"Im Fleiß kann dich die Biene meistern,
In der Geschicklichkeit der Wurm dein Lehrer sein,
Dein Wissen teilest du mit vorgezognen Geistern,
Die Kunst, o Mensch, hast Du allein. "
Friedrich Schiller

  Dezember 2004 Kulturwerkstatt

Kulturwerkstatt

Viele Mitglieder des Schiller-Instituts betätigen sich neben der politischen Arbeit auch in Chor oder Orchester des Schiller-Instituts oder in verschiedenen Laienspielgruppen und Poesiekreisen, die sich unter dem Dach des Schiller-Instituts gebildet haben. Für viele junge Mitglieder ist dies oft die erste aktive Berührung mit "klassischer Kunst". Sie werden hoffentlich selbst bald über diese Erfahrung berichten.

In welcher Stimmung klassische Musik gespielt wird, ist weder Sache des Beliebens noch des Geschmacks, sondern berührt das Wesen klassischer Komposition. Die Grundidee ist, daß auch die Instrumentalmusik auf der menschlichen Stimme mit ihren physiologisch festgelegten Registern aufbaut. Die typischen Registerwirkungen kommen nur bei einer Orchesterstimmung von c'=256 (a'=432) Hz zur Geltung.

Die Mitglieder von Chor und Orchester des Schiller-Instituts kommen aus verschiedenen europäischen Ländern und bereiten sich in kleinen Gruppen auf die Aufführungen vor. Die Musik wird in dieser wissenschaftlichen, für die menschliche Stimme viel natürlicheren Stimmung gespielt, d.h. fast einen halben Ton unter der heute üblichen hohen Konzertstimmung.

Teile der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach wurden so bereits mehrmals zur Aufführung gebracht. Bei der letzten Konferenz des Schiller-Instituts erklangen unter Leitung von Anno Hellenbroich Teile aus Mozarts Requiem und der Messe in c-moll.


Kulturelle Renaissance


Die Verwirklichung einer neuen gerechten Weltwirtschaftsordnung kann nur Erfolg haben, wenn sie mit einer globalen kulturellen Renaissance verbunden ist.

Das Schiller-Institut setzt sich deshalb zum Ziel, das Werk der großen Künstler und Humanisten zu erhalten, die den Fortschritt der Menschheit bewirkt haben. Insbesondere verpflichtet ist das Schiller-Institut den Ideen Friedrich Schillers, weil niemand wirkungsvoller als er die Gedanken der republikanischen Freiheit und der poetischen Schönheit miteinander verbunden hat.

"Weil nur die Schönheit es ist, durch welche man zur Freiheit wandert", so hatte es Schiller in seinen Ästhetischen Briefen ausgedrückt, ist die Wiederbelebung klassischer Musik, des klassischen Theaters und der klassischen Dichtkunst zentrales Anliegen des Schiller-Instituts, dessen kulturelle Aktivitäten vielfältig sind.


Die Chefredakteurin der Kulturzeitschrift Ibykus Elisabeth Hellenbroich hielt in Wiesbaden im November 1995 aus Anlaß der Feiern zum 236. Geburtstag Friedrich Schillers folgenden Festvortrag. Weil darin in knapper Form zum Ausdruck kommt, warum die Beschäftigung mit Friedrich Schiller heute so wichtig ist, geben wir den Vortrag hier leicht gekürzt wieder.
Ibykus die Zeitschrift für Poesie, Wissenschaft und Staatskunst wurde 1982 als Gegenpol zum kulturpessimistischen Zeitgeist mit dem Ziel gegründet, in Deutschland und in Europa den Geist der Weimarer Klassik wiederzubeleben.

Was bedeutet uns Schiller heute?

"Wir haben die Fähigkeit zur Weisheit und zur Tugend in uns. Mit dieser Gabe und mit Gottes Gnade können wir im nächsten Jahrhundert und im nächsten Jahrtausend eine Zivilisation schaffen, die der wirklichen Person würdig ist, eine wirkliche Kultur der Freiheit... Wir können und wir müssen es tun. Und wenn wir es tun, werden wir sehen, daß die Tränen dieses Jahrhunderts den Grund für einen neuen Frühling des menschlichen Geistes bereitet haben."
Das Zitat ist dem Schluß einer Rede entnommen, die Papst Johannes Paul II. vor wenigen Wochen anläßlich des 50. Jahrestages der UNO in New York hielt. Ich will es an den Anfang meiner einführenden Betrachtungen anläßlich des 236. Geburtstages Friedrich Schillers stellen, den wir zusammen mit Beethovens 225. Gedenkjahr und dem sechsten Geburtstag der Maueröffnung am 9. November 1989 feiern.

