Die Wüsten begrünen
Von Dr. Hassan Janadi
Der irakische Botschafter bei der Ernährungs- und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Dr. Hassan Janadi,
übermittelte der Frankfurter Konferenz des Schiller-Instituts die folgende
Videobotschaft.
Dr. Janadi ist der irakische Botschafter bei der Ernährungs-
und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Rom und ein
Experte für Wassersysteme und Wüstenausbreitung. Im November 2012 hatte Dr.
Janadi einen Brief an die irakische Regierung veröffentlicht, in dem er zur
Schaffung des „Grünen Gürtels“ aufrief. Etwa zur gleichen Zeit hatte auch
Hussein Askary bei einer Konferenz des Schiller-Instituts über dieses Projekt
berichtet, worauf Dr. Janadi in seiner Grußbotschaft antwortet.
* * *
Ich möchte Ihnen allen danken und wünsche Ihnen sehr
produktive Verhandlungen. Ich möchte auch meinem Freund Hussein Askary danken,
der darauf bestanden hat, daß ich mich daran beteilige.
Natürlich hängen Wasser und Nahrungsmittel zusammen, und
wenn es ausreichenden Zugang zum Wasser gibt, dann kann man erwarten, daß die
Nahrungsmittelerzeugung groß und die Armut geringer sein wird. Die Flußbecken
von Tigris und Euphrat in Westasien hatten einst eine Menge Wasser, das früher
durch den Irak in den Golf abfloß. Aber seit den 1970er Jahren wurden an den
Oberläufen der Flüsse, in der Türkei, in Syrien und natürlich auch im Irak
große Infrastrukturen erbaut. All diese großen Infrastrukturbauten entstanden
ohne eine angemessene Absprache zwischen den Anliegerstaaten, und als einseitige
Maßnahmen, und das war ein Unglück, insbesondere im Nahen Osten, wo die
politischen Spannungen sehr groß sind.
Mit der Kontrolle über das Wasser wurde die
Nahrungsmittelerzeugung und Landwirtschaft ein Problem. Meine Ansicht ist, daß
in den Flußbecken in Westasien, insbesondere im Becken von Tigris und Euphrat,
vernünftige Investitionen getätigt wurden - aber man investierte nur in den Bau
der Infrastruktur. Diese Projekte haben ernste Folgen für die Umwelt, die
Umwelt fiel leider den Investitionen zum Opfer.
Der vorgeschlagene „Grüne Gürtel“ soll die Ausbreitung der Wüsten im Irak aufhalten
Auch die Ausbreitung der Wüsten ist ein Prozeß, der mit der
Verfügbarkeit von Wasser zusammenhängt. Wo es Wasser gibt, gibt es eine grüne
Decke, es gibt Bäume, es gibt Produktion, Landwirtschaft. Natürliche Prozesse,
die die Wüstenbildung verursachen, könnten abgemildert werden und die vom
Menschen geschaffenen Ursachen der Wüstenbildung könnten beseitigt werden, wenn
es konstruktive Bemühungen zwischen den Nachbarstaaten gäbe. Das ist nicht nur
ein nationales oder regionales Problem, sondern auch ein globales Phänomen.
Der Irak leidet bekanntlich unter einer großen Ausweitung
der Wüsten, ausgehend vom Westen. Es wurde daher vorgeschlagen, einen großen
Grünen Gürtel zu schaffen (siehe nebenstehende Abbildung), um die Expansion der
Wüste auf den historisch fruchtbaren Böden Mesopotamiens am westlichen Teil des
Euphrat zu stoppen. Was ich vorschlage, ist nicht bloß ein Wiederaufforstungsprogramm,
bei dem Millionen von Bäumen - mehr als 200 Millionen - gepflanzt würden,
sondern auch ein großes Entwicklungsprojekt, bei dem umweltfreundliche
Technologien eingesetzt werden würden, man würde Menschen ansiedeln und die
Bevölkerung einbeziehen, denn die sozialen Bedingungen und die soziale
Beteiligung an diesen Projekten sind wichtige Voraussetzungen für ein
erfolgreiches Programm zur Bekämpfung der Ausbreitung der Wüste im Land und in
der Region.
Das ist eine nationale Initiative, die in der gesamten
Region unterstützt werden muß, unter Beteiligung der Bevölkerung.
Technologien und Ingenieurwesen an sich sind noch nicht die
Lösung. Sie sind Teil der Lösung, aber die Lösung muß umfassender sein, indem
man die Bevölkerung beteiligt, Arbeitsplätze schafft, Menschen ansiedelt, ein
Gefühl der Verantwortung schafft und den Nutzen teilt. Das sind die
Voraussetzungen für große Leistungen beim Bau dieses nationalen Grünen Gürtels
in der irakischen Wüste.
Die Initiative des Schiller-Instituts ist ein hochrespektierter
Ansatz zur Lösung der Umweltfragen und zur Verringerung der Armut. Sie
verbindet Wirtschaft, Wissenschaft und Menschenwürde. Und das ist es, was
tatsächlich gefördert werden muß. Das ist der Ansatz, bei dem die Regierungen
und die Bevölkerung daran beteiligt sind, die Lebensbedingungen zu verbessern.
Es ist ein zukunftsorientierter Ansatz, damit die Bevölkerung, die Länder und
die Nationen der Region nicht in der Vergangenheit stecken bleiben. Es ist der
Weg in die Zukunft zur Verbesserung der Bedingungen in der Region.
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