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Friedrich Schiller



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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Für eine Renaissance der klassischen Musik und Wissenschaft

Den Abschluß der Konferenz des Schiller-Instituts bildete eine Diskussionsrunde am 14. April über die Wiederbelebung der klassischen Kultur.

Der Schlußteil der Frankfurter Konferenz des Schiller-Instituts über „Ein neues Paradigma für das Überleben der Menschheit“ war dem Thema einer Erneuerung der klassischen Kultur gewidmet. Nach dem großartigen Konzert am Abend zuvor dienten die Vorträge und Gespräche als Gelegenheit, über dieses zutiefst bewegende Erlebnis und den einzuschlagenden Weg zu diskutieren.

Das Konzert bestand aus einer Auswahl von Arien aus Opern des großen italienischen Komponisten Giuseppe Verdi, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, sowie Mozarts Requiem mit dem Chor des Schiller-Instituts, der sich vor allem aus politischen Aktivisten zusammensetzt. Alle Musikstücke wurden in der wissenschaftlichen „Verdi-Stimmung“ (a’=432 Hz) aufgeführt.

Helga Zepp-LaRouche eröffnete und moderierte die abschließende Diskussionsrunde über „Ästhetische Bildung und Schönheit“. Nach ihren einleitenden Bemerkungen sprachen die italienische Sopranistin Antonella Banaudi, die Vorsitzende der LaRouche-Bewegung in Italien (Movisol) Liliana Gorini und der Leiter des Chores des Schiller-Instituts in den Vereinigten Staaten John Sigerson; anschließend beantworteten die Redner auf dem Podium, zu denen sich auch Lyndon LaRouche gesellt hatte, Fragen aus dem Publikum. Wir dokumentieren im folgenden die Beiträge Zepp-LaRouches und Banaudis, ergänzt durch eine Zusammenfassung der Beiträge von Gorini und Sigerson, sowie die abschließende Diskussion.

Ästhetische Erziehung und das Schöne

Helga Zepp-LaRouche: Wir werden versuchen, die Konferenz mit etwas Schönem zu beenden, nämlich der Idee der klassischen Kultur. Ich denke, gestern abend, unser wunderschönes Konzert, wo Berufsmusiker mit Menschen zusammenarbeiteten, die sich in einem Prozeß des Lernens befinden -, das war in der Tat so bewegend, daß ich denke, daß die meisten von uns, die dabei waren, sich kaum der Tränen in den Augen erwehren konnten, und ganz hingerissen waren von diesem Vorgeschmack auf eine Welt, wie sie möglich wäre, wenn die heutigen Übel nicht existieren würden.

Nun, ich weiß nicht, ob Bruce Fein1 noch hier ist, aber ich führe eine Art ständige Kontroverse mit ihm über die Natur des Menschen. Und ich möchte in meinen einleitenden Bemerkungen und auch in der kurzen Diskussion, die wir anschließend haben können, darauf eingehen. Wenn man sich die heutige Welt anschaut, dann ist sie offensichtlich voller Übel, voller Dekadenz. Es gibt eine systemische Krise, wie Herr Fursow gerade schon gesagt hat. Aber ich denke, wir sollten das nicht mit dem Potential der Menschheit verwechseln. Auch wenn die Welt sich in einem finsteren Zeitalter befindet, bin ich davon absolut überzeugt. Man denke nur an die Entwicklung der menschlichen Gattung, die es ja erst seit sehr kurzer Zeit gibt; die überlieferte Geschichte umfaßt nur 200 Generationen, das ist, als wäre es gerade gestern gewesen, und in dieser Zeit war die Entwicklung von Wissenschaft und Technik sehr beeindruckend: Wenn man einen Stein sieht, der einst, vor einigen Jahrtausenden, vielleicht dazu benutzt wurde, den Nachbarn zu erschlagen, einen Faustkeil - heute hat man ein Instrument von der gleichen Größe, ein iPhone, das Computer-Kapazitäten hat, mit denen man ganze Volkswirtschaften in aller Welt steuern kann, man macht damit Konferenzen und kann alle seine Arbeiten damit verrichten.

Und das ist nur ein sehr kurzer Zeitraum. Stellen Sie sich nun die Menschheit in 1000 Jahren vor - wenn wir es bis dahin schaffen. So, wie ein entwickelter Mensch heute sagt: „Wie lächerlich, diesen Stein dazu zu benutzen, den Nachbarn umzubringen, ich habe die ganze Welt in diesem kleinen Gerät.“, genauso - denken Sie nur - werden die Menschen in 1000 Jahren zurückschauend sagen: „Haha! Diese lächerlichen Menschen des Jahres 2013, sie hielten das iPhone für etwas ganz Besonderes!“ Man wird das iPhone ansehen, als wäre es nicht besser als ein Faustkeil.

