Der Sizilien-Tunesien-Tunnel: Europas Verbindung nach AfrikaProjekte für die Eurasische LandbrückeVon Dr. Nino Galloni (Oktober 2007)
Der italienische Ökonom Dr. Nino Galloni sprach bei
der Kiedricher Konferenz über das Thema „Der Sizilien-Tunesien-Tunnel und die
Verlängerung der Eurasischen Landbrücke nach Afrika“.
Die Italienische Agentur für Alternative Energien (ENEA) und
die Regionalregierung für Sizilien haben kürzlich eine Machbarkeitsstudie für
eine unterirdische Tunnelverbindung durch die Straße von Sizilien mit
Abschnitten von bis zu 60 km Länge vorgelegt, um Italien mit Tunesien zu verbinden.
Die Experten schlugen vor, mit dem ausgehobenen Material
vier künstliche Inseln entlang der Strecke zu schaffen; auf diese Weise würden
auch die Kosten für die Entsorgung dieses Materials gesenkt. Darüber hinaus
würden die vier Inseln einen finanziellen Wert für den Betrieb des Tunnels
darstellen, da sie zur Bewahrung der lokalen Meeresfauna, für selektive
Fischerei und für Qualitätstourismus genutzt werden können.
Der Plan erhält zusätzlichen Wert, wenn man ihn besser in
das globale Infrastrukturnetz einbindet, das von der Beringstraße, die Amerika
mit Asien und damit auch mit Europa verbindet, bis zum Mittelmeerraum und nach
Afrika reicht. Zu diesen Infrastrukturmaßnahmen gehören auch die Brücke über
die Straße von Messina und der ca. 37,8 km lange Gibraltar-Tunnel zwischen
Spanien und Marokko. Auf diese Weise entstünde ein ununterbrochener Kreislauf
für den Transport von Gütern und Menschen entlang der Mittelmeerküste, durch
Italien, Frankreich, Spanien, Marokko, Algerien, Libyen, Tunesien und natürlich
auch die übrigen Anrainerstaaten.
Die Finanzplanung beruht auf einer Kostenschätzung der
ENEA-Forscher und sieht Ausgaben in Höhe von 20 Mrd. Euro vor. Dieses Geld soll
durch den Vorverkauf von Mautgebühren aufgebracht werden, die nach
Fertigstellung des Projekts weiterverkauft, genutzt oder in Anteile an der
staatlichen oder gemischt staatlich-privaten Betreiberfirma umgewandelt werden
können. Nach Angaben der Forscher würde es durch die Schaffung der vier Inseln
möglich sein, die Bauzeit noch unter die geschätzten 10 Jahre zu senken, da die
einzelnen Bauabschnitte so auf höchstens 30 km reduziert werden könnten.
Die Anteils- oder Mautscheine würden zu einem Stückpreis von
100 Euro ausgegeben (und sich innerhalb von 10 Jahren verdoppeln), und für
einen LKW durchschnittlicher Größe gelten. Bei einer Verkehrsdichte von einem
LKW alle 5 Sekunden in beiden Richtungen, 20 Stunden pro Tag gerechnet, würden
sich die 20 Mrd. Euro bei einem konstanten Wert innerhalb von 40 Jahren
amortisieren, oder in der Hälfte dieser Zeit, wenn sich die Mautgebühren alle
zehn Jahre verdoppeln. Dabei würden die ersten 10 Jahre der Bauzeit
entsprechen, die folgenden zehn Jahre dem ersten Betriebsjahrzehnt.
Das Projekt scheint also tragfähig zu sein, und die
Regierungen können private Investoren für das Projekt gewinnen oder Anleihen
auflegen, die nicht inflationär wirken, da in 10 Jahren Einnahmen zu fließen
beginnen. Man könnte auch entscheiden, die derzeit umlaufenden kurz- und
mittelfristigen spekulativen Finanzinstrumente, die ein hohes Insolvenzrisiko
bedeuten, zu bündeln und in ein solches langfristiges, reales Projekt zu
lenken, das Einnahmen generiert.
Die Staaten und Regierungen können die Mehrheitskontrolle behalten
und durch die oben beschriebenen Methoden Kapital aufbringen, ohne zu
vergessen, daß ein erheblicher Teil dieses Einkommens durch die Nutzung der
Inseln für den Tourismus und den Fischfang erwirtschaftet würde, der auf
sizilianischer wie auf tunesischer Seite eine bis ins Altertum zurückreichende,
tief verwurzelte Tradition hat. |