Juni 2000 LaRouche zur globalen Krise

Regionale Organisation unter einem Neuen Bretton Woods

Von Lyndon H. LaRouche jr.

Juni 2000 -- Trotz der hysterischen Bemühungen der "Arbeitsgruppe Finanzmärkte" des amerikanischen Präsidenten (das sog. "Absturz-Verhinderungsteam") befindet sich das derzeitige Weltfinanzsystem bereits in der letzten Phase eines endgültigen Zusammenbruchs. Nur Verrückte und verzweifelte Narren, wie z.B. US-Finanzminister Larry Summer, hegen noch Hoffnungen, sie könnten den Zusammenbruch dieses Systems verhindern. Alle intelligenten und gutinformierten Regierungsvertreter, Spitzenbankiers und Ökonomen der Welt bereiten sich jetzt auf jene Welt vor, die sehr bald entstehen wird, sobald das gegenwärtige IWF-System ausgelöscht wurde.

Ich habe schon wiederholt erklärt, niemand könne genau vorhersagen, an welchem Tag, zu welcher Stunde der Bankrott des heutigen Systems offiziell eingestanden werden wird. Seit dem schicksalhaften Versagen der Washingtoner Währungskonferenz im Oktober 1998 ist das ganze System in seine letzte Kollapsphase eingetreten. Auf welche Art und Weise es zusammenstürzen wird -- durch eine deflationäre Kettenreaktion, durch eine hyperinflationäre Explosion oder im Rahmen eines geordneten Bankrottverfahrens der Regierungen --, das müssen die entsprechenden Regierungen in einer Art "Todesurteil von Utah"1 noch entscheiden, aber der Kollaps ist jetzt unvermeidlich, vielleicht noch vor dem Wahlkonvent der Demokratischen Partei im August. Wirklich intelligente Menschen rund um die Erde handeln so, als sei der kommende Kollaps bereits eingetreten. Jetzt ist die Zeit, zu der alle intelligenten Währungssysteme ihre letzten Wünsche an ihre voraussichtlichen Erben weitergeben. Zweifelhaft ist im wesentlichen nur, ob die Regierungen der Zeit nach dem Crash fähig oder gewillt sind, diesen letzten Willen des heute unrettbaren Systems zu respektieren.

Bis September 1998 wäre es für den amerikanischen Präsidenten William Clinton noch möglich -- wenn auch zugegebenermaßen schwierig -- gewesen, eine umfassende Reorganisation des gegenwärtigen Internationalen Währungsfonds zu bewerkstelligen. Nach der Washingtoner Konferenz vom Oktober 1998, und insbesondere nach den Entscheidungen zur Brasilienkrise im Februar 1999, hat die Regierung Clinton diese Option praktisch selbst vernichtet. Jetzt wird die Gründung des dringend notwendigen neuen Weltwährungssystems wahrscheinlich eher durch eine Kombination regionaler Gruppierungen -- wie die auf dem kürzlichen Treffen im thailändischen Chiang Mai vorgeschlagene Vereinigung der "ASEAN plus Drei" -- oder gar nicht zustande kommen.

In dieser Situation, die durch die unausweichliche baldige Desintegration des derzeitigen Weltfinanzsystems definiert ist, macht schon der simple volkswirtschaftliche Überlebenswille eine Zusammenarbeit zwischen den regionalen Handelsblöcken notwendig, die relativ am stärksten voneinander abhängig sind. Die Aufrechterhaltung der grundlegendsten Erfordernisse des gemeinsamen Handels erfordert vertragliche Bindungen, die den kurz- bis mittelfristigen Handel wesentlicher Teile des Transports "harter Güter" ermöglichen. Das ASEAN plus Drei-Treffen ist ein Beispiel für die Art der Zusammenarbeit, die in verschiedenen Regionen der Erde dringend gebraucht wird.

