August 2003 Was wir machen (3)


Eine zweite amerikanische Revolution

Vertreter der LaRouche-Jugendbewegung aus den USA, Frankreich und Deutschland stellten am 23. März während der Konferenz des Schiller-Instituts in Bad Schwalbach dar, mit welchen Ideen sie die Welt zum Besseren verändern wollen. Es war eine gelungene Komposition aus kurzen Vorträgen, Rezitation, Musik und einem Videofilm. Die ausführlichere Fassung erscheint demächst in einem Buch über die Konferenz.


Schillers Jungfrau von Orleans
Wie kommt man der Wahrheit auf die Spur?

Johannas Sieg über eine finstere Zeit

Friedrich List gegen Adam Smith

Erin Regan: Die Zeit für eine neue, weltweite Renaissance ist da.

Die Tatsache, daß wir uns alle hier oben zur gleichen Zeit versammeln konnten, ist vielversprechend. Eines der vielen Probleme unserer Generation ist nämlich, keine Uhren zu tragen. In unserem Büro in Los Angeles z.B. mußten erst einmal etwa 15 Uhren für uns angeschafft werden. Denn nur wenn man weiß, wie spät es ist, kann man rechtzeitig im Büro erscheinen.

Ich möchte von ganzem Herzen unterstützen, was Will Wertz gestern sagte, auch ich war niemals stolzer darauf, Amerikanerin zu sein, als heute und nie zuvor stolzer darauf, ein Mensch zu sein.

Dieses Wochenende hat gezeigt, daß die Gerechtigkeit siegen muß und LaRouches Wahlkampf sich nicht nur in den Straßen und Institutionen der USA abspielt, sondern überall auf der Welt.

Johanna von Orleans erhielt in Schillers Stück den Helm als eine Metapher für ihre historische Mission, in die sie einwilligen, und für den Mut, den sie aufbringen mußte. LaRouche hat uns allen den gleichen Helm ausgehändigt. Er bedeutet, im Denken der gesamten Menschheit eine Revolution hervorzubringen.

Wie können wir die heutigen Mißstände überwinden? Wie können wir die Welt über die gegenwärtigen schwarzen Stunden hinweg bringen? Was sind die Grundlagen einer neuen Renaissance? Diese Fragen bewegten Geist und Herz der größten republikanischen Denker über Jahrtausende, und solche Denker haben auch die amerikanische Revolution inspiriert. Wir möchten, daß diese Ideen überall auf der Welt Realität werden. Und genau das repräsentiert die LaRouche-Bewegung. Wir repräsentieren die Zukunft, wie die Welt künftig aussehen und welche Gestalt die Gesellschaft annehmen soll. Wieder einmal herrscht Angst und Schrecken bei den Oligarchen vor Lyn [Lyndon LaRouche] und seinen Ideen. (Ich glaube, sie lassen sich von den kleinen grünen Männchen beraten, die Lyn gestern erwähnt hat.)

Und am lautesten tönt ihnen die Frage in den Ohren: Wie gewinnt LaRouche alle diese jungen Leute? Warum gelingt es uns nicht, junge Leute zu rekrutieren? Wo kommen die bloß her?

Unsere Herkunft ist genau der Grund, weshalb sie uns nicht rekrutieren können. Wir sind die Kinder der 68er, die "Generation X", die verlorene Generation, oder die "No-Future-Generation". Wie man es auch ausdrückt, es ist nicht sonderlich erbaulich. Ich bin mir sicher, daß unsere Eltern, als sie noch jung waren, durchaus etwas anderes hinterlassen wollten. Aber als es hart auf hart ging, haben sie den korrumpierenden Einflüssen zu wenig entgegengesetzt.

Jetzt hat LaRouche uns gesagt, wir hätten das Zeug dazu, die Generation der neuen Renaissance zu werden. Und niemand außer ihm hat uns gesagt, daß wir etwas für die Menschheit leisten sollen, daß uns die Menschheit braucht und daß wir dadurch zu einem beständigen Teil der Menschheit würden. Man sagte uns vielmehr: "Tut euch bloß nicht hervor, schwimmt mit dem Strom! Haltet euch aus der Politik heraus! Geht zur Armee!" Wobei die Eltern hinzufügten, " - aber möglichst dann, wenn gerade kein Krieg stattfindet".

Die "Flickenteppich-Familie", das ist, wo wir herkommen. Die Anzahl der Scheidungen ist in den USA besonders hoch. In Los Angeles gehörte fast jeder einmal der Gegenkultur an. Wenn man dort etwas plant, dann allenfalls den nächsten "Rave", zu dem man will, aber nicht, pünktlich zum nächsten Treffen zu kommen oder zur Schule zu gehen. Die meisten hören einfach auf, zur Schule zu gehen. Das neue finstere Zeitalter hat längst begonnen. Diese Kultur wirft vielleicht nicht gerade Christen den Löwen vor, wahrscheinlich aber nur deshalb, weil die wie John Ashcroft schmecken...

Diese Kultur zerfällt. Das fehlende Prinzip war Lyn. Wir möchten Ihnen hier die LaRouche-Jugendbewegung so vorstellen, daß Sie sich ein lebhaftes Bild davon machen können. Und wir laden Sie ein, dieser Bewegung beizutreten, weil Sie uns brauchen, und wir Sie.

[Jessica Tremblay (Sopran), Matthew Ogden (Fagott) und Megan Beets (Flöte) spielten nach diesem Vortrag die Arie "Ich folge Dir gleichfalls" aus der "Johannespassion" von J.S.Bach.]


Schillers Jungfrau von Orleans

Megan Beets:

"Ja, liebe Nachbarn! Heute sind wir noch
Franzosen, freie Bürger noch und Herren
Des alten Bodens, den die Väter pflügten;
Wer weiß, wer morgen über uns befiehlt!
Denn aller Orten läßt der Engelländer
Sein sieghaft Banner fliegen, seine Rosse
Zerstampfen Frankreichs blühende Gefilde.
Paris hat ihn als Sieger schon empfangen,
Und mit der alten Krone Dagoberts
Schmückt es den Sprößling eines fremden Stamms.
Der Enkel unserer Könige muß irren
Enterbt und flüchtig durch sein eignes Reich,
Und wider ihn im Heer der Feinde kämpft
Sein nächster Vetter und sein erster Pair,
Ja seine Rabenmutter führt es an.
Rings brennen Dörfer, Städte. Näher stets
Und näher wälzt sich der Verheerung Rauch
An diese Täler, die noch friedlich ruhn.
(Friedrich Schiller, Johanna von Orleans, Prolog, 1. Szene)

Aus diesem Tal kommt Friedrich Schillers Johanna. Sie entscheidet sich, das Tal zu verlassen und zu diesen brennenden Städten zu gehen. Die junge Schäferin beschließt, eine Kriegerin für die Geschicke ihres Landes zu werden. Damit stellt sich die Frage: Was tut der König? Was tut dieser entmachtete König?

Beim seinem ersten Auftritt in Schillers Stück sitzt König Karl in seinem Hof umgeben von Künstlern, Sängern und Jongleuren und erhält die Nachricht, daß der Feldherr seiner Armee den Dienst quittiert hat und seine Soldaten, seine Söldner, sich in alle Winde zerstreuen, weil man ihnen den Sold nicht ausbezahlt hat und die Schatzkammer leer ist. Wieder kommt ein Bote an und meldet, der Herzog von Burgund, den Karl seinen engsten Verwandten und Gefolgsmann genannt hatte und der auf der Seite der Engländer kämpfte, das Versöhnungsangebot König Karls abgelehnt habe. Dann treten drei Räte der Stadt Orleans auf. Auf den Knien bitten sie den König, im letzten Moment einzugreifen, eine Armee zu schicken und sie zu schützen, damit nicht das letzte Juwel Frankreichs falle. In völliger Verzweiflung antwortet ihnen Karl: "Gott schütze euch, ich kann es nicht mehr". Er bereitet seinen Rückzug über den Fluß und die Kapitulation vor.

In diesem Augenblick kommt die Meldung, daß die französischen Truppen vor Orleans standgehalten haben, eine Jungfrau habe sie angeführt. Vielleicht ermutigt dies auch Sie, die Herausforderung, die Schiller in dieses Stück hineingelegt hat, anzunehmen. Johannas letzte Worte kurz vor ihrem Tod sind: "Kurz ist der Schmerz, und ewig ist die Freude."

Tina Rank: Die Frage ist doch, warum haben Johanna und Schiller, so wie er Johanna darstellt - warum haben diese beiden immer wieder, über Generationen hinweg, ihren Kampf gewonnen? Wie kann ich das sagen? Als ich das Stück Johanna von Orleans das erstemal in die Hände bekommen habe, habe ich es regelrecht verschlungen.

Ich komme aus dem Osten Deutschlands. 1989 hatten wir eine Revolution. Unsere Eltern haben gekämpft, aber wofür? Wofür kämpft man, wenn man keinen Weg hat und kein Ziel? Was bleibt davon noch übrig? Wir haben mit offenen Armen nach einem System gegriffen, das diese Generation jetzt in einer gewissen Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit hält. Das ist nicht nur so in Ostdeutschland, sondern eigentlich auf der ganzen Welt. Die Frage stellt sich, was ist mit unserer Generation los? Sollen wir uns durch die Absichten unserer Eltern und durch diese Gegenkultur abstumpfen lassen? Wir lassen das erst einmal offen.

