September 2003 Was wir machen (5)


Erdbeben in Bayern

Die LaRouche-Jugendbewegung bringt lebendige Ideen in den bayerischen Landtagswahlkampf.

Etwas ist anders als sonst auf dem Platz vor der Lorenzkirche in Nürnberg an diesem Montag. Die Menschen, die glauben, sie könnten wie gewohnt ihrer Wege gehen, sehen sich um. Es ist, als merkten sie, daß etwas Besonderes passiert. Aber sie können nicht genau sagen, was - bis sie plötzlich von einem der vielen Jugendlichen angesprochen werden, die den Platz in eine Bühne verwandeln, auf der sie Weltgeschichte schreiben:

    - "Que est-ce que vous faites avec votre vie, dans une telle situation?" - "We are going to get Dick Cheney impeached, you should join our fight!" - "Wissen Sie eigentlich, in was für einer entscheidenden Zeit Sie leben? Entscheidend für die Zukunft der gesamten Menschheit? Verpassen sie diese Chance nicht, unterstützen Sie die BüSo!"

In fünf europäischen Sprachen wird hier die Bevölkerung mit den Ideen von Lyndon LaRouche konfrontiert. Pessimismus wird im Keim erstickt, den Ausflüchten, man kann ja nichts tun, weil man nichts verändern könne, wird mit der Bitte begegnet, sich einmal umzusehen. Überall auf dem Platz sind hitzige und inspirierte Diskussionen im Gange. An allen sind junge Menschen beteiligt. Sie alle arbeiten daran, die falschen Axiome der Gesprächspartner aufzudecken, um diese zu verändern.

    - "Hätten Sie sich vorstellen können, daß so etwas noch passieren kann? Daß Jugendliche, die doch vermeintlich in der Gegenkultur ersticken sollten, sich aus Leidenschaft für die Idee einer gerechten Welt und einer neuen Renaissance auf die Straße begeben? Wann haben Sie das letzte Mal gesehen, daß eine der ,großen Parteien' so viele junge Menschen aus Begeisterung mobilisiert?"

In viele Gesichter kommt ein Funken von Hoffnung, viele der älteren Menschen erkennen durchaus die Rolle unserer Generation.

    - "Und übrigens, was Sie heute hier sehen, passiert soeben auch in Memmingen, ebenso wie in Augsburg!"

In Memmingen reagieren viele der Angesprochenen mit Verzweiflung ob der Gefahr, die vom Vizepräsidenten der USA, "Dirty" Dick Cheney, für die gesamte Welt ausgeht. Sie sind erleichtert von den vielen Vollzeitmitgliedern der LaRouche-Jugendbewegung (LJB) zu hören, daß es Lyndon LaRouche gibt. Es ist ja ein Zeichen unserer nicht vorhandenen Pressefreiheit, daß die Menschen nichts erfahren dürfen von dem "anderen Amerika". Zu hören, daß in den Vereinigten Staaten die Bewegung schon so weit ist, daß Los Angeles beispielsweise jeden Tag von über 60 Jugendlichen wachgerüttelt wird, ist genug Grund, wieder Mut zu fassen. Viele Jugendliche werden direkt aktiv, wenn sie mit ihrer Rolle konfrontiert werden, die sie in der Weltgeschichte spielen könnten. Sie nehmen Flugblätter von unseren Büchertischen und verteilen auf der Stelle mit. Ein Mädchen, das zum ersten Mal von LaRouche hörte, blieb den ganzen Tag dabei und organisierte mit uns.

Auch die Augsburger werden an diesem Montag von jungen Menschen aus ganz Europa aus ihren Träumen geweckt. Das ist eben der Spaß an unserer Mission: Viele Menschen flippen aus, wollen von nichts wissen, aber wir helfen ihnen, diese Krise zu überwinden und aktiv zu werden. Und dieser Tag war nur der Anfang der Aktionswoche, die Bayern auf den Kopf stellte.

Am darauffolgenden Tag waren Einsatztrupps in Augsburg, Passau und Ingolstadt aktiv. In diesen kleineren Städten führt eine solche gezielte Intervention sofort dazu, daß wir zum Stadtgespräch werden.

Es ist schon beeindruckend, wenn man um eine Ecke gelaufen kommt, und erblickt, wie die Ingolstädter Fußgängerzone von der LJB "besetzt" ist. Wenn man sich dann auch noch vergegenwärtigt, daß hier nur ein kleiner Teil einer weltweiten Organisation zu sehen ist, bekommt man eine Ahnung von dem Potential, welches in einer gerichteten Aufwärtsbewegung der Jugend liegt.

