Dezember 2005 Wirtschaft

Ein neuer Ballhausschwur in Amerika

In seiner Rede auf dem "EIR"-Seminar in Berlin ging Lyndon LaRouche in seiner Grundsatzrede auf die Bedeutung des derzeitigen Paradigmenwandels in den USA ein. Wir veröffentlichen Auszüge:

Ich werde hier verschiedene Aspekte in möglichst gedrängter Form darlegen. Der erste bezieht sich auf die Ereignisse der vergangenen Woche in den Vereinigten Staaten: Dort kam es in der Innenpolitik zu einem Ereignis, das man mit dem Ballhausschwur in Frankreich (vom 20. Juni 1789) vergleichen kann. Das ist Lafayette, und in einem gewissen Sinne vollzieht es sich in der Tradition Lafayettes, auch wenn dieser damals nicht die Stärke besaß, bis zum Schluß durchzuhalten oder den König dazu zu bewegen, dies zu tun.

Ich werde dann genau darlegen, wie es dazu kam, und wie meine Herangehensweise dabei aussieht. Und ich werde darauf eingehen, warum Europa sich so schwer tut, das zu verstehen. Warum die USA diese Parallele zum Ballhausschwur durchsetzen müssen, und wie Europa es schaffen kann, genau zu verstehen, was wir machen und welche Bedeutung die derzeitigen Ereignisse in den USA für die Welt insgesamt besitzen - nicht nur als ein Faktor in der Weltpolitik; denn wenn die USA nicht die Aufgabe erfüllen, die in den in der letzten Woche getroffenen und veröffentlichten Vereinbarungen implizit enthalten ist, hat die Welt, so fürchte ich, keine Chance. Denn es gibt keinen Teil der Welt, der das besondere Problem lösen kann, das angegangen werden muß, um mit der gegenwärtigen Weltkrise umzugehen.

Seit der Zeit der Regierung Nixon bis zum Sommer 2004 befand sich die Demokratische Partei der USA in einem Zusammenbruchsprozeß. Sie war in Auflösung begriffen, weil sie sich immer mehr von der Tradition Franklin Roosevelts entfernte, die den Kern der europäischen Zivilisation ausmacht, eigentlich seit in Ägypten bestimmte Konzepte entstanden, die dann von bestimmten Griechen wie den Pythagoräern und anderen dazu verwendet wurden, die Anfänge der europäischen Zivilisation zu schaffen ...

Grundlage dieser Entwicklung war die Idee des Gemeinwohls. Dabei handelt es sich um ein sehr spezifisches Konzept, das wir heute als "Wissenschaft" bezeichnen würden. Wir sind keine Tiere (auch wenn sich insbesondere einige Politiker so zu verhalten scheinen), sondern Menschen. Und als Menschen verfügen wir über schöpferische Kräfte, über die kein Tier verfügt. Der Mensch ist schon bei seiner Geburt auf einzigartige Weise von allen Tieren verschieden. Kein Tier kann das Verhalten seiner Gattung ändern, indem es etwa ein universelles Prinzip entdeckt. Nur ein Mensch kann das. Jeder hat das Potential dazu. Einige entwickeln dieses Potential, andere gehen einen anderen Weg.

Unter den Bedingungen eines großen Krieges, des sogenannten Peloponnesischen Krieges (etwa 431-404 v.Chr.) wurde dieses Konzept, das beispielhaft von den Pythagoräern, Thales und anderen sowie Platon weiterentwickelt wurde, zum Kern der europäischen Zivilisation. Dieser große Krieg war die Folge des moralischen Niedergangs der Athener, die sich von der sophistischen Denkweise beeinflussen ließen, von der noch heute die europäische und amerikanische Denkweise geprägt ist. Nicht das Streben nach Wahrheit, sondern die allgemein vorherrschende Meinung wurden zum Maßstab des Verhaltens. "Verhalte dich wie dein Nachbar oder alle anderen", was immer es auch sei. Unter dem Einfluß dieser Denkweise zerstörte sich die größte Zivilisation jener Zeit - Athen - in diesem Krieg selbst und vieles andere mit.

