Oktober 1998 LaRouche zur globalen Krise

Grundlegende Vorschläge von Lyndon LaRouche

  • Erst kommen die Menschen!
  • Was jetzt zu tun ist
  • Erst kommen die Menschen!

    Lyndon LaRouche entwarf am 4. Oktober 1998 folgende Sofortmaßnahmen zur Überwindung der Krise:

    Sehr bald wird das gegenwärtige Weltfinanzsystem desintegrieren. Es funktioniert nicht mehr und kann auch nicht repariert werden; sein Untergang ist gewiß. Wir befinden uns bereits in der Endphase seiner Zerstörung. Diese Zerstörung wird entweder auf eine vernünftige Weise geschehen, durch vorsorgliche Maßnahmen der jeweiligen Regierungen, oder auf eine äußerst verhängnisvolle Weise, plötzlich und chaotisch. Auf jeden Fall ist das gegenwärtige Finanzsystem dazu verurteilt, sehr bald zu verschwinden.

    Unter diesen Umständen hängt die weitere Existenz der Nation völlig von der Bereitwilligkeit der Regierung ab, sofort bestimmte Notmaßnahmen zu ergreifen.

    Wenn die im folgenden ausgeführten Maßnahmen ergriffen werden, dann werden wir die Krise mit Sicherheit überleben, und das sogar äußerst glücklich. Wenn aber der politische Wille zur sofortigen Umsetzung der Notmaßnahmen fehlt, dann verschwinden die Nationen in dem Chaos, das sie mit ihrer sturen Weigerung, das System zu ändern, selbst verursachen. Wenn weiter darauf beharrt wird, die Dogmen von "Freihandel" und "Globalisierung" beizubehalten, dann ist das Chaos unausweichlich, und wir werden nicht überleben.

    Es folgen exemplarisch einige erforderliche Maßnahmen.

    1.0 Allgemeine Notstandspolitik

    Wenn es zu dieser Desintegration des gegenwärtigen Weltfinanzsystems kommt, werden sich die USA und andere Regierungen -- wenn sie einsichtig sind -- genötigt sehen, augenblicklich autonome, souveräne und drastische Notstandsmaßnahmen zu ergreifen. Unmittelbares Ziel dieser Maßnahmen ist die Aufrechterhaltung der sozialen Stabilität, das allgemeine Wohlergehen der Nation und der Bevölkerung. Das zugrundeliegende Gesetz des Handelns lautet: "Zuerst kommen die Menschen! Alle Menschen!"

    Nimmt man die USA als Beispiel, könnte dies folgendermaßen aussehen.

    Die Maßnahmen umfassen vier allgemeine Klassen: a) Notmaßnahmen, um unmittelbar und dann auf Dauer soziale Absicherung zu gewährleisten -- entsprechend der allgemeinen Vorschrift in der Präambel der amerikanischen Verfassung von 1789; b) Notmaßnahmen zur allgemeinen Finanz- und Währungsreorganisation, die dazu dienen sollen, die Maßnahmen zur allgemeinen sozialen Absicherung zu unterstützen; c) Notmaßnahmen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau, um das realwirtschaftliche Leistungsvermögen der Nationalökonomie pro Kopf und pro Quadratkilometer zu erhalten und auszuweiten; d) internationale Maßnahmen, die dem gleichen Ziel dienen.

    2.0 Notmaßnahmen für die soziale Absicherung

    2.1Diese Maßnahmen sorgen dafür, daß die Kontinuität wichtiger Regierungsfunktionen absoluten Vorrang erhält. Gleiche Priorität erhält aber auch das weitere Funktionieren der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur, der landwirtschaftlichen, industriellen und verwandten Aktivitäten sowie Verteilung und Vertrieb der zum Lebensunterhalt von Personen und Haushalten notwendigen Güter und Dienstleistungen. Dazu werden Ermächtigungsmaßnahmen, in rechtlicher Form als Notstandsgesetze und Dekrete formuliert, notwendig sein.

