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  März 2005 Journal (Texte)

Gedenktage zum 7. März 1965, dem Blutsonntag von Selma

Beim jährlichen Gedenkmarsch von Selma über die Edmund-Pettus-Brücke nach Montgomery machten Vertreter der LYM und die Abgeordnete Maxine Waters den heute nötigen Kampf gegen das Bush-Regime zum Thema.

Immer mehr einflußreiche Leute in aller Welt, darunter in den USA, sagen nun etwas ähnliches wie das, was Präsident Clinton im September 1998 nach dem Zusammenbruch der Spekulation mit russischen Staatsanleihen sagte: daß die Welt anstelle des gegenwärtigen IWF-Systems eine neue Finanzarchitektur braucht.

Was gestern im italienischen Parlament geschah - wo man das, was mit mir erarbeitet worden war, nach einer angeregten Debatte beschlossen hat - , ist typisch. Es beschäftigt viele auf der Welt: Wir brauchen eine neue Finanzarchitektur für die Welt. Unter der jetzigen geht nichts mehr. Unklar ist vielen jedoch, wie diese Architektur aussehen soll.

Niedergang nicht erst seit G.W. Bush

Die USA stecken jetzt in der größten Finanz- und Währungskrise seit ihrer Gründung.

In diesem Jahr jährte sich der "Blutsonntag" von Selma vom 7. März 1965 zum 40. Male. Damals wurden die von amerikanischen Bürgerrechtlern angeführten Demonstranten auf ihrem Weg von Selma (Alabama) zur Landeshauptstadt Montgomery beim Überqueren der Edmund-Pettus-Brücke von der Landespolizei brutal angegriffen und am Weitergehen gehindert.

Der Zwischenfall löste eine nationale Protestwelle aus, so daß der Marsch nach Montgomery zwei Wochen später erfolgreich durchgeführt werden konnte. Dazu waren damals viele Bürgerrechtsaktivisten aus dem ganzen Land angereist, und der Marsch stand im Mittelpunkt der internationalen Medienberichterstattung. Die Entschlossenheit solcher Menschen wie Samuel W. Boynton und seiner Frau Amelia, jedem Afroamerikaner in Landkreis Dallas (Alabama) das Wahlrecht zu sichern und wirtschaftliche Gerechtigkeit und Unabhängigkeit insbesondere für die armen Pächter auf dem Land zu erreichen, führte schließlich dazu, daß Präsident Lyndon Johnson noch im gleichen Jahr das Wahlrechtsgesetz (Voting Rights Act) von 1965 unterzeichnete.

Anläßlich des diesjährigen Jahrestages erinnerte das National Voting Rights Museum in Selma mit einem dreitägigen Veranstaltungsprogramm an diese Ereignisse. Höhepunkt der Gedenktage war ein Gedenkmarsch über die Brücke am 6. März. Amelia Boynton Robinson hatte vier Vertreter der LaRouche-Jugend (LYM) eingeladen, mit ihr an den Feierlichkeiten teilzunehmen.

Die Vertreter der LYM nutzten ihre Teilnahme an dem 40jährigen Jubiläum, um die Anwesenden dazu zu bewegen, nicht nur einfach in Nostalgie zu schwelgen. Man müsse sich vielmehr die entscheidenden Beiträge vergegenwärtigen, die zu dem Wendepunkt an diesem Sonntag im Jahre 1965 beitrugen, und sich in der heutigen Krisenzeit mit den Fragen konfrontieren: "Wohin gehen wir?" und "Wie schaffen wir es?"

Die Delegation der LYM kam am 3. März in Selma an. Dieser Tag war dem verstorbenen Samuel William Boynton gewidmet. An seiner Seite hatte seine Frau Amelia 30 Jahre lang für das Wahlrecht der Schwarzen gekämpft, bis dann 1965 das Wahlrechtsgesetz in Kraft trat. Herr Boynton starb am 13. Mai 1963, nachdem er mehrere Schlaganfälle erlitten hatte. Auslöser waren vor allem die ständigen Morddrohungen gegen ihn und seine Familie, mit denen man erreichen wollte, daß er seinen Einsatz für das Wahlrecht und für die wirtschaftliche Unabhängigkeit der schwarzen Amerikaner in seinem Landkreis aufgab. Die meisten Schwarzen dort waren damals arme Farmpächter und wurden wie Sklaven behandelt. Als Boynton starb, waren seine letzte Worte an seine Frau, sie müsse nun dafür sorgen, daß jeder Afroamerikaner im Kreis Dallas als Wähler registriert wird.

Zusammen mit Amelia Boynton Robinson wurden die LYM-Vertreter bei den Gedenktagen in Selma vom Fernsehen interviewt. Boynton Robinson berichtete noch einmal von ihren Erlebnissen im Kampf für das Wahlrecht der Afroamerikaner. Sie beschrieb auch, wie sie etwa 20 Jahre später die LaRouche-Bewegung in New York kennengelernt hatte und dann stellv. Vorsitzende des 1984 gegründeten Schiller-Instituts geworden war.

