"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Afrika

Afrika braucht einen New Deal

Von Portia Tarumbwa

Folgt der Westen weiter der fortschrittsfeindlichen, grünen Ideologie, ist fraglich, ob es in 100 Jahren noch Afrikaner gibt, sich an Afrikas schöner Natur erfreuen könnten. Auf dem EU/Afrika-Gipfel in Portugal muß endlich über eine wirkliche Entwicklung durch große Infrastrukturprojekte gesprochen werden.

Die zugespitzte Lage im Weltfinanzsystem und die wachsende Gefahr eines amerikanischen Angriffs auf Iran stellen den perfekten Augenblick für Afrika dar, sein Recht auf wirkliche Entwicklung einzuklagen. Dafür ist der EU/Afrika-Gipfel am 8. und 9. Dezember in Portugal möglicherweise geeignet, denn die veraltete und gescheiterte Philosophie der „nachhaltigen Entwicklung“ hat Afrika weiter in die Schuldenfalle des IWF-Systems hineingelockt und in den letzten 30 Jahren zu mehr Elend statt zur Linderung geführt.

In den 60er Jahren haben die Vereinten Nationen noch von Entwicklungsdekaden gesprochen. Damals war es sogar selbstverständlich, daß Afrika einfach unterentwickelt war, und so wie Deutschland aus dem Trümmerhaufen der Nachkriegszeit heraus ein Wirtschaftswunder zustande brachte, wollte man in Afrika die Armut überwinden.

Das alles hat sich mit dem Paradigmenwandel der 68er Bewegung schlagartig geändert. Es hieß plötzlich, die Welt und spezifisch Afrika seien überbevölkert. Die Rockefeller-Stiftung und andere Institutionen haben Millionen ausgegeben, um Bücher und Studien zu veröffentlichen, die diese Meinung verbreiteten. Die psychologische Kriegsführung erreichte mit der Hysterie Anfang der 70er Jahren ihren vorläufigen Höhepunkt, als Bücher wie „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome die Angst vor der Ressourcenknappheit zementierte. Die Autoren, Meadows und Forrester, gaben später zu, daß sie das dem Buch zugrundeliegende Computerprogramm bewußt so geschrieben hatten, daß das gewünschte Ergebnis dabei herauskam.  Sie unterschlugen auch bewußt die Rolle des wissenschaftlichen Fortschritts und der neuen Technologien bei der Bestimmung von Rohstoffen. Mit anderen Worten, die ganze These beruhte auf einem bewußten Schwindel.

Die Manipulation verdeckte die brutale Realität, daß die irrationalen  Ideen der Grünen Bewegung in der sogenannten  Dritten Welt auf Völkermord hinauslaufen, was jeder in Afrika weiß. Wie eine ansteckende Krankheit befielen diese grünen Ideen den gesunden Optimismus der Jugend, und daraus entwickelte sich eine irrationale Panik gegenüber dem Fortschritt.

Dies geschah natürlich unter Bedingungen des kalten Kriegs, in dem sich zwei nuklear bewaffnete  Supermächte gegenseitig bedrohten. Über lange Zeit hinweg mißbrauchten beide Blöcke und die „früheren“ Kolonialherren die afrikanischen Länder für ihre Stellvertreterkriege. Die Forderungen der LaRouche-Bewegung und der Blockfreien Bewegung nach einem Schuldenerlaß und nach Technologietransfer für die sogenannte Dritte Welt stießen auf taube Ohren. Der Plan der britischen Oligarchie hatte die ganze Nachkriegszeit über Bestand: Anstelle einer Kooperation zwischen Rußland und USA und eines Aufbaus der Welt sollte der Kalte Krieg die Bedingungen für die Fortsetzung des Britischen Empire mit anderen Mitteln schaffen, nämlich durch die dominante Rolle der Londoner City als Finanzzentrum.

Folgendes Zitat von Winston Churchhill verdeutlicht die Interessen, die Großbritannien verfolgte, nachdem der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt leider noch vor dem Ende des zweiten Weltkriegs starb: „Herr Präsident, England denkt keine Minute daran, seine Vorzugsstellung unter den britischen Herrschaftsgebieten aufzugeben. Der Handel, der England groß gemacht hat, soll weitergehen, und unter Bedingungen, die Englands Minister vorschreiben.“

Karten: FEF
Afrikas Eisenbahnen dienen heute nur dazu, den Reichtum des Kontinents an Rohstoffen möglichst schnell und billig nach Übersee zu schaffen.
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Um sich zu entwickeln, braucht Afrika ein Eisenbahnnetz, das die riesigen Binnenregionen erschließt und dort die Entwicklung einer produktiven Wirtschaft ermöglicht.

Integriertes Verkehrswegenetz

Weil es in den gesamten 500 Jahren von der Periode des Sklavenhandels und der Kolonialpolitik bis zur heutigen Globalisierung immer nur ausgebeutet wurde, gibt es heute in Afrika keine ausreichende, grundlegende Infrastruktur. Es gibt keine einzige Eisenbahn, die von Norden nach Süden oder von Osten nach Westen fährt. Hier und da haben die Kolonialherren klägliche Strecken gebaut, um die Rohstoffe vom Landesinneren bis zur Küste transportieren und den Reichtum von dort aus nach Europa zu verfrachten.

