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  Oktober 2005 Journal (Texte)

Senat erhebt sich gegen das Weiße Haus

In offener Auflehnung gegen das Regime Bush-Cheney-Rumsfeld verabschiedete der Senat mit 90:9 Stimmen ein eindeutiges Folterverbot für das amerikanische Militär.

90 Senatoren - darunter 46 Republikaner - haben sich über Vizepräsident Dick Cheney und das Weiße Haus hinweggesetzt und dafür gestimmt, das Verbot der Folter für die US-Streitkräfte zu bekräftigen und einheitliche Standards für die Behandlung von Gefangenen im "Krieg gegen den Terrorismus" zu schaffen.

Mit 90:9 Stimmen - und mit substantieller Unterstützung aus den Streitkräften - widersetzte sich der Senat dem angedrohten Veto des Präsidenten, das Vizepräsident Cheney persönlich übermittelt hatte. Cheney hatte behauptet, wenn der Senat in dieser Frage sein Aufsichtsrecht geltend mache, wäre das eine inakzeptable Einmischung in die Art und Weise, wie der Präsident den "Krieg gegen den Terrorismus" führe.

Der republikanische Senator John McCain, der den Anti-Folter-Antrag eingebracht hatte, verlas vor dem Plenum einen Brief des ehemaligen Außenministers und Generalstabschefs Colin Powell, in dem dieser darauf hinwies, daß der Senat nach der Verfassung die Verantwortung hat, die Behandlung von Kriegsgefangenen zu regeln:

"Ich glaube auch, daß die Welt zur Kenntnis nehmen wird, daß Amerika eine eindeutige Erklärung über das erwartete künftige Verhalten unserer Soldaten abgibt", schrieb Powell. "Eine solche Reaktion wird dazu beitragen, mit der schrecklichen Krise der öffentlichen Diplomatie, die durch Abu Ghraib entstanden ist, fertigzuwerden."

28 hohe Offiziere außer Dienst unterzeichneten einen Brief an Senator McCain zur Unterstützung seines Antrags, der vom Vorsitzenden des Streitkräfteausschusses im Senat John Warner und mehreren anderen Republikanern wie Lindsey Graham, Gordon Smith und Susan Collins mitgetragen wurde. 25 der Unterzeichner dieses Briefes sind ehemalige Generalstabsoffiziere wie der frühere CentCom-Kommandeur Gen. Joseph Hoar und der frühere Chef des Vereinigten Generalstabs Gen. John Shalikashvili. Die drei übrigen Unterzeichner sind hochdekorierte ehemalige Kriegsgefangene in Vietnam.

Klare Vorschriften für Gefangenenbehandlung

McCains Antrag enthält zwei Vorschriften: Die eine verlangt, daß sich das sich alle Angehörige der US-Streitkräfte an das Handbuch der US-Armee über Verhöre halten. Die andere bekräftigt das Verbot "grausamer, unmenschlicher und degradierender Behandlung" für sämtliche amerikanische Staatsorgane - wie es auch in der Genfer Konvention vorgeschrieben ist.

In dem Brief der Offiziere heißt es: "Die Mißhandlung von Gefangenen schadet Amerikas Sache im Krieg gegen den Terror, sie gefährdet die Angehörigen amerikanischer Streitkräfte und Dienste, die vom Feind gefangen werden könnten, und widerspricht den Werten, die die Amerikaner seit Generationen hochgehalten haben." Diese Werte seien im Feldhandbuch der Armee enthalten, das sie als "Goldstandard" für das Verhör gefangener Feinde bezeichnen, der "wirksam, gesetzmäßig und human" sei.

Sie führen die Mißhandlungen von Gefangenen in Abu Ghraib, Guantánamo und anderswo auf die "zweideutigen Anweisungen" zurück, die den Soldaten und Soldatinnen gegeben wurden, was durch Erklärungen aus der Regierung über die im Ausland gefangenen "feindlichen Kombattanten" noch verschlimmert worden sei. "Den Diensttuenden wurde eine klare Führung verweigert, und man schob ihnen die Schuld zu, als die Dinge falsch liefen", klagen die Offiziere. "Sie haben besseres verdient."

Cheneys Vetodrohung

Im Juli hatte Dick Cheney mit einem Veto des Weißen Hauses zur Blockierung des gesamten Verteidigungshaushaltes gedroht, falls im Ausgabengesetz ein Folterverbot enthalten sei, und diese Drohung wurde noch am Tag vor der Abstimmung des Senats wiederholt. Im Juli hatte der Sprecher der Senatsmehrheit, Senator Bill Frist, den Verteidigungshaushalt zurückgezogen, um die Zusätze zu abzublocken. Aber diesmal gelang es Senator Warner, Frists Unterstützung zu gewinnen. Damit das Gesetz auch in Kraft treten kann, braucht es auch die Unterstützung der Republikaner im Repräsentantenhaus, das bisher noch keinen solchen Zusatz verabschiedet hat.

Edward Spannaus

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