Wie war es zur Zeit Johannas? Eigentlich sah es damals nicht viel anders aus. Die Leute hatten wenig Hoffnung, sie hatten fast 100 Jahre Krieg zwischen zwei Nationen erlebt, eine totale Ellenbogengesellschaft, wo Menschen sich verkrochen oder ihr Ego pflegten. Menschen wurden geboren und sind gestorben.

Dann kam ein Mädchen, eine Frau, die sagte: "Irgend etwas läuft hier schief." Sie hat realisiert, was die Menschen in dieser Ellenbogengesellschaft machen. Das konnte es doch nicht sein, wofür man lebt und wofür man stirbt. Das hat Johanna erkannt. Mit dieser Erkenntnis ist sie ausgezogen und hat gekämpft, für Frankreich gekämpft. Im Unterschied zu heute hat sie nicht nur für Sicherheit gekämpft oder nur um ihr Land zu befreien, sondern für Prinzipien. Eines ihrer Ziele neben der Befreiung von Orleans war es, den König zu einem wirklichen König zu machen. Wie ist das zu verstehen? Friedrich Schiller hat ihr das schön in den Mund gelegt:

"Wir sollen keine eignen Könige
mehr haben, keinen eingebornen Herrn? -
Der König, der nie stirbt, soll aus der Welt
Verschwinden - der den heil'gen Pflug beschützt,
Der die Trift beschützt und fruchtbar macht die Erde,
Der die Leibeignen in die Freiheit führt,
Der die Städte freudig stellt um seinen Thron -
Der dem Schwachen beisteht und den Bösen schreckt,
Der den Neid nicht kennet, denn er ist der Größte,
Der ein Mensch ist und ein Engel der Erbarmung
Auf der feindsel'gen Erde - Denn der Thron
Der Könige, der von Golde schimmert, ist
Das Obdach der Verlassenen - hier steht
Die Macht und die Barmherzigkeit - es zittert
Der Schuldige, vertrauend naht sich der Gerechte,
Und scherzet mit den Löwen um den Thron!
Der fremde König, der von außen kommt,
Dem keines Ahnherrn heilige Gebeine
In diesem Lande ruhn, kann er es lieben?
Der nicht jung war mit unsern Jünglingen,
Dem unsre Worte nicht zum Herzen tönen,
Kann er ein Vater sein zu seinen Söhnen?"
(Prolog, 3. Szene)

Was Johanna damit eigentlich meint, ist im Prinzip nichts anderes als das, was Lyn heute macht. Johanna wollte einem Menschen Stärke geben; einen König, einen Menschen, der wirklich mit dem Prinzip an die Sache herangeht, Verantwortung für sein Volk zu tragen. Den Grundstein dafür legen, daß der Mensch sich weiterentwickeln kann, nach Höherem streben kann - und sich nicht den ganzen Tage Sorgen machen muß, wo er etwas zu essen herbekommt, daß die Grundlagen dafür gegeben sind, wirtschaftlich und erzieherisch. Es ist ein Naturgesetz, daß der Mensch geboren wird, um nach etwas Höherem zu streben. Und Johanna hat erkannt, daß es anders nicht geht. Und Schiller läßt sie das sagen.

Die Jungfrau von Orleans war eines der ersten Stücke, das ich gelesen habe, als ich diese Organisation kennengelernt hatte. Schiller hat mich etwas sehen lassen - mich und sicher auch andere, die das gelesen haben: Einen kurzen Moment der Freude. Er hat mir Einblick in etwas gewährt und gezeigt, daß es Grund zur Hoffnung gibt: Denn da ist etwas Höheres! Er hat mir Stärke und Kraft gegeben, und den Anreiz, weiterzukämpfen.

Schiller versteht es, dieses Potential des Menschen zu stimulieren: "Freude, Freude schöner Götterfunken", ist das beste Beispiel. Gemeint ist der Funke, den jeder Mensch in sich trägt. Schiller und Johanna sind eben Menschen gewesen, die das immer wieder bewiesen haben - bis heute. Es sind so viele Leute hier, also haben sie ihren Kampf gewonnen. Sie haben diesen Funken genommen und so lange gerieben und gepustet, bis daraus ein Feuer geworden ist. Aber am besten ist, ihr findet selbst heraus, was Johanna und Schiller sagen wollten. Hier nur noch ein kleiner Anreiz dazu aus dem Anfang, dem Prolog von Schillers Jungfrau von Orleans:

"Lebt wohl ihr Berge, ihr geliebten Triften,
Ihr traulich stillen Täler lebet wohl!
Johanna wird nun nicht mehr auf euch wandeln,
Johanna sagt euch ewig Lebewohl.
Ihr Wiesen, die ich wässerte! Ihr Bäume,
Die ich gepflanzet, grünet fröhlich fort!
Lebt wohl, ihr Grotten und ihr kühlen Brunnen!
Du Echo, holde Stimme dieses Tals,
Die oft mir Antwort gab auf meine Lieder,
Johanna geht und nimmer kehrt sie wieder!
Ihr Plätze aller meiner stillen Freuden,
Euch laß ich hinter mir auf immerdar!
Zerstreuet euch, ihr Lämmer auf der Heiden,
Ihr seid jetzt eine hirtenlose Schar,
Denn eine andre Herde muß ich weiden,
Dort auf dem blutgen Felde der Gefahr,
So ist des Geistes Ruf an mich ergangen,
Mich treibt nicht eitles, irdisches Verlangen.
Denn der zu Mosen auf des Horebs Höhen
Im feurgen Busch sich flammend niederließ,
Und ihm befahl, vor Pharao zu stehen,
Der einst den frommen Knaben Isais,
Den Hirten, sich zum Streiter ausersehen,
Der stets den Hirten gnädig sich bewies,
Er sprach zu mir aus dieses Baumes Zweigen:
"Geh hin! Du sollst auf Erden für mich zeugen.
In rauhes Erz sollst du die Glieder schnüren,
Mit Stahl bedecken deine zarte Brust,
Nicht Männerliebe darf dein Herz berühren,
Mit sündgen Flammen eitler Erdenlust,
Nie wird der Brautkranz deine Locke zieren,
Dir blüht kein lieblich Kind an deiner Brust,
Doch werd ich dich mit kriegerischen Ehren,
Vor allen Erdenfrauen dich verklären.
Denn wenn im Kampf die Mutigsten verzagen,
Wenn Frankreichs letztes Schicksal nun sich naht,
Dann wirst du meine Oriflamme tragen
Und wie die rasche Schnitterin die Saat,
Den stolzen Überwinder niederschlagen,
Umwälzen wirst du seines Glückes Rad,
Errettung bringen Frankreichs Heldensöhnen,
Und Reims befrein und deinen König krönen!"
Ein Zeichen hat der Himmel mir verheißen,
Er sendet mir den Helm, er kommt von ihm,
Mit Götterkraft berühret mich sein Eisen,
Und mich durchflammt der Mut der Cherubim,
Ins Kriegsgewühl hinein will es mich reißen,
Es treibt mich fort mit Sturmes Ungestüm,
Den Feldruf hör ich mächtig zu mir dringen,
Das Schlachtroß steigt und die Trompeten klingen.
(Prolog, 4. Szene)

Wie kommt man der Wahrheit auf die Spur?

Jason Ross: Ich bin Jason aus Kalifornien und möchte nun zu einem neuen Thema überleiten, nämlich: Wie weiß man, was man tun soll, wenn man es schon will?

Wie jeder hier weiß, reitet LaRouche immer wieder auf Gauß' Schrift von 1799 herum, über die Beweise, die der Algebra zugrunde liegen. Gauß hat dieses Papier für die heutige Zeit geschrieben. Er behandelt darin genau das gleiche, was LaRouche am Freitag in der Eröffnungsrede dieser Konferenz vorgetragen hat: Wie kommt man aus einer Tragödie heraus? Wie löst man mit einer wahrhaftigen Methode eine Tragödie so, daß man aus ihr wieder herauskommt? Wir sind aufgrund von vielen Jahren falschen Denkens in diese Krise geraten.

Gehen wir zurück zu den Griechen, zu Platon, zum Dialog Menon, in dem Sokrates mit dem Sklavenjungen Menon spricht. Er stellt ihm einfache Fragen wie: "Hattest du schon einmal Geometrieunterricht?" Menon sagt: "Nein" und Sokrates drauf: "Gut, hier hast du ein Quadrat. Ich möchte nun, daß du es verdoppelst, so daß es die doppelte Fläche enthält." Kann sich hier jemand vorstellen, was der Sklave als erstes rät? Offensichtlich, die Seiten zu verdoppeln. Gut. Verdoppeln wir also diese Seite und diese hier. Aber so bekommen wir ein Quadrat mit der vierfachen Fläche des ersten. Es ist also etwas zu groß geraten.

