Frieden und Aufbau oder Krieg und Zerstörung?
Von Hussein Askary
Hussein Askary, Arabien-Korrespondent von EIR und
Vorsitzender der Europäischen Arbeiterpartei in Schweden, hielt die 14. April
auf der Frankfurter Konferenz des Schiller-Instituts „Forum für ein neues
Paradigma“ die folgende Rede.
Wie sich viele von Ihnen sicher erinnern, waren wir im letzten November an
gleicher Stelle zusammen, und Helga Zepp-LaRouche stellte ihre Ideen dar, wie
man der Kriegsgefahr in Südwestasien, insbesondere der schrecklichen
Entwicklungen in Syrien Herr werden könnte - jenes barbarischen Angriffs nicht
nur auf das syrische Volk, sondern auf eine ganze Kultur und Zivilisation
innerhalb Syriens. Außerdem ging es um die Gefahr eines Angriffs auf den
Iran.
Sie stellte ein Konzept vor, wie man ein gemeinsames Ziel finden könnte,
damit alle Nationen zusammenarbeiten, und ich hatte gemeinsam mit einigen
Kollegen ebenfalls einen Lösungsvorschlag und ein Ziel vorgestellt, um die
Länder der Region zu vereinigen. Auch um die internationalen Mächte - die
Vereinigten Staaten, das gesamte Britische Empire, das im Konflikt mit Rußland
und China steht - einander näher zubringen, ein Konflikt, der ansonsten in
einem Weltkrieg enden würde.
Das war die Ausgangsidee, und dann diskutierten wir darüber, wie man der
Ausdehnung der Wüsten von Afrika bis Asien, die ganze Gesellschaften bedroht,
entgegenwirken könnte. Es müssen wissenschaftliche, politische und
wirtschaftliche Anstrengungen unternommen werden, um die Folgen der
Wüstenausbreitung zu begrenzen und letztlich die Wüsten zu begrünen. Das wäre
ein weltweites Vorhaben, an dem sich alle Länder beteiligen können.
Ich möchte die Einzelheiten hiervon nicht wiederholen, sondern nur zeigen,
welche Fortschritte inzwischen gemacht wurden.
Seien Sie auch vorgewarnt, daß das gesamte Projekt, wie es eigentlich
umgesetzt werden sollte, derzeit nicht verwirklicht werden kann. Gegenwärtig
ist es aufgrund des heutigen Finanz- und Wirtschaftssystems unmöglich,
irgendein Infrastruktur- oder Industrieprojekt dieser oder vergleichbarer
Größe zu finanzieren. Die erste Vorbedingung ist also, das jetzige
Finanzsystem abzuschaffen, indem man, wie Lyndon LaRouche sagte, das Mysterium
des Geldes mit Hilfe von Glass-Steagall überwindet.
Die zweite Feststellung ist, daß die Länder der Region die Kriege nicht
stoppen können. Syrien kann nichts anderes tun, als sich zu verteidigen.
Libyen konnte nichts tun, um die Invasion zu stoppen. Irak konnte nichts tun,
denn es gab eine politische Absicht, das Land zu besetzen. Es gab eine
Politik, aber die war nicht Saddam Husseins Absicht. Das gleiche galt für
Gaddafi. Es besteht außerdem die Absicht, den Iran anzugreifen. Der Iran kann
nichts tun, um einen Angriff oder einen Krieg gegen das Land zu verhindern,
außer sich zu verteidigen.
Das erinnert mich an die Geschichte eines jungen Mannes, der von einem Auto
überfahren wurde. Sein Vater traf den Fahrer im Gefängnis und fragte ihn,
warum er seinen Sohn überfahren habe. Der Fahrer erklärte: „Ich habe Ihren
Sohn zu warnen versucht. Ich habe gehupt, ich habe Lichtsignale gegeben und
mit dem Arm gewunken, aber er wollte den Weg nicht frei machen.“ Dann besuchte
der Vater seinen Sohn im Krankenhaus und berichtete ihm, daß der Fahrer alles
mögliche unternommen hätte, damit er den Weg frei mache. Der Sohn antwortete:
„Ich weiß, daß er all das getan hat, aber wie sollte ich den Weg frei machen?
Ich saß ja in einem Restaurant!“
All die Länder gibt es dort, und sie können sich nicht einfach in Luft
auflösen.