Ähnliche Entwicklungen wiederholten sich in der Geschichte der europäischen Zivilisation. Es gab Seuchen wie das Römische Weltreich, und das Byzantinische Reich, das eine Fortsetzung dieses Übels bildete, aber etwas subtiler vorging als die Römer. Um 1000 n.Chr. herum trat dann ein Weltreich in anderer Form auf: das Weltreich der venezianischen Finanzoligarchie. Mit dem Niedergang von Byzanz bildete Venedig mit seinem Verbündeten, der normannischen Ritterschaft, ein neues Weltreich, das Europa bis zum großen Zusammenbruch in der Mitte des 14. Jhs. beherrschte.

Im 15. Jh. erlebte die Zivilisation nach langer Zeit, seit etwa 200 v.Chr., mit der von Florenz ausgehenden italienischen Renaissance wieder einen großen Aufschwung. Und die ganze neuzeitliche Zivilisation, alles, was die europäische Zivilisation ausmacht, hat hier seinen Ursprung.

Aber wir haben sie nicht besiegt. Der Niedergang hielt an. Mit der Vertreibung der Juden aus Spanien durch den Großinquisitor 1492 begann in Europa eine Epoche religiöser Kriege, die von 1492 bis 1648 andauerte und die Europa fast zugrunde richtete. Ohne das Eingreifen Frankreichs unter Mazarin und seinem Mitarbeiter Colbert wäre die Zivilisation untergegangen.

Aber auch das hielt sie nicht auf. Es gab z.B. diesen Verrückten Ludwig XIV., der sich mit der Fronde, dem alten Erzfeind Frankreichs, verbündete. Und während der Kriege mit den Niederlanden wurden die Niederländer, die zuerst Opfer waren, selbst böse. Sie wurden Venezianer, venezianische Bankiers. Und sie übernahmen schrittweise England. So bildete sich die anglo-holländische liberale Ideologie heraus, die Europa von innen heraus zerstörte.

In dieser ganzen Zeit herrschte ein ständiger Kampf zwischen diesen beiden Gegenpolen innerhalb der europäischen Zivilisation, die sich dann weltweit ausbreitete: auf der einen Seite für den Erhalt der klassischen griechischen Tradition, wie sie mit Athen in seiner höchsten Entwicklung und etwa Solon, den Pythagoräern, der großen Wissenschaftstradition, verbunden ist, und auf der anderen Seite das "oligarchische" oder "imperiale" Prinzip.

Das imperiale Prinzip kehrte in Form eines babylonischen Weltreiches, das vom Delphi-Kult, dem Apollo-Kult, geschaffen wurde, als Imperium Romanum zurück. Das untergehende römische Weltreich wurde vom byzantinischen Weltreich, eine weitere Ausprägung des Niedergangs, abgelöst. Diese venezianisch-römische Allianz ging in der schlimmen Zeit der Kreuzzüge unter, und es begann eine Zeit der Religionskriege, die zwischen 1492 und 1648 die europäische Zivilisation zugrunde richtete.

Heute wollen einige Leute erneut Religionskriege anzetteln, zwischen Islam und dem Westen; das ist nichts anderes als eine Wiederholung, die gleiche imperialistische Methode. Wir sehen uns einer Gefahr gegenüber, die nicht von einer Nation, sondern von einer Geisteshaltung ausgeht; dem gleichen alten Gegner, dem wir seit den Tagen Babylons gegenüberstehen. Die Macht, der wir gegenüberstehen, ist nicht die Macht einer Nation. Solange wir der Ansicht sind, eine Nation bilde das Problem, werden wir das Problem weder verstehen noch lösen. Es geht um ein Prinzip des Bösen, das seit den Veränderungen im weltweiten Finanzsystem und der Abkehr von Bretton-Woods-System zwischen 1971-72 die europäische Zivilisation und einen Großteil der heutigen Weltzivilisation beherrscht. Die Welt wird heute von einer venezianischen Spielart der internationalen Finanzoligarchie beherrscht, die als "anglo-holländischer Liberalismus" bekannt ist und der Welt das Blut aussaugt.

