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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Wasserprojekte im Pazifikraum

Dr. Howard Chang, Prof. em. der Universität von San Diego und weltweit anerkannter Wasserbauingenieur, hielt am 2. November 2013 auf der Konferenz des Schiller-Instituts in Los Angeles die folgende Rede.

Ich möchte über einige Großprojekte im Pazifikraum sprechen. Ich bin sicher, Sie haben auch den Eindruck gewonnen, daß der Pazifikraum immer schneller in den Mittelpunkt der Weltgemeinschaft rückt. Vorrangig wollen wir uns heute mit großen Wasser- und Verkehrsprojekten auf den Kontinenten um das Pazifikbecken beschäftigen.

Ich habe fünf Großprojekte ausgewählt. Das erste ist der Kra-Kanal, dann folgt der Nikaragua-Kanal, gefolgt vom Süd-Nord-Wasserumleitungsprojekt und dem Drei-Schluchten-Damm, wobei ich hinzufügen möchte, daß ich selbst schon seit etwa 30 Jahren am Drei-Schluchten-Damm arbeite, so daß ich Ihnen meine persönlichen Erfahrungen mitteilen kann.

Lassen Sie mich nur eines vorab anmerken: Die Idee dafür stammte von Dr. Sun Yat-sen. Vor etwa 30 Jahren aber sprachen sich in China bestimmte Wissenschaftler und Ingenieure dagegen aus, denn sie sagten, das Wasser des Jangtse sei zu schlammig - jeder, der auf dem Jangtse fährt, stellt fest, daß das Wasser sehr trübe ist. Der Fluß ist im Sommer und im Winter schlammig, Unterschiede gibt es nur, ob er trüb, trüber oder am trübsten ist. Der Vorsitzende der chinesischen Akademie der Wissenschaften war gegen das Projekt; er meinte, wenn man einen Staudamm baut, verlangsame sich die Strömung und im Staubecken werde sich der Schlamm absetzen. In kurzer Zeit werde der Staudamm zu einem Wasserfall, was für China auf immer ein Makel bliebe.


Abb. 1: Von den vier möglichen Schiffahrtsrouten zwischen Japan und dem Persischen Golf ist die über den Kra-Kanal (4) die kürzeste


Abb. 2: Durch den Bau des Kra-Kanals entstünde eine Alternative zur stark befahrenen Malakka-Straße, was die Sicherheit der Schiffslieferungen erhöhen würde


Abb.3: An beiden Enden des Kra-Kanals könnten sich Handels- und Industriezentren entwickeln, wie in Singapur an der Malakkastraße


Abb. 4: Der Nikaragua-Kanal soll den Panamakanal entlasten


Abb. 5: Aufgrund des Gezeiten-Unterschiedes zwischen Atlantik und Pazifik muß der Wasserstand im Kanal durch Schleusen reguliert werden


Abb. 6: Vergleich der Bevölkerungsdichte zwischen den Vereinigten Staaten und China


Abb. 7: Niederschlagsverteilung in Asien


Abb. 8: Bevölkerungsverteilung in Asien. Während in den südlichen Küstenregionen Chinas viel mehr Regen fällt als im Norden und Westen, ist Bevölkerungsdichte auch im Nordosten Chinas sehr hoch


Abb. 9: Im Norden Chinas ist Wasser so knapp, daß die Bauern das Regenwasser in Zisternen sammeln


Abb. 10: Um das Wasserdefizit im Norden Chinas zu beheben, soll auf drei verschiedenen Wegen Wasser aus dem Einzugsgebiet des Jangtse ins Stromgebiet des Gelben Flusses geleitet werden


Abb. 11: Die östliche Süd-Nord-Wasserleitung ist z.T. bereits fertiggestellt


Abb. 12: Als mittlere Süd-Nord-Wasserleitung wird der alte Kaiserkanal verbreitert und vertieft, damit auf diesem Weg mehr Wasser nach Norden geleitet werden kann


Abb. 13: Um dieses Wasser nach Norden zu bringen, sind riesige Pumpwerke notwendig, die es unter dem Gelben Fluß hindurchleiten