Wir haben Gespräche mit Regierungsvertretern, mit Experten, mit
Organisationen der Region geführt, um diese Ideen in all die Diskussionsforen
einzubringen, in denen über die Lösung der politischen Probleme gesprochen
wird. Ohne wirtschaftliche Entwicklung wird es keinen Frieden geben, und das
sollte bei jeder Friedensinitiative berücksichtigt werden. Außerdem ist es
sehr wichtig, daß bei allen Gesprächen, die Rußland, China und andere Nationen
mit den Vereinigten Staaten oder Europa führen, daß bei allen Diskussionen
über Frieden in Südwestasien eine Perspektive entwickelt werden muß, um die
Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.
Nach meinem Vortrag möchte ich eine Botschaft aus dem Irak vorspielen. (Den
Text dieser Botschaft von Dr. Hassan Janadi finden Sie auf Seite 8.) Wir haben
uns an viele Amtsträger und Fachleute über Bewässerung und Entsalzung gewandt.
Die Kriegspolitik muß gestoppt werden, indem Präsident Obama des Amtes
enthoben wird, so wie LaRouche und Diane Sare [Gouverneurskandidatin in New
Jersey] es gefordert haben (vgl. Neue Solidarität 17/2013 und 19/2013).
Wir können nicht einfach auf die Zukunft warten, so wie Leute an der
Haltestelle auf den Bus warten. Wir müssen den Bus selbst bauen; wir müssen
uns auf die Zukunft vorbereiten.
Besuch im Iran
Die erste qualitative Reaktion auf Helgas und meinen Vortrag bei der
letzten Konferenz kam von der iranischen Regierung. Helga und ich wurden zu
einer Konferenz eingeladen, welche das Internationale Zentrum für Politische
Studien des iranischen Außenministeriums im März veranstaltete, um dort unsere
Ideen vorzustellen. Thema der Konferenz war die Sicherheitslage am Persischen
Golf nach dem Arabischen Frühling und welche Implikationen diese Revolutionen
haben.
Karte: EIRNS
Abb. 1: Die vom Schiller-Institut vorgeschlagene Projekt der Weltlandbrücke
Bild: EIR
Abb. 2: Der Generalgouverneur der iranischen Provinz Hormozgan, Ibrahim Azizi
(rechts), gab Hussein Askary ein Interview
Abb. 3: Die Straße von Hormus ist eine der wichtigsten Schiffahrtsstraßen der Welt
Abb. 4: Der Containerhafen Shaheed Rajaee bei Bandar Abbas
Abb. 5: Eisenbahnverbindungen im Nahen Osten
Abb. 6: Im Persischen Golf liegen derzeit viele Schiffe vor Anker, weil es aufgrund der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran derzeit keine Frachten für sie gibt
Abb. 7 (rechts): Gegenüber der iranischen Provinz Hormozgan liegt der Golfstaat
Dubai - ein „Vergnügungspark“ für steinreiche Investoren
Abb. 8, 9, 10 (unten): Zu den Vergnügungs- anlagen Dubais gehören auch Gruppen
künstlich geschaffener Inseln, die an Investoren verkauft wurden. Als mit der
Finanzkrise die Immobilienpreise kollabierten, war die Instandhaltung der
Inseln nicht mehr zu finanzieren, sodaß sie nun nach und nach im Meer
versinken
Abb. 11: Die Vereinten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Kuwait betreiben einige
der größten staatlichen Investmentfonds der Welt
Abb. 12: 2007-2008 investierten arabische Staatsfonds riesige Summen in westliche Banken
und Unternehmen
Grafik: New York Times
Abb. 13: Die „globale Reichtumsmaschine“, wie es die „New York Times“
bewundernd nannte, wird insbesondere aus arabischen Öleinnahmen gespeist und
von britischen und amerikanischen Berater- und Anwaltskanzleien gesteuert
Grafik: EIRNS
Abb. 14: Ein großer Teil des Geldes der arabischen Staatsfonds floß in
spekulative Finanztransaktionen, Immobilien und in den Kauf von Infrastruktur-
und Versorgungseinrichtungen
Abb. 15 (rechts): Berater wie Mark Thatcher von der London School of Economics beraten
arabische Investoren
Abb. 16 (unten): Lyndon LaRouche 2002 bei einem Vortrag im Zayed Centre in Abu Dhabi
Bild: EIRNS
Leider konnte Helga an der Konferenz nicht teilnehmen, nur ich war dort,
aber Helgas Vortrag wurde in die Konferenz-Dokumentation aufgenommen. Das
Problem auf der Konferenz war, daß sich alle Diskussionen über die
Gefahrenlage in der Region um die Gefahr von Kriegen zwischen den
Konfessionen, um Geopolitik, um die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten
und all die schrecklichen Dinge drehten, die derzeit stattfinden. Die Menschen
dort machen eine wirkliche Hölle durch, und deshalb ist es für sie natürlich
schwierig, eine Lösung zu sehen, die über das bloße Überleben und das einfache
Manövrieren in der Lage hinausgeht.