Warum Schiller heute?

Ein Blick auf die Weltereignisse macht deutlich, daß wir in einer großen Schicksalsstunde der Menschheit leben, wo alles davon abhängt, ob wir diesen "punctum saliens" der Weltgeschichte positiv nutzen und ­ mit einer neuen Zukunft vor Augen ­ die heutige Gegenwart gestalten.
Wir sehen den Keim einer neuen Zukunft vor uns ­ die Entwicklung einer eurasischen Landbrücke als Impulsgeber einer weltweiten wirtschaftlichen Renaissance: die Idee der Entwicklungskorridore entlang der alten Seidenstraße (ähnlich wie sie einst Leibniz entwarf), wo durch den Bau von Eisenbahnen, Kanalbauten, Straßen, die Ansiedlung von Industrie, den Bau von Konzerthäusern, Bibliotheken, Wissenschaftszentren Hoffnung auf Arbeit und Wohlergehen für Hunderte Millionen Menschen gegeben würde und die Perspektive sich auftäte, Europa und den Nahen Osten mit Asien und Afrika zu verbinden.

Falsche Axiome des Denkens

Zugleich aber sehen wir den Keim der Zerstörung, das Ende von 500 Jahren Geschichte, die, mit dem Frühling der Renaissance beginnend, durch das beharrliche Festhalten an falschen Axiomen des Denkens den Keim für die Zerstörung der mit der Renaissance überlieferten europäischen Zivilisation legte: "Terror gegen die Zivilität" in Bosnien, im Nahen Osten, globaler Finanzkollaps, Machtkampf in Rußland, wachsende Armut und soziale Spannungen in Europa sind Ausdruck dieser Zerstörung. Ethnisch-religiöse Konflikte werden instrumentalisiert, um ganze Bevölkerungen gegeneinander auszuspielen und den Staat als Idee zu zerschlagen. An die Stelle tritt die Horrorvision einer aus vielen Kleinst-Ethnien bestehenden "postmodernen&uot; Welt ­ in der es keine universellen, verpflichtenden Rechte gibt, keine Verantwortung für die Entwicklung und den Fortschritt der Menschheit ­ sondern nur einen grausamen, darwinistischen Überlebenskampf.
(...)
In diesen dem Lied von der Glocke entnommenen Sätzen faßte Schiller seine tiefe Erschütterung zusammen, die ihn angesichts der völlig barbarisch ausufernden Französischen Revolution ergriffen hatte. Der Traum von einem Europa der souveränen Republiken war zerplatzt, und eine oligarchische europäische Ordnung trat an seine Stelle. Dennoch ­ es mußte gehandelt werden, aber dazu mußte klar sein, was die Ursache für das Scheitern damals wie auch für uns heute nach 1989 war: Es war jene Schlaffheit des Geistes, jener Mangel an geistiger Energie, sich wesentlichen Fragen zuzuwenden, jene Charakterlosigkeit und gemeine Denkart des Zeitgeistes, die, wie Schiller richtig diagnostizierte, die Menschen völlig unempfindlich machte für die historischen Herausforderungen.
Was also tun, um den Menschen aus dem "faustischen Pakt" mit dem Bösen bzw. dem Zeitgeist zu befreien?
Die einzige Methode, in den Menschen die Begeisterung für die Zukunft und die Kraft zu wecken, diese zu gestalten, ist die Kunst, ?weil nur die Schönheit es ist, durch welche man zur Freiheit wandert". So hatte es Schiller in den Ästhetischen Briefen darlegt. Nur die klassisch-sokratische Kunst stellt im Herzen des Menschen einen Sinn für Ewiges, Notwendiges, Unsterbliches, für Gerechtigkeit, Wahrheit und Schönheit auf.
Mit der Methode der poetischen Metapher, der Dichtung und der Kunst der Tragödie galt es also die Prinzipien schöpferischer Kunst zu verteidigen. Nur von diesem Standpunkt der schöpferischen Freiheit aus war es möglich, den Philistern, jenen, wie Schiller es ausdrückte, "salbadernden" Stümpern den Kampf anzusagen. (…)