Als nächstes schlägt er vor, die Seite um die Hälfte zu verlängern. Wenn man das tut, bekommt man das ursprüngliche Quadrat und zwei Rechtecke. Jedes von ihnen enthält die Hälfte der Quadratfläche, und dazu noch gemeinsam ein kleines Quadrat. Damit haben wir schon mehr als die doppelte Quadratfläche. Ihr seht, auch dieses Quadrat ist noch zu groß. Wir liegen also wieder daneben. Da gibt ihm Sokrates einen kleinen Hinweis "Schau dir das Quadrat an, es besteht aus vier Dreiecken, von denen das ursprüngliche Quadrat zwei hatte. Großartig, dieses auf der Spitze stehende Quadrat ist also doppelt so groß wie das ursprüngliche!

Jetzt stellt sich jedoch die Frage, wie lang ist die Strecke, welche die Quadratfläche verdoppelt? Weiß das hier jemand im Publikum? 1,4 oder etwas mehr als 1,4? Ich weiß nicht, ob das Platon zufriedenstellen würde. Hat da jemand gesagt: "Die Quadratwurzel aus 2?" Na gut, aber das heißt ja nur: Die Seitenlänge eines Quadrats mit der Fläche 2 ist die Quadratwurzel aus 2. Das ist aber keine Antwort, sondern nur die gleiche Frage anders ausgedrückt.

Gut. Wir nehmen die Diagonale des Quadrats. Wie lang ist sie im Verhältnis zur Seitenlänge? Wie finden wir die Antwort? Sie war nicht doppelt so lang, sie war nicht 1,5 mal so lang. Und jetzt die Quadratwurzel aus 2, weiß jemand wie lang die ist? Sie liegt irgendwo zwischen 1 und 2, aber zwischen den beiden Zahlen liegt eine Unendlichkeit an Zahlen. Da gibt es 1 und 1/2, 1 und 1/3, 1 und 1/5 und 1 und 2/5 usw. Es gibt da unzählige Zahlen. Keiner hier im Raum kann bei der unendlichen Anzahl von Zahlen sagen, welches die genaue ist. Dabei liegt die Strecke direkt vor unseren Augen: die Diagonale in dem Quadrat. So deutlich wie der Tag.

Das ist doch interessant. Sollten wir hier etwas gefunden haben, das jenseits der Unendlichkeit liegt? Vielleicht reicht nur die Idee, was man möglicherweise tun könnte, nicht aus, um das Problem zu lösen?

Untersuchen wir also, ob wir das Problem überhaupt lösen können oder nicht. Wie stellt man fest, in welchem Verhältnis zwei Zahlen zueinander stehen? Hier haben wir zwei unterschiedliche lange Linien. Wie kann man die beiden miteinander vergleichen? Es handelt sich um zwei Größen. Kann man sie miteinander vergleichen? Nehmen wir das, was übersteht und schauen wir, ob wir es von der längeren Strecke abziehen können. Das kann man solange wiederholen, bis kein Rest mehr bleibt. In diesem Fall ist es gelungen. Die neue kürzere Strecke paßt genau zweimal in die längere . Es ergibt sich somit ein Verhältnis von 2:3 oder 1+1/2. Vielleicht sollten wir das auch mit der Seite und der Diagonale versuchen - und unser ganzes Leben damit zubringen? Wenn Sie das ausprobieren, bekommen Sie immer kürzere Strecken, aber es wird niemals genau passen. Es bleibt immer etwas übrig.

Nehmen wir einmal an, wir hätten ein Ergebnis gefunden und somit einen Bruch N/D. Wir nehmen den Bruch, bilden daraus ein Quadrat, und bekommen zwei Flächen: das Quadrat des Zählers und das Quadrat des Nenners. Das Quadrat des Zählers sei doppelt so groß wie das Quadrat des Nenners. Zahlen sind entweder gerade oder ungerade, nichtwahr? Nehmen wir an, der Zähler ist ungerade. Der ungerade Zähler soll doppelt so groß sein wie der Nenner. Wenn aber etwas das Doppelte von etwas anderem ist, muß man es in zwei gleiche Teile teilen können. Wenn man es aber in zwei gleiche Teile teilen kann, muß es gerade sein. Kennt hier jemand eine ungerade Zahl, die quadriert zu einer geraden Zahl wird? Es war also wieder nichts!

Vielleicht ist ja der Nenner gerade, vielleicht ist das der Trick. Wenn Zähler und Nenner gerade sind, dann kann man sie durch zwei kürzen und das solange, bis einer von beiden ungerade wird. Gehen wir also davon aus, daß der Nenner ungerade ist. Eine gerade Zahl im Quadrat soll nun zweimal eine ungerade Zahl im Quadrat sein.

Das Problem ist nun dies: Wenn man die 2 vor den miteinander multiplizierten ungeraden Zahlen loswerden will, halbiert man beide Seiten der Gleichung. Aber dann bleibt auf der linken Seite immer noch eine gerade Zahl - und eine gerade Zahl kann keine ungerade sein. Die Sache ist die: das Quadrat einer geraden Zahl kann niemals doppelt so groß sein wie das Quadrat eines ungeraden Nenners. Halbiert man nämlich das Quadrat einer geraden Zahl, dann erhält man immer noch eine gerade Zahl und niemals eine ungerade.

Wir sind hier also auf etwas gestoßen, was sich wirklich nicht durch unsere Zahlen ausdrücken läßt. Es gibt also Dinge, die wir nicht durch etwas analysieren können, was wir bereits kennen. Das weist uns die Richtung für Entdeckungen. Man sucht Beziehungen zwischen all den Quadraten und Längen. Daraus entwickelte sich die Algebra. Sie stammt von einem gewissen Al Kharizmi, der sich mit Strecken, Quadraten und Würfeln beschäftigt und nach Verhältnissen zwischen ihnen gesucht hat. Daher stammen Fragen, mit denen man Schüler im Mathematikunterricht quält, wie x2+10x=24. Wenn man die Gleichung im Sinne einer Fläche betrachtet, dann ist x2 ein Quadrat mit der Seite x, und 10x ein Rechteck, das zusammen mit dem Quadrat die Fläche 24 ergibt.

Auf diese Weise ließ sich auch eine Frage stellen, die man damals nicht beantworten konnte: Gibt es auch negative Flächen? Etwa wenn x2+1=0 ist? Können Sie sich eine negative Fläche vorstellen? Das können Sie nicht. Damit waren die Mathematiker auf etwas gestoßen, mit dem sie nicht umgehen konnten. Und sie sagten: "Es gibt Fragen, die man erst gar nicht stellen sollte, weil wir sie nicht beantworten können."

Schließlich verfielen die Mathematiker auf etwas ganz Empörendes. Sie sagten: "Anstatt zu sagen, etwas sei nicht real, sollten wir lieber sagen, daß wir trotzdem damit rechnen können. Da gibt es zum Beispiel die Quadratwurzel aus -1 - damit lassen sich eine Unmenge Gleichungen und Probleme lösen." Das war eine unglaubliche Entdeckung und funktionierte hervorragend. Was aber ist Wurzel aus -1? Gibt es diese Zahl überhaupt, oder ist es nur ein Effekt? Ist das etwa eine Antwort, wenn man dich fragt, wie ein Auto funktioniert, und du antwortest, wenn man aufs Gaspedal tritt, fährt es?

Genau da liegt der Unterschied zwischen Gauß und Euler, Lagrange usw. Euler und Langrange waren vollauf zufrieden: Es läuft, was will man mehr? Sicher kann auf diese Art und Weise allerlei Gleichungen lösen. Aber Gauß zeigte, daß es doch nicht funktioniert. Denn ein solches Verfahren gibt einem kein neues Prinzip an die Hand, um damit auf die Noosphäre zu wirken.

Es verhält sich damit wie mit einer anderen "großen" Entdeckung, den Derivaten. Nehmen wir an, Ihnen geht das Geld aus, Ihr Finanzsystem bricht zusammen. Dann erfinden Sie eben Derivate. Sie verkaufen Wetter. Die Firma Enron hat das gemacht und mit großem Erfolg - oder nicht?

Aber Moment mal! Es hat doch gar nicht funktioniert! Wenn Sie das Universum hintergehen wollten, merkt es das. Und wenn Sie auf dem Gebiet der Mathematik etwas nachweisen wollen, das es nicht gibt, wird ihnen das Universum bald mitteilen, daß es nicht existiert. Das Universum stellt Sie vor ein Paradox - und das ist gut so! Denn das veranlaßt Sie, etwas Neues herauszufinden. Wenn Sie das Gefühl bekommen, "Ich kann das nicht verstehen, ich weiß nicht mehr, was da abläuft", dann sollten Sie froh darüber sein.

Als sich Gauß daran machte, herauszufinden, was die Quadratwurzel aus -1 ist, entdeckte er eine andere, eine sogar noch höhere Idee der Zahlen als diese hier mit dem Quadrat und der Diagonale. Das ist gerade heute sehr wichtig für uns. Er sagte: Wer die Wahrheit entdecken will, muß sein Ego vergessen, das vorgeben will, schon alles zu wissen. Es gilt herausfinden, warum das Universum dir zu verstehen gibt, daß du auf dem Holzweg bist.