    2.2 Diese Maßnahmen müssen nicht nur Infrastruktur, Landwirtschaft, Industrie, Haushalte und damit verbundene wesentliche realwirtschaftliche Aktivitäten auf dem Stand vor dem "Crash" aufrechterhalten. Die Regierung muß vor allem sofort Schritte unternehmen, um die nützliche Produktionsleistung aus diesen Bereichen auszuweiten, zu Lasten der Dienstleistungen, die für die Gesundheit der Realwirtschaft und der Bevölkerung nicht wesentlich sind. Im Falle der USA sind diese Maßnahmen mit Blick auf die Methoden Präsident Franklin Roosevelts in der Zeit des Zweiten Weltkriegs zu ergreifen.

    2.3 Einige besondere ergänzende Maßnahmen müssen ergriffen werden. Dazu gehört ein Moratorium auf finanzielle Zwangsvollstreckungen für Eigenheime und ähnlichen wesentlichen Privatbesitz. Zu ergänzen ist dies durch den absoluten Schutz persönlicher Bankeinlagen bis zu einer fixen, geringen Höhe pro Kopf. Auch die Gesundheitsversorgung muß finanziert werden. Die allgemeine Regel für solche und ähnliche Maßnahmen besteht darin, private Interessen und kleine Geschäftsinteressen so weit wie möglich den betreffenden Einzelpersonen und Familien zu überlassen und diesen Bereich von den komplexen und schwierigen Entscheidungen, die für andere Eingriffe der Regierung erforderlich sind, freizuhalten.

    3.0. Allgemeine Finanzreorganisation

    3.1 Die USA sind, wie die meisten Länder der Welt und die meisten globalisierten Finanzinstitutionen, finanziell schon hoffnungslos bankrott. Man braucht nicht darauf zu warten, bis die Bank zusammenbricht, um zu wissen, daß sie bankrott ist. Nur ein übler Narr könnte die Tatsache in seinem verzweifelten Wunschdenken noch abstreiten.

    3.2 Wie beim Bankrott eines großen, früher einmal stabilen Wirtschaftsunternehmens kam der Konkurs nicht plötzlich, sondern ergab sich aus dem kumulativen Effekt von Fehlentscheidungen über einen langen Zeitraum -- im Falle der USA von mindestens 30 Jahren. Glücklicherweise waren die Regeln, nach denen die US-Wirtschaft vor jener Zeit arbeitete, im Grundsatz gesund. Deswegen muß die US-Wirtschaft so reorganisiert werden, wie man einem eigentlich gesunden Unternehmen durch eine Konkurssanierung wieder auf die Beine hilft.

    3.3 Die ersten Maßnahmen müssen dazu dienen, falsches Betriebsmanagement zu beenden und alle Finanzverpflichtungen abzuschreiben, die abgeschrieben werden müssen, wenn das Unternehmen wieder das gesunde Wachstum erreichen soll, das es früher -- vor über 30 Jahren -- hatte.

    3.4 Im Falle des Bankrotts des Finanzsystems eines souveränen Nationalstaates sind besondere Regeln zu beachten, die sich von denen für andere Konkurse unterscheiden. Glücklicherweise wurden, als die USA 1787-89 schon einmal bankrott waren, genau diese verfassungsrechtlichen Überlegungen angestellt, hauptsächlich in den drei Berichten von Finanzminister Alexander Hamilton an den Kongreß über den nationalen Kredit, die Nationalbank und die Manufakturen. Diese Regeln sind nicht nur wichtige Präzedenzfälle für die USA, sondern auch Vorbild für andere souveräne Republiken.