Universelle Menschenrechte

Wie ein roter Faden zieht sich ein Grundgedanke durch das Werk Schillers: Es gibt jene universellen Menschenrechte, die "dort droben hangen" (Tell) und jedem Menschen ins Herz geschrieben sind. Die Gerechtigkeit, ein gerechter Staat, ein Staat der Freiheit, kann jedoch nur gestaltet werden, wenn der einzelne durch die Kunst, durch die Schönheit innerlich frei gemacht ist, frei von dem "faustischen Pakt mit dem Bösen," jener Anpassung an die Meinung und den Zeitgeist.
Wer sich vor Geßlers Hut verneigt, wohl wissend, daß dieses Symbol für die völlige Unterdrückung steht, wer sich von der Macht und dem Ehrgeiz blenden läßt wie der Feldherr Wallenstein, wer heute alle moralischen Prinzipien zum Fenster hinauswirft, um einen weniger dornenreichen Lebensweg zu gehen, der legt den Keim zur Tragödie. Tragödien wurden von Aischylos, Shakespeare und Schiller geschrieben, damit die Menschen ­ mit dem großen Thema der Menschheit konfrontiert ­ wie in der Geschichte handelnde Personen zu denken lernen. Zugleich weckt dieses Genre der Kunst, dieser großen Kunst, vergleichbar mit Beethovens späten Streichquartetten, die Kraft zu schöpferischem Denken und die Liebe zur Schönheit. Und je mehr wir unseren Geist und unser Gemüt aus dieser Quelle stärken ­ wir haben es kürzlich erneut auf einem viertägigen Seminar im slowakischen Dolna Krupa erlebt, wo Norbert Brainin mit jungen Streichquartetten das Prinzip der motivischen Durchkomponierung bei Beethovens späten Streichquartetten demonstrierte ­, um so mehr Kraft gewinnen wir, uns den Aufgaben der Zukunft zu stellen, um so mehr Liebe für die Menschheit wird in uns erzeugt.
Denken wir daran, daß Schiller in seinen Philosophischen Briefen schrieb: "Menschenhaß ist ein verlängerter Selbstmord, Egoismus die höchste Armut eines erschaffenen Wesens... Wenn jeder Mensch alle liebte, so besäße jeder einzelne die Welt."

Schillers Universalgeschichte

"Die heutige Gegenwart läßt sich einzig vom Standpunkt der Weltgeschichte, der Universalgeschichte beurteilen." So lautete die Kernthese Schillers bei seiner Antrittsvorlesung in Jena. Es ist das Wissen, daß unsere Gegenwart nur ein Resultat von vielen tausend Jahren der Entwicklung und der Erfindungen ist. Geschichte ist keine Willkür ­ sie unterliegt dem Prinzip des bewußten Handelns von Menschen, sie wird gestaltet, und das heißt: Es ist unsere Aufgabe, ?an das kommende Geschlecht die Schuld zu entrichten, die wir dem vergangenen nicht mehr abtragen können, das heißt, aus unseren Mitteln einen Beitrag zu leisten und an dieser unvergänglichen Kette, die durch alle Menschengeschlechter sich windet, unser fliehendes Dasein zu befestigen."


