Mai 2006 Jugendbewegung

Intervention in die Weltwirtschaftskrise

Etwa 55 Jugendliche aus Deutschland, Dänemark, China, Australien und den USA kamen am 13. und 14. Mai zusammen, um sich das geistige Rüstzeug zuzulegen, das für eine potente Intervention in die Weltwirtschaftskrise dringend gebraucht wird.

Lyndon LaRouche prognostizierte am 20. April den Zusammenbruch des Weltwährungssystems für spätestens September, würde der Hyperinflation an den Rohstoffmärkten nicht Einhalt geboten. Während er in den USA mit seiner LaRouche-Jugendbewegung (LYM) um die Rettung der Automobilindustrie als Motor für einen Wiederaufbau kämpft, zerfällt die Regierung Bush-Cheney weiter: Bushs wichtigster politischer Berater, Karl Rove, ist jetzt wegen Meineides und Behinderung der Ermittlungen im Fall der enttarnten CIA-Agentin Valerie Plame angeklagt. In Frankreich jagt ein Skandal um Chirac, de Villepin und Sarkozy den anderen, Italien hat erfolgreich eine rechte durch eine linke Nicht-Regierung ersetzt und Deutschland tapst mit kleinen und großen Schritten einem sozialen und wirtschaftlichen Abgrund entgegen.

Vor diesem Hintergrund und im Kontext unserer Intervention in die Abgeordnetenhauswahl in Berlin im September dieses Jahres, bei der wir mit zahlreichen und gerade jungen Kandidaten antreten, trafen sich die derzeitigen und zukünftigen Mitglieder der LYM außerhalb Berlins zu einer "Kaderschule" - einem Wochenende intensiver Arbeit an LaRouches Ideen der physischen Ökonomie. Etwa 55 Jugendliche aus Deutschland, Dänemark, China, Australien und den USA kamen zusammen, um sich das geistige Rüstzeug zuzulegen, das für eine potente Intervention in die Weltwirtschaftskrise dringend gebraucht wird.

So führte uns, nach einem Überblick über die politisch-strategische Lage der Welt durch Helga Zepp-LaRouche, Marcus Kührt in das erste Buch von Keplers Neuer Astronomie: "Über die Vergleichung der Hypothesen". Der Titel verrät noch nicht, daß es eigentlich um die Vergleichung der Hypothesen Ptolemaios', Tycho Brahes und Johannes Kopernikus' geht. Keplers Punkt dabei ist weniger, wie gut diese oder jene Hypothese die Planetenbewegung berechnen ließ. Vielmehr zeigt er das Bild intellektueller Korruption von Astronomen, die nicht die Absicht hatten oder nicht den Mut aufbrachten, wirkliche Lösungen zu bekannten Paradoxen zu suchen, sondern lieber ein bestehendes Gedankengebäude mit ein wenig Kleister und einem Hammer so zurechtbogen, daß es allen gefallen kann, die auch sonst durch geistiges Mittelmaß glänzen. Es erinnerte erstaunlich an die Anhänger des "Angebot und Nachfrage"-Kultes und die Narren, die zum wer-weiß-wievielten Male den ausgelutschten Karl Marx mit den Worten "Der hat das alles schon gewußt" hervorholen, um die Lage der Welt irgendwie zu erklären, ohne sie verstehen zu müssen, oder sich in Bewegung zu setzen, um sie zu verändern.

In Berlin und Leipzig hatten wir die letzten Monate u.a. dazu verwandt, uns Keplers Werk im Original Stück für Stück zu eigen zu machen. LaRouche hat die Rolle der Animationen beim Studieren von wirtschaftlichen Prozessen immer wieder betont und dabei seit vielen Jahren auf die Bedeutung von Keplers Werk über seine Entdeckung der universellen Gravitation hingewiesen. Niemand hat bisher die Erdrotation selbst oder die Erde um die Sonne kreisen gesehen - Kepler animierte derlei himmlische Bewegungen im Geiste und ließ zukünftigen Generationen eine recht gute Karte des Weges, den er beschritten hatte, zurück. Eine der Herausforderungen Keplers an die Nachwelt war es, diesen beschwerlichen Pfad zur Höhe seiner Erkenntnis selbst hinaufzuklettern. LaRouches Herausforderung war, mit der Hilfe von Kepler, Leibniz, Gauss und Riemann nicht-lineare, kontinuierliche Prozesse zu konzeptionalisieren und damit begreiflich zu machen. Hier sei die Grundlage seines, LaRouches, einzigartigen Erfolges bei langfristigen wirtschaftlichen Prognosen.