Ich nutzte die Möglichkeit, dort zu sprechen und unsere Ideen vorzustellen.
Ich begann mit einem Bericht über die Meteoritenexplosion über Tscheljabinsk,
um die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu bekommen. Als ich dann die Perspektive
der Wüstenbegrünung und der Eurasischen Landbrücke als den Friedensplan des
Schiller-Instituts darstellte (Abbildung 1), trat ein offensichtliches
Umdenken ein. Wenn die Menschen ständig nur den Schrecken des Krieges sehen,
man sie aber dann auf eine höhere Ebene hebt, um die Welt aus einer anderen
Sicht zu betrachten, öffnet sich der Geist und viele fragen sich: „Das ist ja
großartig! Warum haben wir nicht selbst so gedacht?“ So kann man über die
kleineren Fragen hinauskommen und die globalen Aspekte betrachten.
Die Konferenz fand nicht in der Hauptstadt Teheran, sondern in Bandar Abbas
statt. Wir haben ein Interview mit dem Gouverneur der dortigen Provinz
Hormozgan (Abbildung 2) geführt, das zusammen mit einem Bericht über
die Konferenz in EIR erschienen ist. Zu der Provinz Hormozgan gehören
mehrere Inseln, die in der extrem wichtigen Straße von Hormus liegen. Gestern
haben wir bereits über das Öl gesprochen, das durch diese Straße transportiert
wird. Aus dem Golf - auf arabischer Seite heißt er Arabischer Golf, die Iraner
nennen ihn Persischen Golf - und durch die Straße von Hormus kommen 40% aller
Ölexporte für die internationalen Märkte. 90% davon gehen nach China, Japan,
Korea und Indien. Japan hat nach Fukushima im Zuge der Diversifizierung seine
Öleinfuhren erhöht, weil das Land auf diese Weise am schnellsten und
einfachsten an mehr Energie kommen konnte, was aber auch seine Abhängigkeit
erhöht.
An dieser Engstelle in der Straße von Hormus findet das alles statt
(Abbildung 3). Ich habe diese Inseln von iranischer Seite besucht. Das
ist für die Schiffahrt eine der wichtigsten und sensitivsten Gegenden auf der
Welt, sie kann aber auch zum schrecklichsten Ort auf dieser Erde werden. Wenn
dort amerikanische Flugzeugträger durchfahren, kann man sie von iranischer
Seite aus sehen. Jemand sagte mir, daß es zwischen dem amerikanischen und dem
iranischen Militär eine Hotline oder zumindest eine indirekte Hotline geben
dürfte, um einen Zwischenfall zu vermeiden, der zu einem Schußwechsel oder
sogar zum Ausbruch eines Krieges führen könnte.
Ein britisches Spiel
Die Straße von Hormus ist somit sehr, sehr wichtig. Außerdem gibt es dort
drei Inseln, die Große und Kleine Tunb und Abu Musa, die zwischen den
Vereinigten Arabischen Emiraten und Iran Gegenstand von Gebietsstreitigkeiten
sind. Die Emirate behaupten, sie gehörten zu ihnen, doch der Iran übt seine
eigene Souveränität dort aus.
Das ganze ist ein britisches Spiel. Als die Briten 1971 abzogen,
hinterließen sie dem Schah von Persien die Kontrolle über die Inseln, doch
heute ermuntern sie die Vereinigten Arabischen Emirate, sie sich
zurückzuholen! Die Straße von Hormus könnte somit potentiell zum Ausgangspunkt
eines Weltkrieges werden.
