Februar 2005 Jugendbewegung


Zum Teufel mit dem Zeitgeist!

Eine kulturelle Renaissance mit Schiller!

Ein Bericht über die Berliner Schiller-Wochenenden der LaRouche-Jugendbewegung (LYM).

Kennen Sie noch Friedrich von Schiller? Wie würde er über die heutige Zeit schreiben? Was hat diesen großen Geist ausgezeichnet?

Mit solchen Fragen konfrontiert die deutsche LaRouche-Jugendbewegung (LYM) die Menschen, die an unseren Büchertischen vorbeikommen, und das Erschreckende dabei ist, daß gerade die jüngere Generation dann ins Stottern kommt oder gar gleichgültig mit "keine Ahnung" antwortet. Viele kennen zwar ein oder zwei Gedichte oder Dramen, die sie in der Schule durchgenommen haben, aber welche historische und politische Bedeutung diese Werke haben, ist wohl selbst den Lehrern entgangen. Ebenso, daß sich Schiller mit seinem gesamten Lebenswerk für die sittliche Erneuerung der Menschheit einsetzte und an der Veredelung des einzelnen Menschen zu einem historischen Individuum, das Einfluß auf den Verlauf der Geschichte nehmen kann, arbeitete.

Wenn man die "Verwilderung der Ungebildeten" und die "Erschlaffung der Gebildeten"1 in unserer Gesellschaft betrachtet, oder die "Brotgelehrten"- Auffassung unserer Studenten und Studierten über ihre Arbeit und die Geschichte2, dann wird sehr deutlich, wie hochaktuell die Werke unseres "Fritz" sind. Gerade für die geschichtslose, von der großartigen klassisch-humanistischen Kultur entwurzelte Jugend, die ihre Identität am heutigen Zeitgeist ausrichtet (Popdiva/Prostituierte und "coole" Sprüche klopfende Obergurus), ist es ungemein wichtig, sich mit dieser deutschen Hochkultur auseinanderzusetzen, um wieder sagen zu können, daß wir das Volk der Dichter und Denker sind, ohne mitleidig belächelt zu werden.

Deswegen hat sich die LaRouche-Jugendbewegung (LYM) in Deutschland Johann Christoph Friedrich Schiller zum lebendigen Vorbild genommen: Jeder "LaRouchie" wählte für sich eines seiner Werke und arbeitet es im Sinne Schillers im Zusammenhang mit einem Thema der heutigen Zeit aus. Die Ergebnisse werden im Laufe dieses Schillerjahres auf unseren Veranstaltungen vorgetragen werden. Einige Beispiele: Schillers Antrittsrede über Universalgeschichte in Verbindung mit der Identität der Jugend heute; die "Schaubühne als moralische Anstalt" im Vergleich zum heutigen schrecklichen Regietheater; oder anhand des Briefwechsels zwischen Schiller und Geistesverwandten wie Wilhelm von Humboldt, Goethe, Körner u.a. das Verständnis von Freundschaft anders zu beleuchten.

Dabei inspirierte uns unsere Universalgelehrte und Vorsitzende des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche mit noch viel mehr Ideen, wie wir uns mit dem großen Geist Friedrich Schillers befreunden können und welche Stücke uns am besten dabei helfen, die festgefahrenen Denkmuster (Axiome) der Bevölkerung im Sinne Schillers zu widerlegen. Denn schließlich geht es darum, daß Menschen sich gegenseitig von ihrem "Geistesstillstand" befreien. Wir wollen lernen, in anderen dieses edle Verlangen zu erwecken, "zu dem reichen Vermächtnis von Wahrheit, Sittlichkeit und Freiheit, das wir von der Vorwelt überkamen und reich vermehrt an die Folgewelt wieder abgeben müssen, auch aus unsern Mitteln einen Beitrag zu legen, und an dieser unvergänglichen Kette, die durch alle Menschengeschlechter sich windet, unser fliehendes Dasein zu befestigen."2

Um Schillers Idee der schönen Seele3 - daß der Mensch sich verbessern kann, indem er zu seiner ursprünglichen Menschheit zurückfindet - in die Tat umzusetzen, haben wir die letzten Wochenenden zu Schiller-Wochenenden erhoben. In einer Reihe von Vorträgen von Rosa Tennenbaum über die Dramen Maria Stuart, Wilhelm Tell oder Die Räuber erfuhren wir mehr über den historischen Hintergrund und die Bedeutung dieser Werke Schillers, der es wie kein anderer Dichter verstand, revolutionäre Gedankenfreiheit zu fordern und den vorherrschenden Zeitgeist und den Zustand der Bevölkerung so poetisch, politisch und polemisch anzugehen.