    Man muß zwar auch den Schulden und dem in verschiedener Form vorhandenen Vermögen angemessene Beachtung schenken, der zentrale Bezugspunkt für die Finanz- und Geldpolitik der US-Regierung -- besonders unter heutigen Bedingungen -- ist jedoch die souveräne Währung der Regierung. Im Falle der USA kann dies nichts anderes sein als US-Banknoten, die auf die in der Verfassung vorgesehene Weise ausgegeben werden [Anmerkung der Red.: Die heutige Praxis der Ausgabe von Banknoten durch die Federal Reserve ist nicht verfassungskonform]. Aus Gründen, die Alexander Hamilton angeführt hat, bilden bei einem allgemeinen Staatsbankrott, wie er jetzt vorliegt, diese Währung und andere Schulden, die unmittelbar als US-Regierungsschulden ausgewiesen sind (im Unterschied zu Schulden der Federal Reserve), die erste, vordringlichste Verpflichtung der Regierung. Wenn Kreditmechanismen zum Einsatz kommen sollen, die aus der Agonie des jetzigen Weltfinanzsystems herausführen, muß das "ganze Gewicht" der Währung und der souveränen Schulden der USA verteidigt werden. Auch ist die Rolle der amerikanischen Währung nicht auf die USA beschränkt; der Dollar hat auch heute noch eine globale Bedeutung.

    Oberstes Prinzip der Finanzreorganisation ist, daß die Verteidigung und der Einsatz solcher souveränen Schulden der USA die finanziellen Mechanismen der Kreditschöpfung bilden, durch welche die Realwirtschaft aus ihrem derzeitigen verkommenen Zustand herausgeholt wird.

    3.5 Unter einem weiteren Vorbehalt läßt man alle Papierwerte so tief fallen, wie sie wollen. "Es ist ja nur Papier." Wenn der Nettowert einer Bank unter Null fällt, können wir entscheiden, daß sie trotzdem geöffnet bleibt, weil die Souveränität der USA es erfordert, daß diese Bank für die Bedürfnisse der Bürger und Wirtschaft vor Ort zur Verfügung steht. Der Schutz bescheidener finanzieller und anderer Guthaben von Menschen, Haushalten und bestimmten Unternehmen, die in realwirtschaftlicher Hinsicht als wesentlich angesehen werden, folgt aus dem gleichen allgemeinen Grundsatz.

    3.6. Ziel ist, realwirtschaftliche Tätigkeit und Produktivität von Wirtschaft und Gesamtbevölkerung auszuweiten, so daß die Wirtschaft die Bedürfnisse der ganzen Bevölkerung befriedigen kann und in der realwirtschaftlichen Gewinnzone operiert. Zu diesem Zweck muß Kredit durch Nationalbankmethoden bereitgestellt und über beteiligte Privatbanken an relevante Unternehmen des Staates und des Privatsektors vergeben werden -- so wie die USA die prosperierende Wirtschaft der 50er und frühen 60er Jahre aufgebaut haben.

    Die USA haben dies in der Vergangenheit getan, wir wußten, wie es zu tun war, und wir können diese Lehren anwenden, um das gleiche noch einmal und sogar besser zu tun.

    4.0 Maßnahmen für den Wirtschaftsaufschwung

    Von 1861-76 und nochmals während der Wirtschaftsmobilisierungen 1914-17 und 1933-45 haben die USA eine Kombination aus umfassendem Infrastrukturaufbau und wissenschaftsintensiven Programmen für den technischen Fortschritt angewandt, deren Erfolg die Welt in Staunen versetzte. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür, langfristig einen erfolgreichen Wiederaufbau der Weltwirtschaft zu organisieren, sind folgende:

    4.1 Grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur: Wasserwirtschaft und Kanalisation; Massengüter- und Personenverkehr; Energieversorgung bei immer höherer Energieflußdichte und Kohärenz der Primärenergiequellen; städtische Infrastruktur; nationale und internationale Bildungssysteme, Wissenschaft und Gesundheitsversorgung. Umfangreiche, langfristige Investitionen in die Verbesserung der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastrukturen bilden das Fundament, von dem das Potential für reales Wirtschaftswachstum abhängt.

