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  Oktober 2004 Journal (Texte)

Die Weichen für die Zukunft der Menschheit stellen

Die folgende Rede hielt der amerikanische Oppositionspolitiker und frühere demokratische Präsidentschaftsbewerber Lyndon LaRouche auf der europäischen Konferenz des Schiller-Instituts am 24. September 2004.

Wir leben heute in einer Zeit, die an Bedeutung alles übersteigt, woran sich die heute lebende Menschen erinnern können. Die Zeit bis zum Amtsantritt des nächsten amerikanischen Präsidenten wird der größte Wendepunkt der Geschichte sein - entweder zum Besseren oder zum viel Schlechteren auf sehr lange Zeit.

Die Lage ist nicht hoffnungslos. Ich bin mittendrin in Kerrys Wahlkampf. Man darf nie sagen, man hat den Krieg gewonnen, bevor man ihn tatsächlich gewonnen hat. Aber ich fühle mich wie Friedrich der Große bei Leuthen, als er den zahlenmäßig überlegenen Österreichern gegenüber stand. Weil er schneller und besser dachte, endete dieser Tag mit seinem Erfolg. In einer solchen Lage sind wir.

Alle Berichte, Bush läge in Führung, sind reine Propaganda und Unsinn. Niemand weiß jetzt in diesem so umkämpften Wahlkampf, wer vorne liegt. Wer behauptet, die Sache sei entschieden, ist ein Narr. Denn bei Wahlen und besonders unter diesen Umständen kann man nichts vorhersagen. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Und in meiner heutigen Rede werde ich einige Faktoren darlegen, die den Ausgang der Wahl entscheiden werden.

Ein renommierter amerikanischer Psychiater hat kürzlich in einem Buch auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Materialien die geistigen Probleme Präsident George W. Bushs dargelegt. George W. Bush ist in gewisser Weise ein Schwachkopf, eine Marionette vor allem Dick Cheneys, aber auch anderer.

Cheney ist bösartig. Er hat mit der Washington Post verabredet, daß sie Sonntag in einer Woche einen Verleumdungsartikel gegen mich veröffentlicht. Ich weiß nicht, ob es wirklich zu der Veröffentlichung kommt, aber wenn, dann steckt Cheney dahinter. Derselbe Cheney ist auch ein entscheidender Mann hinter dem Einsatz terroristischer Kräfte aus Tschetschenien gegen Rußland.

Aber Cheney ist nicht nur der Puppenspieler des amerikanischen Präsidenten, er ist auch selbst eine Marionette der britischen Monarchie, oder genauer, der Regierung Blair. Und er steht unter dem Pantoffel seiner Frau, die das wichtigere Mitglied der Familie ist und die höheren Verbindungen zur britischen Monarchie und zur Regierung Blair hat.

Der Angriff auf Rußland ist eine äußerst ernste Angelegenheit, weil es ein Angriff auf eine Atommacht ist, die aufs Blut gereizt wird. Die russische Regierung weiß, daß der sog. Terrorismus im Kaukasus in Rußlands Nachbarschaft von diesen Kräften aus den USA und England gesteuert wird. Das kann nicht lange gut gehen. Der russische Präsident wird unter diesen Bedingungen nicht mehr lange so tun, als wolle er mit dem amerikanischen Präsidenten zusammenzuarbeiten.

Wir stehen in der Zeit bis zum Amtsantritt des nächsten US-Präsidenten in zweifacher Hinsicht der Gefahr eines neuen finsteren Zeitalters gegenüber. Vor allem gibt es einen allgemeinen wirtschaftlichen Zusammenbruch auf der ganzen Welt, mit Europa und Nord- und Südamerika im Mittelpunkt. Andere Länder wie Indien oder China sind in der letzten Zeit nicht ganz so tief gesunken, aber wenn Europa und die USA wirtschaftlich zusammenbrechen, wird das die ganze Welt erfassen.

Europa ist heute bankrott. Auf dem gegenwärtigen Kurs können sich die europäischen Volkswirtschaften nicht mehr selbst erhalten, weil ihr eigener Erhalt mehr kostet, als sie aus der Produktion und anderen Quellen einnehmen. Und diese Diskrepanz wird sich, wenn die Entwicklung so weitergeht, noch beschleunigen.

Sie können sicher sein: Wenn Europa und die USA im Chaos versinken, werden die Folgen in einer Kettenreaktion die ganze Welt ins Chaos stürzen. Denn das Weltfinanz- und Währungssystem liegt ohnehin im Todeskampf. Der IWF und das mit ihm verknüpfte Finanzsystem sind dabei, zusammenzubrechen. Ob sich dieser Kollaps schon morgen ereignet oder vielleicht irgendwann im Januar, ist ungewiß. Aber alle führenden Bankleute auf der Welt bereiten sich jetzt schon auf den Zusammenbruch des gesamten Währungs- und Finanzsystems vor. Sie belügen nur die Öffentlichkeit, solange sie nicht unter sich sind, weil sie nicht wollen, daß dies an die Öffentlichkeit gerät, bevor sie wissen, wie sie damit umgehen wollen.

Wir haben es also mit einer zusammenzubrechenden Weltordnung zu tun. Und wie bei den beiden Weltkriegen des letzten Jahrhunderts ist es kein Zufall, daß große Kriege oder ähnliche Flächenbrände mit großen Finanz- und Wirtschaftskrisen und gesellschaftlichen Krisen zusammenfallen.

Der Niedergang der letzten 40 Jahre

Was macht eigentlich die europäische Zivilisation aus? Wir werden uns offen damit auseinandersetzen, und einige Europäer werden sich durch meine Worte angegriffen fühlen, aber ich sage die Wahrheit. Sie muß gesagt werden.

Es gab in Europa einen langen Kampf darum, das bisher größte Problem der Menschheit zu lösen. In der bekannten Geschichte waren die Regierungen - oder was man dafür hielt - fast alle dadurch gekennzeichnet, daß eine kleine Schicht den Rest der Bevölkerung wie menschliches Vieh oder Wild behandelte. Die herrschende Schicht herrschte nicht nur mit Gewalt und dadurch, daß sie eine Gruppe gegen die andere ausspielte, sondern auch dadurch, daß sie die Menschen dumm und ungebildet hielt.