Darum dreht sich - das sagte LaRouche u.a. auch im Lebedev-Institut - im Grunde alle Wissenschaft. Die moderne Naturwissenschaft greift auf, was die Menschen über die Organisation des Universums zu wissen glauben, und beweist, daß es nicht stimmt. Damit möchte ich Johanna von Orleans das Thema wieder aufgreifen lassen.


Johannas Sieg über eine finstere Zeit

Elodie Viennot: Ich bin Elodie aus Frankreich. Ich möchte auf Johanna von Orleans zurückkommen, weil sie zu ihrer Zeit in einer ziemlich ähnlichen Lage steckte wie wir heute. Auch damals war die Zivilisation bedroht. Frankreich stand vor dem Untergang. Auf dem Lande plünderten Räuberbanden. Es war zum Verzweifeln. Der König hatte nichts unternommen, um die Nation zu schützen, und die Briten hatten bereits den größten Teil des Nordens von Frankreich eingenommen.

Im Jahr 1429 hatte der Krieg bereits 92 Jahre gedauert, und in den letzten Jahrzehnten hatten die Franzosen fast alle Schlachten verloren. Die Gefahr wuchs von Tag zu Tag. Der Krieg konnte uns in das finsterste Zeitalter zurückwerfen, das es je gegeben hat. Zur Zeit Johannas war nur noch eine Stadt übrig: Orleans. Sie hielt die Engländer davon ab, sich erst über Frankreich und dann über ganz Europa auszubreiten. Das hätte dann ein finsteres Zeitalter von der gleichen Art auslösen können, wie das, was uns heute droht. Daher stellt sich, wenn man vor einer Krise solchen Ausmaßes steht, die Frage: Was ist faul an der Art, wie unsere Zivilisation arbeitet?

So sah Johanna auf die Lage: Sie mußte herausfinden, wo der grundlegende Fehler lag. Wo haben wir versagt, daß sich eine solche Gefahr, ein solcher Horror bilden konnte? Dabei geht es nicht so sehr darum, was man empfindet, sondern wie man das Ruder erfolgreich herumreißen kann.

Und da kommt das ins Spiel, wovon LaRouche immer wieder spricht: Die Frage der Axiomatik. An eine solche Situation kann man nicht mit fest umrissenen Maßnahmen herangehen. Man kann, wenn man will, in den Irak einmarschieren, doch das wird nichts lösen. Man kann alle seine Juwelen verkaufen. Zur Zeit Johannas hätte man seinen gesamten Schmuck verkaufen und das Geld dem König geben können, um Truppen anzuwerben. Aber das hätte überhaupt nichts geändert, denn die Wurzel des Problems waren axiomatische Mängel in der Art und Weise, wie die Leute dachten.

Nun, wie stand es um Orleans? Es gab da etwas Hoffnung.

Die Briten warteten auf Nachschub. Es sollten Nahrungsmittel, Munition und neue Truppen für die weitere Belagerung eintreffen. Die Briten hatten die Stadt bereits seit sieben Monaten belagert. Die Bewohner gerieten allmählich in Verzweiflung. Ihnen fehlte es an Nahrungsmitteln, Munition und Soldaten. Die Lage war inzwischen extrem angespannt. Dagegen erhielten die Briten neuen Nachschub, um die Belagerung fortzusetzen. Die französische Armee wußte, auf welcher Strecke der Nachschub anrollen sollte. Das war die Hoffnung.

Sie bestand darin, den Belagerern die Nachschubwege abzuschneiden. Die Franzosen machen sich auf. Sie haben mehr Truppen als die Briten und sie haben Kanonen, eine Artillerie, über die die Briten nicht verfügen. Die Briten haben nur ihre Langbogen. Und doch erleben die Franzosen eine Niederlage nach der anderen, und zwar völlig unabhängig davon, wie viele Truppen sie aufbringen. Es handelt sich also offensichtlich um ein axiomatisches Problem.

Was geschieht nun, nachdem Johanna sich eingeschaltet hatte? Sie zieht auf einem weißen Pferd in die Stadt ein und trägt eine Fahne mit der Aufschrift "Jesus - Maria". Dem liegt wohl eine etwas andere Vorstellung vom Krieg zugrunde, als dem, was vorher üblich war. Da gab es Feudalherren, die sich untereinander befehdeten und nebenbei noch gegen die Briten kämpften, indem sie ihre Untertanen als Kanonenfutter auf das Schlachtfeld trieben. Da greift Johanna ein.

Sie hatte auf ihrem Weg zur Stadt einen Brief an die Briten geschrieben, aus dem ich Ihnen vorlesen möchte, weil es wichtig ist, daß Sie verstehen, daß sie nicht aufgrund irgendwelcher verschrobenen Ideen handelte. Sie warnte die Briten:

    "Jesus, Maria! König von England und Herzog von Bedford, Ihr nennt Euch Regent des Königreichs Frankreich; Ihr, William de la Pole, Sir Talbot und Ihr, Sir Thomas Skills, Ihr nennt Euch die Leutnants des oben genannten Herzog von Bedford - macht eure Rechnung mit dem Himmel! Übergebt der Jungfrau, die von Gott, dem König des Himmels gesandt ist, die Schlüssel all der festen Städte, die ihr in Frankreich eingenommen und zerstört habt. Sie ist von Gott gesandt hierhergekommen, um das königliche Geblüt auszurufen. Sie ist bereit, mit euch Frieden zu schließen, wenn ihr mit ihr zu einem Vergleich kommt. Voraussetzung ist, daß ihr Frankreich aufgebt und für seine Besetzung zahlt. Wenn ihr dem nicht entsprecht, so bin ich der Befehlshaber der Armeen und werde eure französischen Verbündeten, an welchem Ort auch immer, treffen und bewirken, daß sie sich zurückziehen, ob sie wollen oder nicht. Und wenn sie nicht gehorchen, werde ich sie alle töten lassen. Ich bin von Gott gesandt, dem Herrn des Himmels, um euch unter allen Freunden zu prüfen, jeden einzelnen von Ihnen. Wenn sie gehorchen wollen, werde ich Gnade walten lassen. Und glaubt fest, daß der König des Himmels der Jungfrau mehr Macht verleihen will, als ihr je mit allen Männern gegen sie und ihre guten Bewaffneten aufzubringen versteht. Und beim Schlagabtausch werden wir sehen, wer das Recht des himmlischen Königs auf seiner Seite hat."
Da sie keine Antwort bekam, bedeutete das, sie mußte angreifen. Vor Schlachtbeginn ließ sie jeden schwören, sich von Grund auf moralisch zu verhalten, nicht aus Rache oder Mordlust zu töten und Vergewaltigungen zu unterlassen. Sie ließ sie auch schwören, ihr gegenüber keine sexuellen Phantasien zu entwickeln, denn sie hatte es mit einer Armee von Männern zu tun, die nicht gerade Humanisten waren.

Es ist sehr wichtig, an eine Armee moralische Ansprüche zu stellen. Wenn wir eine Jugendbewegung ohne pädagogische Arbeit hätten, die nicht ständig versucht, mit Lyns Denken Schritt zu halten, könnten wir sie vergessen. Die Leute wachsen in einer völlig unmoralischen Gesellschaft auf. Damit kann man keine Schlacht gewinnen.

Johanna läßt sie also das alles schwören, und sie muß auch noch gegen Leute in der eigenen Armee angehen. Die Militärkommandeure wollen nicht gegen die britischen Belagerer vorgehen. Sie weigern sich. Sie haben sogar dem Bürgermeister der Stadt befohlen, die Zugbrücke nicht herunter zu lassen, damit Johanna nicht zum Kampf hinaus kann. Als sie vor den Bürgermeister tritt und er ihr das mitteilt, zieht sie das Schwert und droht, ihm den Kopf abzuschlagen, wenn er sie nicht hinausläßt. Daraufhin läßt er die Zugbrücke herunter und die alten Generale, die alten aristokratischen Befehlshaber drängeln sich hinter ihr, um mit ihr Schritt zu halten. Sie führt den Ausfall an.

Der erste Tag der Schlacht ist ein harter und blutiger Tag. Sie wird verwundet. Doch am nächsten Tag kommt sie zurück und am Ende des zweiten Tages wird ihr klar, daß die Briten tatsächlich besiegt werden können. Die Belagerung dauert bereits sieben Monate. Der dritte Tag der Schlacht wird sehr schwierig. Die Briten sind in einer günstigen Ausgangslage. Sie verfügen über die besten Bogenschützen Europas, die als einzige im Besitz von Langbogen sind, deren Pfeile die Harnische durchschlagen können. Sie stehen in Reih und Glied den bis an die Zähne bewaffneten, kampfbereiten französischen Truppen gegenüber. Die britischen Bogenschützen verbergen sich hinter angespitzten Palisaden, die schräg nach vorne mit der Spitze gegen den Feind gerichtet in den Boden gerammt sind. Das hieß, die Briten waren nur schwer anzugreifen. Sie konnten die gesamte Armee vernichten, wenn Johanna zum Angriff geblasen hätte. Die gespitzten Pfähle hätten die anpreschenden Pferde getötet und die Bogenschützen die Männer.