    4.2 Beschäftigungsförderung in landwirtschaftlicher und industrieller Produktion, unter Betonung solcher Steigerungen der produktiven Arbeitsleistung, die nur durch höhere Pro-Kopf-Investitionen in kapital- und energieintensive Formen des wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts erzielt werden können.

    4.3 Stärkung des produktiven Werkzeugmaschinensektors, mit steigendem Anteil an den Gesamtbeschäftigten; dieser Sektor muß auf ein immer höheres internationales Niveau entwickelt und mit stets zunehmender Dichte wirksam in den verschiedenen Wirtschaftsräumen der Welt verbreitet werden.

    4.4 Integration von Bildungswesen, Grundlagenforschung und Maschinenbau-Funktionen der Welt- und Volkswirtschaften um wissenschaftsintensive Programme, u.a. zur intensiven Erforschung und Kolonisation der näheren Bereiche unseres Sonnensystems.

    Generationen sind vergangen, seit ein ziemlich widerlicher Mensch, der Harvard-Professor William James, vom "moralischen Äquivalent" des Krieges geschrieben hat. Das einzig wahre moralische Äquivalent zum Krieg ist eine Mobilisierung der Weltwirtschaft zum Wohle aller Nationen der Erde, und zwar so, wie wir außer für Kriegszwecke nie zuvor mobilisiert haben. Das ist zusammengefaßt die Politik, die vernünftige Regierungen jetzt ergreifen werden.



    Weltfinanzkrise am Siedepunkt

    Was jetzt zu tun ist

    Von Lyndon H. LaRouche

    Auf den Nationen weltweit lasten derzeit, realistischen Schätzungen zufolge, bilanzliche und außerbilanzliche "Derivate" oder andere fiktive Finanztitel von mehr als 100 Billionen Dollar. Dieser gigantische Berg fiktiver Papierwerte bricht jetzt auf die Finanz- und Währungsinstitutionen der Welt herein. Wenn diese ungeheuren Forderungen nicht sehr bald aus den Büchern gestrichen werden, wird es zu einer vollständigen und chaotischen Desintegration aller existierenden öffentlichen wie privaten Finanzwerte und Währungssysteme kommen. Keine wirtschaftliche Katastrophe der modernen Geschichte wäre mit diesem weltweiten Desaster vergleichbar, das sich, wenn es nicht abgewendet wird, innerhalb einer Frist von eher Wochen als Monaten über die ganze Erde ausbreiten würde.

    Unter den "Spielregeln", wie sie US-Notenbankchef Alan Greenspan und viele andere Desperados in Regierungen und Finanzinstitutionen rund um die Welt sehen, gibt es nur eine einzige Alternative: eine von Verzweiflung getriebene halsbrecherische Hyperinflation wie in der Weimarer Republik im Jahre 1923. Genau eine solche panische Politik betreibt die japanische Regierung seit Ende 1997. Hörte man auf die jüngsten Vorschläge von Kreisen um den britischen Premier Blair, oder auch nur auf die vorsichtigeren Vorschläge in eine ähnliche Richtung von Kreisen um den früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt, so wären die Folgen ähnlich wie bei der japanischen Politik unter Ministerpräsident Obuchi und den jüngsten hysterischen Maßnahmen des Wallstreet-Manns Greenspan.

    Unter den heutigen Umständen können Ausflüchte -- manchmal euphemistisch auch als "Krisenmanagement" bezeichnet -- für ganze Nationen tödliche Folgen haben.

    Uns bleibt keine Zeit für weiteres infantiles Hin- und Herlavieren, das "Krisenmanagement", wofür Greenspans fortdauerndes, bewußtes Verschleiern der Schieflage des Hedge-Fonds Long-Term Capital Management, das in der vergangenen Woche aufgedeckt wurde, typisch ist. Wenn "Sexskandale" an höchster Stelle Sie anwidern, sollten Sie die Regierungen der Welt auffordern, endlich ihr Lieblingsmasturbationsspielchen des "Krisenmanagements" zu unterlassen. Und seien Sie froh, daß die Welt derzeit nicht auch noch vor einem globalen Krieg wie dem Zweiten Weltkrieg steht, wenn wir von hirnverbrannten Bankern und Politikern angeführt werden, die stets nur "Krisenmanagement" betreiben, statt sich der Realität zu stellen.