Abb. 14: Die westliche Route des Süd-Nord-Wasserleitungsprojektes ist eine große Herausforderung, weil dafür eine Reihe von Bergketten und Flußtälern am Rande des tibetanischen Hochlandes durchquert werden müssen


Abb. 15: Der dafür notwendige Ableitungskanal besteht aus Kanälen, Pumpwerken, vielen Tunneln und einer Reihe von Staubecken


Abb. 16, 17, 18:
Der fertiggestellte Drei-Schuchten- Damm aus der Satelliten-Perspektive


Abb. 19 und 20: Dr. Howard Chang am Drei-Schluchten-Damm und im Innern des Kraftwerks am Drei-Schluchten-Damm



Abb. 21: Für Labor-Untersuchungen des Strömungsverhaltens geschaffenes maßstabgerechtes Modell des Drei-Schluchten-Damms

Ich möchte Ihnen darstellen, warum der Staudamm kein ewiger Makel für China sein wird, sondern aus verschiedenen Aspekten große Vorteile bringen wird.

Thailand: Der Kra-Kanal

Der Kra-Kanal ist das erste Großprojekt, das ich erwähnen möchte. Von den vier Schiffahrtswegen (Abbildung 1) ist die Malakka-Route über Singapur die erste. Als die Idee des Kra-Kanals vor über 300 Jahren das erste Mal aufkam, war Singapur strikt gegen dieses Projekt, da es natürlich den Schiffsverkehr von Singapur fernhalten würde.

Inzwischen hat sich die Lage verändert, und man kann sich die vier Routen aus verschiedenen Aspekten betrachten. Zwei weitere Schiffahrtswege verlaufen über Indonesien, die aber länger sind. Die kürzeste Verbindung verläuft eindeutig durch den Kra-Kanal, und seine besondere Bedeutung ist, daß er zwei Ozeane, den Indischen Ozean und den Pazifik, miteinander verbindet.

Der Schiffsverkehr über Singapur ist doppelt so groß wie der durch den Suezkanal und den Panamakanal zusammengenommen! Überdies kommt es zu immer mehr Problemen auf der jetzigen Route durch die Straße von Malakka. Sie ist stark befahren, und die Überlastung beginnt ein Problem zu werden, da dadurch natürlich die Transportkosten steigen. Derzeit nimmt der Verkehr im Umkreis der Malakka-Route um jährlich 200.000 Schiffe zu. Nach einer noch jüngeren Schätzung steigt der Schiffsverkehr durch die Straße von Malakka jährlich um 20%.

Wie Sie wissen, hat Herr LaRouche die Idee neu belebt und setzt sich seit Jahren für den Bau eines neuen Kanals ein - den Kra-Kanal.

Betrachten wir die Straße von Malakka in ihrem jetzigen Zustand: Sie ist an ihrer engsten Stelle nur knapp 3 km breit und manchmal nur 25 m tief - was für heutige Öltanker ziemlich flach ist. Sie wird vor allem von Öltankern und Massengutfrachtern befahren. Etwa 80% der japanischen Öllieferungen gehen durch die Malakka-Straße.

Japan, China und alle anderen asiatischen Länder sind über die Sicherheit der Malakka-Straße besorgt. Hoffentlich kommt es zu keinen regionalen Konflikten, die die Öllieferungen unterbrechen könnten, denn das Erdöl ist für Japan, aber auch für China, Südkorea und viele andere Länder überlebenswichtig. Durch die Eröffnung einer zweiten Route würde sich die Sicherheit für den Schiffsverkehr in der ganzen Region erhöhen (Abbildung 2).

Der Bau des Kra-Kanals würde das Wachstum in diesem Gebiet anregen. Abbildung 3 zeigt, wie sich Handel und Industrie an beiden Enden des Kanals entwickeln könnten. Ein zweites Singapur könnte dort entstehen! Wie Sie wissen, ist Singapur ein sehr wohlhabendes und modernes Land, und deswegen war Singapur - in Wirklichkeit das Vereinigte Königreich, denn Singapur war eine britische Kolonie - gegen den Kra-Kanal.

Aber noch aus anderen Überlegungen wäre es wichtig, den Kra-Kanal zu bauen. Allerdings bedeutet jedes Projekt dieser Art eine Herausforderung, und auch um den Kra-Kanal gibt es Kontroversen.

