Friedrich Schiller Denkmal
Friedrich Schiller




Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

     Konferenz in Paris, Juni 2015   

Weltkrieg - oder weltweite Renaissance?

Warum der Westen mit den BRICS für die gemeinsamen Ziele der Menschheit zusammenarbeiten muß

Von Craig Isherwood

Den nebenstehenden Vortrag hielt Craig Isherwood vom Vorstand des australischen Citizens Electoral Council (CEC) beim Civil BRICS Forum, das vom 29. Juni bis 1. Juli 2015 in Moskau stattfand. Isherwood war bei diesem Forum der einzige geladene Redner aus einem Nicht-BRICS-Land. Er sprach am 30. Juni in einem Konferenzabschnitt zu Fragen des Friedens und der Sicherheit in einer Diskussionsrunde zum Thema „Moderne globale Herausforderungen und die Rolle der BRICS-Union bei der Sicherung von Frieden und Sicherheit“.

Rußland, das in diesem Jahr den Vorsitz der BRICS-Gruppe innehat, veranstaltete erstmals ein solches BRICS-Bürgerforum als eine von mehreren Veranstaltungen zur Vorbereitung und Beratung des Gipfeltreffens der Staatschefs von Brasilien, Rußland, Indien, China und Südafrika am 8.-9. Juli in Ufa. Weitere Konsultationsveranstaltungen fanden für Parlamentarier, Akademiker und Jugendvertreter aus den BRICS-Staaten statt.

Prof. Georgij Toloraya, der Exekutivdirektor des Russischen Nationalkomitees für die BRICS-Forschung und russischer Koordinator sowohl des VII. BRICS-Forums der Denkfabriken (das im Mai stattfand) wie des ersten Civil BRICS Forum stellte Isherwood bei der Diskussionsrunde vor. Er wies darauf hin, daß Isherwood an der Konferenz als Gast aus Australien teilnehme und aus Paris anreist sei, wo er an der Konferenz des Schiller-Instituts „Wiederaufbau der Welt in der BRICS-Ära“ teilgenommen hatte. Prof. Toloraya selbst hatte Ende März an einer Konferenz des CEC in Australien teilgenommen, wo er über die wachsende Kooperation der BRICS mit anderen Ländern sprach und dazu aufrief, die Vorstellung zu überwinden, die BRICS seien „antiwestlich“. (Prof. Tolorayas Rede finden Sie auf der Internetseite des CEC unter http://cecaust.au/2015conference.)

Ich bin Craig Isherwood vom Citizens Electoral Council Australiens, einer unabhängigen Bewegung und seit 27 Jahren landesweit registrierten Partei. Ich bin dem Organisationskomitee und Prof. Toloraya persönlich dankbar für die Einladung, hier am BRICS-Bürgerforum teilzunehmen und zu Ihnen zu sprechen.

Australien ist natürlich kaum ein Kandidat für eine baldige Mitgliedschaft in den BRICS. Unser Land umfaßt zwar einen ganzen Kontinent, mit einer Landfläche, die größer ist als die Indiens oder Südafrikas (wenn auch kleiner als die von Rußland, China oder Brasilien), ist aber von weniger als 24 Millionen Menschen bewohnt. Unser Staatsoberhaupt ist immer noch der britische Monarch - eine Situation, die Indien 1950 und Südafrika 1961 überwunden haben. In den letzten Jahrzehnten diente Australien als Laboratorium für destruktive Finanzexperimente, wie etwa die Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur. Im politischen Bereich hat sich meine Regierung den Sanktionen und dem Wirtschaftskrieg gegen das BRICS-Mitglied Rußland angeschlossen und in militärischer Hinsicht sehen einige amerikanische und britische Strategen in Australien einen „unsinkbaren Flugzeugträger“ für die Konfrontation gegen ein anderes BRICS-Mitglied, China.

Aber ich bin hier, um Sie im Namen Tausender meiner australischen Mitbürger zu grüßen, die die BRICS willkommen heißen als eine entscheidende Institution für die Überwindung der großen Gefahren, die jetzt die ganze Menschheit bedrohen - allen voran, wie es im Entwurf dieser Arbeitsgruppe heißt, das „wachsende Ausmaß von Spannungen in den internationalen Beziehungen“ und die Aussicht auf „einen ,großen Krieg’ unter Beteiligung großer Mächte“ - und als eine entscheidende Institution, um statt dessen eine neue, gerechte Weltordnung zu errichten.

Am 28.-29. März dieses Jahres veranstaltete unser Citizens Electoral Council Australiens eine internationale Konferenz mit dem Titel „Die Weltlandbrücke: Friede auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen“. Prof. Toloraya sprach über „die Macht des BRICS-Prozesses“ und forderte auf, Wege zu finden, um „die Vorstellung zu überwinden, die BRICS seien antiwestlich“, und um mit dem Westen zusammenzuarbeiten. Ich unterstütze diese Hoffnung, wohl wissend, daß dies drastische Änderungen in der amerikanischen, europäischen und auch der australischen Politik voraussetzt.

