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  Oktober 2005 Journal (Texte)

"Schreckenswochen" für Cheney und Bush

Den US-Institutionen platzt der Kragen angesichts der Unfähigkeit und Korruption des Weißen Hauses und seiner Verbündeten im Kongreß. Das äußert sich in mehreren Gerichtsverfahren, die in den Sturz der Regierung Bush-Cheney münden können.

Über die Regierung Bush-Cheney fegt ein politischer Sturm hinweg, der nicht weniger heftig ist als Katrina. Letzte Woche fielen in mehreren seit langem schwelenden Strafverfahren gegen führende Mitarbeiter des Weißen Hauses und seine Verbündeten im Kongreß Entscheidungen, die die gesamte korrupte Maschinerie der Neokonservativen zerschlagen könnten.

Lyndon LaRouche kommentierte diese Serie verheerender Rückschläge für den Apparat um Bush, Cheney und den Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus Tom DeLay am 30. September folgendermaßen:

"Über die Einzelheiten der verschiedenen Fälle von Kriminalität und Korruption hinaus, für die sie nun offenbar zur Verantwortung gezogen werden, erleben wir eine allgemeine Reaktion auf den Zusammenbruch der Funktionsfähigkeit der Regierung der Vereinigten Staaten. In allen Fällen ist die instinktive Reaktion die gleiche: Mit diesem korrupten und unfähigen Regime Bush-Cheney geht es nicht mehr weiter. Diese Regierung taugt nichts. Das Repräsentantenhaus tut seine Arbeit nicht, weil die republikanische Fraktionsführung um Tom DeLay zu sehr damit beschäftigt ist, alles, was nicht niet- und nagelfest ist, zu stehlen...

Das ist keine Verschwörung gegen Bush und Cheney. Es ist eine gesetzmäßige Reaktion auf das Chaos und den Zusammenbruch der Regierungsarbeit... Das läuft nicht ordentlich ab, sondern es kommt etwas zum Ausbruch, was sich seit langem aufgestaut hat. Und das keine Minute zu früh. Mit einem Weltfinanzsystem im Zustand des völligen Zusammenbruchs können weder die USA noch der Rest der Welt dieses Fiasko Bush-Cheney viel länger überleben."

Schlag auf Schlag

Als Vizepräsident Dick Cheney sich von einer Operation wegen seiner Herzprobleme erholen mußte und gleichzeitig seine nächsten Schritte für mehr Krieg und Polizeistaat plante, erlebte er gleich mehrere schwere politische Rückschläge hintereinander.

  • Am 28. September erhob eine Grand Jury in Texas Anklage gegen Tom DeLay, und er mußte zurücktreten. DeLay - genannt "der Hammer" - hatte als gnadenloser Einpeitscher die Anweisungen des Weißen Hauses im Repräsentantenhaus durchgesetzt. Ihm wird vorgeworfen, unter Verstoß gegen das texanische Wahlgesetz 190 000 Dollar aus Firmenspenden über den Parteivorstand der Republikaner in Washington an texanische Kongreßkandidaten geschleust zu haben. Sofort brach unter seinen Parteikollegen Streit darüber aus, wer den Fraktionsvorsitz übernehmen soll, und seit langem schwelende Konflikte in der republikanischen Fraktion traten offen zu Tage. Am 5. Oktober wurde die Anklage gegen DeLay noch erweitert.

    Verschärft werden DeLays rechtliche Nöte durch Anklagen und laufende Ermittlungen gegen einen seiner Hauptgeldgeber, den Kasinobetreiber und Lobbyisten Jack Abramoff. Nur Tage vor der Anklage gegen DeLay stellte die Staatsanwaltschaft Strafantrag gegen drei Mafia-Auftragsmörder wegen Mordes an Gus Boulis, dem früheren Besitzer der Reederei SunCruz, die Kasinoschiffe betreibt, die Abramoff und seine Partner übernommen hatten - ohne Boulis dafür zu bezahlen. Deswegen wurde Abramoff schon vor einigen Monaten in Florida angeklagt. Daneben laufen weitere Verfahren gegen ihn, weil er Indianerstämme bei Kasinogeschäften um Zigmillionen Dollar betrogen haben soll, wovon ein Teil an DeLay geflossen sein soll. Abramoff und DeLay stehen im Mittelpunkt eines Spenden- und Lobbyapparats, zu dem weitere führende Republikaner wie der Ex-Anführer der "Christlichen Koalition" Ralph Reed und der "Steuerrebell" Grover Norquist gehören.

  • Als nächstes ließ der frühere Pentagon-Analyst Larry Franklin durch seinen Rechtsanwalt bekanntgeben, daß er mit der Staatsanwaltschaft ein Schuldgeständnis vereinbart hat: Er wird mit der Anklage zusammenarbeiten und gegen seine neokonservativen Freunde im Pentagon sowie Steven Rosen von der einflußreichen rechts-jüdischen Lobbygruppe AIPAC aussagen. Im Frühjahr war Franklin angeklagt worden, Geheimunterlagen des Pentagon an die führenden AIPAC-Vertreter Rosen und Keith Weissman sowie an die israelischen Botschaft in Washington weitergegeben zu haben.