Deshalb denke ich, wir sollten uns nicht vom gegenwärtigen Zustand der Zivilisation abschrecken lassen, sondern uns eine Vorstellung davon machen, daß wir, wenn wir diesen wissenschaftlichen und technischen und industriellen Wiederaufbau der Welt schaffen und das mit einer klassischen Bildung verbinden, mit der ästhetischen Erziehung, von der Schiller und andere gesprochen haben - warum sollten wir dann nicht in der Lage sein, die Zivilisation in der Zukunft entsprechend zu entwickeln? Gut, ich sprach von den vierjährigen kleinen Jungen, die andere vors Schienbein treten; das wird es wahrscheinlich immer geben, denn Kinder, vor allem kleine Jungen, neigen in einem gewissen Alter dazu, sich wie unkontrollierbare kleine Ungeheuer zu verhalten. Aber dann werden sie erwachsen.

Die Kinderkrankheiten überwinden

Meine Vision der Zukunft der Zivilisation ist, daß wir diese Kinderkrankheiten, wie etwa alle diese Emotionen, die mit der Globalisierung verbunden sind, überwinden werden. Stellen Sie sich nur einmal vor, wenn jedes Kind auf dem Planeten eine universelle Bildung hätte und Eltern hätte, die sich darum kümmern, daß das schöpferische Potential ihrer Kinder entwickelt wird. Warum sollte das nicht möglich sein? Ich denke, das Zeitalter der Vernunft, von dem Schiller gesprochen hat, ist keine Utopie.

Ich denke vielmehr, daß wir uns in einer Übergangsphase befinden und daß unsere Zivilisation, wenn wir nun das neue Paradigma erschaffen, eine Zukunft haben wird. Ich denke, das wird die wahre Identität der Menschheit sein, wenn wir es zu einer Zivilisation im Weltraum bringen.

Wir tragen also die gewaltige Verantwortung, diesen Übergang zu schaffen und diese Welt der „oligarchischen Kinderkrankheiten“, wie ich sie gerne nenne, hinter uns zu lassen. Und obwohl es in gewissem Sinne niemals einen zweiten Beethoven oder einen zweiten Schiller geben wird - der Bereich der Kreativität, die Freiheitsgrade sind unendlich. Und ich denke, das sollte unser Ziel sein, daß die Menschheit eine wahrhaft kreative Gattung wird, in der die meisten Menschen schöpferisch sind und keine Sklaven!

Das ist etwas, wofür man arbeiten und kämpfen kann, und ich denke, die große, klassische Kunst ist wirklich der Weg, dorthin zu gelangen. In diesem Sinne möchte ich das Wort jetzt Antonella Banaudi erteilen.

Wir brauchen keinen Traum, sondern eine Vision

Antonella Banaudi: Helga und Lyn haben mir Gelegenheit gegeben, zu Ihnen zu sprechen, eine Gelegenheit, meinen Geist und mein Herz zu öffnen, und vielleicht kann Ihnen das helfen, wenn ich etwas Interessantes sage. Aber auf jeden Fall wird es mir selbst helfen. Denn es wird mir helfen, wenn ich versuche, die Dinge in meinem Kopf zu klären.

Ich habe in den letzten beiden Tagen darüber nachgedacht, daß die Realität der menschlichen Erfahrung auf dem Planeten Erde unglaublich beschränkt ist, was Raum und Zeit und andere Parameter angeht, in denen man das Konzept des Lebens beschreiben kann. Der Mensch ist nicht so sehr ein irdisches Wesen mit einem ewigen oder universellen Teil, einer Seele; vielmehr ist der Mensch eine schöpferische Phantasie des Universums, eine momentane Erscheinung seiner Erfindungskraft. Der große Geist des Universums experimentiert also durch den Menschen mit sich selbst. Wir sind die fleischgewordene Ewigkeit in diesem Augenblick, eingekerkert in eine kleine materielle Realität.

Ich kann mir vorstellen, daß die Menschheit vielleicht letztlich einen Augenblick im Geist Gottes darstellt und daß wir in unseren Gedanken ein Echo dieses Augenblicks haben.

Man kann unsere menschlichen Sinne mit unserer kleinen irdischen Realität vergleichen, und die meisten Menschen erleben ihre Erfahrungen auf der Erde nur durch ihre Sinne. Ihr irdisches Leben wird zum einzigen Zweck ihrer Existenz, ohne daß sie bereit oder in der Lage wären, wirklich zu hören, wirklich zu fühlen und wirklich zu verstehen, wie man wirklich ein Protagonist im Universum sein kann.

