"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Mai 2008 Nahrungsmittel für den Frieden

Milcherzeugung muß sich wieder lohnen!

Seit Anfang dieser Woche demonstrieren die Milcherzeuger in mehreren europäischen Ländern gegen den drastischen Verfall der Preise, die sie beim Abliefern der Milch von den Molkereien erhalten. Der Preis sollte mindestens bei 40 Cents pro Liter liegen, damit außer den unmittelbaren Erzeugerkosten auch noch ein kleiner Gewinn bei dem Ganzen für den Bauern herauskommt.

Angesichts der durch spekulativer Preistreiberei bei Erdöl gerade in den letzten paar Wochen drastisch gestiegenen Betriebskosten (Diesel, Strom, Düngemittel u.a.) bräuchte der Bauer mehr als 40 Cents, derzeit erhält er von den Molkereien aber nur 30 Cents oder sogar noch weniger. Da zahlen die Milcherzeuger für jeden Liter Milch von ihrem eigenen Geld dazu. Deshalb schütteten niederländische Bauern ihre Milch auf den Acker, blockierten deutsche Bauern die Zufahrtswege zur Molkerei Sachsenmilch, sperrten spanische Bauern die Straßen für Tankwagen mit Milch aus Südfrankreich am Dienstag.

Die Lieferungen von Milch an Molkereien sind in Deutschland schon um ein Drittel zurückgegangen, in Österreich ist ein Lieferstreik von 50 Prozent geplant, auch in anderen Ländern wie Portugal, Griechenland, Belgien, Luxemburg und Irland sind Milchstreiks in Vorbereitung.

Wut, die sich über Monate aufgestaut hat und jetzt entlädt, ist aber ein schlechter Ratgeber. Statt die Milch einfach wegzuschütten, haben deshalb vor kurzem die Bauern von Sachsen-Anhalt bei einer landesweiten Aktion die Milch an die Bevölkerung verschenkt: vor Großmärkten, an Schulen, und für die „Tafeln“, die mittlerweile in fast jeder größeren Stadt dabei sind, Lebensmittelspenden zu sammeln und an Bedürftige kostenlos weiterzugeben.

Die wirkliche Lösung aber liegt in einer Änderung der EU-Agrarpolitik, wo man erstens den Bestand der bisherigen, für die Landwirtschaft lebenswichtigen Unterstützungszahlungen erhalten muß, andererseits aber auch Anbauflächen, die jetzt für Biospritproduktion genutzt werden, wieder mit Getreide für die Nahrungsmittelerzeugung bepflanzt werden müssen.

Außerdem müssen langfristige Kooperationsverträge zwischen Deutschland, der EU und den Entwicklungsländern ausgehandelt werden, die gezielt eine leistungsfähige Landwirtschaft zur Versorgung der Bevölkerungen, zum Beispiel in Afrika, aufbauen helfen – nicht mit Einmalzuschüssen und anderen Almosen, sondern mit langfristigen, niedrigverzinsten Krediten. Die Erfahrungen, die man in Deutschland und Europa beim Aufbau einer modernen Landwirtschaft gemacht hat, müssen anderen Ländern nutzbar gemacht werden.

Und da sind wir wieder bei der Milch: Deutschland ist der größte Erzeuger von Milch in Europa, und die Tierhaltung hierzulande ist vorbildlich. Es ist also nur gerecht, wenn die Milcherzeuger auch den Preis für ihr Produkt erhalten, den es wert ist.