Das macht man mit der Bildung oder genauer "Unbildung" und mit der Propaganda und Kultur, wie sie seit etwa 1964 Amerika und Europa erfaßt hat. Der Kongreß für kulturelle Freiheit, tatsächlich eine faschistische Organisation, hatte das Ziel, die Fähigkeit der Bevölkerung zum selbständigen Denken zu zerstören. Statt dessen bot man ihr Sex und verkommene Massenunterhaltung als Ersatz für eigenständiges Denken und Wissen.

So wurde die Bevölkerung verdummt. Das Niveau der Schulen und Universitäten in Europa und den USA ist heute viel niedriger als vor 40 Jahren. Die Amerikaner sind heute, verglichen damit, wie sie vor 40 Jahren waren, einfach dumm.

Das ist so gewollt. Europa ist längst nicht mehr der Erdteil, der die Wunder der modernen Zivilisation, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und größerer Freiheit in Verbindung mit einem steigenden Lebensstandard geschaffen hat. In den 40 Jahren seit dem Mord an Kennedy, der Kuba-Raketenkrise und dem Eintritt der USA in den Indochinakrieg erlebte die Welt einen kulturellen "Wertewandel".

Unter Franklin Roosevelt haben die USA sich aus der Großen Depression herausgearbeitet und wurden in wirtschaftlicher und vieler anderer Hinsicht die führende Nation der Welt. Amerika unter Roosevelts Einfluß rettete die Welt vor dem Faschismus, der damals in Europa herrschte.

Hinter der faschistischen Übernahme Europas von 1922-45 steckten Bankiers, die man "Synarchisten" nannte. Dieses Bankensyndikat hatte das Sagen über die "unabhängigen" Zentralbanken der europäischen Länder. Die einzige Chance, beispielsweise Deutschland vor Hitler zu bewahren, wäre gewesen, den beherrschenden Einfluß der Bank von England auf die deutschen Banken zu brechen. Weil das nicht geschah, konnten die Deutschen das, was ihnen mit Hitler von außen aufgezwungen wurde, nicht verhindern.

Das gleiche gilt für ganz Kontinentaleuropa außer der Sowjetunion. Sie stürzten alle in den Faschismus, weil sie unfähig waren, die ausbeuterischen Übeltäter im Gewande "unabhängiger Zentralbanken" auszuschalten. Die Menschen und Nationen wurden Sklaven des Geldes, das von den Zentralbanken und den Geldinteressen hinter ihnen beherrscht wurde.

Die Macht und der strategische Vorteil der Vereinigten Staaten besteht darin, daß unsere Verfassung festlegt, daß die Banken nicht über die Menschen herrschen dürfen. Im Falle eines allgemeinen Bankrotts hat die Regierung die Aufgabe, unter ihrer Aufsicht die Banken einem geordneten Konkursverfahren zu unterziehen und die Menschen vor der Habgier der Bankiers zu schützen. Genau das tat Roosevelt: Er machte ein Konkursverfahren der Banken. Er begann Programme für eine Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit - in einem Land, in dem unter Herbert Hoover in den vier Jahren davor das Durchschnittseinkommen um die Hälfte eingebrochen war. Roosevelt machte Amerika zum mächtigsten Land der Welt.

Der Erfolg (gegen den Faschismus) war uns zu verdanken, zusammen mit dem Widerstand der Sowjetunion, den auch die amerikanische Unterstützung ermöglichte, und der Tatsache, daß sich die Briten uns anschlossen. Die Briten neigten selbst auch zum Faschismus, aber sie wollten ihr Empire nicht einem deutschen Tyrannen vom Kontinent überlassen. Churchill war nur deshalb gegen Hitler, weil der kein Engländer war. So schlossen sich die Briten eher widerwillig den USA im Kampf gegen Hitler an. Ohne Franklin Roosevelt wäre die Welt zur Hölle geworden.

Wir erleben nunmehr eine Wiederauflage dieses Kampfes, aber unter schlechteren Vorbedingungen als damals. Damals glaubten die Menschen noch an Produktion. Wir hielten Landwirtschaft und Industrie und Infrastruktur hoch.

Heute tun wir das nicht mehr. Heute glauben wir an Globalisierung. "Hört auf zu arbeiten. Laßt die Sklaven in der Dritten Welt billig für euch arbeiten! Sie werden euch die Waren liefern. Schließt eure Läden, eröffnet Wal-Mart-Filialen, in denen ihr die Billiglohnware kauft. Entlaßt eure Leute. Spart Geld, indem ihr die Infrastruktur abbaut. Kürzt eure Gesundheitsausgaben. Kürzt eure Rentenausgaben. Erhöht die Sterberate bei Kranken. Alles das, um den Haushalt auszugleichen - zum Nutzen der Banken, denen ihr gehört."

Der Kampf für die souveräne Republik

Was ist die Vorgeschichte? Im Mittelalter gab es das sog. ultramontane System, mit dem die venezianischen Bankiers im Bündnis mit den normannischen Rittern mehr als 500 Jahre lang Europa beherrschten. Es war ein parasitäres System der Schulden und Schuldeneintreibung; sie bluteten Europa aus, verhinderten jeden Vorstoß für souveräne Regierungen von Nationen - Europa war "globalisiert". Die heutige Globalisierung ist nicht anders.

Als dieses venezianische System im finsteren Zeitalter des 14. Jahrhunderts zusammenbrach, wurden die Hälfte aller Ortschaften und ein Drittel der Bevölkerung in Europa ausgelöscht. Die Krise heute ist vergleichbar. Wenn man weiter den IWF unterstützt, drakonische Sparpolitik betreibt, Menschen umbringt, indem man ihnen medizinische Versorgung verweigert, Menschen verdummt, indem man die Bildung und das Gemeinwesen zerstört - dann werden wir ein neues finsteres Zeitalter erleben. Wir produzieren nicht genug. Infrastruktur, Landwirtschaft, Industrie, Gesundheitswesen, Seuchenbekämpfung - alle diese Errungenschaften lassen wir zerfallen. Und wenn wir diese Versorgungssysteme nicht erhalten, beginnen wir auszusterben. Die Sterberate steigt. Genauso war es in früheren finsteren Zeitaltern wie dem 14. Jahrhundert in Europa.