Ein Leben, das nur mit den Sinnen verbunden ist, ist ein Leben ohne Aufgabe. Das ist, als lebte man nur in der Vorhalle einer wunderschönen Burg, eines fantastischen Schlosses. Die wichtigsten Sinnesorgane des Menschen sind also seine inneren Sinne. Und durch die Kunst, durch die äußeren Sinne, entwickelt man seine inneren Sinne. Nur die intellektuellen Sinne erlauben es uns, die Macht, die Größe, das Wunder des menschlichen Geschöpfs zu entdecken, und wie wir Protagonisten im Universum werden können.

Die intellektuellen Sinne bilden einen klaren Geist, der etwas aus der Ewigkeit aufnehmen kann, einen Geist, der Intuition hat, der offen ist, wie ein Energiestrahl auf etwas Unendliches projiziert, und der die Finsternis der Ignoranz durchbricht. Denn die Ignoranz ist es, die uns auf der Erde einkerkert. Wir brauchen also keinen Traum, träumen tut man in der Nacht. Wir brauchen eine Vision, wir müssen voraussehen, was in der Zukunft sein kann und aus ihr kommt.

Kein Akt der wahren Kunst oder der wahren Wissenschaft geschieht also nur für das Hier und Jetzt. Nur die wahre Kunst oder die wahre Wissenschaft trägt in sich eine Vision von etwas, was über die Zeit und den Raum hinausreicht, was an der Eingebung der Architektur des Universums teilhat, und davon, wie wir alle eine Eingebung des Universums sind und alles eine Eingebung davon ist.

Fähig zu sein, sich das Absolute vorzustellen, ist für mich das, was uns aus dem Hier und Jetzt befreien kann. Das hier [sie hält ein Mobiltelefon hoch] ist nützlich, es hat Stil, es hat ein Design - aber es ist nicht schön. Wenn wir meinen, dieses Objekt sei wahre Wissenschaft, wahre Kunst, dann haben wir nicht verstanden. Denn es ist nicht mit der Ewigkeit oder irgend etwas von Wert verbunden.

Ich möchte noch etwas anderes sagen, nämlich dazu, was die Musik für mich ist. Ein Musiker ist so etwas wie eine Zeitmaschine. Nicht in dem Sinne, daß ich 200 Jahre oder 20 Jahre alte Musik aufführe. Sondern es ist das Gefühl, daß ich, wenn ich die Zeit und Töne benutze, die sich in der Zeit, im Hier und Jetzt ereignen, an einen Ort reisen kann, an dem es keine Zeit gibt und der sich nirgendwo befindet - und doch überall gleichzeitig.

Wenn ich mir ein Musikstück anhöre, oder einen Musiker, der nicht fähig ist, mich anderswohin zu versetzen, an einen Ort, der nicht hier und jetzt ist, dann habe ich das Gefühl, daß es keine große Musik ist, das mag klassische Musik sein oder was immer sonst, aber dann ist sie nicht gut oder schön aufgeführt.

Vielleicht kennen Sie einen Film, für mich ein großartiger Film, Die Verurteilten (The Shawshank Redemption); vielleicht erinnern Sie sich daran, wie darin die Musik von Mozart benutzt wird, um die Gefangenen im Gefängnishof zu erheben. Da waren zwei Stimmen - denn es war ein Duett aus der Hochzeit des Figaro, „Canzonetta sull’aria - Che soave zeffiretto“. Da waren diese beiden Stimmen, die aus dem Reich des Schönen kamen, und sie waren für mich wie zwei Vögel, zwei wunderschöne Vögel, sie spielten in der Luft, tanzten und entwickelten sich ständig, und sie traten ins Herz aller Gefangenen und öffneten ihre Herzen und gaben ihnen Hoffnung, erhellten ihren Geist und ließen sie wirklich in eine andere Welt eintreten.

In jener Welt muß man die Worte nicht verstehen, denn wenn der Geist mit dem Geist des Universums in Verbindung tritt, dann spricht er tatsächlich dieselbe Sprache. Und ich hoffe für mich als Mensch, als Musikerin, wie ich es manchmal erlebt habe, dieses Gefühl der Verbindung und Ähnlichkeit meines Geistes und meiner Vorstellungskraft mit der Vorstellungskraft des Universums zu erreichen - ich könnte auch sagen: zur Vorstellungskraft Gottes.

Ich wünsche mir also, diese Verbindung noch stärker zu finden, und ich wünsche uns allen, daß wir dieses Gefühl haben, daß wir in unserem Geist dieselbe Sprache sprechen wie das Universum, daß diese Sprache der Schönheit die Sprache von etwas Ewigem ist, und daß man jeden Moment, in dem man etwas Schönes erschafft, von neuem erschaffen kann. Das wünsche ich.

Der Kampf für die klassische Musik

Die beiden letzten Beiträge dieser Podiumsrunde kamen von langjährigen führenden Vertretern der Musikarbeit des Schiller-Instituts, die über ihre Arbeit und ihre Entdeckungen im Einsatz für die klassische Musik berichteten.

