Sudans „TVA”: Ein Entwicklungsmodell für ganz Afrika
Von Hussein Askary
Der gerade in Betrieb genommene Merowe-Damm am Nil ist nur
eines von vielen Projekten, mit denen der Sudan eine wirkliche Entwicklung des
Landes energisch vorantreibt.
„Arrad Arrad, kabari wa sad!” Diesen
Satz rufen im Sudan Sprechchöre bei jeder politischen Versammlung, die sich mit
dem Angriff des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) auf die sudanesische
Nation und ihre Regierung befaßt, und auch jedesmal, wenn der Präsident, Gen.
Omar Hassan Al-Baschir, ein Dorf oder eine Stadt irgendwo im Land besucht. Er
bedeutet übersetzt: „Unsere Antwort heißt - Brücken und einen Damm!“ Das ist
eine exzellente „Wahl der Waffen“ für eine Nation, die seit 30 Jahren unter
Bürgerkrieg und fremden Invasionen leidet und allen diesen inneren und äußeren
Angriffen standgehalten hat. Die Zentralregierung hat sogar eine Einigung, das
Umfassende Friedensabkommen (CPA), mit den Rebellen der SPLA aus dem Süden
erreicht, und heute ist die SPLA ein wesentlicher Bestandteil der Regierung.
Seit der ICC vor zwei Monaten den illegalen „Haftbefehl“
gegen Baschir ausgestellt hat, hat der Präsident mehrere große
Infrastrukturprojekte eröffnet - darunter den Merowe-Damm und die Tuti-Brücke
in Khartum. Die Brücke schafft erstmals eine Verbindung von Khartum zur Insel
Tuti, die nahe der Hauptstadt am Zusammenfluß des Blauen und des Weißen Nils liegt.
Ich habe schon mehrere Male über das wirtschaftliche
Potential des Sudan berichtet - speziell über die Wasserkraftnutzung des
Merowe-Dammes und die Bewässerungsprojekte in seiner Umgebung (siehe „Der
Merowe-Damm: Symbol des Aufbauwillens des Sudan“, Neue Solidarität
20/2008) sowie ihren Beitrag für das gewaltige landwirtschaftliche Potential
des Sudan, der zum Brotkorb für ganz Afrika werden könnte. Aber nachdem ich bei
unserem Besuch im Sudan Anfang April persönlich die riesigen Bauprojekte
besichtigen und mit jungen Ingenieuren der Dammbau-Abteilung (DIU) sprechen
konnte, mußte ich feststellen, daß meine Einschätzung dieser Vorhaben noch viel
zu zurückhaltend war.
Hier geht es nicht um ein einzelnes Staudammprojekt! Was der
Sudan heute beim Aufbau der Infrastruktur und Wirtschaftswachstum leistet, ist
nur noch mit der berühmten Tennessee Valley Authority (TVA) vergleichbar, mit
deren Hilfe der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt in den dreißiger
Jahren die entsprechenden Teile der USA aus der Depression herausholte. Und die
Menschen und die Regierung im Sudan wissen, daß gerade das ein ganz
wesentlicher Grund für die massiven Angriffe des Britischen Empire ist, das
Afrika in Armut halten, wieder kolonisieren und seine Bodenschätze plündern
will. Es ist bekannt, daß der Sudan neben Wasserressourcen und fruchtbaren
Böden auch über reiche Vorkommen an Erdöl, Mineralien und Uran verfügt. Nicht
zufällig liegen diese Vorkommen in den umkämpften Gebieten zwischen Süd- und
Nordsudan und in Darfur.
Die Großprojekte, die im Jahre 2003 unter der Regie der DIU
(dem sudanesischen Gegenstück zur TVA) begonnen wurden und teils bereits
fertiggestellt, teils noch im Bau befindlich sind, betreffen ein Gebiet
nördlich der Hauptstadt Khartum. Dabei kommt die Stromerzeugung durch die
Dammprojekte natürlich dem ganzen Land zugute. Der Einflußbereich der
Infrastrukturbauten und damit verbundenen Entwicklungsprojekte umfaßt Hunderte
von Kilometern in drei Bundesstaaten entlang des Nils, bis hin zur Grenze nach Ägypten.