Das Gute jener Zeit ist das Erbe großer klassischer Gelehrter wie Dante Alighieri, Petrarca oder der christlichen Tradition z.B. der Augustiner. Mit ihnen begann die Renaissance. Bisher war die geistige Überlieferung auf lateinische Schriften beschränkt gewesen, nun griffen die Humanisten auf die klassische griechische Kultur zurück. Dies ermöglichte im 15. Jahrhundert große Umwälzungen, woraus sich die ersten Nationalstaaten der Neuzeit, Frankreich unter Ludwig XI. und England unter Heinrich VII., entwickelten.

Aber die Venezianer schlugen zurück. Sie wollten die Nationalstaaten zerstören. Von 1511-1648 zettelten sie in ganz Europa Religionskriege und andere Kriege an, und das endete erst mit dem Westfälischen Frieden von 1648. Colbert, der politische Erbe Kardinal Mazarins, und andere strebten einen modernen Nationalstaat an, der auf den Errungenschaften der Renaissance und auf wissenschaftlich-technischem Fortschritt beruhte.

Aber dann ließ sich der Dummkopf Ludwig XIV. von Venezianern in Kriege hineinziehen, und dabei wurde von dem Guten, was Frankreich als treibende Kraft hinter der Erneuerung der europäischen Zivilisation hatte, viel zerstört. Für die Erneuerung standen Colbert und seine Schützlinge wie Leibniz. Einige gingen nach Leipzig, das so zu einem wichtigen Teil der Wiederauferstehung der deutschen Kultur aus den Trümmern des 30jährigen Krieges wurde. Bach und Leibniz stehen beispielhaft dafür.

Aber auch das wurde abgewürgt, weil das venezianische System vom anglo-holländischen System abgelöst wurde. Und England errang im Konkurrenzkampf mit den Holländern die Vormacht.

Dann kam der Siebenjährige Krieg. Die Briten spielten einen Teil des Kontinents gegen den anderen aus, sie zahlten praktisch an alle Seiten. Sie gaben Friedrich dem Großen Geld, damit er den Krieg weiterführte. Als sie ihre Ziele erreicht hatten, bezahlten sie ihn nicht mehr.

Aus diesem Chaos wurde mit dem Vertrag von Paris 1763 das britische Empire begründet. Es war nicht das Weltreich der britischen Monarchie, sondern das der Britischen Ostindiengesellschaft. Man nannte sie damals auch die "Venezianische Partei", weil sie ein Geschöpf Venedigs war.

Wie konnte nun Europa, das seine großen Chancen - Renaissance, Westfälischer Friede, die Politik Colberts, der Einfluß von Leibniz, Bach usw. - nicht genutzt hatte, sein Ziel erreichen? Dieses Ziel war die Gründung einer Gesellschaft auf der Grundlage des zentralen christlichen Prinzips, daß alle Menschen als Gottes Ebenbild geschaffen sind und mit Schöpferkraft begabt sind, die den Menschen grundsätzlich vom Tier unterscheidet. - Deshalb darf man Menschen nicht wie Tiere behandeln, wie das diejenigen tun, die einen Kreuzzug gegen den Islam predigen und Religionskriege anfangen, die unsere ganze menschliche Zivilisation zerstören könnten.

Die Berufung der Vereinigten Staaten

Wie konnten die Europäer sich von der Unterdrückung befreien? Sie benutzten die englischsprachigen Kolonien in Nordamerika! Es begann mit der Kolonie an der Massachusetts Bay. Um 1753 knüpften deutsche Wissenschaftler wie Kästner und andere Verbindungen nach Nordamerika. Europäische Kreise, die so dachten wie Leibniz und Bach, beeinflußten in Nordamerika die Kreise um Benjamin Franklin, den herausragenden Wissenschaftler und führenden Verfechter der amerikanischen Sache. Damit wollten diese Europäer helfen, in Nordamerika eine Republik nach den Vorstellungen Solons von Athen und der Renaissance zu gründen. Diese neue Republik sollte dann als Vorbild auf Europa zurückstrahlen, damit man dort ähnliche Republiken gründen könnte.

Es hat beinahe geklappt. In Amerika gründeten wir erfolgreich die erste und bisher einzige wahre Republik auf der Grundlage des Prinzips, das in der Unabhängigkeitserklärung nach Leibniz' Formulierung heißt: das Recht auf das Streben nach Glückseligkeit. Was meint Leibniz mit "Streben nach Glückseligkeit"? Meint er damit irgendwelche Belohnungen? "Glückseligkeit" bezieht sich auf eine Qualität, die nur Menschen, nicht die Tiere haben. Was macht Menschen wirklich glücklich?

Wir alle werden sterben. Wie kann man glücklich sein, wenn man weiß, daß man irgendwann sterben muß? Man kann Glückseligkeit nur empfinden, wenn es etwas gibt, das wichtiger ist als das eigene endliche Leben. Etwas, das man mit seinem Leben anfängt, das ihm einen Sinn gibt, so daß man vielleicht mit einem Lächeln auf den Lippen stirbt. Aus christlicher Sicht spricht man vom "Sieg über den Tod". Man überwindet den Tod, weil das Leben einen Sinn hatte.

Was macht den Menschen aus, was gibt ihm Glückseligkeit? Der Mensch ist ein schöpferisches Wesen. Alle Tierarten sind in ihrem Existenzpotential durch angeborene Beschränkungen begrenzt. Kein Tier kann willentlich die potentielle Bevölkerungsdichte seiner Gattung erhöhen. Wäre der Mensch ein Menschenaffe (manche unserer Politiker tun bisweilen so), hätte er niemals eine Bevölkerungszahl von ein paar Millionen auf der Erde überschritten - die zudem noch unter miserablen Lebensbedingungen hausen müßten. Heute aber leben mehr als sechs Milliarden Menschen auf der Erde.