Am Abend des 3. März wurde zum Andenken an Samuel W. Boynton eine Veranstaltung in der historischen Tabernacle Baptist Church abgehalten, wo das erste Treffen im Kampf um das Wahlrecht in Selma stattgefunden hatte. 400 Menschen nahmen daran teil, darunter amtierende Politiker und Veteranen des Bürgerrechtskampfes, und die Versammlung wurde spontan zu einer Autogrammstunde mit Frau Boynton Robinson genutzt, die ihre vom Schiller-Institut nochmals aufgelegte Autobiographie "Brücke über den Jordan" signierte. Amelia Boynton Robinson, ihr Sohn Bruce Carver Boynton, Dr. Joseph Lowery, Dr. F.D. Reese und Dr. Charles Steele hielten Ansprachen. Bruce Carver Boynton erinnerte daran, welchen Mut seine Eltern bewiesen, als sie die verarmte schwarze Bevölkerung der Gegend dafür organisierten, sich als Wähler eintragen zu lassen, und daß sie dabei ihr Leben riskierten. Denn im Süden herrschte Terror. Immer wieder geschahen Lynchmorde an schwarzen Mitbürgern.

Eine Herausforderung an den Kongreß

Am Morgen des 4. März nahmen die LYM-Vertreter an der "Konferenz der unsichtbaren Riesen" in der High School in Selma teil. Dort sprach die kalifornische Abgeordnete Maxine Waters. Sie sagte, viele Kongreßabgeordnete würden jetzt nach Selma pilgern, um zu singen und zu marschieren und um gesehen zu werden, wie sie singen und marschieren. Anschließend gingen sie dann zurück nach Washington und stimmten für den Austeritätshaushalt der Regierung Bush. Waters forderte die Schüler auf, eine Kundgebung zu organisieren, um dafür zu sorgen, daß die Kongreßabgeordneten, die an den Gedenktagen in Selma teilgenommen haben, auch den Kampf gegen die Bush-Administration aufnehmen.

Das National Voting Rights Museum in Selma, das die Gedenktage gefördert und Mrs. Boynton Robinsons Reise organisiert hatte, veranstaltete am gleichen Tage einen Empfang zu Ehren von Amelia und Samuel W. Boynton. Die Rede von Frau Boynton Robinson wurde mit Herzlichkeit aufgenommen. Anschließend diskutierten die LYM-Vertreter mit ihr und anderen über die Reden Martin Luther Kings.

Am Abend des 5. März nahmen sie als Gäste von Amelia Boynton Robinson an einem festlichen Abend teil, dem "Freedom Flame Awards". Dort trafen sie auf die Bürgerrechtsveteranen J.L. Chestnut, C.T. Vivian, Harry Belafonte, den demokratischen Abgeordneten Jesse Jackson, Jr. (Illinois) und die Abgeordneten Cynthia McKinney (Ga.) und Maxine Waters (Kalifornien). An diesem Abend gedachte man auch der Sänger Marian Anderson und Paul Robeson.

Harry Belafonte, der im Zweiten Weltkrieg Soldat war, hielt die letzte Rede des Abends. Er beschrieb, wie er bei seiner Rückkehr nach Amerika nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Bevölkerung in einem veränderten Gemütszustand vorgefunden habe. Die Menschen waren demoralisiert - wie das auch Lyndon LaRouche mit der Flucht in die Vorstädte und der Angst vor der "Roten Gefahr" berichtet hat. Auch Belafonte hatte in dieser Zeit auf einer Schwarzen Liste gestanden.

Dann sprach er über seinen bekannten Song "Day-O". Er verteidigte ihn und erklärte, dies sei kein trivialer Pop-Song. Er sei ihm vielmehr von seiner Großmutter und Mutter überliefert worden. Es handelt sich dabei um ein Spiritual aus Jamaika und Kuba über das Überleben auf den Bananen- und Zuckerplantagen. Sein Freund, der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela habe das Lied benutzt, als er in Einzelhaft saß, um mit anderen Inhaftierten zu kommunizieren. Die Gefängniswächter hätten damals nicht verstanden, daß es eine Metapher ist.

Belafonte erzählte auch von der Rolle, die er in der Bürgerrechtsbewegung spielte und von den vielen Malen, die er zusammen mit Dr. King marschierte. Viele Künstler - wie der Sänger Tony Bennet - seien damals nach den Greueln des 7. März 1965 nach Selma gekommen, um den Marsch nach Montgomery zwei Wochen später mit Erfolg zu vollenden. Die Künstler damals hätten ein höheres Niveau gehabt als die Künstler heute, die nur darauf aus seien, Geld zu scheffeln.

Als Belafonte, Amelia Boynton Robinson und Dr. Lowry, der Gründer der Southern Christian Leadership Conference (SCLC), sprachen und versuchten, die Menschen aus ihrer Kleinheit auf eine höhere Ebene zu erheben, änderte sich die Stimmung in der Zuhörerschaft. Die Bürgerrechtsbewegung schien zu neuem Leben erwacht. Viele Reden erzielten jedoch die gegenteilige Wirkung, indem sie das Publikum wieder in Nostalgie versetzten. Zwei Vertreter der LYM baten Belafonte, ihnen bei ihren Arbeiten zum klassischen Drama zu helfen. Belafonte erzählte, er sei im Besitz einiger Schriften Lyndon LaRouches und dabei, sie zu durchzuarbeiten. Auch habe er unsere Bewegung in Berlin gesehen.

Über die Brücke der Zukunft gehen

Bonnie James und Katherine Notley

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