Dezember 2006 Wirtschaft

Wird das "Transasiatische Eisenbahnnetz" verwirklicht?

18 Staaten Eurasiens haben im südkoreansichen Busan ein Abkommen über den Bau eines "transasiatischen Schienennetzes" unterzeichnet. Die Finanzierung blieb aber offen.

18 Staaten Eurasiens haben im südkoreansichen Busan ein Abkommen über den Bau eines "transasiatischen Schienennetzes" unterzeichnet. Die Finanzierung blieb aber offen.

Im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz der Wirtschafts- und Sozialkommission der Vereinten Nationen für Asien und den Pazifik (ESCAP) unterzeichneten Verkehrs- und Eisenbahnminister 18 eurasischer Nationen am 10. November im südkoreanischen Busan das Regierungsabkommen zum Transasiatischen Schienennetz, kurz TAR genannt. Die Vereinbarung, die von den Kernstaaten der 28 ESCAP-Mitgliedern getragen wird, ist von großer strategischer Bedeutung.

Das Projekt des Transasiatischen Schienennetzes begann schon 1960 mit einer Untersuchung, wie man die etwa 14 000 km langen nationalen Schienennetze von Singapur über Südostasien, Indien, Pakistan und den Iran bis hin zur Türkei miteinander verbinden könnte. Fast 50 Jahre später sind diese strategischen Verbindungsstrecken zwischen diesen Ländern immer noch nicht gebaut.

Der erste wichtige Durchbruch seit dem Bau der Transsibirischen Eisenbahn Anfang des 20. Jh. erfolgte Anfang der 90er Jahre, als China sein Eisenbahnnetz mit dem Kasachstans verband und damit die zweite Eurasische Landbrücke vom Pazifik zur europäischen Atlantikküste vollendete. 1996 stellte der Iran dann seine erste Eisenbahnverbindung nach Turkmenistan fertig und verband damit Zentralasien mit dem Persischen Golf und dem Indischen Ozean.

Als Folge dieser Entwicklungen wurde das Konzept der TAR von einem "regionalen" asiatischen Vorhaben zum Konzept eines ganz Eurasien umfassenden Eisenbahnnetzes, das Wirtschaftszentren, Hauptstädte sowie See- und Binnenhäfen miteinander verbindet, wie die UNESCAP-Karte zeigt, auf der die neuen Projekte verzeichnet sind.

1992 leitete ESCAP das Entwicklungsprogramm Asiatische Landverkehrsinfrastruktur ein, um herauszufinden, welche Eisenbahnstrecken von internationaler Bedeutung dem Wirtschaftswachstum der betroffenen Regionen am zuträglichsten wären. Hier liegt der Ursprung des Transasiatischen Schienennetzes. Das TAR umfaßt im wesentlichen vier Verkehrskorridore:

  • den Nordkorridor, der die Koreanische Halbinsel, Rußland, China, Kasachstan und die Mongolei miteinander verbindet;

  • den Südkorridor, der Bangladesch, Südchina, Indien, den Iran, Myanmar, Pakistan und Sri Lanka verbindet;

  • den ASEAN- und Indo-China-Korridor sowie den

  • Nord-Südkorridor, der sich von Nordeuropa über Rußland, Zentralasien und den Kaukasus bis zum Persischen Golf erstreckt.

Leider werden die politischen Anstrengungen für das TAR der strategischen Bedeutung des Projekts immer noch nicht gerecht. Immer noch fehlen wichtige Verbindungsstücke, die schnellstens gebaut werden müßten. Die andere wichtige Frage betrifft die nationale und internationale Finanzierung durch Kredite, die ESCAP weitgehend unberücksichtigt läßt.

In dem 81 000 km langen Schienennetz der eurasischen ESCAP-Nationen, zur der Japan, Afghanistan und die Philippinen nicht dazugehören, fehlen noch etwa 6500 km wichtige Schienenverbindungen. Auch die Koreanische Halbinsel (und damit auch Japan) sind noch nicht per Schiene mit Eurasien verbunden, auch wenn Südkorea sein Schienennetz bis an die Grenze zu Nordkorea ausgebaut hat. Nordkorea ist zwar TAR-Mitglied, entsandte aber keine Delegation zur Konferenz in Busan.

Das Abkommen, das einem RIA Nowosti-Bericht zufolge von der Russischen Föderation vorgeschlagen wurde, haben folgende Länder unterzeichnet: Armenien, Aserbeidschan, China, Indonesien, der Iran, Kambodscha, Kasachstan, Laos, die Mongolei, Nepal, die Russische Föderation, Südkorea, Sri Lanka, Tadschikistan, Thailand, die Türkei, Usbekistan und Vietnam. Acht Regierungen müssen das Abkommen ratifizieren, damit es in Kraft tritt.

"Es wäre ein sehr schönes Projekt, wenn es denn verwirklicht würde. Aber dazu benötigt man viel Geld", zitierte AFP Jurij Kolesnikow von der russischen Delegation. Genau hier liegt der Haken. Der Verkehrs- und Tourismusdirektor von ESCAP Barry Cable erklärte nur, die Ratifizierung des TAR-Abkommens könne internationale Kreditgeber wie die Asiatische Entwicklungsbank zu "ernsthaften Überlegungen" über Kredite für Bau und Ausbau der Schienennetze der TAR-Nationen bewegen. Viele der Länder sind dringend auf finanzielle Hilfen angewiesen. Nach einer kürzlich veröffentlichten ESCAP-Studie beläuft sich die Investitionslücke für Infrastruktur bis 2015 auf 83 Mrd. Dollar jährlich.

Der einzig erfolgreiche Weg beim Aufbau von Infrastruktur ist, wie der amerikanische Ökonom Lyndon LaRouche betont, die Methode des "Amerikanischen Systems" großangelegter, langfristiger, niedrigverzinster Regierungsinvestitionen. Regierungen sollten praktisch die Hälfte ihrer Investitionen im Bereich der Infrastruktur tätigen, um die Wirtschaft so zu entwickeln, daß sie den Bedürfnissen der kommenden Generationen über einen Zeitraum von 25-50 Jahren entspricht. Private Finanzierung reicht dazu nicht aus.

Mary Burdman