„Den Banken helfen, wieder Banken zu werden“
Dank einer Intervention des Schiller-Instituts drehte sich ein
Großteil der einstündigen Debatte über Bankenpolitik beim diesjährigen
politischen Volkstreffen auf Bornholm um das Thema Bankentrennung.
Ein Höhepunkt des politischen „Volkstreffens“ auf der dänischen Ostseeinsel
Bornholm Mitte Juni war eine Debatte zum Thema Bankenpolitik zwischen dem
Parlamentsabgeordneten Frank Aaen von der linken „Einheitsliste“
(Enhedslisten) und dem Direktor des dänischen Bankenverbands, des
„Finanzrats“, Jørgen Horvitz. Insbesondere angeregt durch Fragen der
Aktivisten des Schiller-Instituts drehte sich ein Großteil der einstündigen
Debatte um die Bankentrennung, die Horvitz ablehnte und Aaen klar
befürwortete. Über die Intervention der Delegation des dänischen
Schiller-Instituts beim Volkstreffen haben wir bereits berichtet (siehe
Neue Solidarität Nr. 26/13).
Frank Aaen ist in Dänemark weithin als schärfster Kritiker der Finanzwelt
im Parlament bekannt. Er war auch Vorsitzender des Wirtschaftspolitischen
Ausschusses, vor dem Vertreter des Schiller-Instituts dreimal bei Anhörungen
aussagten.
Zunächst fragte der Moderator Aaen, in welchen Bereichen seiner Ansicht
nach die Banken ein mögliches Wirtschaftswachstum verhindern? Aaen antwortete,
die Banken gingen grundsätzlich davon aus, wenn jemand einen Kredit aufnehme,
daß sie ganz sicher sein müßten, daß er die Kreditsumme plus 7-8% Zinsen
zurückzahlt. Aber „in einer Krise wie der gegenwärtigen sollten benachteiligte
Regionen und kleine bis mittlere Unternehmen mindestens eine Chance haben,
zurückzuzahlen, möglichst mit null Zinsen, was besser ist, als wenn der Kredit
ausfällt.“ Deshalb müsse es eine Einrichtung für staatliche Kreditvergabe
geben, die im Dienst am Gemeinwohl in solchen Fällen Kredite vergibt, wenn der
Kreditnehmer die Forderung der Bank nach einem hohen Zinssatz nicht erfüllen
kann.
Aaen machte im Lauf der Diskussion mehrere ironische Bemerkungen über
seinen Ruf als „Sozialist“ und „Bankenfeind“. So sagte er: „Tatsächlich sehe
ich Banken gar nicht so negativ. Keineswegs - solange sie sich um sich selbst
kümmern. Also, wenn die Banken Spekulanten sein wollen und alles andere tun
wollen, nur zu. Mein Anliegen ist aber, daß es einige Banken in der
Gemeinschaft geben sollte, die so funktionieren, daß es einen Anstieg der
Beschäftigung und Entwicklung gibt.“
Zu Horvitz sagte er: „Sie dürfen also spekulieren“, und der antwortete:
„Das tun wir doch gar nicht.“ „Moment mal“, entgegnete Aaen, „gerade habe ich
einen Bericht erhalten, der besagt, daß die Spekulation mit den sogenannten
Derivaten größer ist als vor der Krise. Also, ich habe nichts dagegen, daß Sie
spekulieren. Das müssen Sie tun. Ich glaube nur, daß diejenigen, die
spekulieren und verlieren, selbst zahlen müssen. Ich möchte nicht, daß der
Steuerzahler zahlt.“ Da meinte Horvitz: „Da sind wir uns auch einig.“ Aaen
reagierte: „Dann sollten wir alle Bankenrettungen annullieren.“
In der Diskussion kam eine Vertreterin der LaRouche-Bewegung zu Wort; sie
sagte an Aaen gerichtet: „Ich bin Michelle Rasmussen, Vizepräsidentin des
dänischen Schiller-Instituts. Wovon Sie sprechen, Frank, ist die
Bankentrennung, wie beim Glass-Steagall-Gesetz, das Roosevelt 1933 einführte
und das bis 1999 gut funktionierte, als die ganze Deregulierung begann. Wird
das nicht langsam eine politische Realität, schließlich wurden im
amerikanischen Kongreß, im Repräsentantenhaus und vor drei Wochen auch im
Senat, Gesetzentwürfe eingebracht, um die Glass-Steagall-Bankentrennung
umzusetzen? Werden Sie hier im Parlament einen Gesetzentwurf für
Bankentrennung einbringen?“
Der Moderator fragte: „Sollten wir die Banken trennen, Frank Aaen?“ Aaen
antwortete: „Ja, darüber wird in den Vereinigten Staaten intensiv diskutiert.