Ich möchte die Herausforderungen zuerst nennen: Es ist nicht möglich, dort einen erhöhten Kanal zu bauen, er muß auf Meereshöhe verlaufen. Für einen erhöhten Kanal braucht man einen großen Wasserkörper, denn Schleusen und Staustufen benötigen viel Wasser. Aber bei diesem Kanal gibt es keinen großen Wasserkörper, es gibt keine Seen. Es wäre also logisch, einen Kanal auf Meereshöhe zu bauen, wobei der Kanal jedoch ein Gebirge durchschneiden muß. Das ist eine erhebliche Herausforderung. Gewaltige Grabungsarbeiten sind erforderlich. Man kann sogar sagen, daß dazu die größten Erdbewegungen nötig sind, die jemals auf der Erde unternommen wurden. Das verschlingt die meisten Kosten. Allerdings wird überlegt, ob man nicht für die Erdarbeiten beim Bau des Kra-Kanals friedliche Nuklearexplosionen einsetzen kann.

China hat letztens eine Bauzeit von mehr als zehn Jahren, den Einsatz von 30.000 Arbeitern und Kosten von 20-25 Mrd.$ veranschlagt. Das ist der neueste Stand, und mehr weiß ich darüber auch nicht.

Der Nikaragua-Kanal

Kommen wir nun zum Nikaragua-Kanal - ein zweiter Kanal, der Pazifik und Atlantik miteinander verbindet, d.h. ein zweiter Panamakanal. Die Idee dafür ist bereits 300 bis 400 Jahre alt.

Heute passen viele der Supertanker nicht mehr durch den Panamakanal, der ohnehin bereits überlastet ist. Die Fahrt durch den Kanal ist sehr zeitaufwendig, da man zahlreiche Schleusen und Staustufen passieren muß. Es gibt aber einen Süßwassersee, der das für die Schleusen und Staustufen benötigte Wasser liefert, was von Vorteil ist.

Nach Einschätzung von Wissenschaft und Industrie ist der Nikaragua-Kanal sinnvoll. Nach seiner Fertigstellung werde er voll ausgelastet sein, da der Panamakanal Beschränkungen hat und der Verkehr immer stärker wird.

Schauen wir einmal auf der Karte, wo der Nikaragua-Kanal verlaufen soll (Abbildung 4). Man sieht dort den Panamakanal, daneben Costa Rica und dann Nikaragua. Will man an dieser Stelle einen Kanal zwischen den beiden Ozeanen bauen, muß dies aus verschiedenen Gründen ein erhöhter Kanal sein. Ein Grund sind die Gezeitenunterschiede zwischen den beiden Ozeanen, die bis zu 6 m betragen können. Der Wasserstand im Kanal muß also reguliert werden; bei Schiffsverkehr muß der Wasserstand erhöht werden (Abbildung 5). Es fließt in verschiedenen Phasen durch die Schleusen und Staustufen, und um das Wasser anzuheben, verwendet man Wasser aus einem See, der zum Glück sehr groß ist. Nur mit diesem großen See ist der Kanal überhaupt möglich, er schafft aber auch Probleme und Herausforderungen.

Der Nikaragua-See ist der Muttersee für Nikaragua. Es gibt Widerstand dagegen, Hochseeschiffe durch diesen Süßwasser-Binnensee fahren zu lassen. Der frühere Präsident Ortega war deshalb gegen das Projekt. Er sagte, dieser Süßwassersee sei „die Mutter unseres Landes“, und er werde keine Ozeanriesen durch den Kanal fahren lassen. Es gibt also nicht nur Umweltaspekte, sondern auch emotionale Gesichtspunkte.

Das ist die augenblickliche Lage.

Gibt es darüber hinaus neue, interessante Entwicklungen? Zeigt jemand Interesse, die große Rechnung zu begleichen und mit dem Bau des Kanals zu beginnen, der grob geschätzt ein 40-Mrd.-$-Projekt ist? Ein gewisser Herr Wang hat jüngst einen Vorschlag unterbreitet, von dem ich nicht weiß, wie realistisch er ist. Herr Wang hat einen interessanten Hintergrund als Geschäftsmann, und stammt meines Wissens aus Hongkong. Man kann gespannt sein, was als nächstes passiert.