Die Provinz Hormozgan ist jedoch eine der am schnellsten wachsenden
Provinzen im Iran, denn die iranische Regierung hat eine Bahnstrecke gebaut,
die sich vom Nordiran bis Bandar Abbas erstreckt, und ganz in der Nähe ist ein
riesiger neuer Hafenkomplex, der Shahid-Rajaee-Containerhafen, entstanden
(Abbildung 4). Viele Länder in Zentralasien sind inzwischen völlig auf
in Bandar Abbas angelandete Schiffsfrachten aus Asien und anderswo angewiesen,
die von dort in landeingeschlossene Länder wie Turkmenistan, Usbekistan und
Kasachstan weitertransportiert werden. Dadurch ist eine der wichtigsten
Handelsrouten zwischen dem Indischen Ozean und Zentralasien entstanden. Man
kann dies auch die „Seidenstraßen-Strategie“ nennen.
Trotz aller Wirtschaftssanktionen, Drohungen usw. haben sich die Iraner
nicht beirren lassen, Infrastrukturprojekte wie diese mit transkontinentaler
Bedeutung zu bauen.
1996 baute das Land einen kleinen Bahnabschnitt, um Anschluß an das alte
sowjetische Bahnnetz und nach China zu bekommen (Abbildung 5). China
baute gleichzeitig eine Verbindung nach Kasachstan, so daß die alte
Seidenstraße wiedererstand. Später baute der Iran eine Bahnstrecke zur Türkei,
durch die Europa und Asien miteinander verbunden wurden. Darüber hinaus gibt
es noch den Nord-Süd-Korridor, der von Rußland bis Indien verläuft. Auch gibt
es eine Vereinbarung zwischen Rußland, Iran und Indien, eine Handelsroute
durch den Kaukasus und über das iranische Bahnnetz zu bauen, und diese wird
derzeit bis nach Chah Bahar am Arabischen Meer fertiggestellt.
Indien ist daran sehr interessiert, denn der Schiffstransport zum Schwarzen
Meer dauert etwa drei Wochen, während die Beförderung mit der Bahn durch
Rußland nur eine Woche braucht. Das wäre deshalb ein großer Fortschritt.
Der Iran verfolgt eine Strategie, sich in friedlicher, wirtschaftlicher
Weise so zu positionieren, daß andere Länder im Handel und für die eigene
Existenzsicherung von ihm abhängig werden, was gleichzeitig eine sehr wirksame
Methode der strategischen Verteidigung ist. Teheran baut auch Gaspipelines in
die Türkei, und kürzlich wurde eine Gaspipeline nach Pakistan fertiggestellt,
was sehr wichtig ist, um Pakistan mit ins Boot zu holen, um das Problem in
Afghanistan zu lösen und sich mit Hilfe neuer Wirtschaftskooperationen von der
anglo-saudischen Partei zu lösen, die den Iran destabilisiert.
Die meisten iranischen Vertreter auf der Konferenz sprachen außerdem über
ein auf wirtschaftlicher und kultureller Zusammenarbeit basierendes
Friedensabkommen zwischen allen Golfstaaten.
Sie alle erkennen inzwischen, daß der Ausweg weder in religiösen
Verständigungen, noch in strategischen oder politischen Vereinbarungen,
sondern in wirtschaftlicher Abhängigkeit unter Nationen besteht.
Die Wirtschaftssanktionen
Ich möchte noch etwas zu den Sanktionen sagen. Als ich mit der Fähre zu
einer der Hormus-Inseln fuhr, sah ich viele, viele Schiffe dort im Meer vor
Anker (Abbildung 6). Ich fragte einen Zollbeamten, der neben mir saß,
was dies soll, und er sagte, diese Schiffe seien nicht auf Warteposition,
sondern wegen der Wirtschaftssanktionen einfach abgestellt. Entlang der 2000
km langen iranischen Küste, so berichtete er, lägen etwa 5000 große Schiffe
vor Anker. Die iranische Zentralbank dürfte keinen Geschäftsverkehr mit
internationalen Banken aufnehmen, so daß die Schiffe keine Bankbürgschaften
und keine Versicherung erhielten. Das sind riesige Verluste für den Iran, aber
auch ein großer Verlust für den Welthandel.