Der Gesamtplan der Bauprojekte ist wahrhaftig gigantisch: er
umfaßt drei große Staudämme, fünf große Brücken, Autobahnen, Kanäle, neue
Landwirtschaftszentren, neue Dörfer und Städte - mit modernen Gesundheits- und
Bildungseinrichtungen, Stromversorgung, Kanalisation und Wasserversorgung -,
Flughäfen, Eisenbahnen, Fabriken zur Nahrungsmittelerzeugung- und Verarbeitung,
Industriegebiete usw.
Diese Projekte werden für Millionen von Sudanesen das Leben
verbessern und Arbeit schaffen, zumal in der Region um Khartum und Omdurman ein
Viertel der gesamten Bevölkerung des Landes lebt.
Der Grund für die Angriffe auf Sudan
Lyndon LaRouche hat immer wieder richtig gewarnt, daß die
Angriffe auf den Sudan sich nicht nur gegen dieses eine Land richten, sondern
gegen das Idee des unabhängigen und souveränen Nationalstaates überhaupt.
Anders gesagt, damit ist jede Nation dieser Erde angegriffen.
Es ist aber kein Zufall, daß man hier gerade den Sudan als
Zielscheibe ausgewählt hat - ganz besonders unter den heutigen Umständen der
Weltwirtschaftskrise. Die Sudanesen verstoßen nämlich seit Jahren bewußt gegen
viele ungeschriebene „Gesetze“ des Empire (die Briten, die EU, die Regierung Bush-Cheney).
So hat die Regierung Baschir seit 1993 „Verbrechen“ wie diese begangen:
- Sie brach mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und
seinen Konditionen und beschloß statt dessen, sich auf die eigenen Ressourcen
zu verlassen, eigenen Kredit zu vergeben und sich bei anderen Ländern um
niedrigverzinste, langfristige Kredite für die Aufbauprojekte zu bemühen.
- Sie arbeitet darauf hin, sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen.
- Sie beharrte immer auf einer nationalen Entwicklungspolitik,
trotz aller Kriege und Sanktionen.
- Sie benutzte im Rahmen einer Politik „Öl für Technik” ihr
Erdöl und andere Bodenschätze, um das Land zu entwickeln.
- Sie begann eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit anderen
Staaten, die Freihandel und Globalisierung ablehnen; die Zusammenarbeit mit
China, Indien und Malaysia kann als Modell für alle anderen Nationen Afrikas gelten.
- Und inmitten einer furchtbaren Hungerkrise droht der
Sudan, der „Brotkorb Afrikas“ zu werden.
Diese Politik ist in vieler Hinsicht das genaue Gegenteil
des Programms für Afrika, das der damalige US-Außenminister Henry Kissinger
1974 in seinem berüchtigten „Nationalen Sicherheitsmemorandum NSSM 200“
entworfen hat. Dort wurden Bevölkerungswachstum und wirtschaftliche und technische
Entwicklung der „Dritten Welt“ als strategische Bedrohung für die USA und ihre
Verbündeten definiert, weil die Nationen Afrikas dann ihre Bodenschätze für
ihren eigenen Fortschritt nutzen würden, statt sie den Imperialmächten zu überlassen.
Der Sudan brach mit dieser Politik erzwungener
Rückständigkeit und mit der verrückten „Umwelt“-Ideologie, mit der die Menschen
in den ehemaligen Industrieländern von britischen Institutionen wie Prinz
Philips World Wildlife Fund (WWF) eingelullt werden. Der WWF und andere grüne
Organisationen in Europa und Amerika machen systematisch Kampagnen gegen
afrikanische Staudammprojekte. Es verstößt auch gegen die Gesetze des Empire,
wenn Menschen und Nationen die Natur durch den Einsatz von Technik und
Wissenschaft zu ihrem eigenen Wohl verwandeln.
