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  Erziehung

Ein Renaissancefunken für die Jugend

In einem "philosophischen" Sommerlager setzten sich Kinder im Alter zwischen sechs und fünfzehn Jahren im "Selbstversuch" mit dem Prinzip schöpferischen Denkens auseinander.


Erste Schritte
Eine historische Aufführung

Jedes Kind hat das Potential zu einem Genie. Die Tatsache, daß jeder Mensch Kreativität und Auffassungsgabe besitzt, wird heutzutage von unserer Gesellschaft meist ignoriert. Das ist jedoch noch kein Grund, über unsere Zivilisation zu verzweifeln, ganz im Gegenteil, um es mit den Worten des Universalgelehrten Leibniz auszudrücken - wir leben schließlich "in der besten aller möglichen Welten".

Gabriele Liebig, mit Leibniz wohlvertraut, erklärte im letzten Jahr vor einer Gruppe Jugendlicher in Kalifornien: "Öffnet euer geistiges Auge und betrachtet die Menschheit auf der Erde in ihrer gesamten Geschichte. Ihr werdet feststellen, daß in der Vergangenheit schon öfters dunkle Zeiten überwunden worden sind. Oft sogar." Und Helga Zepp-LaRouche rief Kinder und Jugendliche aller Erdteile dazu auf, sich für die Rettung der Menschheit einzusetzen. Ähnlich wie das Konzil von Florenz unter Nikolaus von Kues die italienische Renaissance hervorbrachte, so wurde mit dem Aufruf von Helga Zepp-LaRouche für ein internationales Kinder-Parlament der Keim für eine neue Renaissance gelegt. Sie hatte dazu aufgerufen, junge Menschen aus aller Welt sollten einander das Beste aus ihrer eigenen Kultur vermitteln. Aus dieser Auseinandersetzung könnte dann etwas völlig Neues entstehen. Zugleich hatte sie die Bildung eines "Parlaments für Kinder und Jugendliche" gefordert. "Wenn alle Kinder dieses Planeten die Universalgeschichte kennen, dann führt dies ganz sicher zu einer neuen Renaissance, einer schöneren als je zuvor", davon ist sie überzeugt.

Der brasilianische Arzt und Präsidentschaftskandidat Dr. Eneas Carneiro hat einmal gesagt, er stelle sich Lyndon LaRouche als jemanden vor, der an einem Tisch mit Sokrates und Platon sitze und diskutiere. In diesem Sinne verlebten in diesem Sommer 21 junge Amerikaner im Alter von sechs bis 15 Jahren einen Monat wie in einer "platonischen Akademie". Ihren Eß- und Versammlungsraum hatten sie unter der liebevollen Anleitung von Megan Beets mit einer etwa drei mal sechs Meter großen selbstangefertigten Reproduktion des berühmten Raffael-Fresko Die Schule von Athen geschmückt.

Wir, die Verantwortlichen für dieses Experiment, hatten uns im Juli bereits genaue Gedanken gemacht, wie die Gründungsmitglieder dieses Jugendparlaments die wichtigsten Entdeckungen der westlichen Zivilisation nachvollziehen und sich zu eigen machen könnten. In diesem Monat sollte sich alles um die Anfänge und Denkweise der Klassik drehen. Die Kinder sollten tatsächlich zu Philosophen werden und die grundlegenden Entdeckungen, wie sie in den Dialogen Platons entwickelt werden, geistig nachvollziehen. Mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen sollten sie die Evolution und die Geschichte bis heute beleuchten. Um diese Ideen in den Köpfen einer neuen Generation lebendig werden zu lassen, wurden die Kinder in die Aufführung eines kurzen Theaterstückes einbezogen, das sich an wichtigen Dialogen Platons orientierte.

Erste Schritte

Die Kinder setzten sich zuerst mit den herausfordernden Fragen auseinander, "Was ist Kunst?" und "Warum gibt es überhaupt Kunst?". "Kunst ist ein Ausdruck von Emotionen" oder "Sie macht die Welt schöner", wurde geantwortet. Jedes Kind wurde nun angeleitet, mit Bleistift und Papier die Entdeckungen Leonardo da Vincis über die Proportionen des menschlichen Körpers und weitere seiner wissenschaftlichen Entdeckungen zeichnerisch nachzuvollziehen. Während des ganzen Monats erarbeiteten sich die Kinder das nötige Hintergrundwissen mit Hilfe ihres Freundes Raffael Sanzio. Und indem sie die manuellen Fähigkeiten zum Malen erlernten, wurde auch der Geist beflügelt.