Das Treffen von Chiang Mai, auf dem der Vorschlag eines Asiatischen Währungsfonds aus dem Jahre 1997 wieder aufgegriffen wurde, sagt etwas über die besondere politische Hysterie aus, die durch die verzweifelten Aktionen des amerikanischen "Absturz-Verhinderungsteams" verursacht wird. In dem Versuch, den unausweichlichen weltweiten Finanzkrach bis nach der US-Präsidentschaftswahl im November 2000 oder zumindest bis nach dem Wahlkonvent der Demokraten im August hinauszuzögern, haben die USA "räuberische Angriffe" gegen Japan und gegen den kontinentaleuropäischen Euro-Währungsblock unternommen. Die Schwachpunkte, auf die sich das Absturz-Verhinderungsteam konzentrierte, waren der "Yen Carry Trade" und der "Euro Carry Trade".

Damit stand die von der Gore-Kampagne beherrschte Clinton-Administration ganz kurz davor, das seit einem Vierteljahrhundert bestehende "trilaterale" Arrangement zwischen Wallstreet, Tokio und kontinentaleuropäischer Finanzwelt aus dem Jahr 1975 zu zerbrechen. Diese von Gore ausgehenden Übergriffe gegen Tokio und Europa, die beiden entscheidenden Währungspartner der Wallstreet, beschwören die Gefahr eines irreparablen Bruchs zwischen den wichtigsten Elementen des derzeitigen Weltfinanzsystems hinauf. Obwohl weder China noch Japan zu der Zeit bereit waren, einen offenen Bruch mit den USA zu riskieren, hat sich diese Frage gestellt. Die Stimmung auf dem Treffen von Chiang Mai ist als relativ milder "heilsamer Schock" anzusehen, eine Warnung vor einer wahrscheinlich bevorstehenden politischen Ausprägung des größeren Währungs-Erdbebens, vor dem drohenden Auseinanderbrechen des gegenwärtigen IWF-dominierten Systems.

 

Im Hause des Gehängten ...

Die gefährlichste Implikation des laufenden Weltfinanzkollapses besteht darin, daß die amerikanische Regierung weiterhin nicht gewillt ist, sich dieser Realität zu stellen. In Washington lautet die Regel offenbar: "Im Hause des Gehängten spricht man nicht vom Strick." Der Präsident hofft offensichtlich entgegen allen bisherigen Erfahrungen, daß ein Präsident Al Gore eine Zusage, einen Ex-Präsidenten Clinton gegen die mörderische Bush-Maschine zu verteidigen, auch einhalten werde. Aber selbst wenn Gore der ehrliche Mann wäre, der er nicht ist, besteht praktisch keine Aussicht, daß ein Al Gore zum Präsidenten gewählt wird, wenn vor dem November 2000 der globale Finanzkollaps einsetzte, oder daß die USA unter einem Präsidenten George Bush junior lange überleben könnten. Wenn Gore den Saal betritt, spielt die Kapelle den Country-Schlager aus Nashville/Tennessee "Geborener Verlierer", während sie den Präsidenten mit dem Titel "Sag mir, daß es nicht wahr ist" begrüßen sollte.

Für Menschen, die sich um jeden Preis selbst davon überzeugen müssen, daß sie sich rational verhalten, reicht ein rein willkürliches blindes Vertrauen in eine Illusion als Bestätigung nicht aus. Damit ihre Illusionen glaubhaft erscheinen, brauchen sie ein paar Rationalisierungen. Da Präsident Clinton anders als sein Vizepräsident ein intelligenter, rationaler Mensch ist, kann er an seiner derzeit offiziell verkündeten Illusion über den Zustand der Weltwirtschaft nur festhalten, wenn er in typischer "68er"-Manier an pseudorationale Lehren wie den "Dritten Weg" und die "Neue Wirtschaft" glaubt. Und auch eine dritte Selbstbestätigung ist notwendig, nämlich der Glaube, daß die Mehrheit der öffentlichen Meinung seine Illusion noch teile. Der beste Weg, nicht an den Strick denken zu müssen, besteht darin, die Illusion zu akzeptieren, der Strick existiere gar nicht. Wenn die gewohnheitsmäßigen Narren, die "öffentliche Meinung" diese Illusion teilt, wird der in seinem Wunschdenken Gefangene um so glücklicher sein -- zumindest für ein, zwei weitere Augenblicke.