Nehmen wir beispielsweise diese sogenannten Hedgefonds. Hedgefonds sind nichts anderes als Räuber. In einigen Gesellschaften würden sie für ihre Ideologie und ihre Machenschaften aufgehängt. Unter dem Denkmantel des Freihandels und des "Shareholder Value" gehen sie hin und kaufen ein Unternehmen nach dem anderen, in einem Land nach dem anderen. Sie erwerben Aktien eines Unternehmens, und als Aktionäre mit einem ausreichend großen Anteil fordern sie nun die Geschäftsführung auf, die Gewinne des Unternehmens und die Auszahlung an die Aktionäre zu erhöhen. Das Unternehmen soll diese und jene Abteilung schließen, um wesentliche Teile der Produktionskapazitäten zu "versilbern". Und diese so gewonnenen Gelder sollen als Dividende an die Aktionäre verteilt werden. Als Folge davon geht das Unternehmen unter, es wird zu einer bloßen Hülle. Die Hedgefonds verkaufen dann ihre Anteile früh genug, und kaufen sich mit dem auf diese Weise gestohlenen Geld in andere Unternehmen ein, die sie dann wiederum ausplündern.

Genau diese Geisteshaltung herrscht im derzeitigen internationalen Finanzsystem, vor allem unter dem Einfluß der Finanzderivate, vor. Das ist Wucher in seiner extremsten Form. Und das beherrscht die Welt, man nennt es das internationale Währungssystem. Europa wurde durch den Maastrichter Vertrag zerstört und wird nicht überleben, wenn diese Verträge nicht abgeschafft werden...

Die Vereinigten Staaten

Die USA entstanden als Nation als Folge des sogenannten Siebenjährigen Krieges in Europa. Damals manipulierten die Briten im Rahmen ihrer Bemühungen, ein Weltreich zu errichten, diesen Siebenjährigen Krieg in Europa, in dem sich die führenden Nationen Kontinentaleuropas gegenseitig bekämpften und zerstörten. Mit dem Pariser Vertrag vom Februar 1763 wurde die britische Ostindiengesellschaft zu einem Empire.

Dieser Konflikt kennzeichnet die gesamte Geschichte Europas und alle Kriege. Napoleon war ein Handlanger der Briten, der von einem Freimaurerkult um Joseph de Maistre beeinflußt wurde, der die Persönlichkeit Napoleons nach dem Vorbild des Großinquisitors von 1492 zu formen versuchte. Die Napoleonische Krankheit infizierte Frankreich und Europa. Sie wurde zum Vorbild des Faschismus im vergangenen Jahrhundert. Dabei ging es im Kern immer um das gleiche Thema: Man wollte verhindern, daß sich Europa und die USA miteinander verbünden, um eine neue Ordnung souveräner Nationen zu schaffen, die die eigentlichen Absichten der europäischen Zivilisation seit ihrer Gründung letztlich verwirklichte.

Die Kriege Napoleons, und nicht nur seine, zerstörten Europa. Die Kriege Napoleons wurden zum größeren Ruhme und zur größeren Machtentfaltung des britischen Empire geführt. Die Briten manipulierten die europäische Politik: Nehmen wir Deutschland. Bismarck war ein guter Politiker. Er wurde von einem Freund der Familie Heinrich Heines gefördert - James Rothschild. Bismarck war ein erfahrener Diplomat und wurde preußischer Kanzler.