Leni Rubinstein sprach am nächsten Morgen über John Quincy Adams. Sie begeisterte uns, nicht nur einen weiteren Teil der amerikanischen Revolution kennenzulernen, sondern ein weiteres historisches Individuum - zwei Ideen, die ohne einander gar nicht denkbar wären. Einer solchen Begeisterung folgte natürlich eine Diskussion darüber, wie man es selber schaffen könne, sein Leben so zu leben, daß es für die ganze, auch zukünftige Menschheit wertvoll wird.

Wir hatten dann prompt die Gelegenheit, das mit Lyndon LaRouche selbst via Telefon zu diskutieren. Noch einmal wurde der Ernst der Lage im Kampf um die amerikanische Automobilindustrie, die einen Großteil des lebenswichtigen Werkzeugmaschinenbaus umfaßt, diskutiert, doch auf beste amerikanische Art: optimistisch.

Den Samstagabend nutzten die Frauen, um mit ihrer Wirtschaftsgruppe den Geist aller Anwesenden herauszufordern: Es galt, Archytas' Entdeckung einer Lösung für das Problem der Verdopplung eines Würfels selber nachzuvollziehen. Klingt simpel..., doch das ist es ganz und gar nicht. Um Torus, Zylinder und Kegel von Archytas' Konstruktion in ihrer Interaktion im Geiste nachzuvollziehen, muß man vom Spekulanten ("Ich kann mir schon vorstellen, wie das geht") zum Produzenten werden und ein Modell konstruieren. Also teilten wir uns in mehrere kleine Gruppen auf und arbeiteten uns zusammen durch das Problem und an seiner Lösung. Die meisten haben hier einen lebendigen Begriff davon bekommen, daß Genie zu 90% aus Fleiß besteht, harte Arbeit bedeutet und eine sehr emotionale Sache ist. Nach all den intensiven Stunden in Diskussionen war sicher hier auch der Punkt, an dem einigen unserer Kontakte klar wurde, daß unsere Polemiken gegen die heutigen Universitäten einen prinzipiellen Grund haben. In solch einem Entdeckungsprozeß mit der Qualität näher vertraut zu werden, die uns menschlich macht, ist immer Anstoß profunder Gedanken, und so wurde die Nacht lang in dem Versuch, den verflixten Kegel in die Konstruktion zu bringen.

Sonntagmorgen versuchten wir dann, als Premiere bei einer Kaderschule, C.F. Gauss näher zu kommen, einem weiteren Denker in der klassischen griechischen Tradition ante- und anti-euklidischer, konstruktiver Geometrie. Auch hier gilt es noch herauszufinden, was im realen Universum geschieht, das sich zwar des direkten Zugriffs durch die Sinne, aber auch der sophistischen Erklärungs- oder vielmehr Verschleierungsversuche der Herren Euler, LaGrange und D'Alembert entzieht. Das hier eingängig präsentierte Paradox, daß wirtschaftlich entwickelte Gebiete gerade dort sind, wo fast keine Rohstoffe existieren (wie in Deutschland), zeigte damit wieder direkt auf, wo eigentlich ein wirtschaftlicher Prozeß zu finden ist: nämlich in der Entwicklung des menschlichen Geistes!

Bevor wir den Tag mit einer politischen Diskussion beschlossen, gab uns Helga Zepp-LaRouche noch einen Geschmack vom Leben und der Poesie Heinrich Heines. "Man kann nur denken, was man auch ausdrücken kann", lautete ihre Herausforderung an uns, der deutschen Sprache Meister zu werden.

Vieles kann noch gesagt werden, doch nur der historische Blick zeigt die Bedeutung dieser Kaderschule an einem Maiwochenende unweit von Berlin. Um der Weltfinanz- und Wirtschaftskrise zu begegnen und sie lösen zu können, brauchen wir schnell mehr und mehr junge Menschen, die auf einem geistigen Niveau wie an jenem Wochenende arbeiten können. Es ist diese Ebene intellektueller Rigorosität, von der aus wir eine schnell wachsende Bewegung jugendlicher Erwachsener rekrutieren werden, um in die politische Situation zu intervenieren. An dieser Jugendbewegung liegt es, wie wir diese Krise lösen, in ihr liegt der Kern einer neuen humanistischen Renaissance.

Stefan Tolksdorf (LYM)


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