Beginnen Sie mit der Realität der derzeitigen Weltfinanzlage und machen Sie sich dann die Illusion klar, die einen Präsidenten Clinton -- und viele andere -- davon abhält, die Realität zu erkennen, die sie so verzweifelt ableugnen wollen. Beginnen Sie mit der Realität der "Typischen Kollapsfunktion" und mit der Tatsache, daß sich das Weltfinanzsystem in diesem Augenblick mitten in einer hyperinflationären Spirale wie Deutschland 1923 befindet. Untersuchen Sie dann Präsident Clintons erklärten Glauben an die Illusion einer "Neuen Wirtschaft"; betrachten Sie diesen im Licht jener Realität der Weltfinanzen, die der Präsident -- spätestens seit Oktober 1998 -- nicht sehen will.

Betrachten Sie zwei Varianten der Kollapsfunktion. Die erste ist die allgemeine Version, die ich erstmals im Rahmen einer Konferenz im Vatikan im Herbst 1995 als Graphik vorgestellt habe (Abbildung 1). Vergrößern Sie dann den Ausschnitt dieser Kurve an einem kritischen Punkt: dem Punkt, an dem die Geldmenge schneller zunimmt als die Summe der Finanztitel (Abbildung 2). Letzteres ist die Lage, in die Deutschland zwischen März und Oktober 1923 geriet. Es ist die Phase, wenn der Anstieg der hyperinflationären Spirale der Finanztitel -- der wiederum durch eine manische Ausweitung der Geldmenge gespeist wird -- als immer schnellere Hyperinflation der Warenpreise ausbricht. Dies ist der Punkt, den wir kürzlich erreicht haben, vergleichbar mit dem Punkt, an dem Deutschland im März-April 1923 stand (Abbildung 3).

Diese Situation findet in der mathematischen Physik ihre Entsprechung in der Riemannschen "Schockwellen-Front", wie Riemann sie in der Schrift Über die Fortpflanzung ebener Luftwellen von endlicher Schwingungsweite beschrieben hat (Abbildung 4).2 Der Übergang von der allgemeinen Entwicklung in die in Abbildung 2 dargestellten örtlichen Bedingungen ist analog der Front der Riemannschen Schockwelle in Abbildung 4. Die in Abbildung 3 dargestellte Entwicklung von März-Oktober 1923 in Deutschland ist vergleichbar.

Betrachten Sie dies bezogen auf den Erdölpreis.

Um diesen Vergleich zu verstehen, muß man zwischen zwei Elementen unterscheiden: einerseits den physischen Kosten für Produktion und Verteilung, einschließlich der damit verbundenen direkten Verwaltungskosten, und andererseits den zusätzlichen Kosten durch die Inflation des Finanzkapitals, das nominell in Eigentumsrechte an den Unternehmen investiert wurde, die auf diese Preise aufschlagen. Typisch für letzteres sind die Kosten von Fusionen und Übernahmen von Unternehmen, die Erdöl und Erdölprodukte herstellen, verarbeiten und vertreiben. Untersuchen Sie dann den steigenden Anteil am Gesamtpreis, den diese rein finanziellen Kosten von Fusionen und Übernahmen pro Faß produzierten und vertriebenen Erdöls ausmachen.

Betrachten Sie ähnliche Entwicklungen einer durch Finanzgeschäfte verursachten Inflation in Bereichen wie Immobilien und Primärrohstoffen allgemein.

Bei solchen Fällen kombinierter "Privatisierungen" und Fusionen und Übernahmen generell muß man erkennen, eine hyperinflationäre Ausweitung der akkumulierten Finanztitel führt mit einem bedeutsamen Faktor zeitlicher Verzögerung zu einer sich selbst verstärkenden Inflation in Form der Steuer, die Fusionen und Übernahmen auf jedes Faß Öl usw. aufschlagen. An diesem Punkt übersteigt dieser Faktor des Anstiegs des Bruttopreises bei weitem die zugrundeliegenden, real entstandenen Kosten für Produktion, Vertrieb und Management -- eine hyperinflationäre Ausweitung des Brutto-Finanzkapitals, die in eine immer allgemeinere Güterpreisinflation umschlägt.