In jener Zeit waren die Vereinigten Staaten siegreich aus dem Bürgerkrieg hervorgegangen und hatten die Briten besiegt, indem sie die Konföderierten, die eine britische Marionette waren, besiegten und Maximilian, ebenfalls eine britische Marionette, aus Mexiko vertrieben. Damals weitete das Amerikanische System seinen Einfluß aus. Zwischen 1877-78 wurde das Amerikanische System der politischen Ökonomie von Bismarck übernommen. Nach der Niederlage Napoleons III. griffen bestimmte Kreise in Frankreich einige Aspekte des Amerikanischen Systems auf. Zar Alexander III. in Rußland übernahm diese Politik. Japan verwandelte sich in einen modernen Nationalstaat unter dem unmittelbaren Einfluß des amerikanischen Ökonomen Henry C. Carey, der auch Bismarck dazu bewogen hatte, die großen Reformen einzuleiten, auf denen die industrielle Stärke Deutschlands seither beruht.

Und so mußten die Briten wieder reagieren - nicht weil sie Briten sind, sondern weil sie ein Empire sind. Und es gelang den Briten, als Bismarck vom Neffen des Prinzen von Wales entlassen und mit Nikolaus II. ein Schwachkopf den russischen Thron bestieg, die Ereignisse so zu manipulieren, daß es am Ende zum Ersten Weltkrieg kam.

Die Briten sind auch für den Zweiten Weltkrieg verantwortlich, aber der lief nicht so, wie sie es eigentlich geplant hatten, weil einige deutsche Generäle und Stalin ein anderes Konzept verfolgten. Und so richtete sich der erste Feldzug der Deutschen gegen Frankreich und nicht gegen Rußland. Aber die USA retten durch ihren Kriegseintritt die Welt. Sobald Roosevelt gestorben war und Truman seine Nachfolge antrat, zerstörte dieser das System, das Roosevelt aufgebaut hatte. Denn Truman war ein Agent der Kreise, die Churchill repräsentierte.

Aufgrund der Politik Trumans erlebten wir eine völlig unnötige Phase der Gefahr eines Nuklearkriegs, die von 1945 bis vor wenigen Jahren andauerte. Truman hatte zusammen mit seinen Freunden, Winston Churchill nachgegeben und die Atombomben eingesetzt, von deren Existenz Truman zunächst gar nichts gewußt hatte - aber Churchill! Zunächst wollten sie die Bomben über Berlin abwerfen, aber Deutschland kapitulierte, bevor die Bomben einsatzfähig waren. So entschlossen sie sich, sie über Hiroshima und Nagasaki abzuwerfen...

Der Kongreß für kulturelle Freiheit

Und was taten sie dann? Sie unterzogen einen ganzen Teil der jungen Menschen meines Landes, der Generation, die etwa zwischen 1945 und 1950 geboren wurde, einer Gehirnwäsche. Es gab damals eine bösartige Organisation, den Kongreß für kulturelle Freiheit, den man besser Kongreß für kulturelle Zerstörung nennen sollte. Ihre Zielgruppe waren vor allem die Angehörigen der 20 Prozent der Bevölkerung mit höheren Einkommen, und dort vor allem die Altersgruppe der zwischen 1945 und 1950 Geborenen. Sie zerstörten eine ganze Generation, vor allem diejenigen, die zur sozialen Schicht der Angestellten in den Vorstädten gehörten.

Dann kam es Schlag auf Schlag: die Raketenkrise 1962, die Ermordung Kennedys, der von den Briten angestiftete, vorzeitige Sturz Adenauers, die Anschläge auf de Gaulle in Frankreich. Dann der Beginn des dummen Krieges in Indochina. Eine unglaubliche Narretei! Aber eine Narretei, die von vornherein darauf angelegt war, die USA zu zerschlagen und zu korrumpieren.

Dagegen revoltierten die jungen Menschen 1968, und sie schreckten alle zivilisierten Menschen ab. Dadurch zerbrach die Roosevelt-Tradition in der Demokratischen und der Republikanischen Partei, und es kam zu einem Rechtsruck, weil diese Leute, die 68er, sich auch wirklich unmöglich aufführten. Und so wurde Nixon gewählt.

