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  Dezember 2003 Journal (Texte)

"You just can't go to heaven hating"

Amelia Boynton Robinson, die unermüdliche Heldin des internationalen Bürgerrechtskampfes, inspiriert in Berlin junge Menschen, für eine gerechte Welt zu kämpfen.

Wie ein Biber Zweig für Zweig einen Damm baut, der einen ganzen Fluß aufhalten kann, so sorgt auch die Furcht dafür, daß Stück für Stück das vernünftige Denken zum Stillstand gebracht wird. "Beaver-mind" nennt Amelia Boynton Robinson diesen Zustand und erregt mit dieser treffenden Metapher den Lachnerv der Zuhörer im Berliner Büro der BüSo. Wo immer Amelia auftritt, herrscht aufrichtige Herzlichkeit, ob in einer Hellersdorfer Schule, in der Volkshochschule City West, bei der Berliner LaRouche-Jugend oder bei der Afrikanischen Studentenunion.

Die 92jährige Bürgerrechtlerin an der Seite des 1. Vorsitzenden des amerikanischen Schiller-Instituts Will Wertz.Stets dominiert die ungetrübte Bewunderung für die Lebensleistung dieser 92-Jährigen, eine Kraftquelle, die schon etliche lebensrettende Engel hat bemühen müssen, so z.B. als sie beim Friedensmarsch zum Gouverneur von Alabama bewußtlos geschlagen und durch Tränengas schwer verletzt wurde. Doch sie haßt ihre Feinde nicht, sie fühlt eher Mitleid. Denn Haß, so betont sie immer wieder, zerstört den Hasser, nicht den Gehaßten. Amelias grenzenloses Vertrauen in die Wahrheit der Schöpfung, in die Richtigkeit der Wege Gottes, habe sie von aller Furcht gereinigt. Ihre seelische Stärke und ihr Sinn für unbedingte Gerechtigkeit sind heute eine der wertvollsten Geschenke für Lyndon LaRouches Jugendbewegung, damit sie die Anfeindungen durch mißbrauchte und verblendete Menschen nicht fürchten müssen und den Damm ihrer eigenen Furcht und den ihres Gegenübers Zweig für Zweig abtragen können.

Wie ein lebendes Paradox mag Amelia Boyton-Robinson erscheinen, vereinigt sie doch unaussprechliches Leid mit unerschöpflichem Optimismus. Immer wieder taucht die gleiche Frage auf: Wie können Sie bei all der Ungerechtigkeit noch an das Gute im Menschen glauben? Junge Schüler reagieren einerseits erschrocken über die Beschreibungen, wie drei ihrer engsten Mitarbeiter Opfer eines Überfalls wurden, und einer von ihnen drei Tage später an den Folgen starb, da ihn, der sich für die Rechte der Schwarzen einsetzte, sogar trotz seiner weißen Hautfarbe kein Krankenhaus des Ortes Selma aufnehmen wollte. Die Tiefe der heutigen Korruption, die verabscheuungswürdige Vernachlässigung der vom Irakkrieg heimkehrenden Soldaten, die Erpressung etlicher Staaten durch die Politik des Weltwährungsfonds, die schiere Aussichtslosigkeit für die heutige junge Generation, in diesen neofeudalen Strukturen etwas anderes als Lohnsklaverei zu finden; all dies ist zunächst ein Schock.

Amelia Boynton Robinson mit dem bekannten Schauspieler Dick Gregory.Doch am Ende der Begegnung bleibt immer ein Gefühl der Stärke zurück, da eine Veränderung in den Seelen stattgefunden hat. Weg von dem Phlegma und der Ohnmacht, hin zum Sinn für eine Lebensmission. Amelia schafft es, jedem anwesenden Individuum eine geschichtliche Dimension zu verleihen, es für die Suche nach einem höheren Prinzip des Daseins anzuspornen. Sie ist der Beweis, daß der Mensch Einblick in die Ewigkeit bekommen kann, so wie es einst auch Amelias Mitstreiter Dr. Martin Luther King in seiner Rede mit den Worten "I've been to the mountaintop" ausdrückte.

"Ihr habt das Beste anzubieten, was die Welt hervorgebracht hat: Freiheit und Gerechtigkeit", sagt Amelia im mit 45 Anwesenden gefüllten Büro der BüSo. "Wir müssen überzeugt sein, daß wir die Welt ändern und selbst die schlimmsten Menschen zur Umkehr bewegen können. Schaut in den Spiegel und sagt euch, daß ihr das Beste geben werdet." Amelia stellt immer wieder die Liebe zu ihrem Land, den USA, heraus, indem sie meint: "When she's right, I'll fight for her, but when she's wrong, I'll fight against her."

Es ist diese Bedingungslosigkeit ihrer Liebe zur Menschheit, und ihr hundertprozentiges Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit und zivilem Ungehorsam, die Amelia Boynton-Robinson so inspirierend macht. Junge Gäste, die gestern noch skeptisch am Büchertisch standen, verunsichert durch die Verleumdungskampagnen von Dick Cheneys Schergen gegen Lyndon LaRouche, bekommen plötzlich funkelnde Augen, wenn Amelia den Aufschwung beschreibt, den eine Wende hin zu LaRouches Politik zur Folge hätte. Viele nehmen ihre Autobiographie Brücke über den Jordan mit nach Hause. "Aber", ergänzt Amelia, "nehmt nicht einfach nur hin, was ich sage. Findet selbst heraus, wie ihr diesen Weg gehen könnt."

Auch Cyril Fegue von der African Students Union, der gemeinsam mit der Südafrikanischen Botschaft Amelia zu einem Treffen einlud, nickt zustimmend, wenn Amelia die Ungerechtigkeit das "Krebsgeschwür des Bösen" nennt. "Es ist nicht das Geld an sich, sondern die Liebe zum Geld", die dem Genozid an den unterdrückten Menschen den Weg ebnet, sagt sie. Pierre Botembe, Pastor der von ihm gegründeten Berliner Afrikanischen Ökumenischen Kirche (als Schwarzem wurde ihm nicht erlaubt, in einer deutschen Kirche das Pfarramt zu übernehmen), ist über die Antriebslosigkeit und Konsumhaltung vieler Menschen verärgert. Amelia findet die richtigen Worte, indem sie ihren Kampf für Rassengleichheit in den Amerikanischen Schulen und Kirchen beschreibt und mit den Worten schließt: "Wir müssen uns ein Gewissen bewahren, unabhängig davon, was es uns kostet. Viele geben etwas von dem, was sie übrig haben und halten sich für großzügig. Aber erst wenn man ein wirkliches Opfer bringt, bekommt man den Segen."

Stephan Ossenkopp


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