    In diesem Zusammenhang muß man betonen, daß das, was bei den heutigen Regierungen als "Krisenmanagement" gilt, auf eine schwere geistige Störung zurückgeht, die man unter der Generation der heutigen Führungsschicht in Regierungen, Banken und anderen Schlüsselinstitutionen häufig findet. Diese geistige Störung erkennt man leicht an Äußerungen wie: "Das interessiert mich nicht" oder: "Das kann gar nicht passieren, weil es nicht sein darf." Die Opfer dieser Geisteskrankheit sprechen über dieses Problem etwa folgendermaßen: "Ich muß die Wirklichkeit überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Wir leben doch im ,Informationszeitalter', da wechsele ich einfach den Sender", oder: "Die Realität interessiert mich nicht. Ich suche mir einfach eine andere Zeitung oder eine andere Partei, die meine Illusionen teilt."

    Ist diese Geisteskrankheit noch mit einer Art napoleonischem Größenwahn verbunden, so kann sich das bei den Erkrankten durch den häufigen Gebrauch des Wortes "Krisenmanagement" ausdrücken. Unter den gegenwärtigen Umständen wird diese Krankheit wahrscheinlich für jene Nationen, deren Regierungen unter dem Einfluß von "Krisenmanagement"-Erkrankten stehen, tödlich verlaufen. Dieses verhängnisvolle Ende kann sich jetzt innerhalb weniger Wochen einstellen. Die Zeit, da man noch zögern und lavieren konnte, ist vorbei.

    Aktionsprogramm

    Es ist an der Zeit, klare Direktiven auszugeben, die den Rahmen für die zu ergreifenden Maßnahmen festlegen.

    Wir verwenden den Begriff "Direktive" im klassischen militärischen Sinne der "Auftragstaktik", wie ihn Scharnhorst und der "alte" Moltke verstanden haben, oder auch Lazare Carnot, als er 1792-94 das Oberkommando der französischen Armee innehatte. In diesem Fall werden Direktiven an die Regierungen von Nationalstaaten gegeben, die ihre absolute Souveränität geltend machen. Die Umsetzung der Direktiven bleibt den einzelnen Regierungen überlassen, die allein oder konzertiert vorgehen können, je nachdem, wie sie es für richtig halten. Diese Herangehensweise, die absurde Streitereien über komplexe supranationale Architekturen vermeidet, ist die einzige, die in der verfügbaren Zeit und unter den sich rasch ändernden Umständen Erfolg verspricht.

    Die Direktiven lauten folgendermaßen:

    1. Allgemein muß anerkannt werden, daß es sich um den explosivsten und gefährlichsten Finanz- und Währungsnotstand in der Geschichte handelt, und um eine unmittelbare und nicht zu umgehende Gefahr. Nur vorbeugende und sofortige Maßnahmen können einen praktisch sofortigen Zusammenbruch der weltweiten Zivilisation verhindern. Es wird wiederholt der Einwand geäußert werden: "Ist es denn tatsächlich so schlimm?" Die Antwort lautet ausnahmslos: "Es ist nicht nur so schlimm, es ist noch viel schlimmer." Und auf den damit zusammenhängenden Einwand: "Aber sind solche Schritte wirklich erforderlich?", lautet die Antwort: "Wahrscheinlich hängen das Leben Ihrer Familie und Ihr eigenes Leben von diesen Maßnahmen ab."