Stimmung und Register

1992 veröffentlichte das amerikanische Schiller-Institut in englischer Sprache das "Handbuch über die Grundlagen von Stimmung und Register". Das Buch über die Grundlagen klassischer Komposition wurde von Lyndon LaRouche angeregt. Es zeigt anhand von über 300 Notenbeispielen die Gründe auf, warum klassische Musik auf der Stimmung c’=256 Hertz beruhen muß. Es richtet sich an professionelle Musiker, Musikwissenschaftler, Lehrer und interessierte Laien.
Am 12. Februar 1996 überreichte eine Vertreterin des Schiller-Instituts Placido Domingo die englische Ausgabe des "Handbuchs", der die Arbeit mit folgenden Worten unterstützte:"Dies ist eine äußerst wichtige Initiative für die Zukunft der Oper; sie muß ohne Verzug weiter vorangetrieben werden."
1996 erschien das Handbuch in italienischer und deutscher Sprache. Im Mai und Juni 1996 wurde die italienische Ausgabe bei Konferenzen im Verdi-Haus in Mailand und im Auditorium des Päpstlichen Instituts für Geistliche Musik in Rom vorgestellt. Neben Repräsentanten des Schiller-Instituts sprachen bei dieser Konferenz der Mitherausgeber der italienischen Ausgabe Arturo Sacchetti, Organist, Dirigent und ehemaliger künstlerischer Leiter bei Radio Vatikan sowie Prof. Bruno Barosi vom Geigenbauinstitut in Cremona. Barosi berichtete über die Experimente an seinem Institut, die gezeigt haben, daß die besten Violinen (Stradivaris) für die Stimmung c’=256 Hz gebaut wurden. An der Konferenz in Rom am 9. Juni nahm der bekannte Bariton Renato Bruson teil. Er sang ein Musikbeispiel aus Verdis "Ernani" und erklärte anschließend: "Ich bin hier, um die Kampagne, zu Verdis Stimmung zurückzukehren, zu unterstützen; denn wir haben deshalb eine Krise der Stimmen. Wir haben keine echten Mezzosoprane und echten Bässe mehr, und ich hoffe, daß die Dirigenten aus diesem Beispiel ihre Lehre ziehen, da man bei a’=432 die Farbe und Weichheit des Klanges hört."
Eine weitere Konferenz des Schiller-Instituts zu diesem Thema fand unter Beteiligung von Helga und Lyndon LaRouche am 30. November 1996 in Verdis Geburtsort Busseto statt. Unter den vielen hochrangigen Konferenzteilnehmern aus dem Musik- und Kulturleben Italiens befanden sich Carlo Bergonzi, Piero Cappuccilli, Antonella Banaudi, Prof. Bruno Barosi und Maestro Arturo Sacchetti. Die Konferenz fand ein breites Medienecho in Italien. Bestellungen bitte an:

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Musikwissenschaft. Die Lohmann-Stiftung, "Stiftung zur Förderung der hohen Kunst des Gesangs", hatte im Juni 1998 zu einem Symposium nach Wiesbaden eingeladen.

Gesangstechnik und Schuberts Lieder

Die Thesen des Handbuchs über Stimmung und Register, mit dem das Schiller-Institut seit einigen Jahren die musikalische Welt buchstäblich "unsicher macht", waren auf einem Symposium der Lohmann-Stiftung für Liedgesang am 13. und 14. Juni 1998 in Wiesbaden Gegenstand lebhafter Diskussionen. Die "Stiftung zur Förderung der hohen Kunst des Gesangs" wurde 1987 gegründet, um das Werk von Paul Lohmann und Franziska Martienssen-Lohmann weiterzuführen. Sie dient vor allem der Weiterbildung von Gesangspädagogen, wendet sich aber mit den regelmäßig stattfindenden Symposien auch an Sänger und Studierende. Franziska Martienssen-Lohmann (1887-1971) war ehemals Schülerin des großen Sängers und Lehrers Johannes Messchaert gewesen, dessen Werk sie weiterführte; sie wurde zusammen mit ihrem Ehemann Paul Lohmann zu einer der gefragtesten Gesangspädagogen in Deutschland und im europäischen Ausland. Die Lohmann-Stiftung wurde 1987 von der Sängerin Prof. Hildegund Lohmann-Becker gegründet, die 1972 Paul Lohmanns zweite Ehefrau geworden war und heute in Deutschland, der Schweiz und in Skandinavien regelmäßig Gesangs-Meisterkurse abhält.

Bei diesem letzten Symposium ging es wiederum um gesangstechnische Fragen, wie der Beherrschung des sängerischen Atems. Dabei erläuterte eine ehemalige Mitarbeiterin Franziska Martienssen-Lohmanns deren Schritte zum Erlernen einer individuellen Atemtechnik, eine Lehrerin aus Berlin referierte über die Arbeit Johannes Messchaerts.