Was soll sie tun? Sie kann sich nicht ergeben. Sie kann sich nicht zurückziehen und sagen: Ihr habt gewonnen. Sie kann es nicht, weil Europa zum Teufel gehen würde, wenn sie das täte. Was konnte sie tun? Was hat sie getan?

Wenn man das Universum als eine festgefügte Gegebenheit betrachtet, dann kommt man aus diesem System nicht heraus. Man jammert, "Es ist alles so furchtbar!", und gibt auf - und tut der Menschheit damit keinen Gefallen.

Sie entschied sich, einfach stehen zu bleiben und den Briten in die Augen zu sehen. Sie blieb einfach stehen. Stellen Sie sich vor, es ist früh am Morgen, die beiden Armeen stehen sich gegenüber und die Franzosen stehen einfach nur da. Die Briten sind auf den französischen Angriff vorbereitet. Aber die stehen nur da. Die Briten schauen sich das ganze ziemlich lange an, sie sind völlig verwirrt, bekommen es mit der Angst - so sehr, daß sie sich abwenden und Johanna den Sieg überlassen.

So sieht ein axiomatischer Umbruch aus. Das versteht man unter der sokratischen Methode - falls Sie noch nicht wußten, daß Platons Dialoge sich auch auf die Kriegsführung beziehen lassen. Das genau ist die sokratische Methode: Sie entdecken die Axiome, die Ihr Versagen bestimmen, und geben sie auf. Genau das hat sie getan.

Danach will sie den Dauphin zum König Frankreichs krönen. Das war sehr wichtig, denn neun Jahre zuvor hatte der König einen Vertrag mit dem Feind unterzeichnet, wonach jeder König Englands zugleich König von Frankreich sein sollte. Er hatte die nationale Souveränität abgetreten und war von seiner Verantwortung für die Nation abgedankt. Nun läßt sie ihn wieder krönen. Sie tritt vor den König und sagt: "Du mußt aufhören, ein dummer König zu sein, du muß die Nation in Ehren halten. Das Volk hört auf dich, übernimm die Verantwortung!" Sie muß sich sehr anstrengen, bis sie ihn so weit hat, daß er sich krönen läßt. Er wollte keine Führungsverantwortung übernehmen.

Dann befiehlt sie, gegen Paris vorzurücken. An dem Punkt verrät sie der König. Er weigert sich. Er unterschreibt einen anderen Vertrag mit dem Feind. Er erlaubt den Briten, Paris zu befestigen, und weigert sich, Johanna die Armee zu übergeben. Sie verstand nicht so recht, was da vor sich ging, aber sie machte weiter. Sie hatte etwa 200 Söldner mit sich. Damit griff sie die kleine aber strategisch wichtige Stadt Compiegne an, durch die ein Großteil der Logistik, der Informationen, der Waffen und der Verpflegung für die britischen Truppen in Paris rollte. Hier geriet sie in eine Falle. Sie war zu schwach, und die andere Seite wußte vorher von ihrem Angriff. So geriet sie in Kriegsgefangenschaft.

Nach monatelangen Verhandlungen kauften sie die Briten für 10000 Goldmünzen. Sie wollten Johanna unbdingt in ihrer Gewalt haben, weil sie glaubten, den Krieg nicht gewinnen zu können, solange sie am Leben sei. Sie machten ihr fünf Monate lang den Prozeß. Jeden Tag wird sie acht bis neun Stunden lang ununterbrochen verhört.

Könnten Sie das durchstehen? Wenn man sie zum Beispiel jetzt nach Guantanamo auf Kuba brächte und acht oder neun Stunden täglich verhört und verhört und wieder verhört, weil sie mit LaRouche zusammenarbeiten? Wenn man versuchen würde, mit allen psychologischen Tricks Ihren Willen zu brechen? Wie würden Sie sich in einer solchen Situation verhalten? Wären Sie moralisch stark genug, um einen solchen Kampf durchzustehen, weil er Ihr Lebensinhalt ist? Würde man Sie nicht brechen können, weil Ihr Lebensinhalt über den Bereich des physischen hinausgeht? Den nämlich kann man nicht töten.

Sie hatte dieses Selbstverständnis. Als man ihr sagte, "wir werden dich verbrennen", bekam sie etwas Angst. Und so unterzeichnete sie ein kurzes Schriftstück, in dem sie ihre Schuld bekannte. Aber sie unterschrieb mit einem Kreuz. Während des gesamten Kriegs unterschrieb sie immer, wenn sie eine Botschaft zur Täuschung verschickte, mit einem Kreuz. Schon kurz danach zog sie die Unterschrift zurück. Sie rief den Richter zurück und sagte: "Ich unterzeichne dieses Papier nicht, gib es mir zurück, zerreiß es. Ich unterschreibe nicht, ich bin nicht der Häresie schuldig. Ich kämpfe im Auftrag Gottes für die allgemeine Wohlfahrt. Ich habe diese Nation zu retten, ich habe das Königtum zu bewahren. Gib mir das Papier zurück. Ich bin unschuldig." Und so verbrannten sie sie bei lebendigem Leib. Sie verbrannten sie, und sie zuckte nicht mit der Wimper.

Die Folgen ihres Kampfes waren sehr wichtig. Ludwig XI., der auf den König folgte, der sie verraten hatte, errichtete den ersten Nationalstaat. Ohne sie gäbe es uns hier nicht. Ohne sie lebten nicht sechs Milliarden Menschen auf dieser Erde. Ohne sie hätte es die amerikanische Revolution nicht gegeben. Vieles wäre nicht möglich geworden. Wir hätten keine Renaissance im 15. Jahrhundert gehabt. Können Sie sich das 21. Jahrhundert ohne das 15. Jahrhundert vorstellen? Wir würden noch in einem Feudalsystem leben. Sie kämpfte, sie gab ihr Leben für uns, um es uns zu ermöglichen, eine wirkliche, eine würdige Menschheit aufzubauen. Und sie hatte Erfolg.

Etwas, was noch daraus folgte, war die Vereinigung der Kirche. Ohne das würde die Schwarze Pest weiter gegangen sein. Die Toten würden herumgelegen haben, weil kein Priester sie beerdigt hätte, weil die Priester nicht gewußt hätten, welchem Papst sie folgen sollen.

Auf allen Gebieten gab es damals ein finsteres Zeitalter. Und sie griff ein und hatte Erfolg. Ihr Tod hat viele Menschen nachdenklich gemacht. Einer der Briten, der unmittelbar neben ihrem Scheiterhaufen gestanden hatte und sie brennen sah und die Augen gen Himmel richten und Jesus rufen hörte, sagte: "Diese Frau ist eine Heilige". Er hatte sehr lange größte psychische Probleme, denn er hatte sich zuvor sehr für ihren Tod eingesetzt.

Hier haben Sie ein Beispiel für eine wirkliche Führungspersönlichkeit. Das ist es, was uns Lyn am Freitag Abend vermitteln wollte. Sind Sie bereit, Ihr Leben in die Waagschale zu werfen? Ihr Leben wird womöglich niemals enden, wenn Sie so etwas zuwege bringen.

Es gibt Leute, die dafür kein Verständnis haben, so wie Euler, Lagrange oder d'Alembert, einige dieser Mathematiker, die Jason erwähnte. Sie sehen die Welt als etwas fest vorgegebenes und sehr langweiliges an. Lagrange hat doch tatsächlich gesagt, er könne die gesamte Physik in die mathematische Analysis einbringen, indem er nur mit Symbolen hantiert. Man hätte sich noch so sehr bemühen können, durch die Manipulation von Symbolen damals Frankreich - oder heute die Welt - zu retten, es hätte nicht funktioniert. Er behauptete es trotzdem.

Die gleichen Leute nahmen sich die Quadratwurzel von -1 vor und sagten: "Wir können ihr wirklich keine physikalische Bedeutung beimessen. Na gut, das macht nichts, wir biegen uns gerade mal das Universum so zurecht, wie wir denken, weil wir eben so denken wollen." Der größte Fehler, den diese Leute, auch Euler, damals machten und den viele Leute heute machen, war der, sich selbst die Fähigkeit abzusprechen, eine andere Hypothese zu finden, eine andere Idee, um eine ganze Generation neuer Zahlen zu entdecken. Euler sprach sich diese Fähigkeit ab und weigerte sich, die Möglichkeiten des menschlichen Geistes zu erkennen.

Will jemand, der diese Möglichkeit nicht erkennen kann, wirklich Menschen am Leben erhalten? Das ist die große Frage, über die Sie nachdenken sollten. Gauß schaute sich nämlich die Zahlen an und zeigte, daß sie keine festen Gegebenheiten sind. Du hast 1, 0 und -1. Du gehst von 1 zu -1. Was ist dieses -1? Ist es nur ein Punkt, ein Strich, irgendein Zählobjekt? Ich habe noch nie reine Zählobjekte gesehen, was wäre das für eine bequeme, langweilige Welt! -1 bedeutet eine Reflexion auf 1. Es ist wie ein Spiegel. Gauß sagte daher: "Es handelt sich, so gesehen, um eine Transformation. Wenn Zahlen nur, wie Kodewörter, einen wirklichen Vorgang widerspiegeln, dann schaut man, wenn man nach der Quadratwurzel sucht, nach einer Art Mittelding, nach dem halben Vorgang der Quadratur. Und was wäre nun dieser halbe Weg im Fall eines bestimmten Abstands? Dieses eine in der Mitte. Hier haben Sie die Zahlenreihe. Da muß es also noch etwas außerhalb dieser Zahlenreihe geben."