So trat das Weltfinanzsystem 1997-98 in die Endphase seiner Existenz ein. Spätestens ab Oktober 1998 nahm dies die Form eines allgemeinen hyperinflationären Wachstums der Geldmenge an. Ab etwa Ende 1999 nahm der allgemeine hyperinflationäre Trend die Form einer Eigendynamik zum Ausbruch einer Güterpreisinflation an. Wir können zwar noch nicht feststellen, wie die Entwicklung in der Weimarer Republik von März-Oktober 1923 von ihrer Größenordnung her mit dem beginnenden weltweiten hyperinflationären Trend bei wichtigen Güterpreisen heute vergleichbar ist; aber allein die Tatsache, daß der Vergleich angebracht ist, ist schon ein ausreichender Beweis, auf dem die entscheidendste Beobachtung gründet: Die Welt tritt im Gefolge der Hyperinflation nomineller Bewertungen von Finanztiteln nunmehr in die Stoßwellenphase einer allgemeinen weltweiten Hyperinflation ein.

Das gegenwärtige Finanzsystem als Ganzes ist hoffnungslos bankrott. Es gibt keine Möglichkeit, die heute ausstehenden finanziellen Verpflichtungen zu bezahlen. Außerbilanzliche Derivatgeschäfte müssen als erstes weg, unmittelbar gefolgt von anderen Formen von Derivaten und Ramschanleihen-Schulden. Zusätzlich muß man langfristige Schulden allgemein einfrieren und fast zinslos umschulden. Andere Finanztitel, wie etwa private Sparguthaben, muß man liquid erhalten, aber nur insoweit, wie es für eine optimale soziale Stabilität der Familienhaushalte und Arbeitgeber notwendig ist.

Die Welt braucht ein neues Währungs- und Finanzsystem in Form eines Wiederaufbaus auf dem Fundament eines gegenüber heute erweiterten Niveaus an realer Produktion, gemessen an Beschäftigung und Ausstoß realer Güter, neuer Infrastruktur, Landwirtschaft und Industrie. Es ist unerläßlich, alle Veränderungen in der Währungs-, Finanz- und Wirtschaftspolitik seit August 1971 umgehend und umfassend wieder aufzugeben.

 

Präsident Clintons Illusion

Die Illusion, der sich Präsident Clinton mit seiner bedauerlichen Wahl Al Gores zum Vizepräsidenten (und vielen anderen 68ern in der Regierung) öffentlich angeschlossen hat, ist die Vorstellung, die man mit den austauschbaren Begriffen "Neue Wirtschaft" oder "Informationsgesellschaft" bezeichnet. Die politisch-kulturellen Verbindungen, die dieser Illusion zugrundeliegen, sind vielschichtig. Ihre gemeinsame Wurzel ist eine utopische Illusion, für die die Zusammenarbeit von H.G. Wells und Bertrand Russell typisch ist, als Russell Wells' Offene Verschwörung offen unterstützte.3 Die derzeitige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright brüstete sich kürzlich in einer Rede in New York, sie sei während ihrer gesamten Laufbahn, ihre Regierungsmitarbeit als UNO-Botschafterin und Außenministerin eingeschlossen, eine aktive Anhängerin von Wells' Offener Verschwörung gewesen. Die wichtigsten gemeinsamen Illusionen von Albright und Gore haben ihren Ursprung weitgehend in dieser von Wells und Russell definierten "offenen Verschwörung".

Als wesentliche Kategorien sind anzusehen: die "Globalisierung", so wie sie von Clinton, Gore, Albright und Tony Blair in London -- mit einigen Einschränkungen bei Clinton -- praktiziert wird; die "Informationstheorie", eine freie Erfindung von Russells Anhängern Norbert Wiener und John von Neumann; und die Wellssche Doktrin einer Gesellschaft jenseits der "Morlocks" 4 ("nachindustriell"), wie Gore sie unter der Rubrik des "Umweltschutzes" 5 und Clinton und Gore gemeinsam unter der Rubrik der Bekämpfung von "dual use"-Technologien für angebliche "Massenvernichtungswaffen" propagieren. Alles dies ist natürlich kohärent mit der neokonföderierten Romantik, dem Haß der "Nashville-Agrarier" von Robert Penn Warren und William Yandell Elliott auf die Whig-Tradition von Präsident Abraham Lincoln. Der Charakter von Henry Kissinger und Zbigniew Brzezinski als Protegés des Nashville-Agrariers Elliott stimmt in dieser Hinsicht mit Vizepräsident Gores erklärter ideologischer Neigung überein.