Die Iraner treffen die Sanktionen schwer. Die iranische Währung hat 300% an
Wert gegenüber dem Dollar verloren. Das Kapital flüchtet aus dem Land. Junge
Leute versuchen auf verschiedenen Wegen, das Land zu verlassen, um ihre
Zukunft im Ausland zu sichern. Doch trotz alledem versuchen die Iraner mit den
wenigen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, etwas für ihr Land zu tun, in
der Hoffnung, daß bald Frieden einkehrt und ihr Land die wirtschaftliche
Entwicklung fortsetzen kann.
Globale Kasinowirtschaft
Ich möchte Ihnen einmal den Wahnwitz des heutigen Wirtschaftssystems
zeigen.
Auf der anderen Seite des Golfs liegt Dubai, ein Verbündeter der Briten
(Abbildung 7). Dieses kleine Land ist nicht nur eines der größten
Drogengeldwäschezentren der Welt, sondern auch die Einkaufs-Hauptstadt der
Welt. Es ist ein reines Wüstenland. Doch es wurde nicht von reichen Arabern
aufgebaut, sondern was man dort sieht, ist das Ergebnis eines der größten
Pyramidenspiele der Neuzeit, denn Dubai verfügt kaum über eigene Ressourcen.
Diese befinden sich in dem benachbarten Abu Dhabi. Um all die tollen Sachen zu
bauen, verkaufte man zukünftige Projekte über Hochglanzbroschüren an
Investoren.
Eines davon (Abbildung 8) besteht nicht etwa darin, die Wüste zu
begrünen, sondern es sollten künstliche Inseln im Meer für Touristen mit
Nachtklubs, Einkaufszentren usw. entstehen. Für alle diese exklusiven
Einrichtungen wurde Sand aufgeschüttet und künstliche Inseln geschaffen. (Kein
Umweltschützer hatte dagegen etwas einzuwenden, obwohl sämtliche Korallenriffe
dabei draufgingen.)
Hier ist ein Beispiel für ein solches Projekt, das sie 2006 an den Mann zu
bringen versuchten (Abbildung 9). Man kann diese künstlichen Inseln als
eigenes Land kaufen und darauf bauen, was man will. 70% davon wurden an
sogenannte internationale Bauentwickler, Milliardäre usw. verkauft, doch so
sieht es nur in den Hochglanzbroschüren aus. Als die Wirtschaftskrise massiv
einsetzte, konnte die Firma in Dubai das alles nicht mehr finanzieren, und
2008 kollabierten die Immobilienpreise in Dubai. Nirgendwo konnte mehr neues
Geld für weitere Projekte aufgetrieben werden, um die laufenden Projekte zu
finanzieren.
Am Ende versank alles im Meer! (Abbildung 10) Tatsächlich wurden nur
zwei Inseln gebaut, und heute sind mehr Rechtsanwälte als Ingenieure tätig, um
das Problem zu lösen. All die Leute, die die Inseln kauften, stehen jetzt da.
Es gibt keinerlei Infrastruktur, und obendrein wurden die Küstengewässer im
Golf ruiniert.
Es gibt noch eine weitere Einrichtung am Golf, die direkt mit dem
internationalen Finanzsystem in Verbindung steht, die sogenannten Staatsfonds
(Abbildung 11). Die arabischen Staatsfonds machen zusammen etwa 2 Bio.
$ aus. Viele Großbanken und Finanziers in der City of London und an der Wall
Street geraten darüber in Entzücken. Der chinesische Staatsfonds ist der
größte in der Welt, aber die Chinesen setzen ihr Kapital schlauer ein. Sie
sind an so etwas nicht beteiligt.
Doch die arabischen Länder ließen sich dazu verleiten, die Finanzblase und
auch die Bailout-Blase zu stützen. Das geht aus einer Liste von Transaktionen
hervor, die von diesen Staatsfonds zwischen 2007 und 2008 getätigt wurden
(Abbildung 12). So kaufte etwa die Kuwait Investment Authority Anteile
an der Citigroup (12,5 Mrd. $), Auch die Abu Dhabi Investment Authority stieg
mit 7,5 Mrd. $ bei der Citigroup ein, Kuwait bei Merril Lynch mit 6 Mrd. $
usw. usw. Sämtliches Ölgeld und alles andere verschwindet auf diese Weise. Ich
habe damit einmal mit unseren Freunden in Norwegen gesprochen, denn die
Norweger haben das gleiche Problem mit ihren Ölgeldern.