Jedenfalls ist das Projekt in der Diskussion, und der Kanal wird wegen der Überlastung und der geringen Größe des Panamakanals definitiv gebraucht.

Wasserumleitung in China

Als nächstes möchte ich über das chinesische Projekt zur Süd-Nord-Wasserumleitung sprechen. Abbildung 6 zeigt China und die Vereinigten Staaten, zwei Länder mit einigen Ähnlichkeiten, aber auch starken Unähnlichkeiten: Ähnlicher Breitengrad, ähnliche Größe, nur die Bevölkerungsdichte ist sehr unterschiedlich. In China leben 1,3 Mrd. Menschen, während Amerika nur 300 Mio. Einwohner hat. Amerika ist in der günstigen Lage, daß der Niederschlag von Küste zu Küste recht gleichmäßig verteilt ist, und das nicht nur räumlich, sondern auch jahreszeitlich. In China hingegen sind die Niederschläge sehr ungleich verteilt: Konzentriert in Frühjahr und Sommer vor allem im Südosten und sehr gering im Nordwesten.

Betrachtet man sich die Wasserressourcen in allen Ländern auf der Welt, so fällt ein Land auf, das Wasser im Überfluß hat: Brasilien. Zwischen Brasilien und China wird viel Handel getrieben, und Brasilien meint: „Wir haben alles, was China braucht: Wir haben Wasser, das China braucht, nur wissen wir nicht, wie man Wasser an China verkaufen kann.“ Brasilien ist also ganz vorn, was den Überfluß an Wasser angeht, gefolgt vom Kongo, gefolgt von Indonesien, dann die USA, dann Rußland, dann China.

China ist die Nummer eins bei der Bevölkerung, aber nur Nummer sechs bei den Wasserressourcen, d.h. für das Land sind Wasserumverteilung, Wassereinsparung und Wasserspeicherung sehr wichtig. An der Niederschlagsverteilung (Abbildung 7) sieht man, daß in den südlichen Küstenregionen viel mehr Regen fällt, der nach Norden und Westen immer mehr nachläßt.

Die Bevölkerung (Abbildung 8) hingegen verteilt sich vom Süden bis in den Norden. Wenn Wasser im Norden immer knapper wird, ist es nur logisch, Wasser von den regenreichen in die regenarmen Regionen umzuverteilen, d.h. Wasser muß vom Süden in den Norden umgeleitet werden. Im Norden ist Wasser extrem kostbar geworden. Vor nicht langer Zeit habe ich dort eine Bauernfamilie besucht, die das Wasser sogar auf ihrem Hof sammelt (Abbildung 9). Sie fangen das Regenwasser auf und leiten es in Zisternen.

Was die Wasserumleitung betrifft, so gibt es drei verschiedene Routen, auf denen man Wasser vom Süden in den Norden leiten kann (Abbildung 10). Über die östliche Route gelangt Wasser vom Jangtse nach Norden bis zur Hafenstadt Tianjin. Über die mittlere Route wird Wasser aus einem Nebenfluß des Jangtse nach Beijing geleitet. Und die westliche Route beginnt nahe des tibetischen Hochlands, wo dem Jangtse Wasser entnommen und zum Gelben Fluß umgeleitet wird.

Über diese drei Routen wird dem Stromgebiet des Jangtse etwa 7% des Wassers entnommen und nach Norden zum Stromgebiet des Gelben Flusses geleitet.

Betrachten wir uns die östliche Route, die am Jangtse beginnt, im einzelnen (Abbildung 11). Es lassen sich dabei drei verschiedene Phasen unterscheiden. Phase 1 beginnt im Süden und verläuft dann in die Mitte, wo ein Abzweig bis zur Spitze der Halbinsel abgeht, und weiter bis zur Hafenstadt Tianjin. Die Route verläuft durch mehrere Seen, wobei einige Abschnitte bereits fertiggestellt sind - so auch das Entnahmepumpwerk am Jangtse.

Abbildung 12 zeigt den alten Kaiserkanal, der verbreitert und vertieft wurde, um die Wassermenge zu erhöhen, die vom Süden in den Norden transportiert werden kann.