Deshalb bin ich auch sehr froh, Ihnen die Grüße der internationalen Bewegung des Schiller-Instituts überbringen zu können, mit der meine Organisation verbunden ist, von dessen Gründerin Helga Zepp-LaRouche aus Deutschland und von ihrem Ehemann Lyndon LaRouche, dem amerikanischen Ökonomen, den viele in den BRICS-Nationen durch seine Pionierarbeiten im Bereich der physischen Wirtschaft kennen.

Das Neue Paradigma

Im Oktober 2012 startete Helga Zepp-LaRouche eine Serie von Konferenzen in aller Welt über das „Neue Paradigma“, das notwendig ist, um die Menschheit vor der Zwillingsgefahr von Krieg und Wirtschaftskollaps zu retten. Unter Hinweis auf die Osterweiterung der NATO und die amerikanischen militärischen Provokationen im Pazifik, Nordafrika und Zentralasien warnte sie: „Das Undenkbare könnte passieren..., ein Krieg, in dem thermonukleare Waffen eingesetzt werden und der mit der Auslöschung der Menschheit endet.“

In den drei Jahren seither hat die Kriegsgefahr wegen der amerikanischen Provokationen im Zusammenhang mit dem Putsch in der Ukraine noch zugenommen. Militärexperten sprechen von der gegenwärtigen Konfrontation als der gefährlichsten seit der Kubakrise 1962, weil so viele diplomatische Kanäle zwischen Ost und West abgebrochen wurden.

Auf der positiven Seite formten die BRICS schnell einen Anziehungspunkt für eine ganz andere Politik: Frieden durch wirtschaftliche Entwicklung.

Seit November 2014 verbreitet das Schiller-Institut eine Petition mit dem Titel „Die USA und Europa müssen den Mut aufbringen, mit der Geopolitik zu brechen und mit den BRICS-Staaten zusammenzuarbeiten“. Darin werden mehrere Vorschläge der BRICS-Länder beschrieben, die nicht nur diesen selbst, sondern den Menschen aller Nationen nutzen, und die Resolution des Schiller-Instituts schließt:

    „Wir fordern daher die Vereinigten Staaten und Europa auf, die selbstmörderische Geopolitik der Vergangenheit, die schon zu zwei Weltkriegen geführt hat und zu einem dritten zu führen droht, aufzugeben. Statt dessen sollten wir eine Zukunft für die gesamte Menschheit aufbauen, indem wir wieder zum Prinzip des Westfälischen Friedens, mit dem der Dreißigjährige Krieg in Europa beendet wurde, zurückkehren...

    Das ist der einzige Weg, der der wahren Natur des Menschen als einziger kreativer Gattung entspricht... Als Patrioten unserer Nationen und als Weltbürger fordern wir unsere Mitbürger und die Führungen unserer Nationen auf, den Mut aufzubringen, aus dem Kreislauf eskalierender Bestialität auszubrechen, indem wir das großzügige Angebot zur Zusammenarbeit mit den BRICS-Staaten annehmen.“

Hunderte prominente Persönlichkeiten, u.a. aus den USA, Großbritannien und Europa, haben diese Petition unterzeichnet.

Die treibende Kraft hinter der Kriegsgefahr ist der fortdauernde und immer schnellere Einsturz des transatlantischen Finanzsystems - die Krise der griechischen Schulden ist dabei nur ein Aspekt von vielen. Selbst das Sprachrohr des Londoner Finanzzentrums, der Economist, mußte zugeben, daß ein bei weitem größerer Krach als die Krise 2008 kurz bevorsteht.

Seit mehr als 50 Jahren, insbesondere seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems und der Einführung freier Wechselkurse 1971, warnt Lyndon LaRouche, die Finanzoligarchie, die ihre Macht auf Finanzspekulation und Ausplünderung der Volkswirtschaften stützt, würde letztendlich systematischen Massenmord betreiben - sei es durch offene Kriege, „liberalen Imperialismus“ oder Bevölkerungsreduktion durch Beschränkung des Zugangs der Nationen zu moderner Technik und höherem Lebensstandard. „Das gegenwärtige Geld- und Finanzsystem läßt sich nicht reformieren“, hat LaRouche oft gesagt, „es muß durch ein neues ersetzt werden.“

40 Jahre Einsatz für die Zusammenarbeit

LaRouche und das Schiller-Institut sind bekannt dafür, daß sie sich seit 40 Jahren für diesen Systemwechsel einsetzen - angefangen damit, was im Dienste der nationalen Interessen aller Länder und der gemeinsamen Ziele der Menschheit in der Forschung und in der Realwirtschaft zu tun ist. Anfang der 90er Jahre, als der Fall der Berliner Mauer das Ende des Kalten Krieges hätte bedeuten sollen, schlug das Schiller-Institut vor, statt auf Konfrontation auf Zusammenarbeit zu setzen. Der Plan des Instituts für das „Produktive Dreieck“ [Paris-Berlin-Wien] für einen industriellen Aufschwung und sein späterer Vorschlag der „Eurasischen Landbrücke“ wurden weltweit bekannt. 1996 sprach Helga Zepp-LaRouche bei einer Konferenz über die „Kontinentalbrücke“ in China. Unsere Karte der Landbrücke erschien in russischen Publikationen.