All das nennt sich die neue Global Wealth Machine (Abbildung 13).
Aus dem Diagramm geht hervor, wo das Geld herkommt und wo es landet. Fast nur
britische und Wallstreet-Banken sind daran beteiligt. Auf der linken Seite
sieht man die Berater. Sie kommen von Lazard, und es gibt alle möglichen
sogenannten Beratergruppen. Auf der rechten Seite stehen die Anwaltskanzleien,
die die arabischen Golfstaaten in Finanzangelegenheiten beraten und wo sie ihr
Geld anlegen sollen. Alles ist unter Kontrolle der City of London und der Wall
Street.
In folgende Bereiche floß das Geld (Abbildung 14):
Finanztransaktionen 160 Mrd. $ seit 2008; Immobilien 60 Mrd. $; Infrastruktur
und Versorgungseinrichtungen - dabei geht es nicht um den Neubau von
Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen. So kauft etwa die Dubai Ports
Company bereits bestehende Häfen in Europa oder in den Vereinigten Staaten.
(In den Vereinigten Staaten konnte sie noch nicht groß einkaufen, da einige
Leute im Kongreß die Frage der nationalen Sicherheit aufwarfen.) Am Ende der
Liste stehen Investitionen ins Gesundheitswesen.
Einer der Leute, die hierfür als Berater fungieren, ist Mark Thatcher
(Abbildung 15) - das ist allerdings nicht der berüchtigte Sohn von
Margaret Thatcher, der Waffenhändler. Dieser Mark Thatcher arbeitet für die
London School of Economics.
Eine interessante Studie besagt, daß die meisten Investitionen aus
arabischen Ländern ins Vereinigte Königreich fließen, weil man dort den
Freihandel pflegt. Die Vereinigten Staaten bekommen sehr wenig von dem
arabischen Geld ab, weil man dort mehr auf die nationale Sicherheit achtet und
die Araber nicht so leicht in ihr System hineinläßt. Doch trotz alledem haben
sie gezahlt.
So läuft die Show auf arabischer Seite.
Potential für Entwicklung
Doch das ist nicht das Ende der Welt. Das meiste Geld ist zwar weg, aber
zur Hölle mit dem Geld! In der Region gibt es andere Nationen. In Dubai gibt
es einen der größten Flughäfen der Welt und den größten Hafen. In Abu Dhabi
werden mit Hilfe Südkoreas vier Kernkraftwerke gebaut. Das Potential für
Entwicklung ist somit nach wie vor vorhanden. Und es ist nicht so, daß wir
nicht mit ihnen redeten, vor allem mit den Regierungen diesseits des Golfs.
Aber es ist schwierig, etwa mit Saudi-Arabien einen Dialog zu führen, da
dessen Sicherheitschef Prinz Bandar bin Sultan heißt! Niemand dort darf mit
uns reden.
Lyndon LaRouche war 2002 in Abu Dhabi (Abbildung 16), wo er an einer
großen Konferenz über die Zukunft des Öls und der Weltwirtschaft teilnahm. Der
Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate war ebenfalls dort, und Herr
LaRouche wurde als Ehrengast behandelt. Tatsächlich hatten die Botschafter der
USA, Britanniens, Neuseelands und Kanadas Briefe an die Veranstalter des
Zayed-Zentrums geschickt und darauf gedrängt, daß Herr LaRouche wieder
ausgeladen werde und an der Konferenz nicht teilnehmen dürfe. Es wurden sogar
Drohungen ausgesprochen. Doch man kümmerte sich nicht darum; damals gab es da
noch einige interessante Leute.
Herr LaRouche richtete an die Konferenz - und es waren dort sehr wichtige
Leute aus Saudi-Arabien und allen Golfstaaten - eine sehr eindringliche
Warnung vor dem kommenden Finanzkollaps. Das war 2002! Er sagte, wir müßten
uns in die Rettungsboote begeben. (Ich erinnere mich genau, daß LaRouche sich
so ausdrückte, denn ich habe damals seine Rede übersetzt.)