Der steilste Bevölkerungsanstieg in Europa begann nach dem finsteren Zeitalter des 14. Jh. Es war die revolutionäre Änderung des Menschenbildes, wo man den Wert des einzelnen in der Qualität sah, die ihn zum "Ebenbild Gottes" machte: die Kraft, Prinzipien des Universums zu erkennen und durch ihre Anwendung das Universum um uns zum Wohle der Menschheit zu verändern. Deshalb können jetzt mehr als sechs Milliarden Menschen auf der Erde leben.

Daher sollte man seine Identität nicht in Äußerlichkeiten suchen, sondern in dem, was einen zum Ebenbild des Schöpfers macht: der Fähigkeit, die Gesetze des Universums zu entdecken und daraus die Mittel zu entwickeln, mit denen wir die Probleme der Menschheit lösen und die Welt für alle Lebewesen besser und schöner machen können. Das ist Glückseligkeit.

Dieses Leibnizsche Verständnis von Glück, das ein Voltaire nie verstehen konnte, war die Grundlage der Vereinigten Staaten von Amerika. Es richtete sich auch bewußt gegen John Locke, den Vordenker des anglo-holländischen liberalen Systems.

Aber wir mußten in den USA noch einen Schritt weitergehen. Wir brauchten ein Präsidialsystem. Das war ein harter Kampf. Die Prinzipien der amerikanischen Verfassung stehen in ihrer Präambel. Sie ist das oberste Gesetz der USA, dem alle anderen Teile der Verfassung und alle Gesetze untergeordnet sind. Es darf kein Gesetz und keine Verfassungsklausel geben, das die Prinzipien der Präambel verletzt.

Was besagt diese Präambel? Sie erklärt das Recht auf nationale Souveränität, denn nur wenn sie souverän ist, kann eine Nation ihre Angelegenheiten selbst regeln.

Zweitens: Alle Überlegungen und Bestrebungen müssen sich am Gemeinwohl der gesamten Bevölkerung orientieren. Keine Schicht oder Gruppe darf bevorzugt werden. Jeder hat das gleiche Recht zu leben.

Und wir dürfen uns nicht nur mit uns selbst beschäftigen. Die Erde gehört nicht uns Lebenden, sie gehört ebenso denen, die vor uns waren, und denen, die nach uns kommen werden. Deshalb müssen wir immer im Sinne unserer Nachkommen handeln.

Dieses grundlegende Gesetz wurde nicht in Amerika erfunden, aber es wurde dort zur Rechtsgrundlage des Staatswesens. Die Gedanken stammen aus Europa. Die größten Geister Europas, wie Kardinal Nikolaus von Kues im 15. Jahrhundert, haben dafür gekämpft. Viele sahen in diesem von Europa weit entfernten Land die Chance, eine solche Republik zu errichten, die zugleich auch, wie Lafayette später sagte, als "Leuchtfeuer der Hoffnung und Tempel der Freiheit" der ganzen Menschheit diente.

Das ist der Daseinszweck der Vereinigten Staaten! Wenn sie das nicht sind, verstoßen sie gegen ihr wichtigstes Eigeninteresse und gegen ihre Berufung für die Welt. Unsere Berufung ist nicht, die Welt zu regieren oder das zu versuchen. Es ist, dem Rest der Welt dabei zu helfen, das zu verwirklichen, was Europa im großen Konflikt gegen das Erbe des Römischen Reiches zu verwirklichen suchte.

Abraham Lincoln ist wohl der amerikanische Präsident, der dieses Rechtsprinzip und Rechtsverständnis am besten verkörpert. Er rettete die USA vor der Zerstörung durch die konföderierte Sklavenhalterideologie. Er war in moralischer Hinsicht wohl der größte Präsident, den Amerika je hatte.

Diese Berufung wird die Aufgabe des nächsten amerikanischen Präsidenten sein.

Europa kann viel beitragen, was zur Rettung der Menschheit wesentlich ist. Aber es hat gegenwärtig nicht die politischen Institutionen, mit denen es dieser Verantwortung gerecht werden kann. Es gibt Europäer mit der richtigen kulturellen Tradition, aber es gibt in Europa keine Republiken im strengen Sinne. Denn bisher haben die Banken bei jeder Krise, besonders bei Finanz- und Währungskrisen, die Macht an sich gerissen. So war es auch bei der Ausbreitung des Faschismus auf dem europäischen Kontinent von 1922-45.

Die Regierungen und das Volk waren nicht fähig, zu erklären: "Das Gemeinwohl der Menschen geht vor. Die Bankiers müssen sich hinten anstellen." Vor allem, weil die Bankiers keine ehrlichen Gläubiger sind. Sie haben ein System aufgebaut, das die Menschen ausblutet und unterdrückt. Wir haben das so weit hingenommen, daß nun das ganze System gefährdet ist; das Leben zahlloser Menschen steht auf dem Spiel, es gibt Grausamkeiten wie im Falle des Vorgehens des IWF gegen Argentinien. Wie Anne Krueger vom IWF Argentinien behandelt, ist ein klares Beispiel faschistischer Politik. (Wir nennen sie "Freddie Kruegers Mutter".)

Der IWF vertritt das Interesse der Finanzoligarchie venezianischer Art, die das Zentralbankwesen beherrscht, das wiederum die nationalen Bankenwesen der meisten europäischen Länder beherrscht und die Menschen ausbeutet. Deshalb wurde Hitler an die Macht gebracht. Die Synarchistische Internationale hatte das schon zur Zeit des Versailler Vertrages so geplant - wahrscheinlich noch nicht auf die Person Hitlers festgelegt, aber das Vorhaben als solches.

Europa kann sich aus eigener Kraft nicht retten. Deshalb müssen die USA die Aufgabe erfüllen, wofür die Europäer sie damals schufen: anderen Teilen der Welt zu ihrem Recht verhelfen, sich als wirklich souveräne Republiken selbst zu regieren, wo alle Menschen bewußt und wohlunterrichtet an der Regelung der Angelegenheiten des Landes mitwirken. Dazu müssen sie die Geschichts- und Rechtsprinzipien lernen, die sie bei ihren Entscheidungen leiten müssen, so daß sie Institutionen aufbauen können, mit denen sie sich selbst regieren.