In diese Zeit fiel auch ein faschistischer Putschversuch in den USA, der gestoppt werden konnte. Der 11. September 2001 war ebenfalls von seiner Absicht her ein Putschversuch. Und wie damals begannen die USA sich selbst zu zerstören, indem sie diesen Krieg gegen den Irak begannen. Man fragt sich: "Welches Ziel verfolgt dieser Krieg?" Idioten antworten: "Man will den Krieg gewinnen." Es war gar nicht beabsichtigt, diesen Krieg zu gewinnen. Mit diesem Krieg wollte man die USA zerstören, und das wäre auch beinahe gelungen. Dies sind die Umstände, unter denen es zu diesen Ereignissen kam, die mit dem Ballhausschwur vergleichbar sind...

Die Wende in der Demokratischen Partei

Im Rahmen des Demokratischen Parteitags in Boston im Juli vergangenen Jahres kam es zu einer Art Annäherung zwischen einigen Vertretern der Demokraten und mir; das bezieht sich nicht auf alle Personen, die zuvor meine Gegner gewesen waren, sondern auf die Mehrheit der Demokratischen Partei, die von Parteispenden seitens der mir feindlich gesonnenen Wall Street beeinflußt war...

Damals zeichnete sich die Krise deutlich ab; die Wirtschaftskrise wurde sichtbar, die Gefahr, daß Bush wiedergewählt werden könnte. Zu diesem Zeitpunkt kam es in gewisser Weise zu einer Annäherung zwischen einer Kerngruppe der demokratischen Parteiführung und mir. Dieser Prozeß verstärkte sich bis Ende August, als ihnen klar wurde, daß sie mich einbeziehen mußten, wenn aus dem Wahlkampf noch etwas werden sollte. Und so wurde ich in Kerrys Wahlkampf einbezogen. Aber es war zu spät... Und so wurde George W. Bush am 2. November 2004 mit betrügerischen Mitteln und anderen Manipulationen wiedergewählt...

Die Demokratische Partei war danach völlig demoralisiert, von Kerry an abwärts. Wir veranstalteten dann am 9. November eine Internetkonferenz, in der ich die Demokratische Partei gescholten habe und sagte: "Wenn Sie intelligent sind, könnten wir George Bush noch vor seiner Amtseinführung in eine ,lahme Ente' verwandeln." Und das taten wir...

Und weiter sagte ich, George Bush wird versuchen, das Rentensystem zu zerschlagen und auszuplündern, indem er es der Wall Street überantwortet. Wir müssen dagegen angehen. So gingen wir daran, im Gegenzug George Bush in eine "lahme Ente" zu verwandeln, noch bevor er seinen Amtseid für seine zweite Amtszeit leistete. Und er wurde zur "lahmen Ente". Zwei Senatoren und Senatorinnen, Barbara Boxer, konnten das bestätigen.

Wir begannen als Verlierer, aber am 23. März dieses Jahres brachten wir nicht nur eine Mehrheit bei den Demokraten, eine überwältigende Mehrheit der demokratischen Senatoren zustande, die sich hinter unsere Politik stellte; wir gewannen auch die Unterstützung einer ausreichenden Anzahl republikanischer Senatoren für eine überparteiliche Kombination, die den Senat bis heute beherrscht. So wurde vor kurzem mit 98 zu 2 Stimmen ein Gesetzeszusatz verabschiedet, der Folter seitens der USA grundsätzlich verbietet. Das war eine offener Kampf, in dem der Vizepräsident der USA und seine Verbündeten offen zugaben, daß sie Folter befürworten. Und sie verteidigten den Einsatz von Folter als legitimes Mittel. Und Condoleezza Rice hat gestern bei ihrem Deutschlandbesuch das noch einmal bekräftigt...

Unterdessen kämpfte ich in der Demokratischen Partei und anderswo dafür, daß die amerikanischen Bevölkerung erkennt, daß General Motors absichtlich den eigenen Konkurs betreibt und sich in einen Finanzdienstleister verwandeln will, wie vor einigen Jahren US Steel. Man gibt die Produktion auf und wird zu einem Finanzdienstleister wie General Electric und US Steel heute.