Von der Gründung der amerikanischen Republik an waren alle Vertreter des Amerikanischen Systems der politische Ökonomie wie Alexander Hamilton, Abraham Lincoln, Franklin Roosevelt u.a., sowie die verschiedenen europäischen und anderen Bewunderer und Nachahmer dieses Systems, Anhänger der Wissenschaft der physikalischen Ökonomie, so wie sie Gottfried Leibniz definierte. So wie König Ludwig XI. in Frankreich und in ähnlicher Weise Heinrich VII. in England die moderne nationalstaatliche Wirtschaft auf das Prinzip des Allgemeinwohls gründeten, so ist die moderne, vernünftige politische Ökonomie immer dem Prinzip verpflichtet, die Macht des Menschen über die Natur -- physisch meßbar pro Kopf und Quadratkilometer -- stetig zu erhöhen. Diese Erhöhung war immer von den Verbesserungen in der angewandten Technologie abhängig, die von nachprüfbaren Entdeckungen universeller Naturprinzipien abgeleitet sind.

Der Begriff von "Information", wie sie die Russell-Anhänger Norbert Wiener und John von Neumann axiomatisch und mathematisch definiert haben, schließt die Existenz entdeckbarer universeller physikalischer Prinzipien aus, so wie ihr Meister Russell selbst sie ausschloß. Die "Informationstheorie" reduziert die Gesellschaft axiomatisch auf die Verwaltung von Menschen durch Menschen, oder mit anderen Worten auf die Herrschaft einer oligarchischen Minderheit und ihrer dienstbaren Lakaien über eine Masse menschlichen Viehs. Die Mentalität ist die gleiche wie die der Schiffseigner, die die unsinkbare und todgeweihte Titanic "verbesserten", indem sie die Zahl der Rettungsboote soweit reduzierten, daß sie für eine Rettung der Passagiere und der Besatzung bei weitem nicht ausreichte -- eine wahrhaft gedenkenswerte Tatsache.

Die Vorstellung, die Al Gore in seinem Kopf von Wirtschaft hat und die Präsident Clinton implizit als Doktrin übernommen hat, ist also nicht mehr als ein Ding aus Tolkiens 68er-Fantasie Der Herr der Ringe. In dieser Denkungsart gibt es keine reale Wirtschaft, sondern nur Veränderungen der Sitzordnung am Dinnertisch (solange noch Sitze verfügbar sind), und damit folgt sie, wie an der derzeitigen Gesundheitspolitik deutlich wird, Adolf Hitlers Gesundheits- und Sozialpolitik, die Lebensdauer vermeintlich "unlebenswerten Lebens" zu verkürzen. Das muß man aus den Aussagen und Handlungen des Vizepräsidenten in der Bildungs- und Gesundheitspolitik schließen, die der Präsident scheinbar mitträgt; diese Politik hat dazu beigetragen, daß heute etwa die Hälfte unserer Achtkläßler praktisch Yahoos und Analphabeten sind. Solche Einflüsse sind daran schuld, daß man heute die Mehrheit der jungen Menschen in der Industrie und verwandten Bereichen, wie sie in den 60er Jahren existierte, nicht mehr beschäftigen könnte, zumindest nicht in einem Job, der zur Versorgung einer Familie ausreichte.

Zugegeben, manches deutet darauf hin, daß Präsident Clinton nicht an diesen Unfug glaubt, jedenfalls nicht privat. Aber in der Öffentlichkeit hat der Präsident, besonders seit Mitte 1996, immer so gehandelt, als glaube er, er müsse so tun, als glaube er diesen Al(Gore)bernheiten, um seine Amtszeit und die Zeit danach heil zu überstehen.

