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  Dezember 2003 Eurasische Landbrücke

Korea, die Landbrücke und LaRouche

Auf einer hochkarätigen Wirtschaftskonferenz in Südkorea erläuterte Dr. Jonathan Tennenbaum LaRouches Vorschläge zur Neuordnung der Weltwirtschaft.


Korea als Welthandelszentrum
Zusamenbruchskrise der Weltwirtschaft

Wiedergeburt der Industrie

Andere Vorträge

Dr. Jonathan Tennenbaum von der Nachrichtenagentur EIR war eingeladen, Ende Oktober bei einer hochkarätigen Handelskonferenz in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul über die Pläne des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Lyndon LaRouche für die Eurasische Landbrücke und ein Neues Bretton Woods zu berichten. Am 31. Oktober hielt Dr. Tennenbaum die Eröffnungsrede der Konferenz "Eine Vision für Korea als Welthandelsplatz", an der 500 Politiker, Experten für Wirtschaft, Handel und Verkehr, Professoren und Studenten aus dem ganzen Land teilnahmen. Hauptveranstalter der Tagung war der Koreanische Handelsforschungsverband KTRA, eine Vereinigung 2000 koreanischer Wirtschaftsprofessoren. Mitveranstalter waren das Handelsministerium und der Koreanische Handelsverband KITA.

Weitere Redner waren u.a. der südkoreanische Handels- und Industrieminister Yoon Jin-Sik, der italienische Botschafter in Südkorea Francesco Raussi, KTRA-Präsident Dr. Song Hee-Young sowie Dr. Ahn Choong-Yong vom Koreanischen Institut für internationale Wirtschaftspolitik. Andere wichtige Beiträge lieferten der Experte für internationalen multimodalen Transport Anthony Beresford von der Universität Cardiff (Wales), Dr. Yukiko Fukagawa von der Universität Tokio, der auch Handelsexperte am METI (ehem. MITI) ist, sowie der Direktor des Beijinger Zentrums für Transnationale Wirtschaftsforschung am Institut für Weltwirtschaftsstudien Kang Xie.

Mehrere Journalisten koreanischer Zeitschriften waren anwesend und vereinbarten Interviewtermine mit Tennenbaum und der EIR-Koreaexpertin Kathy Wolfe. Dabei soll die strategische Bedeutung der Eurasischen Landbrücke für die Verhinderung eines amerikanischen "Präemptivkrieges" auf der Koreanischen Halbinsel im Mittelpunkt stehen.

Im Vorfeld der Konferenz berichtete die beliebte koreanische Zeitschrift Mal über Lyndon LaRouches Angriffe auf Cheneys Kriegsdoktrin. Sie veröffentlichte Übersetzungen von EIR-Artikeln über Cheney und die Neokonservativen und deren Pläne für "Regimewechsel" in Nord- und Südkorea. Schon zuvor hatte Mal auf LaRouches Broschüre Die Kriegspartei in der US-Regierung hingewiesen, und auch diesmal wurde wieder darauf Bezug genommen. Die Zeitschrift steht politisch den jungen Unterstützern des Präsidenten Roh Moo-hyung nahe, die man ihm jetzt mit der Forderung nach der Entsendung koreanischer Soldaten in den Irak abspenstig machen will.

In dem Artikel in Mal heißt es, LaRouche sei der Meinung, ohne einen Plan zur Wirtschaftsentwicklung seien "Sicherheitsabkommen" völlig wertlos. Statt dessen rate LaRouche Präsident Roh, die Eiserne Seidenstraße (die Transkoreanische Eisenbahn) so schnell wie möglich zu bauen und in Betrieb zu nehmen, auch wenn es noch kein Sicherheitsabkommen gebe. Denn diese Verbindung der beiden Koreas sei die beste militärische und wirtschaftliche Sicherheit. "Wer wagt es noch, in Korea einen Krieg anzufangen, sobald diese Bahn fährt?", fragt Mal am Schluß des Artikels.

Korea als Welthandelszentrum

Das Konferenzthema war der Plan, die Koreanische Halbinsel zum Hauptumschlagsplatz des Welthandels zu machen. Der Plan steht in engem inhaltlichen Zusammenhang mit der sogenannten "Eisernen Seidenstraße", d.h. der Ausweitung der Eurasischen Landbrücke auf ganz Korea über die kürzlich wiederverbundene Transkoreanische Eisenbahn (TKR). Wenn diese Bahn wieder regulär verkehrt, werden die beiden südlichen Häfen Busan (oder Pusan) und Mokpo die östlichen Endpunkte der Transsibirischen Bahn und des Beijinger Zweigs der Transchinesischen Bahnen bilden. Dann wird Korea der Ort sein, an dem Güter aus ganz Eurasien über den Pazifik in ASEAN-Länder, nach Australien, den USA und Südamerika verschifft werden und umgekehrt.

