dazu genutzt, durch das Verweigern der Entwicklung der
Wasser-,
Elektrizitäts- und Verkehrsinfrastruktur und des Zugangs zu Saatgut und
landwirtschaftlichen Betriebsmitteln technologische Rückständigkeit zu
erzwingen. Diese Politik wurde mit dem Begriff „angepaßte Technologie“
beschönigt. Durch manipulierte, ungünstige Handelsbedingungen,
räuberische
„öffentlich-private Partnerschaften“, den Anbau von „geldbringenden“
Produkten
und ähnlichen Dingen wurden die betroffenen Staaten immer weiter
ausgeplündert.
Eine
besondere Rolle spielte
dabei die mörderische „grüne“ Bewegung unter der Führung von Leuten wie
Al
Gore, und „Spezialisten“ wie die frühere Unterstaatssekretärin für
afrikanische
Angelegenheiten Susan Rice, die jetzt eine der wichtigsten Beraterinnen
von
Barack Obama ist. Die Nullwachstums-Anhänger behaupteten in ihrer
Argumentation, Kernkraft, Eisenbahnen und Traktoren seien nichts für
Afrika,
Afrika müsse vielmehr „zurück zur Natur“ gehen. Man dürfe den schwarzen
Kontinent nicht durch böse Entwicklungsprogramme „verschmutzen“, sagten
die
„Grünen“.
Ganz
auf dieser Linie rät der
USDA-Bericht Afrika sogar, es solle sich „angepaßten“ Biotreibstoffen
zuwenden!
Über Schwarzafrika heißt es in dem Bericht: „[Sein] Agrarsektor ist mit
begrenztem Zugang zu wesentlichen Betriebsmitteln wie Dünger und
ertragreichem
Saatgut konfrontiert. Wasser ist knapp...“ Aber, argumentiert der
Wirtschaftsforschungsdienst, „es gibt genügsame Futtermittel, die in
dieser
Region für Biotreibstoffe angebaut werden... [und] das Einkommen der
Farmen
aufbessern könnten...“ Kurz: Die Afrikaner sollen ohne großen Aufwand
Rohstoffe
für den Export produzieren statt Nahrungsmittel.
Nach
35 Jahren solcher
technologischer Apartheid ist die Nahrungsmittelproduktion pro Kopf
entsprechend gesunken.
Neben
schweren
Nahrungsmittelverknappungen hat Afrika heute auch das weltweit
niedrigste
Niveau an Mechanisierung, Düngemitteln, Bewässerung und anderer
Schlüsselfaktoren pro Flächeneinheit.
Im
Mai veröffentlichte LPAC die
Studie „Weg mit der WTO! Nahrungsmittelproduktion verdoppeln!” (Siehe Neue
Solidarität 24/2008.) Der Abschnitt über Afrika beschreibt,
wie Lyndon
LaRouche schon 1978 eine Studie in Auftrag gegeben hatte, um „die
Grundvoraussetzungen
für eine Industrialisierung Afrikas“ zu bestimmen, damit es seine
Bevölkerung
ernähren und eine prosperierende Zukunft haben könne. Ein zentraler
Aspekt
dieser Studie war der Bau eines transkontinentalen Eisenbahnnetzes, das
die
afrikanischen Regierungen damals planten und zu bauen hofften. Nun ist
es eine
Frage von Leben und Tod, diese Pläne wieder ganz oben auf die
Tagesordnung zu
setzen, um mit der Welternährungskrise umgehen zu können.
Die Lage in Ostafrika
Vier
ostafrikanische Staaten
- Äthiopien, Eritrea, Somalia und Kenia mit mehr als 130 Millionen
Einwohnern -
bieten ein trauriges Beispiel dafür, womit die am härtesten betroffenen
Regionen Afrikas konfrontiert sind. Die Regierungen in dieser Region
wissen,
daß Afrika nicht genügend Nahrungsmittel produziert, und daß
Spekulanten die
Preise der importierten Nahrungsmittel, Treibstoffe und Produkte wie
Stickstoffdünger in die Höhe treiben. Eritreas Außenminister Osman
Saleh, einer
von mehreren Rednern bei der Ministerkonferenz der Blockfreien-Bewegung
am 31.