Es gibt eine einfache politische Entsprechung dieser Illusion. Von den reichsten 20 Prozent der amerikanischen Familien, die über die Hälfte des Nationaleinkommens repräsentieren, sind mindestens die Hälfte praktisch wirtschaftliche Parasiten, die auf dem Rücken der übrigen 80 Prozent leben. Diese Leute aus der sog. Klasse der "neuen Vorstädte" bilden die wesentliche Wählerbasis der beiden Kandidaten George W. Bush und Al Gore. Diese oberen 20 Prozent bilden auch den harten Kern dessen, was Gore und sein Verbündeter Dick Morris, ebenswo wie Tony Blair in England, als "Mitte" definiert haben, die Schicht, die bei Wahlen in Bund und Bundesstaaten wahrscheinlich wählen geht und entscheidet. Dementsprechend bildet diese Schicht die "öffentliche Meinung", auf die die Meinungsumfragen, Wahlkampagnen und die meisten Unterhaltungs- und Nachrichtenmedien ausgerichtet sind.

Praktisch hat sich der Präsident, was immer seine tatsächlichen Ansichten sein mögen, selbst in die ausweglose Lage manövriert, den Rest seiner Amtszeit und sein weiteres persönliches Überleben demonstrativ auf die Aussicht stützen, von der Wahl des sicheren Verlierers Al Gore zu profitieren. Er möchte seine langfristige Stellung in der Geschichte sichern, indem er sich auf kurzfristige, größtenteils illusorische Einschätzungen des momentanen populären Wunschdenkens stützt.

Der Tag, an dem das Geld verschwindet

Wenn wir die dritte Alternative -- meine Alternative, das Neue Bretton Woods-System -- akzeptieren, dann müssen wir erkennen, daß insbesondere die USA sehr bald auf den Tag zusteuern, an dem das Geld aufhört zu existieren, wie 1923 in Deutschland, oder an dem nur ein winziger Bruchteil des heutigen Geldes eine brutale deflationäre Depression übersteht, die schlimmer wird als 1929-31. Was tust Du dann, kleiner Mann? Wo sind dann alle die populären Meinungen, die Du bisher so gerne von Dir gegeben hast?

Was brauchst Du dann, kleiner Mann?

Du brauchst wirtschaftliche Infrastruktur: Verkehr, Energie, Wasser, Kanalisation und auch Schulen, medizinische Einrichtungen und ähnliche öffentliche Einrichtungen und Dienste. Du brauchst Essen, das erzeugt und geliefert werden muß. Du brauchst Industriegüter, die dorthin gebracht werden, wo man sie braucht. Du brauchst Arbeitsplätze, vor allem in Produktion und Erhalt der grundlegenden Infrastruktur, der Landwirtschaft und Industrie. Wenn du diese Dinge nicht hast, was nützt dir dann Geld?

Wenn wir andererseits die Produktion solcher notwendiger Materialien und Bedingungen sichern können und die realen Kosten dieser Produktion und Wartung unter dem "gesellschaftlichen" Wert dessen liegen, was geliefert wird, können wir dann nicht genug Gelder auflegen und über Bankenkanäle verleihen, um den Erhalt und das Wachstum dieser realen Produktion sicherzustellen? Anders gesagt, selbst wenn das Geld durch eine hyperinflationäre Explosion ausgelöscht wird, können wir recht gut überleben, wenn dafür die physischen Bedingungen der Infrastruktur, Landwirtschaft, Industrie und entsprechenden Beschäftigung vorhanden sind. Wenn man diese Wachstumsbedingungen -- in physikalischen Begriffen gemessen -- erfüllen kann, kann die Regierung Staatskredit schöpfen und bereitstellen, indem sie verleihbare Banknoten der Regierung ausgibt, um diese physischen Vorbedingungen dauerhaften Wirtschaftswachstums zu erhalten.

Angesicht der Natur der gegenwärtigen weltweiten Arbeitsteilung bei der Bereitstellung dieser physischen ökonomischen Grundlagen sollte offensichtlich sein, daß Handelsabkommen zwischen Nationen einen wesentlichen Bestandteil jedes Aufschwungsprogramms bilden müssen. Es sollte ebenso klar sein, daß die regionale Zusammenarbeit eine außergewöhnliche Bedeutung hat. Berücksichtigt man diese Tatsachen, so ist eine entscheidende zusätzliche Notwendigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Nationen, die wichtige Exporteure verbesserter Produktionstechnologie sind, und den Nationen, die natürlicherweise die wichtigsten mittel- bis langfristigen Importeure solcher Technologie sind.