Abbildung 13 zeigt einen der riesigen Tunnel unter dem Gelben Fluß, mit denen das Wasser nach Norden geleitet wird. Auf der östlichen Route befinden sich mehrere Pumpwerke, um das Wasser unter dem Gelben Fluß hindurchzupumpen. Dabei muß man wissen, daß der Gelbe Fluß kein Wasser sammelt, sondern wie eine Wasserscheide wirkt. Warum? Weil der Gelbe Fluß ein Hochbett hat. Er führt sehr viel Sedimente mit. Jahr für Jahr, Generation für Generation haben die Menschen die Dämme immer weiter erhöht, so daß das Flußbett des Gelben Flusses inzwischen viel höher ist als die angrenzenden Felder. Um also das Wasser vom Jangtse zum Gelben Fluß zu leiten, braucht man mehrere Pumpwerke, und nach Querung des Gelben Flusses fließt das Wasser der Schwerkraft folgend von selbst bis zur Stadt Tianjin.

Die westliche Route ((Abbildung 14) ist besonders beeindruckend, weil die Gegend dort so bergig ist. Die Route verläuft durch viele Bergketten und viele Flußtäler, vor allem direkt am Rand des tibetanischen Hochlands. Das erfordert umfangreiche Investitionen.

In Abbildung 15 sieht man den Verlauf des Ableitungskanals. Er besteht aus Kanälen, Pumpwerken, vielen Tunneln und einer Reihe von Staubecken.

Der Bau ist wegen des Hochgebirges dort sehr schwierig. Wissen Sie, daß das tibetische Hochland im Schnitt 5000 m hoch ist? Ich hatte vor einigen Jahren die Gelegenheit, Tibet zu besuchen, und ich wohnte dort im größten Hotel in der höchstgelegenen Stadt der Welt - ein Fall für das Guinnessbuch der Rekorde! Das Hotel liegt auf einer Höhe von 4600 m. Ich hatte Schwierigkeiten beim Atmen. Und der Luftdruck ist so niedrig, daß das Wasser nicht bei 100 °C, sondern schon bei 69 °C kocht. Ich fragte die Leute, wie sie eigentlich ihr Essen zubereiten, wenn es bei so niedrigen Temperaturen gart. Sie antworteten, das sei kein Problem, da sie Druckkochtöpfe benutzen. Das nur als eine persönliche Erfahrung.

Alles ist anstrengend unter diesen Bedingungen. Wenn ich die Treppe herauf- oder herunterging, mußte ich alle fünf Stufen kurz anhalten, um wieder Atem zu schöpfen. Da überlege man nur, was das für den Bau des Wasserumleitungssystems bedeutet. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen.

Über den Zustand der drei Projekte zur Wasserumleitung läßt sich folgendes sagen. Die östliche Route befindet sich auf dem Weg der Fertigstellung - wahrscheinlich in ein paar Jahren, nachdem das Projekt vor etwa zehn Jahren begonnen wurde. Die mittlere Route wird ebenso in zwei oder drei Jahren fertig sein.

Wie hoch sind die Baukosten? Die Gesamtkosten für die östliche und mittlere Route belaufen sich auf 60 Mrd.$, einschließlich der Kosten für die Umsiedlung der Bevölkerung. 600.000 Menschen mußten umgesiedelt werden, um beide Projekte durchführen zu können. Eine so schwierige Aufgabe ist in einem Land wie China noch möglich; wenn man in den Vereinigten Staaten auch nur 6000 Menschen umsiedeln wollte, wäre das wohl eine Sache der Unmöglichkeit ganz zu schweigen von 600.000. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll - aber das würde uns vor große Schwierigkeiten stellen! Ich lebe in San Diego, und ich erinnere mich, daß der Bau der Autobahn 56 vom Zeitpunkt der Planung bis zur Fertigstellung genau 26 Jahre gedauert hat! Es gab zahlreiche Klagen wegen Enteignungen, Flächennutzung, Landerwerb etc.

Wie Sie wissen, gibt es in China seit der kommunistischen Revolution keinen privaten Landbesitz. Das Land gehört dem Staat, und das erleichtert es sehr, auf der tibetischen Hochebene öffentliche Bauarbeiten durchzuführen. Eine Eröffnungszeremonie für das Wasserumleitungsprojekt hat es bereits gegeben.