Juli und 1. August in Teheran, sagte: „Die künstlichen Preissprünge bei
den
Energie- und Nahrungsmittelpreisen, die vor allem von Spekulanten
angetrieben
werden, und die Schwächung des Wertes des US-Dollars haben die Probleme
verschärft, vor denen unsere Länder stehen.“
In
ganz Ostafrika sind die
Preise der Grundnahrungsmittel in die Höhe geschossen, insbesondere in
Eritrea.
Im Mai war der Preis von Hirse gegenüber Mai 2007 auf das 2,2-fache
gestiegen,
der Preis von Mais auf das 2,5-fache, und der Preis von Weizen auf das
2,1-fache. In Addis Abeba/Äthiopien lag der Maispreis im April doppelt
so hoch
wie im April 2007, der Preis von Weizen hat sich in den letzten sechs
Monaten
ebenfalls verdoppelt. In Nairobi/Kenia lag der Maispreis im Mai beim
1,7-fachen
des Vorjahres. Diese Preissteigerungen haben diese Grundnahrungsmittel
für
viele unerschwinglich gemacht.
Die
starken Preiserhöhungen
bei Düngemitteln und Treibstoffen in der Region sieht man am Beispiel
der
Maisbauern in Kenia, die zwei verschiedene Stickstoffdünger miteinander
kombinieren. Die Kosten des Einsatzes von Diamonphosphat stiegen von 16
$ pro
Hektar im April 2007 auf 40 $/ha Ende April 2008, Kalkamonsalpeter von
8,8 $/ha
auf 14,8 $/ha. Im gleichen Zeitraum stiegen auch die Treibstoffkosten,
so daß
die Kosten für Pflügen und Eggen von 24 $/ha auf 40 $/ha (bei
zweimaliger
Bearbeitung) angestiegen sind. Die Kosten allein dieser Betriebsmittel
(es gibt
weitere) sind von 48,8 $/ha auf 94,8 $/ha angestiegen und haben sich in
weniger
als neun Monaten verdoppelt. Ein kurzer Überblick über die derzeitige
Lage in
drei dieser vier Staaten - Kenia, Somalia und Äthiopien - zeigt, wie
sich die
Ernährungslage verschlechterte, seitdem das USDA seine Daten erhoben
hat.
Kenia: Heute droht zwischen zwei und
sechs Millionen
Menschen in Kenia Hunger. Sie werden ab September Hilfslieferungen
benötigen,
meldete das WFP am 15. Juli in seinem Bericht „Die globalen Krisenherde
des
Hungers“.
Ein
kenianischer Farmer im
Bezirk Mount Elgon, der sich keinen Dünger leisten konnte, werde statt
720 kg
Mais pro Hektar nur etwa 144 kg ernten, ein Verlust von 80%, meldete
die
Nachrichtenagentur IRIN am 24. Juli. Kenia produzierte 2007 3 Mio. t
Mais, aber
einige Experten erwarten für dieses Jahr nur eine Ernte von 2 Mio. t.
Kenias
Landwirtschaftsministerium schätzt, daß die Maisproduktion in der
Saison der
„anhaltenden Regen“ in diesem Jahr um 20% geringer ausfallen wird als
2007,
berichtete das Globale Informations- und Frühwarnsystem (GIEWS) der FAO
am 15.
Juli.
Somalia:
In
Somalia brauchen zwischen 2,6
und 3,5 Mio. Menschen
Nahrungsmittelhilfe, das sind 35-50% der Bevölkerung. Die akute
Unterernährung
von Kindern erreicht in einigen Gebieten 18-24% und liegt somit weit
über den
15%, die bereits als akute Notlage gelten. Dies berichteten
Hilfsorganisationen
Ende Juli. Diese Verzweiflung führte in den letzten Monaten zum Mord an
fünf
Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, als marodierende Milizen ihre
Vorräte
plünderten. Am 1. August berichtete USAID in seiner Meldung „Komplexe
Notlage
am Horn von Afrika“, 180.000 Kinder in Somalia seien „akut
unterernährt“, ein
Anstieg um 11% gegenüber Januar.