Dafür brauchen wie ein System stabiler, relativ fester Wechselkurse -- denn sonst sind mittel- bis langfristigen Kredite zu teuer. Wir brauchen auch ein System protektionistischer Vereinbarungen, wodurch nationale Industrien vor Billigimporten -- aber auch vor dem Zustand der Armut, zu dem der "Freihandel" Exportnationen verdammt --, geschützt werden.

Im Endeffekt ist die optimale Form für ein neues weltweites Währungssystem ein System, das sich an den besten Elementen der Bretton-Woods-Vereinbarungen zwischen Nordamerika, Europa, Japan, Australien u.a. in der Zeit von 1945-58 orientiert -- ein System fester Wechselkurse, protektionistisch ausgerichtet. Eine mehr oder weniger weltweite Währungseinrichtung sollte die verschiedenen regionalen und überregionalen Partnerschaften aufeinander abstimmen, für die der angestrebte Asiatische Währungsfonds typisch ist.

Optimal wäre ein System mit den folgenden Elementen als Ecksteine: eine kontinentaleuropäische Partnerschaft; ein transeurasisches System der Zusammenarbeit mit Rußland, China, Indien, Japan und der ASEAN-Gruppe; eine iberoamerikanische Gruppe; eine Nahost-Nordafrika-Gruppe; ein Entwicklungsverbund Afrikas südlich der Sahara; ein allgemeines System der Zusammenarbeit unter den USA, Kontinentaleuropa, einer eurasischen Gruppe u.a.

Die souveränen Mitgliedsstaaten des neuen globalen Systems wären Teil ihrer regionalen Vereinigungen, aber zugleich auch über diese im weltweiten System repräsentiert. Diese politisch-wirtschaftliche Struktur -- den Plänen von US-Präsident Franklin Roosevelt in der Nachkriegszeit nachempfunden -- sollte die bankrotten Reste des derzeitigen Weltwährungssystems und verwandter Institutionen übernehmen und sowohl das Bankrottverfahren des derzeitigen als auch die Errichtung und Leitung des neuen Systems durchführen.

Folgendes Problem muß dabei betont werden:

Als drei der vier Besatzungsmächte Deutschlands -- Thatchers England, Mitterrands Frankreich und George Bushs USA -- in den Jahren 1989-92 den Vorstoß unternahmen, Deutschland und der ganzen Welt als Karikatur des Römischen Reiches ein weltumspannendes anglo-amerikanisches Imperium aufzuzwingen, entwickelte sich im Verlaufe des letzten Jahrzehnts eine Situation, in der die Welt die große Chance, die sich durch die Ereignisse von 1989 bot, vertan hat. Der gute Wille, den die früheren Gegner des "Kalten Krieges", die NATO-Mächte und der entwickelte Sektor allgemein hätten aufbringen können, ist im Laufe dieses Jahrzehnts weitgehend aufgelöst worden. Nach der jüngsten Torheit der amerikanischen Regierung, sich aus Rücksicht auf das aussichtslose Unternehmen "Präsidentschaftskandidatur Al Gore" gegen die lebenswichtigen Interessen Japans und Europas zu stellen, bleibt der Welt als realistische Option für Bankrottverfahren und Ersetzung des existierenden Weltfinanz- und Währungssystems nur noch, sich auf eine Entwicklungs-Zusammenarbeit verschiedener regionaler Blöcke zu verlegen.

 

Anmerkungen

1. Früher durften die zum Tode Verurteilten im US-Bundesstaat Utah ihre Todesart selbst wählen.

2. Bernhard Riemman, Über die Fortpflanzung ebener Luftwellen von endlicher Schwingungsweite, in: Riemanns Gesammelte Mathematische Werke, hrsg. H. Weber.

3. H.G. Wells, The Open Conspiracy: Blueprints for a World Revolution, London 1928.

4. Die Morlocks sind Menschenfresser in H.G. Wells Zukunfts-Roman Die Zeitmaschine.

5. Albert Gore, Wege zum Gleichgewicht. Ein Marshallplan für die Erde, Frankfurt, 1992.