Der Drei-Schluchten-Damm

Nun möchte ich auf den Drei-Schluchten-Damm zu sprechen kommen. Wie bereits gesagt, arbeite ich schon seit etwa 30 Jahren an diesem Projekt, das ursprünglich in Beijing von Dr. Sun Yat-sen angeregt wurde, seiner Vision, wie er sagte. Die Idee orientierte sich später an den Projekten der Tennessee-Valley-Authority, jenem Komplex von Staudämmen [in den USA], mit denen riesige Mengen Wasserkraft erzeugt werden.

Abbildung 16, 17 und 18 zeigen den fertigen Drei-Schluchten-Damm aus der Satellitenperspektive. Wie man sieht, ist das Wasser, das durch die Schleusentore fließt, bräunlich-trübe.

Ich habe bereits erwähnt, daß es anfangs erheblichen Widerstand gegen das Projekt gab. Selbst der Präsident der chinesischen Akademie der Wissenschaft meinte, das Wasser sei so schlammig, daß die Fließgeschwindigkeit früher oder später abnehmen und sich das Staubecken immer mehr mit Ablagerungen füllen werde. Wenn nicht in 100, dann in 500 Jahren werde die Staumauer zu einem Wasserfall, seine Funktion ginge verloren, und das wäre eine ewige Schmach für China.

Unsere Aufgabe war dagegen ganz einfach: Der Staudamm sollte in einer Weise geplant und gebaut werden, daß seine Funktionsfähigkeit dauerhaft sichergestellt wäre. Es wurden verschiedenste Studien angestellt. Im Labor wurde ein maßstabsgetreues Modell gebaut, um zu untersuchen, was passiert, wenn Wasser und Sediment durch den Stausee fließen. Auch in Computermodellen wurde der Abfluß durch den Stausee nachgestellt.

Ich selbst habe an den Computermodellen über den Wasser- und Sedimentfluß durch den Stausee gearbeitet. Ich möchte nur einiges kurz berichten, denn wenn ich in die Einzelheiten ginge, würde dies mehrere Stunden dauern! Der Stausee wird tatsächlich verschlammen, aber der Sedimentanteil wird langfristig nur etwa 40% der Speicherkapazität ausmachen; 60% des Staubeckens werden auf Dauer nutzbar bleiben.

Warum kann man das behaupten? Wie kann man herausfinden, ob dies stimmt? Ich möchte dazu nur ganz kurz sagen, daß dies aus vielen Gründen zutrifft. Der Drei-Schluchten-Damm ist ganz anders als Lake Meade, den viele von Ihnen vom Hoover-Damm kennen. Wenn man auf dem Hoover-Damm steht und über Lake Meade schaut, bemerkt man, daß das Wasser klar ist. Daraus kann man nur schließen, daß aus Lake Meade keine einzige Ablagerung abfließen kann; alles Sediment setzt sich ab. Wie man am Drei-Schluchten-Damm jedoch sieht, ist dort sogar das abfließende Wasser schmutzig. Der Grund hierfür ist, daß Lake Meade ein Speichersee ist; er hat eine runde Form. Dagegen ist das Reservoir in China ein Flußstausee, der einem langgestreckten, engen Flußbett folgt. Das ist das eine. Zweitens gibt es eine Strömung, mit der die Sedimente stets in Bewegung gehalten werden. Wenn der Stausee verschlammt, denkt man meistens, das Staubecken werde flacher und flacher, und die Ablagerungen bauen sich von unten immer weiter auf. Das ist aber keineswegs so.

Wollen Sie wissen, was wirklich passiert? Aus Labormodellen und aus mathematischen Computerberechnungen haben wir herausgefunden, daß sich die Sedimentablagerungen hauptsächlich an den Ufern ansammeln, d.h. der Fluß wird auf lange Sicht schmaler, aber er bleibt fast genauso tief wie jetzt. Anders ausgedrückt, sobald der Stausee voll ist, nimmt er eher die Form eines Kanals an, denn die Ablagerungen verringern die Breite des Stausees, nicht aber seine Tiefe. Solange das Wasser strömt, wird die Strömung immer einen Kanal in dem Flußstausee bilden. Die Strömung des Jangtse ist im übrigen gewaltig, und diese Strömung wird die Kapazität des Stausees stets erhalten.