Seit Jahrzehnten hat die LaRouche-Bewegung darauf bestanden, daß nur durch einen transkontinentalen Verkehrswegeplan, der aus Wasser-, Eisenbahn- und Autobahnsystemen besteht, eine Basis für die Entwicklung von Landwirtschaft und Industrie in Afrika gelegt werden könne. Untersucht man die Geschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert, stellt man fest, daß das Manufakturwesen und der Ackerbau die breite Masse der Bevölkerung erst zu erreichen begannen, als die Kutsche von der Eisenbahn abgelöst wurde. Ein beachtenswerter Name in dieser Hinsicht ist Friedrich List, der durch ein integriertes Eisenbahnsystem den Weg zur deutschen Einheit ebnete. Länder wie China und Rußland haben heute genau dieses Prinzip erkannt und bauen in den nächsten 5 Jahren jeweils 30,000km und 20,000km lange Eisenbahnnetze.

Es ist bekannt, daß die Afrikanische Union im Rahmen der Neuen Partnerschaft für Afrikanische Entwicklung (NEPAD) ähnliche Versuche in dieser Richtung unternimmt, aber nicht in dem notwendigen Maße, wie es dem Problem angemessen wäre. Denn wenn man in Erwägung zieht, daß Tausende von Flüchtlingen den tödlichen Sprung wagen, über die Kanarischen Inseln nach Europa zu gelangen, um nur dem Elend in Afrika zu entkommen, wäre es auch im Interesse der EU, endlich eine Art ehrgeizigem Marshall-Plan in Gang zu setzen und Afrika binnen kürzester Zeit aus der Armut zu führen.

Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende des Schiller-Instituts, erwähnt öfters, wie einfach es wäre, Afrika beim Ausbau der Infrastruktur zu unterstützen, wenn der politische Wille existierte. Wenn die deutsche Bundeswehr bei einem Manöver in 45 Minuten eine Brücke über den Rhein schlagen oder der chinesische Kommandeur Wu in 22 Monaten eine 36 km lange Transrapidstrecke von Shanghai bis zum Flughafen Pudong bauen kann, wäre dies auch in Afrika möglich.

Ihr Punkt dabei ist, daß es eigentlich das Ziel der Kooperation zwischen der EU und den Ländern Afrikas sein müßte, die heutige humanitäre Krise der Flüchtlinge zu überwinden. Denn jeder Afrikaner würde lieber mit seiner Familie zu Hause bleiben und dort sein Land aufbauen, als sein Leben aufs Spiel zu setzen oder als Fremder mit ungewisser Zukunft irgendwo in Europa zu leben, wenn ihm in Afrika Zukunftsperspektiven angeboten würden.

Die Frage bei diesem Gipfel ist also, ob der politische Wille da ist, im wahren Interesse  Afrikas zu handeln und nicht schon wieder nur Almosen zu vergeben.

Kernenergie für Afrika!

Die andere brennende Frage ist die der Energiesicherheit. Bei den steigenden Ölpreisen, die von ungezügelter Spekulation getrieben werden, hängt die Zukunft der Welt von einer neuen Energiequelle ab. Die ölreichen Länder mögen kurzfristig von der heutigen Lage profitieren,  werden aber trotzdem um die Frage nicht herumkommen können, was man langfristig macht, wenn die fossilen Brennstoffe zur Neige gehen.

Antwort auf diese Frage behaupten die Grünen gefunden zu haben. „Solarzellen!“ „Wind!“ „Biotreibstoffe!“ Anders ausgedrückt: Man zwingt die ärmsten Länder der Welt, entweder ihre knappe Nahrung in Treibstoffe für Maschinen zu verwandeln oder die ineffizientesten und teuersten Methoden der Energiegewinnung zu benutzen. Ginge Afrika diesen vorgeschlagenen Weg, gäbe es wahrscheinlich in 100 Jahren keine Afrikaner, die die angeblich dadurch geschützte Natur genießen könnten. Das ist es aber, was die Verfechter von „erneuerbaren Energien“, bewußt oder unbewußt, propagieren.

Ägyptens Präsident Mubarak hat Ende Oktober bekannt gegeben, daß sein Land die friedliche Nutzung der Kernenergie möchte, um den steigenden Energiebedarf Ägyptens zu decken. Er will in den nächsten Jahren mehrere Atomkraftwerke gerade für die Stromerzeugung bauen und dafür ist die 4. Generation der Kernreaktoren, der in Südafrika gebaute Kugelhaufenreaktor, ideal geeignet.