Ich habe erfreut festgestellt, daß die jungen Menschen im
Sudan ein sehr gesundes Verhältnis zur Natur haben. Die islamische Religion
lehrt sie, daß die Menschen Gottes Erben auf Erden sind; sie sollen sie
aufbauen und verbessern. Dieses Prinzip heißt im Islam „Istikhlaf“. Das ist den
Anweisungen im 1. Buch Genesis sehr ähnlich, daß der Mensch fruchtbar
sein, sich vermehren und sich die Erde untertan machen soll.
Der ganze Umfang des DIU-Aufbauprojektes
Der gesamte Aufbauplan, mit dem Präsident Baschir die DIU
beauftragt hat, umfaßt folgende Projekte:
Dämme:
1. Merowe-Damm (bereits fertiggestellt)
2. Kajbar-Damm (Baubeginn 2009)
3. Atbarah-Damm (Baubeginn 2009)
Brücken (von Khartum/Omdurman Richtung Norden):
1. Schendi-al-Matamma-Brücke
2. Atbarah-al-Damer-Brücke (bereits fertiggestellt)
3. Merowe-Karima-Brücke (bereits fertiggestellt)
4. Dongola-al-Slaim-Brücke
Autobahnen (1000 km neue, gepflasterte Autobahnen; die Hauptstrecken):
1. die nördliche Verkehrsader (Khartum/Omdurman-Merowe: 350 km)
2. Merowe-Atbarah: 265 km
3. Karima-Nawa: 180 km
4. Karima-Alslaim-Dongola: 194 km
Flughäfen:
Der Flughafen Merowe, der größte Flughafen des Sudan, mit
einer Landebahn von 3,8 km Länge und 60 Metern Breite. Die Gesamtfläche des
Flughafens beträgt 18 km2, mit modernen Ankunft- und Abflugterminals
und Einrichtungen zum Wiederauftanken. Damit könnte er zum Knotenpunkt für den
Verkehr zwischen Europa, Afrika und den Golfstaaten werden. Er ist auch für
große Maschinen, wie Airbus oder Jumbojet, geeignet.
Krankenhäuser:
Die Merowe-Spezialklinik verfügt über 350 Betten und
modernste Einrichtungen zur Krebsdiagnose und -behandlung, was diese Klinik
einzigartig für den ganzen Sudan macht.
Für die Menschen, die im Zuge des Dammbaus umgesiedelt wurden,
entstehen in der gesamten Region um den Merowe-Damm neue Gesundheitszentren.
Landwirtschaft:
Riesige landwirtschaftliche Nutzflächen werden erschlossen:
Die umgesiedelten Städte und Dörfer, wie Hamdab, Almanasir und Amri mit einer
Bevölkerung von 70.000 Menschen, erhielten als Entschädigung neue
landwirtschaftliche Gebiete. Auf den neukultivierten Flächen werden bereits
Weizen und Kartoffeln geerntet. Sie werden über zahlreiche Kanäle bewässert,
über die mit modernen Pumpen, die mit Strom aus dem Merowe-Kraftwerk betrieben
werden, Nilwasser über Hunderte von Kilometern zu den Äckern gebracht wird.
Es gibt praktisch keine Grenzen für die Ausweitung solcher
landwirtschaftlicher Projekte, denn der Sudan besitzt enorme Gebiete
fruchtbaren Flachlandes, die heute nur Wüste sind, weil sie nicht bewässert
werden, aber jederzeit kultiviert werden könnten. Die umgesiedelte moderne
Stadt New Hamdab wurde buchstäblich aus der Wüste geschnitten. Mit Wasser,
Strom und Straßen kann man die Wüste zum Blühen bringen! Moderne Landmaschinen
sind bereits überall im Gebrauch.
Landwirtschaftliche Depots:
Wie in anderen afrikanischen Ländern verdirbt im Sudan ein
Großteil der landwirtschaftlichen Erträge, weil angemessene Transport- und
Lagerkapazitäten fehlen. In Merowe ist deshalb ein riesiges Kühlhaus gebaut
worden, um die Kartoffelernte der gesamten Region erhalten zu können.