Gewaltige Wassermassen fließen durch den Stausee und die Schleusentore.

Erst vor zwei Jahren war ich selbst dort (Abbildung 19), und zu dieser Zeit herrschte in der Gegend unterhalb des Staudamms gerade eine Rekorddürre. Wissen Sie, wem die Leute die Schuld daran gaben? Angeblich sollte der Stausee, der Drei-Schluchten-Damm die Ursache für die Trockenheit gewesen sein. Die Leute meinten, der Bau des Staudamms hätte das Klima und die Niederschlagsverteilung entlang des Jangtse verändert! Unglaublich - so etwas steht noch nicht einmal in einer Umweltverträglichkeitsstudie.

Ich kann jedenfalls keine Beziehung zwischen Veränderungen des Niederschlagsmusters und dem Entstehen des Stausees herstellen. Die Leute haben wilde Vorstellungen!

Es kursierten noch andere phantastische Anschauungen. Während der Planungsphase des Damms sollten die Umweltfolgen des Stausees untersucht werden. Eine Frage lautete ernsthaft, ob der Staudamm die Erdumdrehung beeinflussen würde... [lacht]

Abbildung 20 zeigt das Innere des Damms und des Kraftwerks, wo Besucher normalerweise nicht hinein dürfen, aber da wir Gäste des chinesischen Amtes für Wasserressourcen waren, hatten wir privilegierten Zugang. Oben in diesem Kraftwerk ist ein von den Turbinen getriebener Generator; die Turbinen befinden sich vollständig unter Wasser.

Ich habe schon erwähnt, daß vor dem Bau des Staudamms im Labor ein maßstabsgetreues Modell gebaut wurde. Ich konnte gar nicht glauben, wie groß dieses Studienmodell war (Abbildung 21)! In meiner ganzen Berufstätigkeit habe ich kein so großartiges Modell gesehen. In den USA gibt es auch einige wassertechnische Versuchsanstalten; die größte ist die Wasserwege-Versuchsanstalt des Army Corps of Engineers in Vicksburg (US-Bundesstaat Mississippi). Diese ist aber noch nicht einmal ein Drittel so groß wie die Forschungsstätte in China, worin die Studien über den Jangtse und den Drei-Schluchten-Damm durchgeführt wurden.

Was ist nun der Nutzen des Projekts? Der Hauptnutzen ist sicherlich die Wasserkraft, denn der erzeugte Strom ist sehr billig. Ich möchte einen Vergleich anstellen. Das Kernkraftwerk San Onofre im Diablo Canyon von San Diego County besteht aus zwei Blöcken mit zusammen 2,2 Gigawatt Leistung. Vor zehn Jahren lagen die Einnahmen der Anlage bei 2,2 Mio.$ täglich. Aber für den Betrieb des Kernkraftwerks mußten 2 Mio.$ aufgewendet werden. Die Gewinnspanne war also sehr niedrig. Warum? Weil Kernkraftwerke sehr strenge Sicherheitsauflagen haben. Das Kraftwerk hat 3000 Mitarbeiter, und viele von ihnen haben mit der Sicherheit des Kernreaktors zu tun.

Wenn es um Energie geht, sollten wir uns auch den Feather River in Nordkalifornien anschauen. Dort gibt es ein dreistufiges Wasserkraftwerk, das insgesamt 1 Gigawatt erzeugt, soviel wie ein Kernkraftwerk. Die Einnahmen belaufen sich auf 1 Mio.$ am Tag. Die Ausgaben sind dagegen fast bei null. Warum? Weil der Treibstoff für die Wasserkraft nichts kostet! Der Treibstoff und dessen Transport sind umsonst. In der gesamten Anlage arbeiten außerdem nur 16 Leute, so daß der Lohnkostenanteil sehr gering ist. Allein daraus wird deutlich, daß Wasserkraft eine sehr billige Energie ist.