Dies wurde uns allen am Mittwoch in vollem Ausmaß bewußt: Am Dienstagabend hatten wir alle uns in München zusammengefunden, wo wir einen Teil der Nacht mit Singen und Planung des Großeinsatzes für den nächsten Tag verbrachten. Es galt, den Marienplatz, strategisch im Zentrum Münchens gelegen, einzunehmen - für motivierte Revolutionäre kein Problem.

Von einem Rednerpult aus verpaßten nebst Elke Fimmen, der BüSo-Landesvorsitzenden, und dem Amerikaner Dr. Jonathan Tennenbaum viele der Jugendlichen aus ganz Europa den Münchnern und Touristen eine dringend benötigte Dosis Realität. Die Illusionen, daß sie weiter in ihrer Phantasiewelt würden wandeln dürfen, zerplatzten angesichts des Humors und der Polemik der LJB. An jeder Ecke des Marienplatzes standen Organizer mit Flugblättern und Zeitungen, und waren so beängstigend effektiv, daß das Establishment schon am nächsten Tag einen Rufmord unserer Kampagne in Auftrag gab. Vom Tag etwas ermüdet, fand sich die ganze Truppe zum Abschluß zusammen, um zu singen. Im Kanon erschallte die englische Übersetzung der "Ode an einen Geizigen", von G.E. Lessing geschrieben und J. Haydn vertont, über den Marienplatz:

    - "I should be envious? Fool! Go save, invest, and buy, get all that you want, and leave it here, and leave it here, and die, and die, and leave it here and die!" (Eine Erinnerung an all die Konsumdressierten, daß sie nichts von ihren angehäuften Werten und Reichtümern werden mitnehmen können.)

Den Abend beschloß ein großes Treffen, zu dem auch Kontakte kamen, die während des Tages auf der Straße angesprochen worden waren. Die Diskussion, die wir zur geistigen Auffrischung führten, drehte sich um die Rolle des Menschenbildes in der Entwicklung der Gesellschaft. LaRouches Unterscheidung zwischen der prometheischen, der apollinischen und der dionysischen Konzeption des Menschen diente als Ausgangspunkt für eine Reise durch die Geschichte. Jonathan Tennenbaum nahm das Apollo-Programm und die bemannte Raumfahrt an sich als nur ein Beispiel für die Notwendigkeit der zukunftsorientierten technologischen Entwicklung der Menschheit. Der Mensch als Prometheus, als schaffendes, entdeckendes und kognitiv begabtes Wesen ist dazu in der Lage, bislang unbekannte Prinzipien (Naturgesetze) zu entdecken und zum Wohle der Menschheit anzuwenden. Das steht der Rechtfertigung eines oligarchischen Herrschaftssystems entgegen! Nur, wenn wir die Mentalität durchbrechen, die den Menschen zum "Verbraucher" degradiert und ihn solche Herrschaftsstrukturen tolerieren läßt, werden wir die tiefe Krise, in der die Menschheit sich befindet, überwinden können.

Mit den Gedanken daran im Kopf, und wie man sich Entwicklung bzw. Verfall einer Gesellschaft durch nichts besser vor Augen führen kann als durch die Kunst, stellten wir am Donnerstag unsere Büchertische in München auf. Wir wechselten uns dabei ab, eine selbst organisierte Führung durch die Münchner Glyptothek zu unternehmen. Die Sammlung griechischer und römischer Skulpturen bietet dort die Möglichkeit, mit der Vergangenheit in den Dialog zu treten.

Norbert Scholl ließ die Skulpturen vor unserem geistigen Auge lebendig werden, indem er die unterschiedlichen Skulpturen und Grabsteine geschichtlich einordnete. Die Schönheit und Anmut in den griechischen Skulpturen im Kontrast zu den leblos glotzenden römischen Büsten und Köpfen ist erst einmal erschreckend. Dabei zu wissen, daß es das Imperium Romanum ist, welches sich Cheney und seine verrückten Kriegsfalken zu Vorbildern nehmen, war für uns der Ansporn, den Menschen auf der Straße zu einem Begriff von wirklicher Schönheit zu verhelfen.

So geschehen in Rosenheim. Am darauffolgenden Tag sieht sich das kleine verschlafene Städtchen Rosenheim durch die Präsenz der LJB auf dem Marktplatz vollkommen auf den Kopf gestellt. Die politische Arbeit führt notwendigerweise zu genau der Frage nach Schönheit und Unsterblichkeit.