Auf der anderen Flußseite gegenüber von Merowe, in der Stadt
Karima, gibt es eine große Fabrik, die Obst und andere Nahrungsmittel
konserviert. Mit dem Strom aus dem Kraftwerk, dem ausgeweiteten
landwirtschaftlichen Anbau und schnellen Transportmöglichkeiten wird ihre
Produktion enorm gesteigert werden.
Eisenbahnen:
Der Ausbau des Bahnnetzes ist bisher leider noch keine
Priorität des Entwicklungsplans. Das noch aus der Kolonialzeit stammende
Schienennetz ist inzwischen so veraltet, daß etwas völlig Neues geschaffen
werden muß. Die ersten 18 Kilometer neuer Eisenbahnstrecke wurden jetzt gebaut,
um die großen und schweren Maschinen und das Material zum Bau des Merowe-Damms
transportieren zu können. Ein Großteil der Bahnverbindungen liegt im Süden des
Landes, doch mit größeren Investitionen in die Eisenbahn kann der Sudan sein
Entwicklungspotential noch erhöhen und zu einer Brücke zwischen Asien und Afrika werden.
Beispielhafte Veränderung
Zwei Beispiele sollen hier zeigen, wie dieses neue
„Tennessee-Valley-Projekt“ im Herzen Afrikas mit atemberaubender
Geschwindigkeit ein ganzes Land verwandelt. Das Gebiet mit dem Staat Khartum,
dem Nil- und dem Nordstaat hat ungefähr einen Radius von 400 km und ist
praktisch zu einer Wirtschaftseinheit umgewandelt worden, wo der Verkehr und
Austausch von Menschen, Gütern und Dienstleistungen um ein vielfaches einfacher geworden ist.
1. Der Merowe-Damm, der ungefähr 350 km nördlich von Khartum
liegt, wird eine Fläche von ca. einer Million Hektar landwirtschaftlicher
Nutzfläche schaffen. Die angesiedelten Farmen verfügen über ein modernes
Kanalnetz mit elektrischen Pumpen zur Bewässerung, Düngemittel und moderne
Maschinenparks, Gesundheitszentren und zeitgemäße Wohnungen für die ca. 70.000
umgesiedelten Landwirte.
Die Farmer können die Äcker heutzutage dreimal pro Jahr
bestellen, früher war es nur einmal im Jahr möglich. Alle, auch sie selbst,
sind über den enormen Produktionsanstieg überrascht. Man baut jetzt vor allem
Weizen und Kartoffeln an, was es vor der letzten großen Hungerkrise kaum
gegeben hatte. Bisher waren die wichtigsten Produkte im Sudan (auf Betreiben
der Briten) Baumwolle und Mais.
Im Februar verkündete die DIU die erfolgreiche
Inbetriebnahme der ersten beiden großen Turbinen des Merowe-Damms, die jeweils
eine Leistung von 125 MWh haben, und am 22. Februar 2009 wurde die Anbindung
der beiden Turbinen an das Kraftwerk gefeiert. Seit Anfang April fließt nun Strom
vom Damm nach Khartum und anderen Städten.
Der Merowe-Staudamm wird ab Ende 2010, wenn alle zehn
Generatoren in Betrieb sein werden, insgesamt 1250 MW zur nationalen
Stromerzeugung beisteuern. Das bedeutet eine Verdoppelung der Stromerzeugung
für das Land! Die landwirtschaftliche Produktion ist auf jeden Fall bereits
revolutioniert worden, und zwar nicht nur in der Nähe des Damms, sondern auch
in entfernteren Gebieten, wo es bisher keinen Strom gab, um Wasser aus dem Fluß
umzuleiten oder Grundwasser zu pumpen. Tatsächlich hat der Sudan von seinem
Anteil am Nilwasser (64 Kubikkilometern pro Jahr), der ihm im Nilwasserabkommen
der Nilanrainerstaaten zugestanden wird, bisher nur 16% nutzen können.