Wir sind derzeit aus meiner Sicht in den USA recht gut in Form. Kerry ist sicher kein Allroundgenie. Aber wir müssen und können dafür sorgen, daß die Regierung, wenn es zum Konflikt zwischen der Finanzwelt und dem Gemeinwohl der Menschen kommt, die Bevölkerung schützt.

Nehmen wir die Lage in Deutschland. Nach letzten Schätzungen gibt es hier acht Millionen Arbeitslose oder mehr. Wenn diese acht Millionen Menschen sinnvolle Arbeit hätten, wäre Deutschland nicht bankrott. Alles wäre bestens.

Wie erreicht man das? Nimmt man Geld, das schon vorhanden ist? Nein, das erforderliche Geld gibt es noch nicht, man muß es erst "schöpfen", und zwar so, daß es solide ist. Das kann nur eine souveräne Regierung, die das Geld zwecks Schaffung produktiver Arbeitsplätze vergibt.

Das läuft nicht von alleine. Benutzt man das Geld nur, um die Menschen irgendwie zu beschäftigen, kann dies die Inflation anheizen. Man muß es für die richtige Art von Arbeitsplätzen ausgeben. Man muß es für etwas ausgeben, das noch 50 Jahre später einen realen Wert hat. Wenn etwas noch in 50 Jahren für die Gesellschaft einen Nutzen hat, dann kann man sich dafür auch über 50 Jahre - zu vernünftigen Zinsen - verschulden.

Dann kann man sofort mehr Menschen Arbeit geben und den Regierungshaushalt und das Land wieder ins Gleichgewicht bringen. Genau das tat Roosevelt. Und auf diese Weise haben wir auch den Bürgerkrieg gegen die britischen Agenten der Konföderation gewonnen. Das ist das Amerikanische System. Wir sind souverän in der Kreditschöpfung, aber wir müssen zugleich in der Art und Weise, wie wir Kredit schöpfen und wofür wir ihn vergeben, vernünftig und weise sein.

Ein optimistischer Ausblick

In China und Indien gibt es die größte Bevölkerungskonzentration der Welt. In China leben mehr als 1,3 Milliarden Menschen, in Indien mehr als eine Milliarde. Vergleichbare Größenordnungen sehen wir in Südasien, Südostasien und Nordasien. In diesen Regionen gibt es unterschiedliche Kulturen mit kulturellen Gegensätzen, manchmal sogar innerhalb einzelner Länder.

Zugleich ist dort der Umfang nutzbaren Landes beim derzeitigen technischen Entwicklungsstand begrenzt. China ist von der Landfläche her gesehen größer als Indien, aber es ist weniger entwickelt und kann deshalb den Vorteil des größeren Territoriums nicht nutzen. Diesen Ländern fehlen auch Rohstoffe, was das Bevölkerungswachstum, den Anstieg des Lebensstandards und der Arbeitsproduktivität pro Kopf begrenzt.

Was solte Europa also tun? Es sollte erkennen: "Das sind unsere Märkte!" China hat zwar moderne Industrie, Indien auch, aber sie reicht bei weitem nicht aus, damit die Regierungen der ganzen Bevölkerung Gerechtigkeit und Wohlstand bringen können, wie es ihre Aufgabe ist. Daher braucht man langfristige umfassende Entwicklungsvorhaben, die das gegenwärtige Kapital dieser Länder bei weitem übersteigen.

In die europäische und amerikanische Kultur ist die Idee des wissenschaftlich-technischen Fortschritts eingebettet. Wir haben viel davon aufgegeben. Aber wir könnten die Güter, die diese Länder brauchen, herstellen. Warum schließen wir mit den Ländern Asiens nicht langfristige Verträge über einen Zeitraum von ein bis zwei Generationen? Warum schaffen wir nicht die nötigen Geldmittel und bauen unsere Industrie wieder auf, um die Bedürfnisse und die Nachfrage dieser Länder zu befriedigen?

Wäre das nicht ein lebenswertes Leben? Ist das nicht der Grundgedanke des Westfälischen Friedens? Daß man zum gegenteiligen Nutzen handelt? Ist denn der Weg zu dauerhaftem Frieden und Sicherheit auf diesem Planeten nicht der, zum Wohle der Nachbarn zu handeln? Und sich dazu, unter Wahrung der Souveränität, mit anderen zusammenzutun? Man sollte erst daran denken, was man für andere tun kann - dann werden, wenn die anderen genauso denken, die eigenen Bedürfnisse vielleicht auch erfüllt.

Wer kann die gewaltigen Rohstoffvorkommen in Nord- und Mittelasien erschließen? Wer weiß, wie man sie erschließt, ausbeutet und für die Versorgung in der Zukunft bewahrt? Für die steigende Nachfrage in Süd-, Südost- und Ostasien? Wer? Rußland natürlich!

Auf dem Platz, der früher Roter Platz hieß, befindet sich das Geologische Museum, das Wernadskij-Museum, und die Menschen, die dort arbeiten und damit verbunden sind, haben das nötige Wissen, um dieses Problem, das China ganz unmittelbar betrifft, zu lösen.

Wir können Nord- und Mittelasien entwickeln. Man darf die Rohstoffe nicht vorschnell ausbeuten. Man muß das Gebiet erst entwickeln, es besiedeln, Städte bauen, Fabriken bauen, es bepflanzen - alles, was Menschen zum Leben brauchen.

Dazu braucht man Fachleute, die das können. Da sind die Russen und andere Leute. Wir können internationale Einrichtungen für das Bildungswesen und die Zusammenarbeit gründen, die diese Aufgabe lösen können. Und unsere Rohstofflager sind nicht auf das Land begrenzt. Wir haben nicht nur diesen Teil Asiens oder die Afrikanische Platte oder die vielen Rohstoffe Südamerikas, sondern auch die Meere! Die größten Rohstoffvorkommen der Erde befinden sich in und unter den Ozeanen. Sie machen den größten Teil der Erdoberfläche aus. Wir müssen lernen, die Rohstoffe des Planeten richtig zu verwalten und zu nutzen.