Der Kugelhaufenreaktor wurde in den 70er Jahre als inhärent sicheres Kernkraftwerk von Professor Schulten in Jülich entwickelt. Aber da die Deutschen noch zu ängstlich waren, ihn kommerziell herzustellen, taten es die Chinesen und mittlerweile auch die Südafrikaner, die bis zum Jahr 2011 diese kleinen Hoch-Temperatur-Reaktoren (HTRs) an andere afrikanische Länder exportieren wollen. Die hohen Temperaturen machen den HTR auch für bezahlbare Wasserentsalzung einsetzbar.

Hinzu kommt noch die Einladung von Präsident Putin an alle Länder der Welt, die internationalen Urananreicherungszentren in Ostsibirien zu nutzen, um Brennstoffe zu gewinnen. Dies ist Teil des Nichtweiterverbreitungsprogramms der Vereinten Nationen und steht unter der Obhut der Internationalen Atomenergiebehörde.  Dadurch sollen versteckte Atomwaffenprogramme verhindert werden.

Angesichts dieser Entwicklung ist den Europäischen Regierungen etwas unbehaglich zumute. Aber warum sind sie eigentlich selber nicht darauf gekommen? So werden die Afrikaner noch mehr in die Arme der Chinesen getrieben, was die wirtschaftliche Zusammenarbeit angeht. Und so wächst der Unmut der Europäer über das „gierige“ Verhalten der Chinesen, die angeblich nur die Rohstoffe haben wollen und eine neue „imperialistische“ Politik machen. Die Afrikaner hingegen freuen sich, daß endlich mal für ihre Rohstoffe als Gegenleistung auch Infrastruktur gebaut wird.

Menschrechte

Vor allem unter der Bush-Blair-Allianz wurde in den letzten Jahren oft die „Menschenrechts-Keule” eingesetzt. Der militärisch-industrielle Komplex ist längst entschlossen, einen neuen Irankrieg vom Zaun zu brechen, um die Macht der Oligarchie zur uneingeschränkten Kontrolle der Welt zu verstärken. Dies geschieht in dem Augenblick, da das Finanzsystem einstürzt und Chaos sich ausbreitet, das diese Machtpolitik befördert.

Um der Werte wie „Demokratie“ willen hat die Welt zugesehen, als Somalia bombardiert und ein „Schurkenstaat“ Simbabwe durch lähmende Sanktionen existentiell bedroht wurde. Wie kann Afrika einer EU Vertrauen schenken, die bei diesem Spiel Orwellscher Manipulation mitmacht? Einer EU, die ihren Mitgliedstaaten wie Deutschland durch den Maastrichter Vertrag eine gemeinwohlorientierte Politik verbietet? Einer EU, die es zuläßt, daß ihre Jugend mit Gewaltvideospielen verseucht wird und Amokläufer produziert werden, die in Finnland, Italien und Deutschland gerade eine traurige Berühmtheit erlangen? Könnte diese EU afrikanischen Ländern glaubwürdig etwas von Menschenrechten erzählen?

Die Antwort auf diese Fragen müßte zu einer Diskussion über ganz alte, grundlegende Rechte führen, wie sie in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung verankert sind, „das Recht auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit“. Die gleichen Rechte wurden von Gottfried Wilhelm Leibniz, dem Gründer der physikalischen Ökonomie, formuliert, der sie an die amerikanischen Gründungsväter weitergab. Sie gelangen heute durch Lyndon LaRouche wieder zu neuer Blüte.

Nur wenn die Diskussion über die Entwicklung Afrikas auf den Prinzipien der physikalischen Ökonomie beruht, wird man die Probleme sowohl der Sicherung der Grundbedürfnisse wie Wasser, Nahrung und Energie, als auch der Konflikte in Afrika lösen können. Dies sollte dann mit der Idee eines weltweiten Wiederaufbaus der Weltwirtschaft verbunden sein, wie es auf der letzten großen Konferenz des Schiller-Instituts besprochen wurde. Afrika sollte durch Tunnels unter der Straße von Gibraltar zwischen Marokko und Spanien und zwischen Tunesien und Sizilien mit Europa verbunden werden.

Rußland plant eine 6000 km lange Eisenbahnstrecke, die durch einen Tunnel unter der Beringstraße Sibirien und Alaska verbinden und von dort aus durch Kanada und die USA bis hinunter nach Chile weitergeführt werden soll. Auf der asiatischen Seite kann die Strecke an die Seidenstraße angebunden werden. Man könnte in zwei Generationen von Kapstadt bis Delhi mit einem Schnellzug fahren!

Diese Idee der Eurasischen Landbrücke bedeutet Frieden und Wohlstand für zukünftige Generationen. Aber nur durch eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung, durch ein neues funktionsfähiges Finanzsystem mit festen Wechselkursen, Schuldenmoratorien und langfristige Kredite für große Projekte kann Realität realisiert werden, wie sich Roosevelt die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg vorgestellt hat.

Dies ist das einzig lohnenswerte Thema, über das es bei dem EU/Afrika-Gipfel zu diskutieren lohnt. Nur wenn Europa mithilft, große Projekte in Afrika im Rahmen eines Neuen Bretton Woods zu bauen, könnte Europa selber seinen Kulturpessimismus überwinden.