In den Nordstaat floß Strom erstmals am 18. März dieses
Jahres, als die Umspannwerke in Dongola, Dabba und Merowe ans Netz angeschlossen
wurden. Am 23. März wurden die Zentralprovinz (Nilstaat) und das Umspannwerk
Atbarah an das Stromnetz angeschlossen. Im Juni wird auch die südliche Region
Renk mit Strom versorgt werden, im Oktober 2009 El-Obeid in Nord-Kordofan im
Zentralen Westen, und im April 2010 werden schließlich die beiden letzten
Turbinen des Damm-Wasserkraftwerks in Betrieb genommen.
Durch den Bau des riesigen Dammes gewinnen die beteiligten
chinesisch-sudanesischen Firmen die technischen und wissenschaftlichen
Fähigkeiten, noch schneller und effektiver an weitere solche Großprojekte
heranzugehen. Die Ingenieure berichteten zum Beispiel, daß einige sudanesische
Ingenieure mittlerweile zu den weltweit anerkannten Dammbauexperten gezählt
werden. Eine wichtige Bedingung der sudanesischen Regierung in den Verträgen
mit China war die Beteiligung von 4000 sudanesischen Ingenieuren und
Technikern. Die Regierung verlangte auch, daß für die beteiligten sudanesischen
Ingenieure besondere Kurse abgehalten wurden. Beim nächsten Dammbau werden also
noch mehr Sudanesen mitarbeiten, danach wird vielleicht sogar die Mehrheit der
Arbeitskräfte aus dem Sudan sein. Auf diesem Wege wird der Sudan das nötige
Wissen und die Facharbeiterschaft aufbauen, um auch anderen Nationen Afrikas zu helfen.
2. Das zweite Beispiel für die Verwandlung des Landes sind
die Atbarah-Al-Damer-Brücke, die Verbindungsstraße Atbarah-Merowe sowie die
anderen Straßen, die nun nach Norden bis zur Grenze mit Ägypten führen. Diese
Brücke im Nilstaat, die den Atbarah-Fluß überquert, hat eine Länge von 440 m
und schafft eine Verbindung zur gerade fertiggestellten Autobahn
Khartum-Ed-Damar. Für Reisende und den Güterverkehr von der Hauptstadt zum
Hafen Port Sudan bedeutet das im Vergleich zur bisherigen Strecke eine
Verkürzung um 400 km! Vorher mußte man von Khartum zuerst nach Gadarif und
Kassala im Süden und Südosten fahren und dann wieder in nördlicher Richtung zum
Hafen, und die Reise dauerte mehr als doppelt so lange wie jetzt.
Lastwagenfahrer berichten, daß es Tage brauchte, bis man Güter von Port Sudan
nach Merowe, Dongola und Wad Madani im Norden transportiert hatte. Heute dauern
diese Fahrten nur noch 8-9 Stunden. Für die Zentrale Nordarterie, die von Khartum
nach Merowe geradewegs in Nord-Süd-Richtung durch die Wüste führt, braucht man
heute nur noch 3-4 Stunden, früher war man zwei Tage im Staub unterwegs.
Das Tempo der wirtschaftlichen Aktivitäten hat also im
gesamten nördlichen Teil des Landes enorm zugelegt, man spart viel Zeit und
Energie, mehr Nahrungsmittel bleiben erhalten usw.
Merowes Beitrag zur Lösung der Darfur-Krise
Es läßt sich nicht leugnen, daß es in Darfur eine Krise
gibt. Es ist eine Krise, aber es ist kein Völkermord, wie der ICC und europäische
Medien und Regierungen behaupten. Diese Krise entstand dadurch, daß imperiale
Kräfte von außen die vorhandenen wirtschaftlichen und sozialen Probleme für
ihre Zwecke mißbrauchten. Die seit zwei Jahrzehnten herrschende Dürre und der
Mangel an Projekten für Wasserversorgung und andere Infrastruktur bedeuten sehr
harte Lebensbedingungen für die meist ländliche Bevölkerung und die Nomaden in
den drei Darfur-Staaten. In Darfur und der benachbarte Region Kordufan liegt
ein Großteil der Weiden im zweitgrößten Viehzuchtgebiet Afrikas. Der
Wassermangel zwang viele Nomaden und Viehzüchter, mit ihrem Vieh in
wohlhabendere Gegenden weiterzuwandern. Das haben politisch motivierte
Gruppierungen, die vor allem von Briten, Franzosen und deren afrikanischen
Verbündeten gestützt werden, 2002-03 als Vorwand benutzt, in der Region einen
gewaltsamen Aufstand gegen die Regierung in Gang zu setzen.