John Sigerson sprach die zentrale Bedeutung der Ironie bzw. der Metapher an, die den Kern der klassischen Musik darstellt. Er berichtete über seine Arbeit an Robert Schumanns Liederzyklus Dichterliebe, den er vor vielen Jahren in New York City aufgeführt hatte. „Eine Woche später schrieb Lyndon LaRouche ein Memorandum, das mich schockierte“, sagte Sigerson. In diesem Memorandum schrieb LaRouche nämlich, die Dichterliebe sei zum Brüllen komisch. „Das hat mich dazu veranlaßt, darüber nachzudenken, wie man diesen Punkt der Ironie in der klassischen Musik zum Ausdruck bringen kann, wie er sich beispielsweise in dem Stück ,Ich grolle nicht’ zeigt, welches das genaue Gegenteil der Aussage vermittelt.“

Durch Paradoxa, die auf einer höheren Ebene aufgelöst werden, zur Schönheit zu gelangen - das sei das Ziel des klassischen Komponisten, sagte Sigerson. Es sei in gewissem Sinne vergleichbar mit dem Kampf für Glass-Steagall, bei dem man das Beste nimmt, was die vorangegangenen Generationen geschaffen haben, und es auf eine höhere Ebene hebt, um die Krise der Menschheit zu überwinden - wie es bei Mozart in einem besonders schönen Abschnitt des Requiem, dem „Recordare“, heiße: „Tantus labor non sit cassus“ - Laßt all diese Arbeit nicht vergebens sein.

Liliana Gorini berichtete über den 1987 von Lyndon LaRouche begonnenen Kampf für die Rückkehr zur tieferen, klassischen Stimmung von c’=256 Hz/a’=432 Hz. Diese Kampagne begann damals mit einer Aufführung von Mozarts Krönungsmesse mit dem Chor des amerikanischen Schiller-Instituts, und Gorini hatte damals Gelegenheit, in die USA zu reisen und an diesem Projekt mitzuarbeiten. LaRouche habe damals den Fagottisten gesagt: „Klebt eure Instrumente notfalls mit Klebstreifen ab [um die tiefere Stimmung zu erreichen], aber respektiert die Singstimme und die Verbindung zwischen Musik und Wissenschaft.“

Als sie damals nach Mailand zurückkam, habe sie beschlossen, zu untersuchen, ob Giuseppe Verdi etwas über die Stimmung gesagt habe - und Verdis Brief an die italienische Regierung von 1884 gefunden, in dem er ebenfalls die Verbindung zwischen Musik und Wissenschaft herstellte und ein Gesetz für die wissenschaftliche Stimmung bei a’=432 Hz forderte. Das Schiller-Institut veranstaltete dann 1988 eine Konferenz über die wissenschaftliche Stimmung in der Casa Verdi in Mailand. Gorini zeigte dann eine Videoaufnahme des berühmten Baritons Piero Cappuccilli, worin dieser den Unterschied durch die Stimmung demonstrierte, indem er Ausschnitte aus zwei Arien - eine aus dem Troubadour und eine andere aus Ernani - jeweils einmal in der heute üblichen höheren und in der tieferen, wissenschaftlichen Stimmung sang.

Während des Konzerts am Vorabend hatte Gorini bereits eine Unterstützungserklärung von Carlo Bergonzi für das Konzert in der Verdi-Stimmung verlesen. Der berühmte Tenor, der auf eine fünfzigjährige Bühnenkarriere zurückblickt, gehörte schon 1988 zu den Unterzeichnern des Aufrufs des Schiller-Instituts für die Rückkehr zur wissenschaftlichen Stimmung. Im November 1996 hatten Cappuccilli und Bergonzi an einer Konferenz in Verdis Heimatstadt Busseto teilgenommen, bei der auch Lyndon und Helga LaRouche sprachen.

Sie hoffe, sagte Gorini, daß in diesem Jahr auch andere Konzerte in der wissenschaftlichen Stimmung veranstaltet würden, um den 200. Geburtstag Verdis, der am 10. Oktober 1813 geboren wurde, angemessen zu feiern. „Die Kampagne geht weiter!“ Verdi setzte sich zu seiner Zeit auch besonders für klassische Autoren ein, wie Shakespeare und Schiller, deren Werke er intensiv studierte und als Grundlage für Opern verwendete. Wenn wir zu ihnen zurückkehren, dann werden wir fortschreiten, sagte Verdi.

Gorini schloß: „Durch die klassische Kunst kann man die Menschen erheben, damit sie ihre persönlichen Schwächen überwinden und ihre Mission im Dienst der Menschheit erfüllen.“

Wie motiviert man andere, Verantwortung zu übernehmen?