Wir haben Maßnahmen vorgeschlagen: Tatsächlich stellen wir zu viele Automobile her. Aber im wesentlichen geht es um die Integrität der Nation als produktive Nation. In den USA konzentriert sich die Produktivität im wesentlichen in einem Sektor, ähnliches gilt teilweise für den deutschen Mittelstand, und das ist nicht etwa nur der Hochtechnologiesektor, sondern es sind die Arbeitskräfte im Maschinen- und Werkzeugmaschinenbau. Die Arbeitskräfte im modernen Maschinen- und Werkzeugmaschinenbau bilden den entscheidenden Teil jeder modernen Volkswirtschaft. Wenn man nicht über effektive Maschinenbaukapazitäten im großen Stil verfügt, ist man keine moderne Volkswirtschaft, sondern eine zweit- oder drittrangige...

Mit den Kapazitäten der Automobilindustrie kann man auch Eisenbahnsysteme produzieren. Deutschland ist in der Magnetbahntechnologie führend. In den USA können wir mit unseren Maschinenbaukapazitäten in Zusammenarbeit mit Deutschland etwas ähnliches tun. Die deutschen Unternehmen könnten mit den richtigen amerikanischen Firmen zusammenarbeiten. Dann könnte man in den USA sehr rasch ein Magnetbahnsystem aufbauen. So könnte man das am besten verwirklichen, denn wir verfügen über die notwendigen Maschinenbaukapazitäten, um am Design der Magnetbahn zu arbeiten. So ist auch China vorgegangen. China hat es genau richtig gemacht. Sie haben ein Einzelprojekt entwickelt, das ihren verfügbaren Kapazitäten entsprach - das beliebte Teilstück zwischen Shanghai und dem Flughafen. Damit verfügen sie nun über den Kern einer Magnetbahnkapazität als integrales Potential in China. Sie nahmen sich ein Projekt vor, verwendeten die entsprechende Technologie und erweitern nun die Anwendung dieser Technologie.

Wir können ein Verkehrssystem und die Energieerzeugung und -versorgung aufbauen. Man kann auch andere Stromquellen nutzen, aber die Kernenergie ist die einzige sinnvolle Energieform, und ein Land, dem der Einsatz von Kernenergie verweigert wird, ist keine souveräne Nation.

Das sind die Probleme. Wir haben darüber im Frühjahr, im Sommer und im Herbst gesprochen. Und dann geschah es letzte Woche: Die Führung der Demokratischen Partei im Senat und im Repräsentantenhaus verbrachte den November damit, eine politische Vereinbarung zu entwerfen, die mit dem übereinstimmt, wofür ich mich seit einiger Zeit einsetzt habe. Und an diesem Freitag wurde es verwirklicht: Das war der Ballhausschwur.

Aber das ist weltweit kaum bekannt. Die erste Veröffentlichung des vollen Wortlauts der Rede der Sprecherin der demokratischen Minderheit im Repräsentantenhaus Nancy Pelosi, die sie an der Universität Harvard gehalten hat, und die eine der beiden Reden mit Signalwirkung über das Äquivalent des Ballhausschwures ist, wird in Kürze im Internet verfügbar sein. Und der Abgeordnete Miller hat sich in den vergangenen Monaten im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der Rentenproblematik intensiv mit dem Problem des Wiederaufbaus der Wirtschaft beschäftigt. Zwischenzeitlich haben sich diesen Erörterungen auch führende Vertreter der Industrie wie der Vorstandsvorsitzende von Ford, William Ford, angeschlossen. Damit existiert nun eine im Kern überparteiliche Koalition, die von der Demokratischen Partei angeführt wird...

Wir sind dabei, wieder die Regierung zu übernehmen. Ich bestehe immer noch darauf, daß wir Cheney loswerden müssen... Wir haben eine Situation, in der wir die Politik der USA verändern können, wenn es uns gelingt, diese Probleme, die jetzt auf dem Tisch liegen, voran zu bringen...