Die Regierungen in Darfur und in Khartum haben erkannt, daß
die Lösung der Krise vor allem darin liegt, Wasserversorgung und Infrastruktur
zu verbessern und die nomadische Lebensweise, die überall im Land Probleme
schafft, nach und nach auslaufen zu lassen.
Der Regierungschef von Nord-Darfur, Osman Yosuf Kibr, hat am
7. April im Rahmen eines Vortrags für ausländische Gäste auf meine Frage hin
bestätigt, was ich in früheren Artikeln und auch in meiner Rede auf der
Weltkonferenz für Internationale Gerechtigkeit (5.-7. April) in Khartum erwähnt
habe: Es gibt in Darfur unter der Erdoberfläche im Omrawaba-Becken einen
riesigen, 22.000 Quadratkilometer großen Grundwassersee mit mehreren Billionen
Kubikmetern Frischwasser. Kibr stimmte zu, daß man als erste Notlösung gegen
die Wasserknappheit mit Hilfe von Strom vom Merowe und anderen Dämmen Wasser
aus diesem See heraufpumpen könnte. Das wäre eine effektive, schnelle Hilfe,
bis als dauerhafte Lösung Kanäle und Pipelines mit Nilwasser gebaut sind oder
Wasser aus dem Roten Meer mit Hilfe von Kernkraftwerken entsalzt wird. Er
betonte, daß die Regierung des Sudan große Entwicklungsprogramme für die drei
Staaten in Darfur vorantreibt, um für eine bessere Wasserversorgung und
Infrastruktur zu sorgen.
Wer von Darfur über die Wüste nach Khartum fliegt, sieht
gleich, wo das größte Problem liegt: Sobald man sich ein paar Kilometer vom
Niltal entfernt, selbst in den bereits entwickelteren Gebieten um Khartum und
Merowe, sieht man endlose Sanddünen, die ganze Straßen und Städte unter sich
begraben, wenn man nichts dagegen tut. Letztendlich werden nur Wasser und
landwirtschaftliche Kultivierung die ständige Ausweitung der Wüste stoppen können.
Man könnte noch vieles über andere Aufbauprojekte sagen -
zum Beispiel in der Ölindustrie, Bergbau, Autoindustrie u.a. -, doch dieser
Bericht soll hier vorerst genügen, um einen Eindruck davon zu vermitteln, wie
sehr sich dieses Land verwandelt.
Die Bevölkerung im Sudan - von der 80% jünger als 30 Jahre
sind - ist voller Optimismus und Stolz über die großen Schritte und Pläne ihrer
Regierung und ihrer Arbeiter, das Erdöl und die anderen Bodenschätze für den
Aufbau des Landes zu nutzen. Und sie begreifen, daß dies der Weg ist, den alle
afrikanischen Nationen gehen sollten, um sich endlich von Armut und Krankheiten
zu befreien. Sie bemerken aber auch, daß die westlichen Mächte nicht wollen,
daß sich der Sudan entwickelt und ein Vorbild für andere Nationen wird. Sie
hoffen, daß die Vereinigten Staaten mit einer neuen Politik, die auch Europa
ermuntern wird, eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung unterstützen.
Wie ich auf einer Veranstaltung der Sudanesischen Anwaltsvereinigung
betonte: Die Lösung der Weltkrise kann zwar nicht vom Sudan kommen, sie kommt
nur, wenn die Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien vorangehen und
gemeinsam ein neues Weltwirtschaftssystem schaffen. Aber der Sudan kann dabei
als hervorragendes Beispiel dienen, das der Welt zeigt, was man in ganz Afrika
erreichen kann.