    2. Jede Nation muß unverrückbar an dem Prinzip festhalten, daß es auf dieser Erde keine höhere politische Autorität gibt als die völlig souveräne nationalstaatliche Republik. Die Aufhebung dieser Souveränität unter dem Vorwand übergreifender Zuständigkeiten supranationaler Institutionen muß ein Ende haben. Ansonsten gibt es keine praktikable Alternative zu einer allgemeinen, schnellen und weltweiten Desintegration der Finanz-, Währungs- und Wirtschaftsinstitutionen der Welt und sogar der meisten Nationen. Es muß außerdem klar sein, daß jeder Verstoß gegen dieses Prinzip einem kriegerischen Akt gleichkommt.

    3. Supranationale Institutionen haben nur eine Existenzberechtigung als Foren für Beratungen unter Nationalstaaten oder zur Erleichterung von Vereinbarungen, zu denen sich souveräne Nationalstaaten entschieden haben.

    Ein Beispiel: Es ist erwünscht, daß eine Einrichtung wie der Internationale Währungsfonds (IWF) die Umsetzung von Vereinbarungen zwischen Nationalstaaten ermöglicht, aber er darf diese Funktion niemals überschreiten und seine Macht dazu benutzen, souveränen Staaten ihre Politik vorzuschreiben.

    4. Im Rahmen dieser Souveränitätsrechte muß jede Nation ihre volle Souveränität hinsichtlich ihrer Finanz-, Währungs- und Wirtschaftsangelegenheiten bewahren. Unter den gegenwärtigen Umständen erfordert dies umgehende Kapital- und Devisenkontrollen sowie eine internationale Regulierung der Finanz- und Währungsangelegenheiten und Handelsbestimmungen durch alle Nationalstaaten. Dazu gehört die Festsetzung von Schutzpreisen für wichtige Bedarfs- sowie Export- und Importgüter. In vielen Fällen wird es zumindest befristet erforderlich sein, bestimmte wichtige Verbrauchs- und Produktionsgüter zu rationieren, um sich angesichts vorhandener oder erwarteter Verknappungen vor Preisspekulation zu schützen. Wenn man diese Methoden gleichzeitig und in Kooperation anwendet, lassen sich die nationalen Volkswirtschaften vor dem jetzt unvermeidlichen, plötzlichen und raschen Zusammenbruch fiktiver Finanztitel schützen.

    5. Jeder souveräne Staat muß seine finanziellen, währungspolitischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten einer allgemeinen Reorganisation unterziehen, wie bei einem Konkursverfahren. Jede Nation muß so aus eigener Autorität und Verantwortung ihr eigenes Haus in Ordnung bringen. Die wesentlichen Grundlagen von Infrastruktur, Landwirtschaft, des produktiven Bereichs, des internationalen Handels mit Rohstoffen und das allgemeine soziale Netz müssen erhalten werden. Andere finanzielle Forderungen werden entweder abgeschrieben oder in langfristig eingefrorene Guthaben zu Niedrigstzinsen umgewandelt.

    6. Generell sollte die Vergabe internationaler Kredite "für die Dauer der anhaltenden Krisenlage" eingestellt werden. Statt dessen sollten staatlich gestützte Kredite mit vorrangig langer Laufzeit für die grundlegende Infrastruktur, die Landwirtschaft, den produktiven Bereich und den Welthandel ausgegeben werden, deren Zinssatz 1-2 Prozent pro Jahr nicht überschreitet. Diese Kredite sollten im Nationalbankverfahren verteilt werden, wobei für gewöhnlich industriell orientierte Privatbanken bei der Ausgabe und Überwachung langfristiger, staatlich gedeckter Kredite als Vermittler dienen. Das so ausgegebene Kreditvolumen sollte groß genug sein, daß die realwirtschaftliche Produktionsleistung in die nationalökonomische Gewinnzone gelangt. Es muß anerkannt werden, daß umfassende, großenteils über öffentliche Kredite finanzierte Investitionen in die grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur das wesentliche Mittel darstellen, um kurz-, mittel- und langfristig die "Gewinnzone" zu erreichen.