Meine Organisation und ich mobilisierten in Australien für das Konzept der Landbrücke, über das wir 1997 in unserer Zeitung berichteten.

1998 begrüßte das Schiller-Institut den mutigen Aufruf, den der damalige russische Ministerpräsident Jewgenij Primakow in Neu-Delhi machte, für ein eurasisches „Strategisches Dreieck Rußland-China-Indien“, den Kern, aus dem sich dann die BRICS entwickelten; wir trauern über Primakows Tod am vergangenen Freitag [26. Juni].

Im Dezember 2014 veröffentlichten meine amerikanischen und europäischen Freunde einen aktualisierten Bericht The New Silk Road Becomes the World Land-Bridge (Die Neue Seidenstraße wird zur Weltlandbrücke).

Diese Projekte bieten Wege für die Zusammenarbeit zwischen Nationen im gemeinsamen Interesse. Meine Bewegung sieht eine außerordentliche Übereinstimmung zwischen dem Prinzip vom „Streben nach dem Wohl des anderen“ aus dem Westfälischen Frieden und der „Win-win-Politik“, von der Chinas Präsident Xi Jinping spricht.

Das bedeutet eine wirkliche Änderung des Denkens. Wenn beispielsweise das Programm des Schiller-Instituts aus dem Jahr 2012 für den Aufbau von Großprojekten im Mittelmeerraum verwirklicht wird, was die Neue Seidenstraße durch ganz Südeuropa verlängern würde, dann ist Griechenland kein „hoffnungsloser Fall“, sondern es kann eine Brücke zwischen Europa und den BRICS werden, in der Tradition der alten historischen Beziehungen zwischen großen Kulturen wie Griechenland und China.

Ich hoffe, daß die Staatsführer der BRICS in Ufa solche mutigen Ideen äußern werden. Ich hoffe - vielleicht wird dies von anderen Arbeitsgruppen dieses Forums kommen -, daß sie sich darauf einigen werden, die internationalen Bemühungen zur Verwirklichung der kontrollierten Kernfusion stark auszuweiten. Die optimistischen Entwürfe mehrerer BRICS-Nationen, Helium-3 auf dem Mond abzubauen, um es als Brennstoff auf der Erde zu verwenden, sind ein Ausdruck davon: Die Kraft der Kernfusion kann dem Ressourcenmangel und den Kriegen um Rohstoffe ein Ende setzen, und sie kann die Menschheit in die Lage versetzen, den Trinkwassermangel zu beheben und die Wüsten grün zu machen. Ich denke, auf diese Weise kann das 21. Jahrhundert das werden, was Wladimir Wernadskij vorhergesehen hat: eine Ära, in der die Biosphäre zur Noosphäre wird und die menschliche Kreativität zur mächtigsten geologischen Kraft.

Strategische Verteidigung der Erde

Ich unterstütze nachdrücklich Paragraph 13 in Abschnitt III Ihres Empfehlungsentwurfs, der ein System zum Schutz des Planeten (Planetary Defence System) fordert. Wie russische Experten erklären, ist es dringend notwendig, auch in der südlichen Hemisphäre Komponenten eines Systems gegen die Gefahr durch Kometen- und Asteroideneinschläge zu installieren, und ich denke, daß das BRICS-Mitglied Südafrika, das mit BRICS verbündete Argentinien und mein Land, Australien, dabei alle eine wichtige Rolle spielen müssen.

Die Strategische Verteidigung der Erde ist eine Aufgabe, die auch das Denken im Westen verändern kann; dies wissen wir schon durch die Besuche des amerikanischen Kernwaffenforschers Edward Teller bei seinen russischen Kollegen in Tscheljabinsk in den 90er Jahren, wo sie über den Schutz der Erde sprachen.

Meine Bewegung ist entschlossen, Menschen dafür zu begeistern, ihr Denken über das positive Potential der BRICS ähnlich grundlegend zu verändern. Der frühere australische Premierminister Malcolm Fraser, der bis zu seinem Tod im März dieses Jahres ein Freund des Citizens Electoral Council gewesen ist, war während des Vietnamkriegs als „Falke“ bekannt. Im vergangenen Jahr äußerte Fraser in einer Botschaft an eine Konferenz in Deutschland zum 30jährigen Bestehen des Schiller-Instituts die Einschätzung, daß die wirtschaftliche und strategische Politik der USA und der NATO gescheitert ist. Er beschrieb eine andere Option: „...indem nämlich die mächtigsten westlichen Nationen erkennen, daß auf der Welt große Veränderungen stattfinden, daß der strategische Kontext sich gewandelt hat, daß andere Mächte wie die BRICS aufsteigen und daß der Westen mit ihnen als Partner zusammenarbeiten sollte, um eine gleichberechtigtere und gerechtere Welt aufzubauen“.

Vielen Dank.