Ich mache hier nur einige sehr knappe Andeutungen zu dem, was Gauß zu sagen hat. Offensichtlich kann ich das hier nicht ausführlicher behandeln. Entscheidend ist nur, wenn Sie unter Zahlen nur feste Zählobjekte vorstellen, dann sehen sie auch in der Welt, im gesamten Universum, ja sogar im menschlichen Geist nur feste Objekte. So dachten die Leute in der französischen Armee, die Leute in der Generation unserer Eltern, und so denken auch heute noch die Leute in unserer Generation. Dabei erkennt man die Kraft des menschlichen Geistes nicht, und deshalb stecken wir zur Zeit in einer solch großen Krise - wenigstens ist das einer der Gründe dafür.

Wahrheit ist nicht das, was man sieht. Nehmen Sie zum Beispiel das Verfahren gegen Johanna, wie man sie verbrannt hat. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts heilig gesprochen. Das war recht spät. Wie sollte man diese Dinge betrachten? Lyn zum Beispiel. "Verschwörung gegen das Finanzamt" - haben Sie das geglaubt? Als man ihn vor Gericht stellte, haben Sie das geglaubt? Oder haben Sie die Hypothese aufgestellt, daß sein Kampf der ewige Kampf für das Gemeinwohl aller Menschen war? Die Frage der Hypothese ist eine Frage zur Absicht. Kepler hat für universelle physikalische Prinzipien das Wort "Absicht" benutzt.

Darüber sollte man nachdenken: Wenn die Prinzipien nicht in dem zu finden sind, was wir sehen - was bedeutet dann unser Leben? Ist das Prinzip unseres Lebens nicht in dem enthalten, was wir normalerweise als unser Leben betrachten? Gibt es hier ein höheres Prinzip, das mit Unsterblichkeit zu tun hat? Denn solche Prinzipien sterben ja nicht. Wenn Sie auf dieser Ebene handeln, dann ist das vielleicht etwas anderes als zu sagen: "Ich bin lebendig, weil ich am Leben bin, und darum dreht sich alles, nämlich so viel Vergnügen wie nur möglich zu haben".

Die Realität reicht darüber hinaus. Daher brauchen Sie sich um Ihren Tod auch keine Sorgen zu machen oder darüber, nicht für "gut" gehalten zu werden. Denn wenn Sie sich für das Gute einsetzen, kann sie niemand angreifen. Die anderen können Sie nicht ins Wanken bringen. Das Entscheidende am Leben ist das Paradox, daß wir sterben müssen. Das ist das eigentliche Paradox unseres Lebens. Fragen wir uns also: Wofür leben wir? Mein Freund Wolfgang wird das jetzt gleich an dieser Stelle weiter ausführen.

Doch zuvor möchte ich Sie an ein Wort LaRouches erinnern: "Die Sinnesorgane des einzelnen Menschen gehören zu dem sterblichen, dem animalischen Teil, dem biologischen Organismus des Menschen. Sinneswahrnehmung liefert unserem Geist keine unmittelbaren Abbilder der Welt außerhalb unserer Haut, sondern eher, wie uns Platon und auch der Apostel Paulus (in 1. Korinther 13) warnen, unsere Sinne spiegeln uns nur Schatten der Realität wider, die den biologischen Apparat der Sinneswahrnehmung des einzelnen Menschen gereizt haben. Daher vergleicht Platon die Erfahrung der Sinneswahrnehmung mit Schatten, die ungesehene reale Gegenstände hervorrufen, die wie in einer von einem flackernden Feuer spärlich erleuchteten Höhle an die Wand geworfen werden. Menschen sind aber trotzdem in der Lage, das wirkliche, im wesentlichen unsichtbare, unsterbliche Universum zu entdecken, dessen auch substanzlose Effekte diese Schatten werfen, die wir Sinneswahrnehmung nennen."

[Wolfgang Amadeus Mozart: "Abendempfindung"]


Friedrich List gegen Adam Smith

Daniel Buchmann: Ich heiße Daniel und komme aus Berlin. Im Februar war ich in Amerika, und auf dem Weg von Richmond zurück nach Baltimore fragten mich die Leute: "Danny, was ist nur mit den Deutschen los? Ihr habt doch diese große Tradition von Schiller, Brahms, Gauß, Kepler - was stimmt mit den Deutschen nicht mehr? Es macht doch keinen Sinn, daß es in Deutschland an die 8 Millionen Arbeitslosen gibt, in dem Land, aus dem so viele klassische Werke stammen."

Ich mußte den Leuten dann mitteilen, daß ich in der Schule etwas über Hobbes, Locke und Adam Smith gelernt habe.

Das ist es, was man an unseren Universitäten und Schulen in Philosophie und Wirtschaft lehrt - und das ist auch der Grund der Krise, in der wir stecken. Das ist offensichtlich ein anderes Paradox, das wir hier lösen müssen.

Wenn Sie wirklich wissen wollen, was es mit dieser Krise auf sich hat, dann brauchen Sie nur in eine dieser Universitätsvorlesungen über Wirtschaft gehen, dann wissen Sie am besten, was die Krise ist. Nirgends im ganzen Land trifft man auf mehr gefährliche Dummheit pro Kopf und km2. Man trifft auf Professoren und Studenten, die Wirtschaft anhand des Wall Street Journal und der FAZ diskutieren.

Da kommen diese Leute her. Von einem streng empirischen Standpunkt, also wenn Sie im Land umhergehen und verschiedene Orte besuchen, dann können Sie rein empirisch feststellen: Die sind alle zu beschränkt, um die Probleme zu lösen, die uns bis zum Hals stehen.

Können wir uns damit zufrieden geben? Ich jedenfalls nicht! Das ist der Grund, weshalb ich hier stehe und diese Arbeit hier mache und deshalb habe ich mich der LaRouche-Bewegung angeschlossen. Schauen Sie sich den Zustand unseres Erziehungssystems an. Ich habe es gerade angedeutet.

Was muß geschehen? Wie Lyn sagte, müssen junge Leute sich als Führungspersönlichkeiten herausschälen, als wirkliche Denker. Und um das zu erreichen, müssen wir ursprüngliche Entdeckungen erneut durchleben. Wir müssen die großen Denker der Vergangenheit studieren und das, was diese großen Denker für die Menschheit beigetragen haben. Diese Beiträge dauern für immer fort. Wir müssen uns nur damit beschäftigen.

Einer dieser hochinteressanten Typen in der Geschichte war Friedrich List. Was ist an List so wichtig? Was war an seinem Leben so einmalig? Wie setzte er sein Leben ein, um unsterblich zu werden, um einen Beitrag für unsere Arbeit heute zu leisten und um einen Platz auf dieser Erde und in ihrer Entwicklung zu behaupten?

Ich fing an mit Lists Buch "Grundriß der amerikanischen politischen Ökonomie". Ich war noch nicht weit gekommen, vielleicht 20 Seiten, da gingen mir die Augen auf: Globalisierung, Freihandel, daß das falsch ist, war schon 1820, vielleicht noch früher, bewiesen worden! Warum stecken wir heute noch in dem Schlamassel? Wir müssen da heraus kommen und eine neue Renaissance in Gang setzen!

Friedrich List wurde 1789 in Reutlingen in Württemberg geboren. Er wuchs also während der Nachwehen der französischen Revolution auf. Er erlebte, wie Napoleon Deutschland und Europa eroberte. Er sah die Kontinentalsperre Napoleons. Damals durften keine englischen Waren nach Kontinentaleuropa importiert werden, auch sonst wurde der britische Einfluß zurückgedrängt. Die Wirtschaft auf dem Kontinent wurde von der Englands abgetrennt. Das war das eine. Dann wurde Napoleon besiegt, es kam zum Wiener Kongreß 1815 und die Habsburger Monarchie wurde in Europa wieder errichtet.

Nun drängte der britische Einfluß wieder nach Kontinentaleuropa, und das betraf vor allem die Wirtschaft. Die Wirtschaft wurde mit englischen Waren zu Dumpingpreisen überschwemmt. Und gerade zu der Zeit studierte Friedrich List Adam Smiths Werke. Als er das Buch las, standen die öffentliche Meinung und die Meinung aller Akademiker auf Seiten von Smith. Das Buch erschien allen als großartig und alles darin richtig. Auf der anderen Seite sah Friedrich List die Wirtschaft in Deutschland zusammenbrechen, Fabriken wurden geschlossen, die Bauern gingen bankrott, und die Leute hatten nichts zu essen.

Was tat List? Er sagte sich, mit dieser Theorie stimmt doch etwas nicht, die Grundannahmen stimmen nicht. Er stellte Adam Smith - nicht ihm persönlich, sondern seinem Machwerk, die Frage: Was ist eigentlich Wohlstand? Eine pralle Brieftasche, ein volles Bankkonto oder der Besitz von Gold und Diamanten im eigenen Palast? Sind es Rohstoffe oder gar militärische Macht? List sagt, das kann nicht stimmen, nichts von alledem ist wirklicher Reichtum. Wirklicher Reichtum ist die Fähigkeit zur Produktion, den Wohlstand herzustellen. Wohlstand ist also, ihn herstellen zu können.