Einen zweiten Schwerpunkt bildete eine Diskussion über besondere Probleme in der Interpretation der Schubert-Lieder. Prof. Dr. Walther Dürr aus Tübingen, einer der Mitherausgeber der neuen Schubert-Ausgabe, einer "offenen Ausgabe", die dem Interpreten Aufschluß über die Entwicklung der einzelnen Lieder, der unterschiedlichen Ausgaben etc. geben soll, sprach zum Thema "Zwischen Freiheit und Regel -- Schuberts Lieder singen und spielen". Anhand zahlreicher Beispiele gab er Hinweise auf die unterschiedliche Lesart, bzw. die unterschiedlichen Auffassungen zu Interpretationsweisen von Schubert-Liedern, etwa durch Schuberts Freund Michael Vogl.

Ein Beitrag von Stephan Marienfeld vom Schiller-Institut in Düsseldorf über "Stimmung und Register am Beispiel der Schubert-Lieder" hatte zuvor für lebhafte Diskussion gesorgt. Er hatte nämlich anhand von Notenbeispielen erläutert, daß "Schubert bei seinen Kompositionen nicht nur die Partitur des Gedichts genauestens beachtet und musikalisch umgesetzt hat, sondern auch und vor allem die Natur des menschlichen Gesangsinstruments poetisch zu verwenden wußte. Schubert war ein ausgebildeter Sänger. Aus seinen Kompositionen wird ersichtlich, daß ihm die Natur der Register der menschlichen Stimme nicht nur bekannt waren, sondern, daß er ihre unterschiedlichen Farben kompositorisch bewußt einsetzt und zwar so, daß die entscheidenden poetischen Wendungen durch sie besonders beleuchtet und gewichtet werden." Beispiele, die Marienfeld dazu gebracht hatte, wie eine Stelle aus dem "Gute Nacht" aus der Winterreise, bei dem das "an dich hab ich gedacht" in der ersten Wendung auf das fis der Tenorstimme (und damit ins dritte Register) gelegt wird, während es in der zweiten resignativ-echoartigen Wendung auf dem f (und damit im zweiten Register) verbleibt -- daraus resultiert eine eindeutige Klangfarbendifferenzierung --, wurde mit Überraschung, in einigen Fällen auch mit Skepsis aufgenommen. Viele der anwesenden Sänger und Gesangslehrer zeigten sich spontan herausgefordert, die Diskussion in dieser Frage auch in Zukunft fortzusetzen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen der Stimmung von c'=256 Hz, entsprechend einem Kammerton von 430-432 Hz, der berühmten "Verdi-Stimmung", hatte am Vortag Ortrun Cramer in einem Beitrag erläutert. Sie betonte dabei eingangs, daß das Schiller-Institut in seiner Forschungsarbeit auf das Werk großer Vorgänger zurückgreife und danach strebe, die im Werk etwa eines Johannes Kepler enthaltene Einheit der Welterkenntnis, die Einheit dessen, was wir heute als Naturwissenschaft strikt von der Geisteswissenschaft zu trennen gewohnt sind, wiederherzustellen. Sie zitierte aus der Weltharmonik, in derem dritten Buch Johannes Kepler nachweist, daß das Universum im Großen, d.h. in den Bewegungen der Planeten, deren Abständen etc. den gleichen harmonischen Proportionen folgt, die wir als musikalische Harmonien empfinden.

Kepler schreibt dazu: "Die Geometrie nämlich ... ewig wie Gott und aus dem göttlichen Geist hervorleuchtend, hat ... Gott die Bilder zur Ausgestaltung der Welt geliefert, auf daß diese die beste und schönste, dem Schöpfer ähnlichste würde. Gottes des Schöpfers Ebenbild aber sind sie nun alle, die Geister, Seelen, Vernunftwesen ..."; und weiter: "Die Seele wird froh gestimmt, wenn sie harmonische Töne, übelgelaunt, wenn sie nichtharmonische wahrnimmt. Von diesen seelischen Stimmungen rührt die Bezeichnung Konsonanzen für die harmonischen und die Bezeichnung Dissonanzen für die nichtharmonischen Proportionen her ... Alles lebt, solange diese Harmonien dauern, alles erschlafft, wenn sie gestört sind."

Die Entwicklung der Gesangskunst des Bel Canto in der Florentiner Renaissance folgte genau der in Keplers Worten ausgedrückten einheitlichen Weltsicht. Leonardo da Vinci trug mit seinen intensiven anatomischen und physiologischen Studien wesentlich zur Entwicklung des Bel Canto-Gesangs bei.