    7. Der Einsatz "finanzieller Hebel" zur Bemessung des Marktwertes von Finanztiteln wird abgeschafft, sogar verboten -- genauso wie die "Derivate" von Anfang an als "Wirtschaftsverbrechen", als Betrug an den Finanz- und Devisenangelegenheiten der Nationen hätten verboten werden müssen. Als Regel muß auf den Märkten die in Landwirtschaft und Industrie übliche Gewinnspanne bei mittel- bis langfristigen Investitionen -- gemessen an realwirtschaftlichen Wachstumskriterien -- gelten. Bei der Bestimmung der Zuwachsraten der realwirtschaftlichen Arbeitsproduktivkraft pro Kopf und pro km<+>2, von der das reale Nettowirtschaftswachstum abhängt, muß man dabei die wesentliche Funktion der grundlegenden Infrastruktur, aber auch die entscheidende Rolle kapital- und energieintensiver Investitionen in den wissenschaftlich-technischen Fortschritt berücksichtigen. Die Kredit-, Investitions- und Steuerpolitik der souveränen Staaten und ihrer Partner sollte so gestaltet werden, daß sie die "disziplinierende" Umgebung schafft, die zur Erfüllung der genannten Kriterien erforderlich ist.

    8. Für internationale Vereinbarungen bedarf es nur einer allgemeinen Direktive. Das Selbstinteresse der souveränen Nationen definiert unter diesen eine Prinzipiengemeinschaft im Sinne von John Quincy Adams. Wir brauchen keine neue "internationale Behörde"; die Weltwirtschaft erstickt bereits an einer "Überdosis" supranationaler Institutionen.

    Die erforderliche Strategie

    Diese acht Punkte der Direktive sprechen für sich selbst. Wer die moderne Geschichte und Wirtschaftsgeschichte wirklich kennt, dürfte damit keine konzeptionellen Verständnisschwierigkeiten haben. Was gewisse Feinheiten seitens der beteiligten Staatsmänner erfordert, ist die internationale Umsetzung der Direktive. Mehrere Überlegungen sind in dieser Hinsicht aufzuzählen.

    Handeln in Notstandssituationen

    Jeder souveräne Nationalstaat verfügt in Zeiten des Notstands über unveräußerliche Machtmittel, die im Recht jeder nationalstaatlichen Republik auf dauerhafte Existenz begründet sind ("Recht auf Leben, Freiheit und Streben nach Glück für uns und unsere Nachkommen"). Um die explodierende weltweite Notlage mit diesen Prinzipien in Einklang zu bringen, sind drei wesentliche Fragen zu klären: 1. die Begründung des Rechts auf solche Notstandsmaßnahmen; 2. die Berechtigung, sich mit solchen Machtmitteln über bestehende Vereinbarungen hinwegzusetzen, sowie 3. die grundlegenden Überlegungen, welche die Möglichkeit einer Einschränkung der Definition solcher Notstandsmaßnahmen als absurd ausschließen. Diese drei Überlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

    1. Die Entstehungsgeschichte des modernen Nationalstaates definiert dessen (relative) absolute Autorität -- abgesehen von den Bedingungen eines gerechten Krieges -- und liefert uns Angaben über die genaue Quelle dieser Autorität wie auch ihrer Beschränkungen. Der moderne Nationalstaat wurde geschaffen als eine Institution, welche die Menschheit von der imperialen Tyrannei der verschiedenen Formen oligarchischer Herrschaft befreit. Diese Formen waren der Land- und Geldadel (Finanzoligarchie) sowie ein oligarchisches, bürokratisches Kastenwesen. Die dringende Notwendigkeit der Existenz souveräner nationalstaatlicher Republiken als Machtinstitution, um die Bevölkerung vor den Übergriffen der Oligarchie zu schützen, definiert diesen Nationalstaat, dessen politische und andere innere Angelegenheiten auf einer bestimmten gebildeten Sprachkultur gründen. Dieser Nationalstaat ist die einzige politische Institution, die das Interesse ihrer Bevölkerung als ganzer reflektiert und es gegen oligarchische Willkür verteidigt. Wenn der Nationalstaat diese ihm zugedachte Funktion erfüllt, hat er eine Autorität, die völkerrechtlich praktisch universal ist. Nur aus dieser Autorität läßt sich der richtige Begriff von Notstandsvollmachten ableiten.