Damit hat er die Axiome gründlich verrückt. Wenn man Güter hat, um damit zu handeln, dann braucht man sie auf. Man muß sie also herstellen können. In erster Annäherung sagte List: Man kann sagen, wir müssen mehr herstellen, als wir verbrauchen. In seinem Buch aus dem Jahr 1841 Das nationale System der politischen Ökonomie schrieb er: Die Tatsache, daß wir Menschen mehr herstellen können, als wir selbst verbrauchen müssen, bedeutet, daß es etwas im Universum gibt, das die Menschen auffordert, sich ins Neuland vorzuwagen, in neue Kontinente, in Gebiete, wo wir bisher noch nicht gewesen sind. Wir halten das für selbstverständlich, aber es war für Adam Smith keineswegs klar und auch nicht für die Professoren in seinem Umfeld. Und es ist auch heute noch nicht klar - jedenfalls nicht für viele in der sogenannten Elite.

Friedrich List kam die Idee um 1820. Damals sagten die Leute: "Der Mann ist verrückt geworden, er ist ein Fortschrittsenthusiast!" Und wenige Jahre später sagten sie: "Der ist verrückt, der will Eisenbahnen bauen, das ist ja etwas ganz Neues, wie kann er nur?" Aber er wandte sich an die Könige und Fürsten in Deutschland: "Wir müssen unser Land retten, dazu brauchen wir Wirtschaftsreformen." Aber die Leute hörten nicht auf ihn, man verleumdete ihn. Man wollte ihn 1821 sogar ins Gefängnis stecken.

Was konnte er tun? In seiner Situation blieb ihm nur die Flucht. Zuerst ging er in andere europäische Länder, wie Frankreich, die Schweiz, dort begegnete er z.B. Lafayette. Später ging er nach Amerika. Dort studierte er das sogenannte amerikanische System der politischen Ökonomie, das heißt Mathew Carey, Alexander Hamilton und deren wissenschaftliches Umfeld. Er traf Hamilton nicht persönlich, las aber seine Schriften und stand so mit ihm im Dialog. In Amerika fand er also die richtige Umgebung, um an seiner Wirtschaftslehre zu arbeiten und schrieb das auch gleich am Anfang seines Grundrisses:

    "Als Konsequenz aus dem Dargestellten glaube ich, daß es die Pflicht der Generalversammlung in Harrisburg ist, nicht nur die Interessen der Wollproduzenten und Wollfabrikanten zu unterstützen, sondern die Axt an der Wurzel des Baums anzusetzen und das System von Adam Smith und Co. für irrig zu erklären. Die Generalversammlung sollte diesem System von Seiten des amerikanischen Systems den Krieg erklären, in dem sie Schriftsteller einlädt, die Irrtümer der Lehre von Adam Smith aufzudecken und leicht verständliche Vorträge über das amerikanische System zu halten und schließlich, in dem sie die Regierungen der verschiedenen Staaten, ebenso wie die gemeinsame Regierung, ersucht, das Studium des amerikanischen Systems an den verschiedenen, ihrer Obhut unterstehenden Schulen, Universitäten und literarischen Instituten zu fördern."
Wieder änderte List die Axiome und löste damit einen Prozeß von Entdeckungen aus. Er entwickelte ein ganz neues System der politischen Ökonomie. Was mich an dem Buch Das nationale System der politischen Ökonomie besonders überraschte, war die Aussage: In Zukunft entdecken wir vielleicht Wege, Wärme ohne die bekannten Brennstoffe zu erzeugen. Man kann sagen, er stellte eine Hypothese über die Kernenergie auf. Er wußte darüber überhaupt noch nichts. Vielleicht entdecken wir etwas ganz anderes, etwas ganz Neues. Das ist großartig!

Wer spricht heute noch so? Wer redet noch von Produktion und Investitionen in die Zukunft und davon, daß man Projekte braucht, die die Wissenschaft vorantreiben? Das tun nur Lyndon LaRouche und seine Bewegung. Nur hier finden wir den Optimismus, nur hier sagen die Leute, laßt uns das anpacken, produzieren, entwickeln.

Wie ich eingangs sagte, betrachten wir Deutschland, seine Universitäten. Dort lehrt man Locke, Hobbes, Adam Smith, die Leute reden über das Wall Street Journal und ähnliches dummes Zeug. Wenn man das sieht, dann wird einem klar, wie wichtig unsere Arbeit ist. Ich kann persönlich weit und breit nichts anderes sehen als diese Bewegung, um eine neue Renaissance in Gang zu bringen, und es ist unsere Pflicht, dies auch zu tun. Wir haben die Voraussetzungen, die geistigen Werkzeuge dazu. Daher fordere ich jeden hier im Raum auf: Macht in der Bewegung mit, packt an, laßt uns die Renaissance schaffen! Am Ende wird es uns das Universum entgelten.

Eine sokratische Jugendbewegung

Limari Navarette: Ich heiße Limari und komme aus Los Angeles. Sie alle treibt inzwischen wohl die Frage um, was genau wollen wir denn nun erreichen? Es gibt wahrscheinlich genug Gelehrte ringsum in der Welt, die zahlreiche Bücher über List oder Johanna von Orleans gelesen haben, die viel wissen und unheimlich gescheit sind. Auch sind Millionen Menschen auf den Straßen, die ebenso leidenschaftlich diesen Krieg im Irak beenden wollen, die merken, daß die Welt vor allem wirtschaftliche Entwicklung nötig hat. Worin besteht der Unterschied zwischen all den anderen und uns?

Der Unterschied liegt in dem, was Lyn die meiste Zeit seines Lebens gemacht hat, nämlich, sich der eigenen Unsterblichkeit zu stellen. Er sah, in was für einer Situation die Welt steckte, er wußte, worauf das hinauslaufen würde, daß diese Zivilisation nicht überleben kann. Statt die Arbeit, die aufgrund dessen getan werden mußte, im Stich zu lassen, stellte er sich seiner eigenen Unsterblichkeit, um tatsächlich in den Lauf der Geschichte einzugreifen.

Wie gewinnt man das Vertrauen, daß man das überhaupt kann? Wie weiß man, daß der Versuch, in die Geschichte einzugreifen, überhaupt der Mühe wert ist? Wir haben Ihnen das gerade eben dargelegt. Es ist genau das, was Johanna getan hat, was Gauß tat, als er Euler und Lagrange widerlegte, was LaRouche seit Jahrzehnten tut, wenn er den Leuten in unserem Land, die es angeblich führen und sicherstellen sollen, daß es eine Zukunft hat, ihre Fehler vorhält und sagt: "Das ist es, was Ihr tun müßt. Der eurasische Kontinent muß zusammengeführt werden, wir stecken in einem wirtschaftlichen Zusammenbruch und Ihr müßt auf LaRouche hören!"

Wir halten unseren Mitbürgern das vor. Aus dem Grund treten Leute dieser Bewegung bei. Sie merken, daß man sie in ihrem ganzen Leben nur belogen hat. Die Generation vor uns hat uns gesagt: "Du brauchst nur zu Schule gehen. Setz dich hin, halt den Mund, hör zu und tu, was man dir sagt. Dafür bekommst du auch ein schönes Auto und ein schönes Haus, wenn du 25 bist." Doch immer mehr von uns merken, daß das nicht stimmt.

Statt dessen findet ein wirtschaftlicher Zusammenbruch statt, und wir erleben, wie ein Religionskrieg ausgelöst wird. Du schaust dich in der Geschichte um und siehst, daß Religionskriege immer in ein finsteres Zeitalter geführt haben, in dem sich die Zivilisation zurück entwickelt hat.

Dann hören wir LaRouche und erleben, wie er die Ideen wieder zum Leben erweckt, die wir Ihnen vorgestellt haben: die Verbindung zwischen dem Wort Unsterblichkeit der Seele und dem, was diese Ideen bedeuten. Man kann so viele Bücher lesen, wie man will, man kann Plakate hochhalten - "Kein Blut für Öl" - es bringt alles nichts, wenn man nicht weiß, wie und wozu man sein Leben, das ja kurz ist, einsetzen will: etwa dafür, daß kommende Generationen Trinkwasser und ein Auskommen haben, und an den gleichen Ideen arbeiten können, wie Sie heute. Das ist der Grund, weshalb wir jungen Leute von überall her zusammenkommen, um die erste weltumspannende Renaissance der Geschichte zu schaffen.

Diejenigen von Ihnen, die die eurasische Landbrücke verwirklichen wollen, sollten wissen, daß wir dabei ihre Verbündeten sind. Das hier ist kein netter Club, in dem man zusammenkommt, um über interessante Ideen zu reden. Wir möchten Ihnen Mut zum Handeln machen. Zur Zeit fordern wir die Führung der Vereinigten Staaten mit LaRouches Ideen heraus, wir werden die Geschichte ändern, und davon wollen wir Ihnen gleich einen Vorgeschmack geben.