Das Handbuch der Grundlagen von Stimmung und Register ist im Böttiger-Verlag erschienen und kann von dort oder über den Buchhandel bezogen werden. ISBN 3-925725-28-8, Preis: 68,80 DM.


Mit Vorträgen und Gesang wurde im Juni 1998 in Taverne in der Schweiz die Initiative des Schiller-Instituts für die wissenschaftliche Stimmung veranschaulicht.

Verdi in der Originalstimmung

Auf einer Konferenz im schweizerischen Taverne anläßlich des 25jährigen Bestehen des örtlichen Chores haben Vertreter des Schiller-Instituts am 19. Juni 1998 das von Lyndon LaRouche initiierte Handbuch der Grundlagen von Stimmung und Register in der italienischen Fassung Canto e Diapason ausführlich vorgestellt. Etwa 80-90 Sänger, Musiker und andere Gäste waren gekommen, darunter auch der Bürgermeister der Stadt. Der Leiter der Konferenz, der Präsident des Chores, begrüßte die Redner Liliana Celani, Arturo Sacchetti und die italienische Sopranistin Antonella Banaudi. Die Solistin, die schon bei der Vorstellung von Canto e Diapason in Mailand und im November 1997 in Giuseppe Verdis Heimatort Busseto gesungen hatte, stellte zwei Arien in der originalen "Verdi-Stimmung" c'=256 Hz (a'= ca. 430 Hz) und in der heutigen, künstlich erhöhten Stimmung a'=440 Hz vor.

Liliana Celani präsentierte einige der Hauptthesen des Musikhandbuchs des Schiller-Instituts: Alle Musik, auch die instrumentale, gründe sich auf dem Belcanto-Gesang der menschlichen Singstimme, und die natürliche Verbindung zwischen Musik und Wissenschaft -- ausgedrückt etwa in der wohltemperierten Tonleiter in der Stimmung c'=256 -- müsse wiederbelebt werden. Celani berichtete von der letzten Konferenz in Busseto, an der auch LaRouche teilgenommen hatte. Zum Abschluß erklärte sie, es sei bemerkenswert, wenn in der heutigen Zeit wirtschaftlicher und kultureller Krise die Initiative für die Rückkehr zu Verdis Stimmung nicht aus der "Musikwelt" selbst komme, sondern von LaRouche, dessen Gedanken im Bereich der Wirtschaft genauso wissenschaftlich begründet seien.

Antonella Banaudi sang (wie schon in Busseto) zwei Arien von Verdi, das patriotische "Santo di patria" aus Attila und die berühmte Arie der Aida "O cieli azzurri", beide zunächst in der jetzt üblichen hohen Stimmung und dann in der Verdi-Stimmung. Dafür hatte die Stadt Taverne ein tiefgestimmtes Klavier zur Verfügung gestellt. Mit der tieferen Stimmung klangen nicht nur die hohen Töne (das dritte Gesangsregister) besser, sondern auch die tiefen: Es zeigte sich erneut, daß die Vorteile der natürlichen Stimmung für alle Stimmlagen gelten, hohe wie tiefe, denn entscheidend ist nicht, wie die höchsten Töne erreicht werden, sondern daß die natürlichen Wechsel der Stimmregister respektiert werden.

Zum Abschluß der Konferenz sprach der Organist Arturo Sacchetti, der zusammen mit Celani die italienische Fassung des Musikhandbuchs ausgearbeitet hat. Er verglich in seinem Vortrag mehrere Musikbeispiele vom Band: Auszüge aus Mozarts Requiem in Fassungen unter den Dirigenten Ricardo Muti (1987), Herbert von Karajan (1972), Bruno Walter (mit den Wiener Philharmonikern, 1937) sowie Nikolaus Harnoncourt (1982). Es wurde deutlich (besonders in der Aufnahme mit v. Karajan), daß mit einer zu hohen Stimmung nicht nur die Singstimmen überanstrengt werden, sondern auch das Tempo fast automatisch zu schnell wird und die Transparenz der Stimmen verloren geht. "Unter diesen Umständen können die Singstimmen kaum noch mit den Instrumenten mithalten", sagte Sacchetti. Die großen klassischen Komponisten aber hätten eine sehr genaue Vorstellung von Klangfarben und Registerwechseln gehabt, die nicht verändert werden dürfe. "Das ist eine moralische Frage, man darf die Intention des Komponisten nicht verfälschen", betonte er.