Er riet ihnen auf ganz freundliche Weise aber auch, wie sie in ihre
Wirtschaft investieren sollten, mit Schwerpunkt auf die Kernkraft, mit
Schwerpunkt auf Petrochemie, anstatt das Öl nur als Rohstoff zu verkaufen, mit
Schwerpunkt auf die Begrünung der Wüsten, auf Meerwasserentsalzung und den
Aufbau einer realwirtschaftlichen Industriebasis.
Es gingen zwar viele Jahre verloren; die gesamte Region verlor diese Jahre,
Japan verlor zehn Jahre, Europa verliert viel Zeit, aber wichtig ist, daß wir
nach wie vor dorthin zurück können und in der Lage sind, eine völlig neue
Politik zu beginnen. Dafür brauchen wir eine neue Weltwirtschaftsordnung
basierend auf den Prinzipien, die wir hier diskutiert haben: Glass-Steagall
und eine Ende der Kriegspolitik.
Wenn man an einem neuen Ort steht - wie ich, als ich in Bandar Abbas war -,
sieht man die Dinge aus einem anderen Blickwinkel. Denn in der gesamten Region
vom Iran bis zur Türkei, vom Irak bis Syrien, den Golfstaaten, Ägypten,
Äthiopien, Somalia und Sudan leben etwa 400 Mio. Menschen, und das sind
potentiell sehr, sehr reiche Länder. Die Bevölkerung ist sehr jung, und in
vielen dieser Länder sind die Menschen sehr gut ausgebildet, doch unter der
heutigen Politik stirbt die Region; andere Länder haben keine Möglichkeit, zu
investieren oder dort Märkte für Kapital- und Konsumgüter aufzubauen.
Wie ich bereits sagte, 90% des Öls vom Golf geht nach Asien. Im Gegenzug
kommen aber auch 80% aller Importe - Kapital- und Konsumgüter - aus Asien.
Asien ist somit weitgehend vom Handel mit dieser Region abhängig. Man stelle
sich nur vor, was für ein Wirtschaftswunder man erzeugen könnte, wenn die
Region richtig entwickelt würde, wie wir es vorschlagen - dort, wo 400 Mio.
Menschen mit großen Ressourcen und in sehr strategischer Lage zwischen drei
Kontinenten leben.
Menschen wollen leben
Wenn man mit den Menschen dort spricht und die Kinder sieht, merkt man, daß
die Menschen dort das Leben lieben. Sie lieben das Schöne. Als ich in Bandar
Abbas auf einer der großen Prachtstraßen stand, sah ich, daß die Menschen dort
gerne Picknick machen, doch das können sie meist nur am Abend, denn tagsüber
ist es sehr heiß dort. Man sieht die Kinder spielen, doch dann sieht man die
Straße von Hormus und stellt sich vor, daß am nächsten Tag dort ein
Flugzeugträger auftauchen könnte. Ganz schreckliche Gedanken gehen einem durch
den Kopf. Denn die Menschen dort wollen leben, sie wollen eine Zukunft
haben.
Auf dem Flug von Teheran nach Bandar Abbas saß ein junger Iraner, etwa
24-25 Jahre alt, neben mir. Er beschäftigte sich mit einem riesigen Schaltplan
eines elektrischen Geräts oder einer Maschine. Kurz vor der Landung steckte er
ihn weg und nahm sich sein Notizbuch vor und begann etwas auf Persisch
einzutragen. Er sah aus dem Fenster, schrieb weiter und begann zu lächeln.
Mein Persisch ist nicht sehr gut, aber aus der Form der Zeilen schloß ich,
daß er ein Gedicht schrieb. Er lächelte, sah aus dem Fenster und schrieb etwas
auf. Ich war gerührt, diesen jungen Mann zu sehen, denn hier kommt die Frage
der Kultur hinzu. Hierbei geht es nicht um materielle Dinge. Es geht darum,
die menschliche Seele zu erheben. Die Voraussetzungen hierfür sind vorhaben -
im Iran und im Irak, in der gesamten arabischen Welt. Dank der Griechen und
Platons wissen wir, was eine Renaissance ist.
Es gibt in der Region die Voraussetzungen für Fortschritt und eine
kulturelle Renaissance. Das Problem ist nur, daß wir keine gerechte neue
Weltwirtschaftsordnung haben. Das ist die Herausforderung, die sich uns heute
stellt, und wir müssen alle in dieser Richtung zusammenarbeiten.
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