Timothy Vance: Ich heiße Timothy, komme von der Westküste, und arbeite in der Wahlkampagne LaRouche in 2004 mit. Ich habe eine Frage für das Publikum hier und möchte, daß Sie mir ehrlich antworten: Wie viele von Ihnen glauben, sie hören hier Vorträge über die Jugendbewegung? Nun, heben Sie Ihre Hand! (Nach einer Weile kommen einige Hände zaghaft hoch).

Nun, man hat Sie getäuscht. Sie sollten einsehen: Wenn Sie glaubten, hier einigen netten Kids zuzuschauen, dann sind Sie blockiert. Ich muß hier wirklich ganz ehrlich sein. Es geht hier nicht um die Jugend an sich, nicht um uns. Es geht um LaRouche, und wenn Sie wirklich darüber nachdenken, dann geht es um Sie. Die Politiker brauchen Sie. Vor meinem Vortrag möchte ich persönlich LaRouche danken und möchte ihn und die Jugend hier im Raum wissen lassen, daß LaRouches Präsidentschaftswahlkampf kein Steptanz ist.

Wenn man mit der Frage der Unsterblichkeit umgeht, wie auch mit der Wirtschaft, ist es immer gut, sich auf unseren modernen Sokrates, auf LaRouche zu beziehen. Doch um unsere politische Methode, mit der wir in die Weltsituation eingreifen, pädagogisch zu veranschaulichen, sollte ich noch hinzufügen, daß die Demokratische Partei ohne die Führung von LaRouche und seinen Mitarbeitern, ohne diejenigen Demokraten, die mit ihm zusammenarbeiten, keine moralische Existenzberechtigung mehr hat, und kein Recht, in die nationale Politik der USA einzugreifen.

Um zu zeigen, wie die von LaRouche mobilisierte Jugend tatsächlich die Demokratische Partei übernimmt, um LaRouche in eine Führungsposition zu heben, möchte ich mich auf die Entwicklung der Jugendbewegung um das Jahr 399 vor Christus in Athen im antiken Griechenland beziehen. Das war damals eine Hölle, eine Welt des kulturellen Zerfalls und der militärischen Selbstzerstörung in einem Konflikt, der als der Peloponnesische Krieg bekannt ist. Ich beziehe mich dazu auf Platons Apologie des Sokrates, mit der sich Sokrates gegen Gerichtsklagen vor 501 athenischen Geschworenen verteidigt hat. Es ist schon ein alter Mann um die 70, und wurde angezeigt, die Jugend verführt und die offiziellen Staatsgötter beleidigt zu haben.

Wie LaRouche und seine Jugendbewegung war Sokrates weder defensiv noch entschuldigte er sich. Was gefällt mir an dem Dialog so besonders gut? Es ist die Art und Weise, wie Sokrates mit der politischen Korruption - nicht nur der in uns selbst, sondern auch in ihrer politisch organisierten Form - umgeht. Und auch, wie er die Leute, nicht nur die Geschworenen, sondern auch den Leser, wie er diese Leute an die Frage der Unsterblichkeit heranführt. Wenn Sie den etwa 20 Seiten langen Dialog lesen, dann stößt er Sie auf diese Frage der Unsterblichkeit, er wirft Ihnen keinen Aphorismus an den Kopf, auch keinen netten Einzeiler, sondern er hält Sie an dieser Frage ziemlich lange fest.

Das ist tatsächlich das gleiche, was wir zum größten Teil mit unserer politischen Arbeit tun. LaRouche hat eine Organisation gegründet, ein wirksames politisches Instrument, in der wir die meiste Zeit dieser Frage nachgehen. Wir gehen in die Universitäten, in die Amtsstuben der Regierung und auf die Straßen, weltweit. Und wir versuchen, die Leute zum Nachdenken darüber zu veranlassen, was einmal aus ihnen werden wird.

Wir veranlassen die Leute auf dem Platz vor dem Supermarkt, ein Quadrat zu verdoppeln. Das ist die Art, wie wir tatsächlich eine neue Renaissance, wie wir ein neues Wirtschaftssystem in Gang bringen. Sie müssen das erkennen, auch in sich selbst erkennen, was das entscheidende ist. Und hoffentlich gibt Ihnen das Video, das ich Ihnen jetzt zeige, ein Gespür dafür.

[Tim zeigt dann einen neun Minuten langen Ausschnitt aus dem 40-minütigen Videoband über die Intervention bei den Jungdemokraten in Sacramento und kommentierte ihn. Angesichts der Frage, ob sie vor den schreienden Demokraten davonlaufen oder noch lauter als diese schreien und dadurch die Situation ohne Sinn und Verstand eskalieren sollten, verfiel man auf eine dritte Möglichkeit: Man sang nämlich "Oh, freedom!"]

Und nun lassen Sie uns auf die alten Griechen zurückkommen. Ich möchte Ihnen gerne ein Zitat von Sokrates, das er nach seiner Verurteilung zum Tode sagte, vortragen. Sokrates sagt zu den Geschworenen:

    "Jetzt möchte ich denjenigen prophezeien, die mich verurteilt haben, denn ich bin nun an dem Punkt angelangt, an dem Menschen am prophetischsten sind, nämlich angesichts des Todes: Ich sage zu den Herrschaften, die dafür stimmten, mich zu töten, daß die Vergeltung dafür unmittelbar nach meinen Tod eintreten wird, eine Vergeltung, die viel schwerer zu ertragen sein wird, als die Verantwortung für meinen Tod. Sie haben das in dem Glauben getan, dadurch vermeiden zu können, sich über Ihr Leben Rechenschaft abgeben zu müssen. Doch ich behaupte, daß Sie damit genau das Gegenteil erreicht haben. Es werden mehr Menschen kommen, die Sie hinterfragen werden, Leute, die ich noch zurückgehalten habe, ohne daß Sie das bemerkt haben. Mit Ihnen umzugehen, wird viel schwieriger sein, da sie noch jung sind, und sie werden sich noch mehr über sie ärgern."
Ich habe das zitiert, um zu zeigen, was geschehen wird, wenn man die Warnungen von LaRouche in den Wind schlägt - Warnungen, die er in seinen früheren Wahlkämpfen ausgesprochen hat und wegen denen LaRouche und seine Unterstützer in der Partei von der Demokratischen Partei bis heute abgelehnt werden. Wir wurden aus den Versammlungen hinausgeworfen, nicht wahr? Diese blödsinnige Reaktion seitens der Demokratischen Partei hat die Partei nur gespalten und LaRouches Unterstützer nur geschlossener und entschiedener gemacht.

Das Zitat des Sokrates paßt auch auf die strategische Weltlage. Schauen Sie sich die verrückte Fraktion der Utopisten an, diese Kriegspartei, die glauben, sie könnten die eurasische Wirtschaftsentwicklung dadurch aufhalten, daß sie einen Krieg in Afghanistan und Irak anzettelten. Schauen Sie sich an, was sie sich damit eingebrockt haben, die armen Tröpfe. Man muß sie deswegen bedauern. Sie haben ihre Bündnisse zerstört. Die Nationen in Europa und Asien arbeiten nun enger zusammen als zuvor. Das ist Gerechtigkeit. Darüber sprechen wir hier.

Sie sollten darauf achten, wie Sokrates in seiner Apologie auf die Frage des Todes eingeht. Die Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten, mit denen wir gesegnet sind, lassen sich tatsächlich leicht vermeiden. Weiter sagt er, es gibt viele Möglichkeiten, in allerlei Gefahren den Tod zu vermeiden. Es gibt viele Möglichkeiten, die Einführung eines neuen Wirtschaftssystems zu vermeiden, es gibt viele Wege, auf denen man vermeiden kann, den verrückten Drang zur permanenten Kriegsführung zu stoppten. Aber was dann? Die Geschichte wird kaum die Zeit haben, über den besonderen Weg zu berichten, den wir einschlagen könnten, um uns in den kommenden Tagen und Wochen der Verantwortung in dieser Krise zu entziehen.

Wie alle, die je versucht haben, an einem dieser sogenannten unmöglichen Probleme, die die Griechen aufgestellt haben, zu arbeiten, leisten wir viel pädagogische Arbeit mit diesen unmöglichen Problemen - wie der Verdopplung des Quadrats oder der Dreiteilung eines beliebigen Winkels. Ich habe noch nicht einmal von der Verdopplung des Würfels gesprochen. Es gibt noch vielerlei, was da dazu gehört. Diese Probleme erscheinen vielleicht als unmöglich, aber es gibt tatsächlich Lösungen für sie. Und ich kann Ihnen versichern, daß LaRouche weiß, was zu tun ist, und daß die Jugend, die mit ihm zusammenarbeitet, das genau spürt.

So bleibt also nur noch die Frage, die jeder von Ihnen sich selbst stellen muß: "Was werde ich, angesichts dessen, was ich als richtig erkannt habe, tun?" Sie sind Richter in diesem Fall.

[Zum Abschluß der Vorträge wird "O Freedom!" gesungen, dann folgt eine mehrstündige hochkonzentrierte Diskussion.]




Zurück zum Seitenanfang

Zurück zu "Was wir machen"