Darüber wird in England diskutiert. Darüber wird in Frankreich diskutiert.
Darüber wird in ,revolutionären’ Organisationen wie der OECD diskutiert.
Trotzdem ist es beeindruckend.“ Jedermann sehe die Debatte über die Banken,
die „zu groß zum Scheitern“ sind. Augenzwinkernd fuhr er fort: „Liberale
sollten unterstützen, was ich jetzt sage. Es kann nicht irgendwelche
Unternehmen geben, die so groß sind, daß sie nicht zusammenbrechen können,
ohne daß die Gesellschaft einspringt und sie rettet. Ich halte das für reinen
Sozialismus. (Lachen im Publikum) Ja, das ist es.“ Zwischenruf aus dem
Saal: „Tut das nicht.“ Aaen weiter:
„Deshalb sollte man das nicht tun. So kann auch gut sein, daß wir keine
Banken haben sollten, die so groß sind, daß die Gesellschaft nicht zulassen
kann, daß sie pleite gehen. Tatsächlich hatten wir seit Ende der 20er Jahre
bis in die 90er Jahre keine großen internationalen Finanzkrisen mehr, weil es
in allen Ländern Glass-Steagall-artige Gesetze gab, die sicherstellten, daß es
keine Riesen gab, die alles vermischten - Rentenfonds, Versicherung,
Spekulation und reguläres Bankgeschäft. Und das war das Problem. Und deshalb
müssen wir dahin zurück. Und ich bin mir ziemlich sicher, daß es so kommen
wird - daß wir die Finanzinstitute wieder trennen werden.“ Im Laufe der
Jahrzehnte hätten „die Banken vergessen, was es bedeutet, eine Bank zu sein.
Ich möchte ihnen helfen, wieder Banken werden“.
Horvitz las aus dem Wörterbuch der Zeitung Politiken eine Definition
vor, um zu beweisen, daß Derivate keine Spekulation wären; darauf las Aaen
vor, wie dort „Spekulation“ definiert wird. Entscheidend sei, daß es dabei nur
um den Geldgewinn an sich gehe, und nicht um den Nutzen für die
Volkswirtschaft oder für die Beschäftigung.
Der Moderator fragte: „Wieviel Geld sollte eine Bank verdienen?“
Aaen antwortete: „Eine Bank soll soviel verdienen, wie sie kann - es geht
nur darum, daß wir die Bank nicht stützen sollten. Die Einstellung bis in die
80er, 90er und frühen 2000er Jahre war, daß die Eigentümer den ganzen Gewinn
einstreichen, aber wenn es Verluste gab, mußten wir anderen bezahlen.“ Die
Banken hätten insgesamt staatliche Garantien über 20 Bio. $ erhalten. Zu
Horvitz sagte er: „Ich weiß, Sie sagen, darüber sollten wir heute nicht
sprechen, und die Bankenrettungspakete hätten [dem Staat] Gewinn gebracht. Das
taten sie nicht. Ich glaube nur, wenn die Banken normale Unternehmen sein
wollen, dann sollte man es ihnen erlauben, aber dann sollten sie auch keine
Hilfe vom Staat bekommen. Das ist reiner Liberalismus.“
Er erinnerte an die Lehman-Brothers-Pleite 2008: „Eine untergeordnete Bank,
vielleicht in den USA relativ groß, lähmte plötzlich die dänische Wirtschaft.
Das zeigt, wie notwendig es ist, den Bankensektor grundlegend zu verändern.
Das ist es, was falsch läuft, und darüber diskutiert man in den USA, in
England und sogar in der EU, wie Sie sagten. Es wird argumentiert, daß es
wahrscheinlich notwendig ist, die gigantischen Finanzinstitute zu trennen, die
so groß sind, daß die Weltwirtschaft ernsthaft Schaden nähme, wenn sie
zusammenbrächen. Und das ist die wichtige Lehre aus der Debatte, die wir seit
2008 führen. Daß wir das nicht wieder zulassen sollten... Und hier liegt das
Problem: Die Deutsche Bank ist immer noch riesig, Danske Bank ist immer noch
riesig, Banken in den USA sind immer noch riesig. Wenn auch nur eine davon
zusammenbräche, würde die Weltwirtschaft ernsthaft Schaden nehmen. Und hier
müssen wir diese Trennung machen, was bedeutet, daß die gewöhnlichen
Bankenaktivitäten, die wir brauchen, uns gehören. Wir brauchen sie in einer
normalen Wirtschaft.“
mr
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