Nach diesen Ausführungen lud Helga Zepp-LaRouche das Publikum ein, sich an der Diskussion zu beteiligen.

Helga Zepp-LaRouche: Wir haben leider das Problem, daß uns wirklich die Zeit ausgeht, deshalb möchte ich bloß kurz sagen, daß einer der Geiger der gestrigen Aufführung, der auch ein Schüler von Norbert Brainin [vom Amadeus-Quartett] war, eine neue Petition für die niedrigere Stimmung ins Internet gestellt hat. Wir werden die Adresse auf der Internetseite des Schiller-Instituts über das neue Paradigma veröffentlichen, und ich bitte Sie alle, mitzuhelfen, dies bekanntzumachen, und was es bedeutet. (Sie finden die Petition im Internet unter http://www.avaaz.org/de/petition/Rettet_den_Kammerton/?eOPVhcb und können Sie dort online unterstützen.)

Und ich möchte auch sagen: Ich habe gehört, daß es hier im Raum viele Fragen gibt, die wir aus Zeitgründen jetzt nicht alle beantworten können, aber Sie sollten sich ermutigt fühlen, diese Fragen per E-Mail einzusenden, oder vielleicht können wir dafür sogar ein Telefon einrichten, denn ich denke, daß die Redner auch über diese kurze Gelegenheit hinaus sehr gerne Fragen beantworten werden. Aber wir haben jetzt noch etwa zehn Minuten. Wenn Sie also jetzt dringende Fragen an irgendeinen der Redner hier auf dem Podium haben, dann nur zu.

Frage: Ich habe eine einfache Frage an Lyn in Bezug auf meine zukünftige Arbeit: Bitte sagen Sie mir: Wie kann ich meine Freunde dazu motivieren, Verantwortung für Menschen zu übernehmen, die sie nie persönlich kennen werden? Wie kann ich es erreichen, daß sich die Leute um mich herum mehr damit befassen, etwas für die Zukunft zu tun?

Lyndon LaRouche: Zunächst einmal müssen Sie sich selbst überzeugen. Sie müssen Ihr eigenes Selbstvertrauen definieren und Sie müssen sich wirklich entscheiden, einen Durchbruch zu schaffen, etwas anderes als immer dasselbe alte Lied.

Es hängt von Ihnen selbst ab. Zuerst einmal brauchen Sie einen Grund, ein Motiv, selbst etwas zu erleben, und zwar auf der Grundlage, daß Sie das für sich selbst zum Ausdruck bringen wollen. Und das kann auf zwei Wegen geschehen. Sie wollen etwas zum Ausdruck bringen, was in Ihnen ist, und bei diesem Versuch kommen Sie ins Stocken. Und wenn Sie dann Hilfe bekommen, werden Sie feststellen, daß es funktionieren kann! Sie werden das feststellen, wenn Sie mit jemand anderem zusammenarbeiten und dann dasselbe versuchen - z.B. beim Singen. Sie müssen also experimentell sich selbst erforschen und versuchen, herauszufinden, wo der Fehler in Ihnen selbst liegt, der Sie daran hindert, etwas zu tun. Vielleicht ist es ein physisches Problem bei der Aufführung, aber Sie müssen die Frage selbst lösen.

Wenn Sie das Problem lösen können, lösen Sie es! Wenn Sie es nicht lösen können, versuchen Sie, das Problem indirekt anzugehen, arbeiten Sie dafür, daß andere es angehen, bringen Sie die Leute dazu, sich zusammenzutun: „Versuchen wir es, ich habe Probleme damit. Versuchen wir es.“ Und ich denke, die größten Interpreten erhalten einen großen Teil ihrer Inspiration genau auf diesem Wege, indem sie an etwas kommen, wo sie plötzlich einen Durchbruch erreichen. Und nur, wenn man diese Herausforderung durchlebt, daß man einen Durchbruch wagt, nur dann versteht man, worum es wirklich geht.

Woran erkennt man klassische Kunst?

Frage: Ich denke, ich habe eine einfache Frage - wer auch immer darauf antworten möchte. Woran erkennt man, was wirklich klassische Kunst ist und was nicht?

LaRouche: Es gibt ein gutes Beispiel dafür. Es ist das Beispiel Beethovens in seinen letzten Jahren, und es ist eine beschämende Lehre für Menschen, die Schwierigkeiten haben, zu singen, es ist eine schreckliche Lektion. Denn Beethoven war an einem Punkt angelangt, wo er sich beim Komponieren nicht mehr auf sein Gehör verlassen konnte. Er konnte sich nicht darauf verlassen. Aber er komponierte trotzdem! Seine größten Kompositionen, was die Komplexität und die Errungenschaften angeht, kamen in seinen späteren Aufführungen, als er nichts mehr hören konnte. Er leitete eine Aufführung, eine öffentliche Aufführung, die er nicht hören konnte! Und er machte es richtig.