Tabelle 1: Auswahl großer Wasserkraftwerke weltweit

Nennkapazität (MW)

Staudamm

Land

17.660

Drei-Schluchten-Damm

China

10.300

Guri

Venezuela

7.400

Itaipu

Brailien/Paraguay

6495

Grand Coulee

USA

6.400

Sajano Schuschensk

Rußland

5.328

Krasnojarsk

Rußland

5.225

La Grande 2

Kanada

4.600

Churchill Falls

Kanada

3.675

Bratsk

Rußland

3.600

Ust-Ilim

Rußland

Ich möchte noch etwas anderes erwähnen: Welche Wasserkraftwerke gibt es auf der Welt (Tabelle 1)? In der Tabelle sind die Nennkapazität der Wasserkraftwerke und die Länder, wo sie stehen, aufgeführt. Der Drei-Schluchten-Damm hat eine Kapazität von 17,6 Gigawatt - die bei weitem größte Wasserkraftanlage der Welt. Es folgen Guri in Venezuela, Itaipu in Brasilien, der Grand-Coulee-Damm im US-Bundesstaat Washington mit 6,4 Gigawatt. Der Hoover-Damm ist gar nicht auf der Liste, der allerdings für die Stromversorgung in Südkalifornien sehr wichtig ist.

Fragen wir einmal, was 1 Gigawatt überhaupt ist. 1 Gigawatt ist in der Regel die Kapazität eines Kernkraftwerkes. Im Vergleich dazu entspricht die Nennkapazität des Drei-Schluchten-Damms etwa 17,6 Kernkraftwerken. Und wieviel Einnahmen erwirtschaftet er? Bei einem zehnjährigen Durchschnittspreis erbringt er etwa 17,6 Mio.$ am Tag. Und wie hoch sind die Ausgaben für die Stromproduktion? Die Baukosten waren sehr hoch, aber die Betriebskosten sind sehr niedrig, denn all die Sicherheitsbestimmungen wie bei einem Kernkraftwerk entfallen. Damit liegt der Nutzen der Wasserkraft auf der Hand.


Abb. 22: Das Projekt der Nordamerikanischen Wasser- und Stromallianz (NAWAPA)

NAWAPA

Ich möchte schnell noch etwas über NAWAPA sagen (Abbildung 22), das wirklich eine Vision für den nordamerikanischen Kontinent ist, aber auch für die Welt insgesamt, denn mit diesem Netzwerk von Verteilersystem - Stauseen, Dämmen, Kanälen, Rohren, Durchlässen usw. - wird Wasser aus Gebieten mit Überschüssen in wasserarme Gebiete umgeleitet. Dadurch wird in Nordamerika sehr viel Vermögen erzeugt. Und es sei gesagt, NAWAPA ist die Vision der Zukunft. Für NAWAPA sind viele Pumpwerke nötig. Wasser muß hochgepumpt werden, damit es dann herabfließen kann. Sobald das Wasser hochgepumpt ist und abläuft, können damit Wasserturbinen angetrieben werden. Durch das Wasserumleitungssystem von NAWAPA wird also auch Energie erzeugt. So wird außerdem die Wasserversorgung Kaliforniens gesichert.

Frankreich ist das Land, wo die meiste Kernkraft erzeugt wird, während man in Deutschland die Kernkraft minimieren will. Kernenergie wird jedoch mit konstanter Leistung produziert, und die Ausgangsleistung läßt sich nicht beliebig anpassen. Manchmal wird zuviel und manchmal nicht genug Energie erzeugt. Wenn zuviel Energie erzeugt wird, müßte man sie speichern. Wie speichert man aber die überschüssige Kernenergie? Mit Batterien? Es gibt keine Batterien dieser Größe! Außerdem müßten Batterien von ebenso großer Leistungsfähigkeit sein. Ich möchte dazu nur sagen: Speicherseen sind die Batterien der Natur. Wenn Wasser in einen Speichersee gepumpt wird, wird dort die Energie gespeichert. Wenn zusätzliche Energie gebraucht wird, wird das Wasser abgelassen und mit Turbinen Strom erzeugt.

Stauseen sind somit die Batterien der Natur für Energiespeicherung. Ich kann nur sagen, wer immer in den 60er Jahren diese Idee entwickelte, hatte eine wunderbare Vision - und das ist eine Sache, wonach wir streben. Bleibt zu hoffen, daß NAWAPA eines Tages verwirklicht wird.