In
der bereits erwähnten
GIEWS-Meldung vom 15. Juli heißt es, die humanitäre Lage in Somalia
verschlechtere sich schnell aufgrund der steigenden
Nahrungsmittelpreise und
der Abwertung der Währung des Landes. Seit Januar seien die
Hirse-Preise
bereits um 60% angestiegen. Dem Land drohe innerhalb weniger Monate
eine
„Katastrophe ähnlich der Hungersnot von 1992/93, als Hunderttausende
verhungerten“, erklärte Peter Goossens vom WFP am 23. Juli bei einer
Pressekonferenz.
Äthiopien: Mehr als 10 Mio. Menschen, 12% der
Bevölkerung
Äthiopiens, brauchen Nahrungsmittelhilfe - das sind doppelt so viele
wie noch
im Januar. Davon brauchen 4,6 Mio. unmittelbare Nothilfe, weitere 5,7
Mio., die
bereits von Absicherungsprogrammen erfaßt werden, benötigen bis zur
Ernte im
November zusätzliche Hilfe. Unter den 10 Mio. sind 75.000 akut
unterernährte
Kinder. Noch im April hatte die Regierung die Zahl derer, die
unmittelbare
Nothilfe brauchen, auf “nur” 2,6 Mio. geschätzt, betonte die
GIEWS-Meldung vom
15. Juli. Das Land habe seine Getreide-Reserven bereits aufgebraucht,
um die
Hilfsbedürftigen in den Städten zu versorgen.
In
den achtziger Jahren
starben eine Million Äthiopier. Heute „warten die Äthiopier auf den
Regen -
oder den Tod“, sagte ein BBC-Korrespondent Mitte
Juli.
Der Hintergrund: Dürre und Gewalt
Dürre
und politische Gewalt
verschlimmern den Hunger noch. In Eritrea lagen die Niederschläge in
der Region
am nördlichen Roten Meer unter dem Durchschnitt, während sie im
zentralen
Hochland normal waren. In Äthiopien herrscht in weiten Teilen des
Landes eine
extreme Dürre. In Kenia waren die Niederschläge im nördlichen Rift
Valley und
in der Nordwestprovinz sehr gering.
Der
Bürgerkrieg in Somalia,
auf den die - mit Unterstützung von Tony Blair und US-Vizepräsident
Dick Cheney
- die äthiopische Invasion im Dezember 2006 folgte, hat Äthiopien
geschadet,
aber in Somalia eine existentielle Krise herbeigeführt. Tausende
Somalier
wurden in den Kämpfen getötet, fast eine halbe Million sind aus der
Hauptstadt
geflohen, und immer noch fliehen Tausende. Die Regierung verdient diese
Bezeichnung eigentlich nicht.
Das
Bündnis, das Eritrea mit
den somalischen Islamisten gegen die bewaffnete Unterstützung
Äthiopiens für
die nominelle Regierung eingegangen ist, hat die
äthiopisch-eritreischen
Spannungen verschärft, mit enormen wirtschaftlichen Konsequenzen:
Äthiopien,
das jetzt von den Meeren abgeschnitten ist, würde sehr profitieren,
hätte es
über die eritreischen Häfen Zugang zum Roten Meer, aber diese Hoffnung
ist
durch den somalischen Krieg in weite Ferne gerückt.
Die
politische und ethnische
Gewalt in Kenia nach der Wahl im Dezember 2007 führte nach Einschätzung
der UNO
zur Vertreibung von bis zu 600.000 Menschen; 300.000 von ihnen leben in
Zeltlagern,
der Rest bei Verwandten oder Freunden. Seitdem sind nur wenige in ihre
Heimat
zurückgekehrt.
Westafrika: der nächste Hunger?
In
den 17 Staaten Westafrikas
reicht der ungedeckte Nahrungsmittelbedarf nach Einschätzung des USDA
von 30,7%
in Sierra Leone bis zu 2% in Nigeria (siehe Tab. 1);
aber natürlich ist
der tatsächliche Bedarf heute höher als nach dieser Schätzung.