Der entscheidende Punkt ist, daß es gar nicht so sehr auf den Klang Ihrer Stimme ankommt, sondern auf den Klang, den Sie in Ihrem Kopf hören. Man hat es mit Ideen zu tun, nicht mit experimentellen Geräuschen. Versucht nicht, ein schönes Geräusch zu finden. Es ist etwas, was in Ihnen selbst liegt, es ist eine Leidenschaft in Ihnen, etwas zu tun, was Sie noch nie zuvor getan haben.

Und nur, wenn die Leute das durchleben, wenn beispielsweise ein Lehrer oder Trainer sie dazu bringt: „Schau mal, versuche es!“, wenn sie dann einen Durchbruch erreichen und herausfinden, wie sie etwas tun können, was sie potentiell schon immer hätten tun können, und wenn sie sich selbst zu diesem Durchbruch zwingen - vielleicht machen sie es anfangs noch nicht besonders gut, aber dann wissen sie, was sie haben! Und sie werden es wieder versuchen und dann wird es ein Erfolg werden!

„Ich habe Angst, meine Freunde zu verlieren“

Frage: (...) Ich habe meinen Freunden von der Bürgerrechtsbewegung Solidarität erzählt und sie finden die Ansätze ganz gut, aber sie würden halt nicht den Schritt gehen, den ich gehen werde... Ich verstehe, worum es letztendlich in dieser Bürgerrechtsbewegung geht, was sie erreichen will - diese Kreativität und Leidenschaft; was der Mensch erreichen kann; daß er die Kreativität hat und wirklich zum Mars kommen kann, das ist mir bewußt.

Aber dennoch unterliege ich, kann man sagen, meinen Gefühlen zu meiner Familie, die essentiell für mich ist. Und wenn ich der BüSo beitreten sollte, dann glaube ich, daß ich sie letztendlich verlieren werde - natürlich werden wir uns nie ganz verlieren, aber auf eine gewisse Art und Weise. (...) Ich habe Angst, diese Menschen zu verlieren. Letztendlich ist es Angst, das weiß ich auch, aber sie ist absolut gerechtfertigt. Und da bin ich halt in einer Zwickmühle.

Zepp-LaRouche: Ich denke, daß jeder, der sich dieser Bewegung angeschlossen hat, mit diesem Problem konfrontiert war, denn das, was mein Ehemann getan hat, war im Grunde, uns aus einem Leben herauszuheben, das ein mehr oder weniger normales Leben war - die Leute gingen ihrem Studium nach oder ihrem Familienleben oder was sonst immer. Entschuldigen Sie, daß ich das so sage, aber ich sage es nicht, weil ich mit ihm verheiratet bin: Man trifft einen Menschen wie meinen Ehemann vielleicht nur einmal in einem Jahrhundert. Und ich war sehr, sehr froh, als unser Gast aus China sagte, er [LaRouche] ist ein konfuzianischer Mentor, oder als andere gesagt haben, er steht in der Tradition von Wernadskij in Rußland oder ähnliches.

Jedenfalls, als wir ihn getroffen haben, da war das wie ein Erdbeben, ein Gewitter, das die Art und Weise, wie man die Dinge betrachtet, vollkommen verändert hat. Denn wenn man einen Platon trifft oder einen Leibniz oder einen Beethoven - ich meine, das ändert unser Leben.

Nun, am Anfang gab es unglaubliche Widerstände. Die Leute sagten: „O, du willst so was Verrücktes machen? Du bist bloß ein kleines Sandkorn im Ozean, die Wellen werden kommen und dich davonspülen.“ Und man braucht am Anfang diese Stärke, zu sagen: „Nein, ich widme mein Leben etwas Besserem.“ Angesichts der Tatsache, daß jeder, der Herz und Verstand hat, sieht, in welchen furchtbaren Zustand diese Zivilisation ist. Afrika stirbt! Aber wer kümmert sich um Afrika? Millionen Kinder sterben und niemand schert sich darum! Jedenfalls nicht im sogenannten „entwickelten“ Sektor.

Es findet ein unglaublicher Mentizid statt. Schauen Sie sich die Jugend an. Obwohl ich schon sehr, sehr lange mit ganzem Herzen in der Politik bin - wenn ich den jetzigen Zustand der Jugend sehe, wo man jeden Tag Berichte sieht, daß Zwölfjährige Elfjährige vergewaltigen und pornographische Videos machen und sie dann ins Internet stellen, oder sie Schußwaffen gebrauchen, wenn Vierjährige ihre Eltern erschießen, weil eine Pistole herumliegt: Ich kann diesen Zustand der Zivilisation nicht anschauen, denn ich weiß, was ein positives Menschenbild ist!