Sacchetti kündigte an, daß er wegen der schwachen Resonanz aus der Musikwelt hinsichtlich der Problematik der überhöhten Stimmung ein eigenes Orchester gegründet habe. Dieses wird beim "Perosi-Festival" in Tortona südlich von Mailand im September das Oratorium Mosé des italienischen Komponisten Perosi in der Verdi-Stimmung spielen. Die italienische katholische Tageszeitung Avvenire habe bereits auf dieses Konzert aufmerksam gemacht, das im Rahmen der Kampagne für die Verdi-Stimmung stattfinde, die "in Zusammenarbeit mit dem Schiller-Institut in Wiesbaden" erfolge.

Bei einem anschließenden Empfang bedankte sich der Bürgermeister von Taverne in seiner Ansprache für den "enthusiastischen und hochstehenden Besuch".


Motivführung

Mit dem im Januar 1987 in Augsburg veranstalteten Ibykus-Fest unter dem Thema: "Die Aufgaben der Kultur in einer krisenvollen Welt" begann im Schiller-Institut eine intensive Auseinandersetzung mit Fragen der künstlerischen Interpretation in der Musik. Der Primarius des Amadeus-Quartetts Prof. Norbert Brainin behandelte dieses Thema auf der Augsburger Konferenz. Mit Musikern und interessierten Laien diskutierte das Institut bei internationalen Seminaren und Konferenzen die von Lyndon LaRouche erhobene Forderung, aus wissenschaftlichen Gründen und als natürliche Voraussetzung für die Sängerstimmen zur Verdi-Stimmung von c’=256 Hz (a’=432 Hz) zurückzukehren. Ein entsprechender Gesetzesvorschlag für das italienische Parlament wurde von vielen Tausend Künstlern unterzeichnet, darunter Elly Ameling, Carlo Bergonzi, Grace Bumbry, Giuseppe di Stefano, Dietrich Fischer-Dieskau, Birgit Nilsson, Hermann Prey, Peter Schreier und Joan Sutherland.
Ein erstes Konzert in der wissenschaftlichen Stimmung findet im Dezember 1988 in München statt. Im Max-Joseph-Saal der Residenz spielten Norbert Brainin und der Pianist Günter Ludwig Violinsonaten von Schumann und Beethoven. Anhand des Adagios aus Bachs Violinsonate g-moll demonstriert Norbert Brainin eindrucksvoll die Überlegenheit der Verdi-Stimmung gegenüber der hohen Stimmung.
Es fanden sich immer mehr Künstler bereit, in der "Verdi-Stimmung" Konzerte zu geben. Die Musikarbeit des Schiller-Instituts ist auch durch verschiedene Videoaufnahmen dokumentiert. 1994 entstand mit Professor Brainin und dem Henschel-Quartett ein Lehrvideo über die "Motivführung bei Haydn und Mozart, die musikalische Revolution von 1781-86".
Seit 1996 stehen Lehrvideos über eine dreitägige Meisterklasse für Streichquartette mit Prof. Brainin vom September 1995 im slowakischen Dolná Krupá zur Verfügung. Ausgehend von einer Demonstration der Motivführung als Kompositionsmethode am Beispiel von Beethovens op. 59,2, erläutert Brainin das Quartett op. 127 und führt anschließend selbst durch die Spätwerke op. 132 und 130 und die Große Fuge op. 133. Den Abschluß der Meisterklasse bildete ein Konzert am 23. September 1995 im historischen Spiegelsaal des Primatialpalais in Bratislava. Norbert Brainin und Günter Ludwig (Klavier) spielten Sonaten von Mozart, Brahms und Beethoven.
Der Mitschnitt des Konzerts ist ebenfalls auf Video erhältlich.
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Chor und Orchester

In praktischer Umsetzung erarbeiten Laienmusiker des Schiller-Instituts aus zehn verschiedenen Ländern gemeinsam mit Studierenden des Kirchenkonservatoriums in Bratislava und einigen Berufsmusikern die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach in der wissenschaftlichen Stimmung c’=256 Hz. Teile davon wurden bereits im Rahmen von Gottesdiensten am 31. März 1996 in Karlsfeld bei München und am 28. März 1997 in Dalsheim bei Worms öffentlich aufgeführt.



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