Wernadskij und die Noosphäre

Was ist physische Wirtschaft? Vergessen Sie das Geld! Geld ist ein Idiot, es weiß nicht im geringsten, was es tun soll. Es wird sich immer falsch verhalten, wenn es die Gelegenheit dazu erhält. Nur ein selbstmörderischer Dummkopf fordert allen Ernstes Freihandel, ungehinderte Geldströme und Globalisierung. Die Regierungen sollten das Geld schöpfen, und sie müssen das Geldwesen streng regulieren.

Nehmen wir den Fall unseres Freundes Wernadskij, ein großer Wissenschaftler, ein Anhänger Mendelejews, ein sehr schöpferischer Mensch, der sich mit diesen Dingen, über die ich im Zusammenhang mit der Entwicklung Eurasiens sprach, beschäftigt hat. Er hat in seinen großen Werken viel erreicht, er war ein Universalgenie. Aber eine ganz besondere Errungenschaft, eine seiner letzten, war ein Konzept, wie die Erde organisiert ist - etwas, was offenbar nur ganz wenige der heutigen Wissenschaftler verstanden haben.

Er griff auf das alte, voraristotelische Griechenland zurück, auf die Pythagoreer, Platon usw., auf die Vorstellung der Wissenschaft, die diese Griechen aufgrund ihres Verständnisses der ägyptischen Astronomie entwickelt haben. Die ganze neuzeitliche europäische Wissenschaft wurzelt in der ägyptischen Astronomie. Man bekommt einen Einblick in sie, wenn man etwa 4700-4800 Jahre zurückschaut, als die Pyramiden von Giseh gebaut wurden, und wenn man sie als das versteht, als was sie gedacht waren, nämlich als astronomische Instrumente. Und von dem ausgehend, was sie "Sphärik" nannten, definierten die Griechen die Anfänge der europäischen Wissenschaft.

Wernadskij erkannte, daß sich die Zusammensetzung des Lebens auf der Erde und im Universum auf drei Prinzipien stützt. Erstens gibt es aus der Sicht wissenschaftlicher Experimente Dinge, die wir als anorganisch ansehen. D.h., diese Vorgänge laufen nach Prinzipien ab, bei denen Intellekt oder Leben nicht mit ins Spiel kommen müssen. Anders gesagt, man kann sie für seine Zwecke ziemlich angemessen definieren, ohne zu berücksichtigen, daß das Leben oder die Erkenntnis als Prinzip auch existieren.

Dann gibt es als zweiten Bereich die Abläufe, die wir hauptsächlich als Fossilien kennen: die Erdgeschichte, die Produkte des Lebens. Dinge, die es auf diesem Planeten ohne das Wirken eines Prinzips des Lebens - im Gegensatz zu anorganischen Prozessen - nicht gäbe. Das nannte er die Biosphäre. Es finden sich auf der Erde immer mehr Überreste lebendiger Prozesse und im Verhältnis dazu immer weniger rein Anorganisches. Die Erde wandelt sich, als würde sie selbst ein lebendiges Wesen! Die Abläufe des Lebens erneuern und erweitern die Biosphäre.

Darüber hinaus gibt es ein Wirkprinzip, das kein niederes Lebewesen aufweist: das Erkenntnisprinzip, oder, wie die Griechen es nannten, die Fähigkeit zur Hypothesenbildung, womit der menschliche Geist die universellen Prinzipien, die man sonst im Leben oder in nichtlebenden Vorgängen nicht vorfindet, entdecken kann. Hier beginnt man schon zu sehen, daß die Informationstheorie reiner Unfug ist.

Wir leben als Menschen auf diesem Planeten, und wir hoffen, daß wir bald auch auf einigen anderen Planeten leben werden. Wir werden uns dorthin ausbreiten, das ist unausweichlich, wenn wir uns nicht selbst zerstören, bevor wir dort ankommen. Wir müssen zu ihnen, einfach weil sie zum Sonnensystem gehören. Denn das Sonnensystem ist ein einheitliches System. Wir müssen lernen, wie wir das Leben darin versorgen können. Wir müssen das Sonnensystem erforschen, um zu lernen, wie wir das Leben aus der Sicht der Abläufe in diesem System ordnen können. Wir werden dort Dinge herausfinden, von denen wir auf der Erde nichts wußten, die aber das Leben auf der Erde beeinflussen.

Und was tun wir Menschen? So wie die lebendigen Prozesse den Planeten grundlegend verändert haben, so daß sich Menschen überhaupt hier entwickeln konnten, so macht auch der Mensch seinerseits, indem er die Erde entwickelt, menschliches Leben da möglich, wo es sonst unmöglich wäre. Er tut das mit den Hinterlassenschaften seines Handelns, z.B. großen Wasserprojekten, die es in der Natur vorher nicht gab. Auf diese Weise können wir dort, wo sonst nur wenige Menschen leben könnten, eine große Bevölkerung versorgen.

Wir bauen die Noosphäre auf, die Ansammlung von Hinterlassenschaften, die wir manchmal Infrastruktur nennen. Wasserwege, Stromnetze, Schulen, Krankenhäuser - das alles gehört zur Noosphäre. Und diese Systeme füllen einen immer größeren Anteil der Landmasse des Planeten aus. Wir schufen die Grundlagen, die es uns ermöglichen, die potentielle Bevölkerungsdichte des Planeten zu erhöhen und den Lebensstandard steigern, weil die Menschen produktiver sein können. Das ist Wirtschaft, wie sie sein sollte.

Wir müssen heute in der Wirtschaft so denken, weil die Erde langsam voll wird - "voll" in dem Sinne, daß sich Abläufe so sehr verselbständigt haben, daß wir die Erde sinnvoll ordnen müssen. Man kann nicht mehr einfach in irgendeine abgelegene Gegend ziehen und dort ein Königreich gründen, so wie das früher versucht wurde. Man muß ein Gebiet entwickeln, damit eine größere Bevölkerung versorgt werden kann. Man muß es entwickeln, um für die Menschen einen höheren Lebensstandard zu erreichen. Dazu muß man die Umgebung als ganze mit wissenschaftlichen Methoden verändern.