Während der Reproduktion des großen Meisterwerkes der Renaissance, der "Schule von Athen", erfuhren sie, daß die Personen auf dem Bild nicht alle zur gleichen Zeit lebten, sondern daß Raffael bereits vor 500 Jahren damit sagen wollte, Menschen mit Ideen seien unsterblich, und ihre Entdeckungen lebten auf immer in den Köpfen der Menschen weiter. Dieses Konzept von der Renaissance als Rückbesinnung auf die großen Denker und Entdecker der Geschichte einerseits und Kunst als Weg, diese Ideen über die Schönheit durch die Geschichte hindurch zu kommunizieren, wurde das Thema des Theaterstücks.

Um diese Ideen wieder ins Gespräch zu bringen, eine grundlegende Erneuerung unserer Kultur zu erreichen und einen wirklichen Dialog mit anderen Kulturen aufzunehmen, wollten wir an die Prinzipien einer klassischen Erziehung anknüpfen. Für jeden jungen Menschen ist es wichtig, seinen Geist an erhabenen Gegenständen zu üben. Und je weiter dieser Mensch durch den Nachvollzug großer Entdeckungen heranreift, werden die wichtigen Denker und Künstler für ihn "lebendige" Vorbilder für die Gestaltung seines eigenen Lebens.

Verschiedene Kurse während dieser Zeit widmeten sich dem kreativen Spiel mit den Ideen von Gauß und Leibniz. Dabei bauten sie auf geometrischen Entdeckungen auf, die schon Platon in seinem Dialog Menon diskutiert, nämlich das Problem, die Quadratfläche zu verdoppeln. Und sie setzten sich anhand von astronomischen Beispielen, der harmonischen Organisation von Musik - von Pythagoras bis hin zu den großen Kompositionen von Mozart und Beethoven - mit zentralen Überlegungen über Ordnungsprinzipien auseinander, die dem Universum zugrunde liegen. Schließlich wandten sie diese Entdeckungen, die sie gemacht hatten, an und komponierten mit Hilfe von Matthew Ogden einen ironischen Kanon über Aristoteles.

Aufgrund ihrer Entdeckungen konnten die Kinder die Frage zu beantworten versuchen: "Wie kann Weisheit zwischen Personen und sogar Generationen vermittelt werden?" Jedes Kind mußte entscheiden, ob Erkenntnisse nur Informationen sind, die man beim Kaufmann wie Lebensmittel kaufen oder verkaufen kann, oder ob sie etwas sind, was jede Person in sich selbst hervorbringen muß.

Eine historische Aufführung

Diejenigen, welche die historische Aufführung des Stückes "Die Schule von Athen" am 26. Juli in der Kleinstadt Lucketts in Virginia miterlebt haben, waren Zeugen, wie sich die Kinder in wirkliche Schauspieler verwandelten, deren Absicht es war, diese Ideen, die sie sich zu eigen gemacht hatten, mitzuteilen. Die Zuschauer wurden in den philosophischen Hinterhof des Aristoteles geführt und erlebten mit, wie Platon, der seinen jungen Freund auf der Suche nach Wahrheit begleitete, im Gespräch mit drei Sklavenjungen bewies, daß "jedermann, ob reich oder arm, Freier oder Sklave, die wahre Natur der Weisheit in sich selbst entdecken kann". Den Höhepunkt des Theaterstücks bildete eine pantomimische und erzählte Darstellung des "Höhlengleichnisses" aus Platons "Staat". Das Stück endete, als die 21 neuen Philosophen voller Freude Schuberts Lied "An die Musik" anstimmten: "Du holde Kunst... hast mich in eine bessere Welt entrückt!"

Dieser Monat hat gezeigt, daß sich das, was Lyndon LaRouche als Grundlage eines neuen Humboldtschen Systems klassischer Erziehung vorgeschlagen hat, funktionieren kann.

Matthew Ogden


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