Europa ist wie die USA ein Opfer der gegenwärtigen Welle des Sophismus, die die Nachkriegszeit bestimmt hat. Der Kalte Krieg hat diese Sophisterei begünstigt, weil man damals nicht mehr die Wahrheit sagte. Man sagte, was man glaubte, daß es die anderen von einem erwarteten. Man wollte nicht anecken... Unter diesen Umständen ist Politik nicht das, was es eigentlich sein sollte, sondern nur noch das, was man verkaufen kann. Und die Konzepte, die man verkaufen kann, sind im wesentlichen die, die uns in diese Misere gebracht haben.

Nehmen wir die Globalisierung. Globalisierung und Zivilisation schließen sich gegenseitig aus. Ohne den souveränen Nationalstaat gibt es keine Zivilisation. Das zeigt die europäische Geschichte seit Griechenland. Ohne nationale Souveränität auf der Grundlage des Prinzips des Gemeinwohls, das heißt des Gemeinwohls aller Menschen als erste Verpflichtung der Regierung, gibt es keine funktionierende Ökonomie und damit auch keine funktionierende Regierung.

Nehmen wir das Beispiel Indien. Einige meinen, Indien und China seien erfolgreich. Einige meinen sogar, China und Indien stellten eine Bedrohung für Europa und andere dar, weil sie die Märkte übernähmen. Unsinn! Globalisierung nützt niemandem! Globalisierung ist eine Form der Versklavung ganzer Erdteile.

Sehen Sie sich die Bevölkerung Indiens an. 70 Prozent der Bevölkerung leben in verzweifelter und sich verschärfender Armut, physischer Armut - weil sie nicht genug Geld für ihre Exporte bekommen. Wenn Indien solche Erfolge hat, warum kann es dann nicht genug Geld, genug Einkommen erwirtschaften, um die Lebensbedingungen dieser armen Menschen zu verbessern? ... Weil sie bei den Preisen, die sie für ihre Exporte bekommen, nicht genug Geld verdienen!

Viele betrachten nur die Löhne als das Einkommen von Personen. Löhne sind nicht das, was eine Person als Einkommen aus der Produktion erhält. Es geht hier um das physische Einkommen der gesamten Bevölkerung. Die Produktivität, das geistig-kulturellen Leben, die Fähigkeiten der gesamten Nation bezogen auf die gesamte Bevölkerung. Es geht nicht um einen Teil. Es geht nicht um den Teil der Bevölkerung, der Arbeit hat, und den anderen, der keine hat. Eine Nation ist eine integrale Einheit. Die gesamte Bevölkerung bildet die Produktivkraft des Landes...

Was geschähe nun, wenn wir darauf beharrten, Indien und China sollte Erlöse aus dem Export erhalten, die mindestens ihren Kosten in den USA oder in Europa entsprächen? Das müßte man eigentlich tun. Die Produktivität Indiens oder China liegt nicht so hoch wie die, zu der wir in den USA oder Europa in der Lage wären. Diesen Stand wollen sie erreichen, aber dazu benötigt man eine Form der Zusammenarbeit, in deren Rahmen der Standard der gesamten Bevölkerung über einen Zeitraum von ein bis zwei Generationen angehoben wird. Dazu braucht man eine gewisse Parität der Produktivkraft weltweit, und dazu wiederum ist ein protektionistisches System erforderlich.

Es geht nicht darum, die Währungen zu manipulieren - "diese soll steigen, die andere an Wert verlieren". Das ist Wahnsinn! Man muß eine internationale Vereinbarung zwischen den Nationen erreichen, auf der Grundlage eines protektionistischen Systems, wie es das Bretton-Woods-System war. Und dies muß man auf der Grundlage gestalten, daß man den Lebensstandard allgemein erhöht, was gut für die Bevölkerung in allen Ländern wäre. Sonst wird es nicht funktionieren.