"In den letzten zehn Jahren hat sich Nordostasien zu einer der wichtigsten Regionen der Welt und einem der großen Partner im Welthandel entwickelt", sagte der Präsident der KTRA, Song, in seiner Begrüßungsrede. "Japan spielt eine führende Rolle, und man erwartet, daß China in naher Zukunft das zweitgrößte Land im Welthandel wird." Daher müsse Korea eine Strategie entwickeln, seinen Teil hierzu beizutragen.

Zusamenbruchskrise der Weltwirtschaft

Tennenbaum, Mitverfasser des EIR-Berichts über die Eurasische Landbrücke aus dem Jahr 1997, verblüffte die Konferenzteilnehmer mit einer eindrucksvollen Eröffnungsrede über LaRouches Warnungen vor der Krise der Weltwirtschaftsordnung. "Die Welt erleidet gegenwärtig gleichzeitig eine finanzielle und eine wirtschaftliche Zusammenbruchskrise, die noch tiefer sitzt - und weltweit noch verheerender sein könnte - als die Große Depression und die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges", sagte er. "Diese Zusammenbruchskrise bildet das Endstadium eines über 30jährigen strukturellen Verfalls des Weltwirtschafts- und Finanzsystems. Dieser Niedergang begann mit einem grundlegenden Wandel in der Kultur und der Wirtschaftsauffassung in den USA in den 60er Jahren", fuhr Tennenbaum fort und erläuterte LaRouches Analyse dieses Paradigmenwandels von einer produktionsorientierten zu einer konsumorientierten Gesellschaft. Teil dieser Verschlechterung waren die "radikale Deregulierung des Finanzsystems, Beseitigung protektionistischer Vorschriften, radikale Privatisierung, Abbau der staatlichen Investitionen in Infrastruktur und die Globalisierung der Finanzmärkte". Nun sei das Finanzsystem hoffnungslos bankrott und in seiner jetzigen Form nicht zu retten. Tennenbaum veranschaulichte dies anhand von LaRouches "Kollapsfunktion", die den unhaltbaren Gegensatz zwischen dem nominellen Anstieg der Finanztitel und dem Rückgang der realen Produktion darstellt. "Bisher ist Lyndon LaRouche der einzige führende Politiker, der eine umfassende Lösung der Weltfinanz- und Wirtschaftskrise unter aktiver Mitwirkung der USA vorgeschlagen hat. Sie bildet den Kern seines Präsidentschaftswahlkampfs in den USA und seiner politischen Empfehlungen an die Regierung Bush."

LaRouches Vorschlag zur finanziellen Neuordnung beginne mit "Notmaßnahmen der amerikanischen Regierung - in Absprache mit Regierungen anderer wichtiger Nationen - , womit sie die Aufsicht über das Finanzsystem übernimmt und das Äquivalent eines Konkursverfahrens durchführt: Ein großer Teil der unbezahlbaren Schulden und spekulativen Finanztitel wird eingefroren und/oder abgeschrieben. Darüber hinaus muß ein neues Weltfinanz- und Wirtschaftssystem aufgebaut werden."

Tennenbaum fuhr fort, die amerikanische Regierung sei zwar gegenwärtig nicht gewillt, diese Veränderungen durchzuführen, aber das sei kein Grund für den Rest der Welt, tatenlos zuzusehen. Ostasien, Rußland, Indien, Zentralasien und Europa sollten schon jetzt ein Geflecht weitgehender Währungs-, Handels- und Wirtschaftsverträge für ganz Eurasien schließen, wie LaRouche das in seiner wesentlichen Rede in Moskau am 23. September beschrieben habe. "Der Erfolg einer durch Verträge vorangetriebenen eurasischen Initiative wäre ein Vorbild für eine allgemeinere Reform der Beziehungen unter den Nationen der Welt", hatte LaRouche dort gesagt.

Wiedergeburt der Industrie

Nachdem er auf diese Weise das Publikum aufgerüttelt hatte, gab Tennenbaum einen schnellen Überblick über das Landbrückenprogramm als große Vision einer weltweiten industriellen Renaissance. "Es soll die produktiven Wirtschaftszweige wiederbeleben, die Nachfrage nach Industriegütern steigern sowie Beschäftigung und Investitionen ausweiten, indem man hohe Summen an neuem Staatskredit in große Infrastrukturvorhaben für eine moderne Verkehrs-, Energie-, Wasser- und Kommunikationsinfrastruktur steckt. Dies steigert drastisch die reale Produktivität der ganzen Weltwirtschaft ... und sorgt wieder für ein angemessenes, gesundes Verhältnis zwischen dem Finanzsystem und den wirklich wertschaffenden Prozessen in der Wirtschaft."