Zum Glück hatte ich drei gute Deutschlehrer, die niemals über das 20. Jahrhundert gesprochen haben, sondern immer über Schiller, Lessing, Mörike und alle diese anderen wunderbaren Dichter, und das hat mein Menschenbild sehr stark geprägt. Wenn Sie beispielsweise den Briefwechsel zwischen Schiller und Humboldt lesen, zwischen Schiller und Körner, Schiller und Goethe - da sehen Sie, was eine Beziehung zwischen Menschen sein kann, daß der Mensch für die schönsten Ideen kämpfen kann. Und das ist die Grundlage ihrer sozialen Beziehungen.

Wenn ich nun diese Briefwechsel aus dieser Zeit mit den heutigen SMS oder Twitter vergleiche - da haben Sie ein Maß dafür, wie sehr die Menschen in ihrer Kommunikation heruntergekommen sind! Und ich denke, das ist eines der großen Übel. Irgendwann in der Zukunft werden die Historiker fragen: „Was waren die Beziehungen zwischen diesen Menschen? - Ach, diese SMS und diese Textnachricht!“ Es wird ein Spiegelbild dessen sein, warum wir in einem solchen finsteren Zeitalter leben.

Nun, wenn Sie all das sehen, und eine Liebe zur Menschheit haben, dann müssen Sie diese Leidenschaft haben, alles zu tun, was Sie in ihrem Leben tun können, um die Dinge nicht so zu belassen! Aber die meisten Kinder haben gar keine Chance dazu! Wenn sie nicht mindestens einen Menschen, einen Lehrer, einen Elternteil haben, der diesen göttlichen Funken in ihnen entfacht, dann vegetieren sie nur vor sich hin und nehmen Drogen und geraten in diese furchtbare Jugendkultur, die auf Häßlichkeit beruht, auf Gewalt, usw.

Wenn Sie also irgend etwas für die Menschheit empfinden, dann müssen Sie tun, was wir tun - es gibt keinen anderen Weg. Und am Anfang werden Sie einige Freunde treffen, die sich dann nicht als Freunde erweisen. Viele Menschen meinen, Freundschaft ist Freundschaft. Aber wenn sie zum ersten Mal geprüft wird, dann stellt sich heraus, daß es bloß „warme Körper in einer Winternacht“ waren. Oder die Leute machen alle möglichen banalen Dinge mit und wenn die erste Herausforderung kommt, dann ist es keine wirkliche Freundschaft.

Andererseits hat sich gezeigt, diejenigen, die durchgehalten haben - und einige von uns sind schon sehr, sehr lange dabei: Wir werden jetzt von unseren Eltern anerkannt, denn wir sind jetzt die einzigen, die keine schwarzen Schafe geworden sind! Alle anderen sind inzwischen geschieden oder haben viele andere Symptome der heutigen Kultur.

Das ist also eine Transformation: Sie müssen etwas Geduld haben, denn später werden die Leute Sie für das schätzen, was Sie die Einsicht hatten, ihnen zu zeigen. Und diejenigen, die es wert sind, werden dann mit Ihnen sein, und diejenigen, die es nicht wert sind, werden Sie verlieren. Das ist der Preis, aber ich denke, der Preis, den man dabei gewinnt, ist das, was Nikolaus von Kues die „Süßigkeit der Wahrheit“ nannte, die viel süßer ist als alles, was man sonst kennt.

Und wir haben wirklich eine enorme Verantwortung. Ich denke, daß die wenigen auf diesem Planeten, die wirklich verstehen, wo sich die Zivilisation derzeit befindet, eine schreckliche Verantwortung haben. Denn wir stehen vor dem Untergang dieser Zivilisation. Und wir sind, relativ gesehen, nur sehr, sehr wenige, die das Wissen haben, was zu tun ist, weil wir niemals aufgegeben haben. Wenn wir angegriffen wurden, haben wir nicht kapituliert wie andere, sondern wir haben gesagt: „Wer greift uns an? Warum? Finden wir es heraus!“ Und so haben wir den besten privaten Nachrichtendienst der Welt aufgebaut.

Und deshalb werden wir in gewissem Sinne gefürchtet, obwohl wir physisch gesehen keine Macht haben. Wir haben nicht viel Geld, wir haben bloß eine Einsicht in die Gesetze des Universums, und ich denke, das ist der Grund, warum ich nach all diesen Kämpfen optimistisch bin, daß die Gesetze des Universums auf unserer Seite stehen. Und sie stehen genau aus dem Grund auf unserer Seite, den Antonella [Banaudi] genannt hat. Denn ich glaube - ich kann das zwar nicht garantieren -, aber ich glaube, daß wir auf derselben Wellenlänge mit der Gesetzmäßigkeit des Universums sind, während unsere Gegner wie eine Kinderkrankheit sind, die irgendwann einmal vorübergeht.