Der Mensch ist kein Affe

Friedrich Engels meinte, der Mensch sei eine Art Affe, der nur deshalb Fortschritte gemacht habe, weil er seinen Daumen im Zusammenspiel mit den anderen Fingern zum Greifen benutzen könne. Das ist wissenschaftlich völliger Blödsinn. Der Mensch ist kein Affe. Er hat eine Fähigkeit, die kein Affe besitzt - was Wernadskij sehr gut erkannte. Er ist schöpferisch. Er besitzt diese geistige Fähigkeit zu wissenschaftlichen Entdeckungen; er kann Hypothesen aufstellen und experimentell beweisen, und er kann die Lebensbedingungen und das Verhalten der Menschheit ändern.

Diese Fähigkeit des Entdeckens ist keine Angelegenheit, die in der Gruppe funktioniert. Alle unsere Jugendlichen, die diesen dialogischen Prozeß mitgemacht haben, wissen das. Man tauscht sich mit anderen Menschen aus, aber der Antrieb zum Handeln kommt aus dem souveränen Geist jedes einzelnen.

Deshalb gibt es in der Gesellschaft dieses scheinbare Paradox: Damit Fortschritt möglich ist, muß man sich kollektiv darauf einigen, daß wir die Welt, in der wir leben, in einer bestimmten Art und Weise weiterentwickeln. Denn ohne Zusammenarbeit geht das nicht. Aber der Antrieb, der Funken, der es uns ermöglicht, die Prinzipien, die wir uns nutzbar machen, zu entdecken, kommt nur aus einer einzigen Quelle: aus den schöpferischen Fähigkeiten des individuellen menschlichen Geistes. Niemand hat jemals diese Schöpferkraft von außen beobachtet. Man kann es nicht. Sie läßt sich nicht physikalisch messen. Sie entspricht nicht der Natur der Biosphäre. Es ist eine höhere Kraft, die in unserem Universum existiert. Das ist sehr interessant für Theologen, weil das bedeutet, daß Gott im Universum existiert. Sonst gäbe es das nicht. Und Gott ist auch im Menschen, sonst wäre der Mensch nicht dazu fähig. Nur der einzelne, souveräne menschliche Geist kann etwas erkennen und damit eine Art Unsterblichkeit gewinnen.

Nehmen wir zum Beispiel Archimedes. Archimedes war nicht der größte Forscher der Antike, aber er ist ein gutes Beispiel. Er machte Entdeckungen, die sehr ausführlich dokumentiert sind, weil ein paar Franzosen alles darüber gesammelt haben. Ein Student in unserer Jugendbewegung - vielleicht auch an der Universität, aber da sind sie ein bißchen fauler - nimmt sich also eine Entdeckung des Archimedes vor. Man betrachtet das Problem so, wie dieser es definiert hat. Man erkennt, über welche Anomalie er das Prinzip entdeckt hat. Nun vollzieht man im eigenen Geist die Entdeckung nach, so wie Archimedes sie in seinem Geist machte.

Was geschieht da? Man hat als lebendiger heutiger Mensch etwas nachvollzogen, was Archimedes getan hat. Man hat die gleiche Erfahrung gemacht, und nun taucht im eigenen Kopf die gleiche Idee auf, die er entdeckte, so, als lebte er heute. Das ist Kultur: das Weitergeben derartiger Ideen aus der Wissenschaft und der klassischen Kunst.

Diese Ideen werden dann im Geist der Menschen, denen wir die Entdeckungen weitergeben, nacherlebt. Auf diese Weise lernen wir die großen Geister sozusagen persönlich kennen. Sie haben einen Einfluß auf uns. Wenn sie sterben, kann man im eigenen Geist nacherleben, was in ihrem vorging, wenn man es wirklich erfaßt hat. Das ist unsere Beziehung zur Menschheit vor uns. In uns, die wir heute leben, lebt die ganze Menschheit. Und unser Streben nach Glück besteht darin, sicherzustellen, daß wir in der Gesellschaft leben, die wir für morgen schaffen.

Das ist die Grundlage der physischen Wirtschaft. Geld an sich ist nichts, es ist nur ein Stück Papier, eine Fiktion. Es gibt kein Gesetz des Geldes oder des Freihandels. Das ist alles Humbug. Wir müssen das Geld lenken, weil es dumm ist, aber wir müssen es so lenken, daß es einem bestimmten Zweck dient. Nicht wie bei den Kommunisten, die behaupteten, die Proletarier würden sozusagen instinktiv, kollektiv, weise handeln. Nein, wir müssen es über die Entwicklung des einzelnen, des individuellen menschlichen Geistes lenken.

Und wir müssen eine Gesellschaft aufbauen, in der wir es erreichen, daß immer mehr Menschen, statt nur Menschenvieh zu sein, an der Gesellschaft teilhaben - in dem Sinne, daß sie glücklich sein wollen. Glück bedeutet, ein notwendiger Teil der Zukunft zu sein. Nicht, daß wir biologisch in der Zukunft leben, sondern daß wir künftigen Generationen Gutes hinterlassen. Wir sehen in uns eine Lebensaufgabe, an der wir arbeiten.

USA müssen ersten Schritt tun

Der andere Gesichtspunkt bei diesem Selbstverständnis des Menschen taucht in der Militärwissenschaft auf. Typisch ist Shakespeares Hamlet. Der Fall ist von Bedeutung, wenn wir an John Kerry denken.

Hamlet war ein tapferer Soldat. Kerry war auch ein tapferer Soldat. Auch wenn er den Krieg nicht mochte, hat er tapfer gekämpft. Er konnte auf der Ebene eines Hauptmanns oder Majors, vielleicht auch eines Obersten gute Befehle erteilen. Aber eins fehlte ihm, genau wie Hamlet, einem ähnlich fähigen Soldaten. Hamlet konnte einen Menschen hinter einem Vorhang erstechen, ohne zu wissen, wer es war, aber er konnte sich nicht der Unsterblichkeit stellen. Er wäre nicht fähig, das Oberkommando zu führen. Er wäre nicht in der Lage, zu tun, was Friedrich der Große in Leuthen tat, nämlich die Verantwortung dafür zu übernehmen, sein ganzes Heer zu riskieren, wenn es strategisch notwendig ist.