Die
Aussichten für die lokale
Nahrungsmittelproduktion sind schlechter, als es eine Momentaufnahme
heute oder
in den kommenden sechs Monaten erscheinen lassen würde. Ein Beispiel
hierfür
ist Nigeria, das auf der Liste der Länder, die Nahrungsmittelhilfe
benötigen,
gar nicht weit oben steht. Der schnelle Verfall der nigerianischen
Infrastruktur macht deutlich, daß ein Land, das heute seine Bevölkerung
noch
weitgehend selbst ernähren kann, auch wenn sie meistens sehr arm sind,
schon
bald Hunger leiden könnte. Seit der Rückkehr zur „Demokratie“ 1999
unter
Präsident Obasanjo und dessen jetzigem Nachfolger Yar’Adua beherrschen
der IWF und
die Weltbank mit ihren Konditionalitäten das Land. Die wirtschaftliche
Lage ist
schlimmer denn je.
85%
der 140 Millionen
Nigerianer, also fast 120 Millionen, sind arm und haben meist nur 1-2
Dollar
pro Tag zur Verfügung. Für die große Mehrheit gibt es keine
Möglichkeit, Geld
zu verdienen. Die Stromerzeugung für das nationale Netz liegt offiziell
bei
bloß 2169 MW, inoffiziell erfuhr EIR, daß sie sogar
nur bei 1000 MW
liegen soll. Unternehmen und Haushalte haben täglich bloß wenige
Stunden Strom
zur Verfügung - und das, obwohl Nigeria der achtgrößte Rohölproduzent
der Welt
ist!
Der
von kriminellen
Syndikaten unterstützte Guerillakrieg in den öl- und gasproduzierenden
Gebieten
Nigerias hat den Ölabsatz durch Unterbrechung des Transports und durch
Diebstahl um geschätzte 25-50% (500.000 bis 1.000.000 Faß Öl/Tag)
reduziert.
In
der gegenwärtigen
Nahrungsmittelkrise hat Nigeria auf seine zehn strategischen
Getreidereserve-Zentren zurückgegriffen, die zusammen 250.000 t
Getreide
fassen. Aber da die Infrastruktur verfällt, wird es für die Bevölkerung
immer
schwieriger, diese Reservezentren zu erreichen; und entsprechend
schwieriger
und teurer wird es auch, diese Reserven wieder aufzufüllen. Die Frage
stellt
sich, wann es zu einem Zusammenbruch kommt.
Südafrika: Der Fall Simbabwe
In
seiner Aufforderung, mehr
Hilfe für Simbabwe zu leisten, schätzt das Internationale Rote Kreuz,
daß bis
Januar 2009 wahrscheinlich 5,1 Millionen Simbabwer Hunger leiden werden
- also
45% der Bevölkerung! Das ist nach wie vor eine Folge der britischen
Völkermord-Politik: Während die Briten das Land heute durch eine
Blockadepolitik destabilisieren, sorgten frühere Konditionalitäten der
WTO, des
GATT und des IWF dafür, daß dieser ehemalige Brotkorb der Region
zerstört
wurde. Als Präsident Mugabe sich endlich gegen diese Sabotage wehrte,
indem er
die großen Farmen, die sich in den Händen der (meist loyal zu
Großbritannien
haltenden) Weißen befanden, beschlagnahmte und an schwarze Farmer
verteilte,
begannen die Briten mit wirtschaftlicher und finanzieller Kriegsführung
gegen
Simbabwe.
Diese
vorsätzliche Politik
des Völkermords wird von den Medien vertuscht, die behaupten, Ursache
der Krise
sei Mugabes „Mißmanagement der Wirtschaft“. Sie liefern so den Vorwand
für die
britische Politik, ihre Marionette Morgan Tswangirai an die Macht zu
bringen.
Nun leben 80% der Bevölkerung an oder unter der Armutsgrenze, meldet
das Rote
Kreuz.
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