    Der Fall Franklin trifft den Kern des neokonservativen Apparats unter Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Zwar sind dessen Vertraute Paul Wolfowitz und Doug Feith inzwischen aus dem Pentagon ausgeschieden (Wolfowitz wurde Chef der Weltbank), aber ihre politischen Cliquen dort bestehen weiter. Quellen aus dem Umfeld des FBI zufolge könnte Feith, der als Politischer Staatssekretär im Pentagon Franklins Vorgesetzter war, nun in große Schwierigkeiten geraten.

  • Der persönlich schwerste Schlag für Dick Cheney kam jedoch am 29. September, als die New York Times-Reporterin Judith Miller einwilligte, vor der Grand Jury des unabhängigen Ermittlers Patrick Fitzgerald zum Fall Valerie Plame auszusagen. Miller war im Sommer wegen Mißachtung der Justiz in Beugehaft genommen worden, weil sie sich weigerte, über ihre Zusammenarbeit mit Cheneys Stabschef Lewis "Scooter" Libby auszusagen.

    LaRouche nahestehende Publikationen hatten als erste berichtet, Libby und andere Mitarbeiter Cheneys wie John Hannah hätten gezielt an den Kolumnisten Robert Novak und andere Presseleute durchsickern lassen, daß Valerie Plame eine verdeckt arbeitende CIA-Agentin war. Plame ist die Ehefrau des früheren Botschafters Joe Wilson, der im Auftrag der CIA in den Niger fuhr und die Behauptung widerlegte, Saddam Hussein habe versucht, dort Uranerz für den Bau von Atombomben zu kaufen. Cheneys Mitarbeiter trafen sich Mitte März 2003, um ihr Vorgehen gegen Wilson abzusprechen und so die Opposition gegen den Irakkrieg mundtot zu machen. Im Rahmen ihrer Absprache mit dem Gericht erklärte Judith Miller nun, es sei Libby gewesen, mit dem sie über Plames Identität gesprochen habe.

Muß auch John Bolton aufgeben?

Zu Millers Erklärung und bevorstehender Aussage sagte Lyndon LaRouche: "Das ist für Cheney & Co. verheerend - aus drei Gründen. Erstens der Geheimnisverrat an sich. Libby ist nun selbst der Preisgabe der Identität Plames an die Medien schuldig. Zweitens die Frage der Vertuschung. Hier sind Libby und andere in Meineid, Behinderung der Justiz und eine ganze zweite Kategorie von Straftatbeständen verwickelt, die mit der Vertuschung zu tun haben. Und wird irgend jemand ernsthaft glauben, daß Libby all das auf eigene Faust tat, ohne seinen Boß Cheney zu konsultieren? Wohl kaum."

"Und schließlich", fuhr LaRouche fort, "ist da als dritter Punkt die Rolle des amtierenden UN-Botschafters John Bolton in der ganzen Sache. Wir wissen, daß Judith Miller mit Bolton eng vertraut war, beide waren Schlüsselfiguren der "Irakgruppe des Weißen Hauses" (WHIG). Die WHIG stand von Anfang an im Zentrum von Fitzgeralds Ermittlungen. Werden wir bald erleben, daß Amerikas UN-Botschafter die Koffer packen muß? Ich hoffe es. Ich vermute, einige Leute in den Institutionen sehen im Fall Plame die perfekte Gelegenheit, Bolton aus dem UNO-Posten zu entfernen."

Eine letzte Warnung

Nicht alle sind froh darüber, daß dieser Regierung das Ende droht. Die Washington Post, das Sprachrohr der synarchistischen Geldelite in der amerikanischen Hauptstadt, veröffentlichte am 29. September eine ungewöhnliche Warnung ihres politischen Chefkommentators Jim Hoagland. Er verlangte, jemand müsse Bush endlich die Leviten lesen, um den Zusammenbruch seiner Regierung zu verhindern.

Hoagland schreibt: "Bushs Herumpfuschen, seit ihn der Hurrikan Katrina am falschen Ort und auf dem falschen Fuß erwischte, enthüllt ein allgemeines Muster wiederholter Mißachtung der Regierungspflichten, falscher Loyalität gegenüber unfähigen Untergebenen und einen lähmenden Unwillen, aus Fehlern zu lernen... Diese harsche Einschätzung verschafft mir keine Genugtuung. Ich habe nie die unvernünftige Überzeugung vieler seiner voreingenommenen Gegner geteilt, Bush sei als Führer der Nation nicht rechtmäßig, blöde oder beides."

Genau das sagt LaRouche, aber Hoaglands Versuch, mit seinem "brutalen Ratschlag" Bush noch irgendwie zu retten, kommt zu spät. Bushs und Cheneys Schiff sinkt bereits wie die Titanic, und wenn man die Liegestühle an Deck anders anordnet, ändert das nichts mehr.

Jeffrey Steinberg

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