Hier stehen wir. Wir können das jetzt schaffen. Diese erforderlichen Verbesserungen lassen sich nicht über Nacht und nicht überall sofort erreichen, aber wir können es in zwei Generationen schaffen. Wenn wir jetzt die Politik einschlagen, die uns in diese Richtung führt.

Ein Kernstück dieser Politik, die am vergangenen Freitag [mit Nancy Pelosis Vortrag in Harvard] angekündigt wurde, gründet sich auf das NASA-Konzept... Kennedys Entscheidung, innerhalb eines Jahrzehnts einen Mann auf den Mond zu bringen, war eines der großartigsten Projekte der Neuzeit... Die Erschließung des Weltraums durch den Menschen ist kein beliebiges Vorhaben. Es bekräftigt vielmehr die Identität des Menschen als universelles Wesen. Der Mensch ist ein Lebewesen im Universum. Wir befinden uns im Universum. Wir sind Teil der Schöpfung. Und darin finden wir unsere Identität. Wir brauchen Nationalstaaten als souveräne Nationen, damit wir funktionieren, weil wir eine nationale Kultur brauchen. Aber wir verfügen auch über eine höhere Identität, die wir gemeinsam mit allen Nationen teilen: das Wesen des Menschen als schöpferische Lebensform im Universum...

In dieser Zeit brauchen wir in den USA und weltweit ein Menschenbild, das den Menschen als Prozeß der Schöpfung begreift. Man muß die Menschen aus ihrem Kleinmut erheben. Heute ist man mit moralischen Niedergangserscheinungen aller Arten konfrontiert. Wie kann man die Menschheit erheben, so daß sie sich nicht korrumpiert, sondern sich als das sieht, was sie eigentlich ist? ...

Die Demokratische Partei bewegt sich jetzt in diese Richtung. Aber auch der Gegner ist nicht untätig. Der Gegner ist keine Nation. Weder England noch eine andere Nation: es sind die Bankiers. Wir haben es heute mit gigantischen Finanzeinrichtungen zu tun, die mächtiger und stärker als Regierungen sind. Es ist unsere Aufgabe, die Macht dieses Finanzkraken zu brechen.

Wie können wir das schaffen? Eigentlich sind sie bankrott. Jedes größere Bankensystem weltweit, vor allem in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent, ist hoffnungslos bankrott. Es gibt keine wirklich solvente Bank in den USA oder in Europa... Die Welt kann niemals die Schulden bezahlen. Das Finanzsystem ist bankrott.

Wir haben nur dann eine Chance, wenn wir uns dem entgegenstemmen und das ganze System unter Konkursverwaltung stellen. Die Frage bleibt, ob die USA, die über ein Verfassungssystem verfügen, das das Bretton-Woods-System geschaffen hat, auch den politischen Willen haben, sich erneut der Herausforderung zu stellen und - diesmal weltweit - wieder ein Bretton Woods vergleichbares System zu errichten? Und werden wir ein solches System dann dazu benutzen, den Kredit zu schöpfen, den die Staaten für umfassende Projekte wie etwa Raumfahrt und die Entwicklung der Menschheit benötigen?

Diesen Punkt haben wir jetzt erreicht. Das gleicht dem Ballhausschwur. Der Ballhausschwur sollte das in Europa aufgreifen, was die USA mit der Errichtung ihrer Republik erreicht hatten. Damals stellte sich die Frage, ob sich Frankreich vom Einfluß Jacques Neckers und Philippe Égalités befreien konnte? Dann wäre Frankreich tatsächlich das Signal ausgegangen, in Europa etwas ähnliches wie die Amerikanische Revolution - in diesem Fall in Form einer konstitutionellen Monarchie - zu verbreiten. Aber dazu kam es nicht, weil die Briten es verhinderten. Aber heute müssen wir es schaffen und diese Absicht verwirklichen...

Das Schicksal der Menschheit hängt davon ab, was wir tun. Können wir es schaffen? Ich weiß es nicht. Aber es gibt nichts anderes, was einen Versuch wert wäre.