    2. Bei jeder Inanspruchnahme von Notstandsvollmachten muß die Krise eine neue Stufe erreicht haben, die durch vorhandene Gesetze/Vereinbarungen nicht erfaßt wurde. Die Natur der Krise macht es, daß der Notstand bei der Abfassung der entsprechenden Statuten entweder nicht vorhergesehen wurde oder ein Ausmaß angenommen hat, das bis zum entsprechenden Zeitpunkt nicht vorhersehbar war. In einem solchen Fall ist die Aufgabe der Regierung nicht etwa, typisch bürokratische Kleinprojekte und Gesetzesschemata für jeden denkbaren zukünftigen Notfall zu entwerfen, sondern sie muß vor dem Hintergrund des Verfassungsprinzips die der Krise angemessenen Maßnahmen ergreifen.

    3. Die allgemeine Form derartiger Notlagen läßt sich mit den Umständen der Entdeckung neuer, experimentell bestätigter physikalischer Prinzipien vergleichen. In beiden Fällen wurde die Entdeckung durch ein Paradoxon ausgelöst -- ein Paradoxon, das alle vorherigen Annahmen über die Gesetze der Natur in Frage stellte. Um menschlichen Fortschritt über diese Krise hinaus zu ermöglichen, ist eine Entdeckung erforderlich, für die es noch keine Entsprechung gab oder geben konnte. Dieses Prinzip aus der Physik läßt sich auch auf jene Aufgaben anwenden, denen die Staatskunst in einem den gesamten Planeten bedrohenden Notstand gegenübersteht.

    Deswegen ist "Auftragstaktik" so wichtig. Wir sind in einer Krise, die Handeln erfordert. Wer die Ursache der Krise kennt, versteht, daß der Hauptgrund des Desasters die Absurditäten der heutigen Rechtsauffassung und anderen Meinungen waren, die etwa seit der Ermordung John F. Kennedys bei den Regierungen der Welt Einzug gehalten haben. Er weiß, daß diese Veränderungen schnellstens rückgängig gemacht werden müssen. Die erforderlichen Maßnahmen lassen sich in einer Reihe strategischer Direktiven klar zusammenfassen, wie es hier geschehen ist. Die Wirksamkeit dieser Direktiven hängt von ihrer Umsetzung ab, die ihren breiten Rahmenrichtlinien folgt.

    Die Forderung, man müsse sich jetzt einen Mob von Entscheidungsträgern zusammenholen -- der sich meist aus genau den Gruppierungen zusammensetzt, welche die Krise erst hervorgerufen und verschärft haben --, läßt sich wohl kaum als ehrenwertes Unterfangen bezeichnen, auch nicht als erfolgversprechendes. Einige wenige Persönlichkeiten, die sich in der Position befinden, wirksame Direktiven zu erteilen, müssen präventiv handeln. Wenn der jetzige Präsident der USA nicht umgehend die Führungsrolle bei der Erteilung solcher Direktiven übernimmt, dann wird dieser Planet vielleicht schon in einigen Monaten oder Wochen in ein "neues finsteres Zeitalter" stürzen.

    Die allgemeinen Direktiven sind deutlich genug. Was wir jetzt brauchen, sind Menschen, die so denken und handeln wie der amerikanische Meister der Auftragstaktik, Lincolns General William Tecumseh Sherman. Wenn ein Krieg ausbricht, muß man als allererstes die alten Generäle entlassen; man veranstaltet nicht ein Treffen der alten Generäle, die den Karren in den Dreck gefahren haben, damit sie ihre angeblichen Fachkenntnisse auf eine Situation anwenden, die sie nicht verstanden haben und nicht verstehen können.