Aus seinen Gedichten haben wir uns die Kostbarkeit Die Künstler gewählt, um Schillers Schlüsselgedanken herauszuarbeiten, die Kunst als Wegbereiter für Kultur und Fortschritt und als Vermittler von Wahrheit und Sittlichkeit zu verstehen. Am Vortag studierte eine Gruppe den zehnten Auftritt im dritten Akt des Dramas Don Carlos, um ihn in nächster Zeit aufzuführen. In dieser Szene mit dem Menschheitsgesandten Marquis von Posa und dem Feudalherren König Philipp II. läßt Schiller zwei entgegengesetzte Charaktere einen Dialog führen, bei dem man nicht anders kann, als sich von der Leidenschaft des Marquis mitreißen zu lassen, mit der er den König für sein Ideal, die freie Republik, gewinnen will. Darin greift Schiller die Eigenschaften, ja den gesamten verächtlichen Charakter der Feudalherrschaft so vortrefflich an, daß er uns erkennen läßt, wie sehr wir uns selbst zu Untertanen herabwürdigen, anstatt Bürger dieser Welt zu sein.

Die andere Gruppe widmete sich den Gedichten Die Kraniche des Ibykus und Die Hoffnung, wobei Frank Hahn eine große Hilfe war. An drei aufeinander folgenden Wochenenden haben wir die Ästhetischen Briefe1 zusammen mit Rosa und vielen interessierten Kontakten, die wir neugierig machen konnten, durchgearbeitet. Schiller beschäftigt sich darin mit den Gründen, die zum Fehlschlagen der Französischen Revolution führten, und wie dies in Zukunft mit der Ausbildung des (gerade bei der heutigen Jugend verkrüppelten) Empfindungsvermögens verhindert werden kann, "... weil der Weg zu dem Kopf durch das Herz muß geöffnet werden".

Kaum jemanden ließ die, wie auch in allen seinen anderen Werken, zum Ausdruck gebrachte leidenschaftliche Liebe Schillers zur Menschheit unbewegt. Wir haben uns sehr ernsthaft mit seinen Ideen und Gedankengängen auseinandergesetzt und versucht, diese in den heutigen Kontext zu bringen. Dabei entstanden sehr vielseitige und fruchtbringende Diskussionen, die vielen von uns Erkenntnisse unschätzbaren Wertes brachten oder, anders formuliert, zu besseren Menschen machte, wie es Schillers Absicht war und er es von den Dichtern fordert: "Alles, was er [der Dichter] uns geben kann, ist seine Individualität. Diese muß es also wert sein, vor Welt und Nachwelt ausgestellt zu werden. Diese seine Individualität so sehr zu veredeln, zur reinsten herrlichsten Menschheit hinaufzuläutern, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft, ehe er es unternehmen darf, die Vortrefflichen zu rühren."4

Dieser Bedingung, wie sie Schiller hier beschreibt, ist er selbst am vorbildlichsten nachgekommen, und das zeichnet ihn für uns als führenden Weltverbesserer aus und spornt uns an, seinem Ratschlage (9. Brief) zu folgen: "Gib der Welt, in die du wirkst, die Richtung zum Guten, so wird der ruhige Rhythmus der Zeit die Entwicklung bringen."

Wenn Sie bezüglich des Kampfes gegen das Urteil des Zeitgeistes immer noch pessimistisch sind, so hören Sie auf den Rat Schillers, wie ein "Künstler" sich gegen diese Verderbnisse der Zeit verwahrt: "Er blicke aufwärts nach seiner Würde und dem Gesetz, nicht niederwärts nach dem Glück und nach dem Bedürfnis."1

Greifen Sie selbst zu seinen Werken, um Ihren eigenen Geist an erhabenen Gegenständen zu üben, beziehen Sie mehr Informationen über unsere Tätigkeit (www.schiller-institut.de) und verpassen Sie auf keinen Fall unsere Veranstaltungen, die in Dresden, Leipzig und Berlin stattfinden werden.

Kasia Kruczkowski


Anmerkungen

1. Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen

2. Friedrich Schiller, Akademische Antrittsrede 1789, Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?.

3. Helga Zepp-LaRouche, "Schillers Konzept der schönen Seele", Neue Solidarität Nr. 39/2003.

4. Friedrich Schiller, Forderung an Dichter, Rezensionen.



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