"Was heißt das, unsterblich zu leben?" fragt ein Mädchen, mit der Frage konfrontiert, was sie mit ihrem Leben anfangen wolle. Mit seinen Taten nicht nur vor sich selbst, sondern vor der Versammlung all der großen welthistorischen Führer, die für das Wohl der Menschheit gekämpft haben, bestehen zu können und verantwortlich zu sein, ist für viele erstmal ein großer Schritt. Weitere Fragen an sie: "Was würde Abraham Lincoln über dich denken?" oder "Was sagt Martin Luther King zu dir, wenn du über ihn nachdenkst?" oder "Wie ist dein Verhältnis zu Friedrich Schiller?" Ihr geht ein Licht auf. Die Geschichte muß vor dem inneren Auge lebendig werden. Die Persönlichkeiten der Vergangenheit sind nicht Namen in toten Geschichtsbüchern, sondern lebender Teil unserer Gegenwart. Das Mädchen wirft einen Blick um den Platz und beginnt strahlend zu lächeln. "Hmm, so hatte ich Geschichte nie betrachtet." "Noch mehr" fügt ein Organizer hinzu, "was werden die Menschen in 100 Jahren über uns sagen?" "Werden wir die Generation sein, die die globale Renaissance begann?" Sie antwortet, mit leuchtenden Augen: "Das kommt wohl auf uns an, oder?"

Ähnliches geschieht auch der anderen Hälfte unserer Truppe in Pfarrkirchen. Der Rosenheimer Trupp besichtigte im Anschluß an den Einsatz den Hof eines langjährigen Unterstützers, der Milchkühe hält. Der Pfarrkirchener Trupp ließ sich den Fertigungsablauf eines mittelständischen Trafo-Herstellers erläutern. Die Dinge, die man als Produkte irgendwo verbaut sieht, sind nicht für sich existierende Objekte, sondern Ergebnisse von komplexen Prozessen. Das ist uns allen bei der Führung durch den Betrieb sehr deutlich geworden, in dem von Beginn bis Ende alles selbst produziert wird, um die Transformatoren herzustellen. Es ist für den Fortbestand der Zivilisation von äußerster Bedeutung, daß wir aus unserer Konsumentenmentalität ausbrechen und uns damit auseinandersetzen, wie eine funktionierende Produktionswirtschaft aussehen muß.

Ein weiterer Höhepunkt der Woche war der Gesangsunterricht am Samstagabend unter Leitung von Michael Gründler. Er legte den Grundstein für den Ausbau unserer Arbeit am Gesang, die europaweit das Ziel hat, daß wir die Bel-Canto-Methode der Stimmbildung meistern und verbreiten. Jeder Mensch ist ein Musikinstrument und sollte dieses auch zu spielen lernen!

Die Woche beendeten wir mit einem Besuch im Deutschen Museum, wo man, wenn man es richtig anstellt, ein sehr gutes Bild davon bekommen kann, wie sehr die Menschheit fortgeschritten ist, und wie gefährlich die technologie- und entwicklungsfeindliche Ideologie der Grünen für alle Menschen auf der ganzen Welt ist. Man sieht die Welt mit anderen Augen, wenn man sich verdeutlicht was die menschliche Vernunft als Prinzip schon zur Entwicklung dieses Planeten beigetragen hat. Die Frage, die sich jedem dort von selber stellen sollte, ist die folgende: Wenn wir all diese Errungenschaften haben, wenn wir es geschafft haben, Menschen auf den Mond zu befördern und Atome zu spalten, um saubere und sichere Energie zu gewinnen, warum verhungern dann immer noch Menschen auf der Erde. Warum lösen wir nicht diese Probleme?

Das führt dann zu dem politischen Kampf, den schon viele vor uns gekämpft haben, und der noch immer andauert. Der Kampf der Menschheit, wirklich menschlich zu sein. Was könnte mehr Freude machen, als sich die großen Aufgaben der Menschheit zu den eigenen zu machen? Es hat immer wieder in der Geschichte Bewegungen von Menschen gegeben, die dies taten, die sich eine Idee zum Leitstern gaben und ihr Leben danach ausrichteten. Erwartungsvoll blicken sie nun auf uns und mögen sich fragen, wie wir nun diese Chance nutzen, die sich uns bietet. Sie haben gekämpft, sie haben das Ihre geleistet, nun ist es an uns. Und sie hatten keinen Lyndon LaRouche.

Diese Woche motivierte uns so stark, daß wir Europa wirklich umkrempeln, das Schildbürgertum und die Impotenz der Bevölkerung bekämpfen wollen. Die beste Waffe, die wir haben, ist die Wahrheit und die Leidenschaft. Macht mit!

Alexander Pusch




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