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  Januar 2006 Journal (Texte)

Zum Tode von Coretta Scott King

Die stellvertretende Vorsitzende des Schiller-Instituts in den Vereinigten Staaten, Amelia Boynton Robinson, hat zum Tode ihrer langjährigen Freundin und Weggefährtin Coretta Scott King - der Witwe Martin Luther Kings - die folgende Erklärung verfaßt. Frau Boynton Robinson ist selbst eine international bekannte Bürgerrechtlerin. Sie arbeitete mit Martin Luther King zusammen, und sie stand 1965 bei dem Freiheitsmarsch von Selma nach Montgomery in Alabama, der erst beim dritten Anlauf unter dem Schutz der Bundespolizei gelang, mit an der Spitze. Beim ersten Versuch, dem berüchtigten "Blutsonntag von Selma", wurde der Demonstrationszug von der Staatspolizei Alabamas brutal aufgehalten, was Amelia Boynton Robinson fast das Leben kostete.

Am Dienstagmorgen, dem 31. Januar 2006, ließ Coretta Scott King das Äußere ihres großartigen Lebens hinter sich, und Gottes Engel trugen sie sanft an ihren Ruheort.

Ich habe sie [1954] kennengelernt, einige Monate nachdem die Familie - damals noch mit nur einem Kind, Yolanda - nach Montgomery in Alabama gezogen war, wo Dr. King seine Pfarrstelle an der Dexter Avenue Baptist Church angetreten hatte. Nach dem Tode Martin Luther Kings war Coretta entschlossen, sein Erbe weiterzuführen. Und ich war eine der ersten, die gefragt wurden, ob sie dem Vorstand des neu ins Leben gerufenen King Center in der Auburn Avenue in Atlanta (Georgia) angehören wollen. Zehn Jahre lang war ich als Vorstandsmitglied des King Center aktiv. In dieser Zeit gewann ich durch Coretta mehr Geduld, Entschlossenheit und Mut im Kampf gegen die Diskriminierung durch weiße Bürger und gegen die tiefsitzende Furcht bei den Schwarzen.

Coretta war eine sehr starke Frau: Sie mußte vier Kinder großziehen, während sie ihren Mann der Welt lieh, gegen den Widerstand der Ungläubigen, die es haßten, wenn man gegen die rassistische Politik Ärger machte. Sie blieb standfest und tröstete andere.

Es gab viele dunkle, schmerzliche Tage, und viele Nächte, in denen sie nicht schlafen konnte, aber nie ließ sie sich entmutigen, gab nie die Hoffnung auf - sie ertrug das Bittere, das mit dem Süßen einherging. Der Sieg im Kampf um das Wahlrecht der Schwarzen in Amerika und das Bürgerrechtsgesetz (Civil Rights Act) waren süßer Lohn.

Nachdem sie auf diese Weise ihr Kreuz getragen hatte, der Welt ihren Mann gab, vier Kinder großzog, Tausende, die sich mit politischen Problemen an sie wandten, tröstete, und Tag und Nacht arbeitete, damit der Traum vom King Center wahr wurde - da wußte Gott, daß Coretta Scott King die ihr gestellte Aufgabe erfüllt hatte. Nun war sie der Sorgen und Nöte der Welt müde, und er sprach zu ihr: "Gut gemacht, meine brave, treue Dienerin." Dann sandte er ihr zwei seiner himmlischen Engel, die brachten ihren Geist an den wunderschönen Ort, wo es keine Krankheit mehr gibt, keine Sorgen, Leiden oder Tod. Ich bin sicher, daß ihr Mann Martin Luther King sie dort schon erwartete, und daß sie mit ihrer schönen Stimme in den Chor der himmlischen Heerscharen einfiel.

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