Der Unteroffizier, der Leutnant, der Hauptmann, der Major wird gute Arbeit tun und auch Opfer bringen, aber nur, wenn er der Heeresleitung vertraut, daß es nicht vergebens sein wird. Wenn er weiß: Wenn er fällt, ist es für eine gute Sache.

Doch derselbe tapfere Soldat und Kommandeur einer Einheit versagt, wenn er in die Lage kommt, wo das Überleben seines Landes davon abhängt, daß er die richtigen Entscheidungen trifft. Dann ist er ein Hamlet, der sich lieber bei einem Kampf in den Tod stürzt, als sich der Unsterblichkeit zu stellen.

Heutzutage laufen alle diese Verrückten herum, die behaupten, religiös zu sein. Die meisten von ihnen verstehen die Frage der Unsterblichkeit überhaupt nicht. Jemand verspricht ihnen eine elegante Suite auf der anderen Seite des Lebens, nach dem Tod. Das ist kein Verständnis von Unsterblichkeit. Ein wahrer Christ versteht unter Unsterblichkeit, wie Christus sein sterbliches Leben für die Zukunft der Menschheit hingegeben hat. Das ist es, was einen Heiligen, einen Apostel auszeichnet. Es ist die Fähigkeit, die Menschen richtig zu führen, und das ist heute unser größter Mangel. Ich kenne z.B. niemanden in führender Stellung in Europa, der das kann. Ich kenne auch in Amerika keinen außer mir, der das kann.

Deshalb werden wir folgendes tun. Wir nehmen einen sehr guten Kommandeur mittlerer Ebene, einen Kerry. Ein hochintelligenter Mann und ein Mann von Charakter. Vergessen wir seine Schwächen - viele Menschen haben Schwächen. Aber alles in allem ist der Mann nicht schlecht. Er kann die Aufgabe bewältigen. Ich habe jetzt gute Verbindungen zu Leuten in den Institutionen der Vereinigten Staaten und zu verantwortlichen Leuten in anderen Ländern, die es möglich machen, daß ein Präsident der Vereinigten Staaten die bestmögliche Beratung erhält. Wir müssen um einen solchen Staatschef, für den wir uns entschieden haben, eine Regierungsinstitution aus Menschen aufbauen, die zusammen die Entscheidungen treffen, die ein großer Feldherr treffen muß.

Unser Ziel darf nichts geringeres sein, als diesen Planeten zu retten. Denken Sie nicht an dieses oder jenes Land, an nächste Woche oder nächstes Jahr. Lassen Sie sich davon nicht ablenken. Worum es wirklich geht, ist die Rettung der Zivilisation, die jetzt in Gefahr ist.

Uns droht etwas viel schlimmeres als Hitler. Cheney selbst ist zwar nicht so bedeutsam, aber die Weltordnung, der Zustand der Erde ist viel schlimmer als in den 20er Jahren. Wir brauchen außergewöhnlich gute Führung. Die muß von den USA kommen. Nach allem, wie ich Europa kenne, werden Leute in Europa, wenn die USA diese Führung böten, sehr schnell mitmachen, weil sie einen Ausweg wollen. Wie wir an der Grußbotschaft unseres irakischen Freundes gesehen haben, gibt es Kräfte in der arabischen Welt, die mitmachen würden. Sie wollen nur eine Führung, mit der sie arbeiten können, damit wir aus dieser Hölle, die wir jetzt erleben, wieder herauskommen.

Überall auf der Erde sind Kräfte, die mitarbeiten würden. Ich kenne viele von ihnen selbst oder weiß von ihnen. Sie würden mithelfen. Aber wer tut den ersten Schritt? Die Vereinigten Staaten sind die Nation, die den andern vorangehen muß, u.a. weil sie so viel Macht haben. Und wir haben jetzt eine sehr gute Chance, die Regierung Bush-Cheney loszuwerden. Wer das Gegenteil behauptet, der hat keine Ahnung.

Wenn Kerrys Leute nichts falsch machen (und wie Sie wissen, stecke ich da unmittelbar mit drin), werden wir gewinnen. Es gibt keine Garantie, noch ist der Krieg nicht gewonnen, aber wir sind in einer siegreichen Position. Und wir müssen so denken wie ein Feldherr. Ich darf nicht denken: Was ist, wenn wir verlieren? So denkt ein Befehlshaber nicht. Er sieht nur das Ziel und verfolgt es uneingeschränkt, bedingungslos. So bedingungslos, wie ich entschlossen bin, das, wofür Bush und Cheney stehen, zu besiegen.

Wenn wir das überstanden haben - und ich glaube, wir werden es - , müssen wir daraus einige Lehren ziehen. Wir müssen lernen, daß jetzt die Zeit gekommen ist, wo man nicht mehr mit der Menschheit herumspielen kann wie in früheren Zeiten. Wir brauchen so etwas wie den Westfälischen Frieden, wo wir sagen: "Wir brauchen auf diesem Planeten souveräne Nationalstaaten, denn sonst haben wir keinen Mechanismus, über den der einzelne kulturell an den Angelegenheiten seiner Nation teilnehmen kann." Deshalb muß die Globalisierung ein Ende haben. Menschen verstehen Ideen nur durch die Kultur, aus der sie kommen. Von da ausgehend können sie auch ein Verständnis für die weltweite Ebene entwickeln, aber sie müssen innerhalb der kulturellen Vorbedingungen ihrer Spreche etc. arbeiten. Sie brauchen eine eigene Nation. Sonst sind sie als einzelner nicht souverän.

Gleichzeitig müssen wir aber auch begreifen, daß wir diese Souveränität so verstehen müssen, wie es der große Kardinal Mazarin tat. Die Souveränität in einer Ordnung von Nationalstaaten ist nur möglich, wenn jedes einzelne dieser Länder fest entschlossen ist, sich für das Wohl aller anderen einzusetzen. Jede Nation muß daran denken, was sie für die Menschheit als ganze oder für bestimmte Teile der Menschheit tun kann. Was man für die anderen tut, ist die beste Quelle für die Sicherheit der eigenen Nation. Wer meint, Wettbewerb und Konkurrenz seien die notwendigen Bedingungen von Patriotismus, der ist ein Dummkopf und wird mit Sicherheit wieder neue Krisen verursachen.

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