Tennenbaum zeigte dann eine Karte der Weltbevölkerungsdichte und betonte, Eurasien brauche dringend ein solches Programm. "Am einen Ende liegt Europa, eine einzigartige Zusammenballung von wissenschaftlich-technischem und modernem industriellem Potential. Am anderen Ende liegen Ost- und Südasien mit ihrer riesigen Bevölkerung, ihren gewaltigen Rohstoffvorkommen und einer beträchtlich wachsenden Industrie."

Anhand farbiger Landkarten erläuterte er die Strecken der Eurasischen Landbrücke, von der transsibirischen im Norden bis zur Verbindung ASEAN-Indien-Iran im Süden. Die Wiederherstellung der Transkoreanischen Bahnen sei dabei sehr wichtig, betonte Tennenbaum: die Kyongui-Linie von Seoul über Pjöngjang nach China im Westen Koreas sowie die Donghae-Linie im Osten als Teil der Transkoreanisch-Transsibirischen Bahn.

Er fuhr fort: "Die ganze Region um das Japanische Meer bis zur Bohai-Straße, mit dem östlichsten Teil Rußlands, Japan und dem Nordostens Chinas bis nach Shanghai, scheint dazu bestimmt zu sein, die stärkste Region der Weltwirtschaft zu werden." Die einzelnen Teile ergänzten sich sehr gut: die Industrie von Japan, Korea und Shanghai, die großen Vorkommen an Energieträgern und anderen Rohstoffen und das wissenschaftlich-technische Potential im Fernen Osten Rußlands, die Nahrungsmittelerzeugung in Nordchina und der riesige potentielle Markt in den Ballungsgebieten in und um diese Region."

Andere Vorträge

Anschließend hielten Handels- und Verkehrsfachleute verschiedene, oft eher akademische Vorträge über den weltweiten Verkehr, die geplanten Handelsabkommen zwischen den sog. "Plus Drei" (China-Japan-Korea) sowie der "ASEAN Plus Drei" und über die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen im regionalen Handel - wobei besonders bemerkenswert ist, daß China gerade dabei ist, die USA als größter Abnehmer südkoreanischer Exporte abzulösen.

Das ist weit mehr als trockene Statistik. Bei Gesprächen mit vielen Konferenzteilnehmern stellte sich heraus, daß man allgemein der Ansicht ist: "Die Amerikaner merken gar nicht, daß Asien seine eigenen Vereinbarungen vorantreibt - die jetzt schon ziemlich weit fortgeschritten sind - und nicht auf Anweisungen aus Washington wartet"; wie es einer der Teilnehmer formulierte. "Wir sind auch sehr interessiert an der Idee, ASEAN Plus Drei auf die gesamte eurasische Ebene auszudehnen."

Die Diskussion zeigte dann, daß Tennenbaums Rede über LaRouches Vorschläge den bleibendsten Eindruck hinterließ. Nach mehreren Stunden mit trockeneren Vorträgen bezogen sich alle vier Fragesteller ausdrücklich auf seine Rede als besonders bemerkenswert - allen voran der stellvertretende Handelsminister Südkoreas; dieser lobte die "einsichtsvolle Darstellung, daß die Finanzprobleme nicht von lokalen Dingen, sondern von einer Krise im Weltmaßstab verursacht sind".

"Dr. Tennenbaum hat einen hervorragenden Vortrag gehalten", sagte ein anderer Experte des ehemaligen Wirtschaftsplanungsrats, welcher in der Zeit vor der Deregulierungspolitik der Wall Street und des IWF Koreas Wirtschaft geplant hatte. "Aber meine Frage ist die gleiche, die er aufgeworfen hat: Wie können wir die Eurasische Landbrücke und ein neues Währungssystem im einzelnen aufbauen, und wer wird die Initiative dazu ergreifen?" - womit er offensichtlich meinte, daß die jetzige Washingtoner Regierung dies nicht tun werde. Ein anderer Teilnehmer erklärte, es sei unrealistisch, von den USA ein solches Handeln zu erwarten, daher müsse Ostasien selbst handeln.

"Wirklich unrealistisch wäre es", schloß Tennenbaum, "still dazusitzen und nicht angemessen zu handeln, wenn man vor einer heranstürmenden Weltfinanzkrise derartigen Ausmaßes steht."

Alle Reden, mit Tennenbaums an erster Stelle, wurden in den Konferenzunterlagen in voller Länge abgedruckt, und auch ein Exemplar des EIR-Magazins lag dem offiziellen Materialpaket für die Teilnehmer bei. An die Konferenz schlossen sich private Gespräche mit hochrangigen südkoreanischen Vertretern an.

Kathy Wolfe


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