Seien Sie also optimistisch und schließen Sie sich uns an!

Frage: Ich möchte, daß du etwas dazu sagst, was wir morgen tun werden. Denn wir - unsere Jugendbewegung - haben auch Leute hier, die mit uns zusammenarbeiten, die zum Teil neu dabei sind oder uns schon sehr lange kennen, aber wir brauchen wirklich ihre Hilfe, um die Zivilisation unserer Nationen zu verteidigen.

Wir werden unsere Abgeordneten kontaktieren, und ich denke z.B. daran, daß wir in den Vereinigten Staaten jetzt dieses wunderbare wöchentliche Konferenzgespräch mit unseren Aktivisten haben. Wir haben so etwas auch in Deutschland, und jeder in Deutschland kann an diesem Anruf teilnehmen; wir informieren Sie dort und helfen Ihnen, die Abgeordneten in Ihrem Wahlkreis wirklich zu organisieren. Denn es ist jetzt sehr dringend notwendig, daß das Glass-Steagall-[Trennbanken]-Gesetz durchgesetzt wird. Und ich denke, es ist sehr wichtig, das als Vorbereitung für das zu sehen, was wir morgen tun werden. Das wollte ich nur sagen.

Zepp-LaRouche: Gut. Ich möchte Lyn das Schlußwort überlassen.

Nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft sehen

Lyndon LaRouche: Was ich mir am meisten von Ihnen allen wünsche - und von vielen Menschen mehr - ist, daß Sie aufhören, auf das zu vertrauen, was gestern geschehen ist.

Das einzig entscheidende ist, jedenfalls, wenn man in einem Universum mit solchen Problemen lebt, dann weiß man, daß man nicht so weitermachen kann wie bisher, weil das, was man bisher getan hat, nicht weiterführt.

Deshalb liegt die Lösung in der Definition der Frage der Zukunft: Wie stellt man sich eine bessere Zukunft vor? Das ist ja nicht bloß eine Frage, sich für irgendeine Zukunft zu entscheiden - man muß sich für die richtige entscheiden! Und wo ist Ihre Leidenschaft, zu erkennen, wo das wahre Zukunftspotential liegt?

Nehmen Sie als Beispiel Beethoven, ich habe mich schon vorhin darauf bezogen. Beethoven war so schwerhörig und taub, daß er in seinen letzten öffentlichen Auftritten, als er seine eigenen Kompositionen dirigierte, Schwierigkeiten hatte, zu verfolgen, was das Orchester mit seiner Komposition machte. Und trotzdem machte er es richtig! Und der Grund dafür war, daß dieser Mann brillant komponierte in Bezug auf die Komposition von Ideen - er stand auf dem Gipfel dieser Fähigkeit und inspirierte noch immer die Menschen. Obwohl er nichts hören konnte! Er war schon seit Jahren taub! Seine letzte Fähigkeit, zu hören, schwand irgendwann vollkommen! Aber genau in dieser Periode hat dieser Mann, der Geist dieses Mannes größere Schöpfungen hervorgebracht als je zuvor!

Das ist das wichtigste an den Menschen. Und das Schlechte bei den Aufführungen ist, daß sie an die Sinneswahrnehmungen glauben. Sie glauben an die Sinneswahrnehmungen, die sie hören oder die sie hören wollen, sofort, und dabei vergessen sie fahrlässig, daran zu denken, wie die Zukunft sein kann.

Das Kostbarste in einer Gesellschaft ist die Entwicklung von Menschen in dieser Gesellschaft, die eine Vorahnung von der Zukunft haben, davon, wohin die Gegenwart führt - daß man nicht bloß die Gegenwart sieht. Man sieht den Prozeß, der aus der Vergangenheit in die Gegenwart führt - weiß man nun davon ausgehend, was die Zukunft bringen wird?

Ich habe das wiederholt getan. Andere, meistens außergewöhnliche Menschen, haben es auch getan. Ich habe schon öfters gesagt und damit recht behalten: „Spätestens in etwa fünf Jahren wird diese neue Entwicklung eintreten.“ Es könnte etwas kürzer oder länger sein, aber ungefähr in diesem Zeitraum. Ich habe oft solche Zeiträume vorhergesagt und ich habe recht behalten! Das ist das gleiche Prinzip, das man bei allen großen Komponisten sieht! Bei allen großen Komponisten! Das Prinzip ist, die Zukunft kommen zu sehen, eine bessere Idee, die Bedeutung der Idee in der Zukunft, in einer relativ größeren Entfernung.

Das ist das wichtigste, denn wie kann man sonst beurteilen, was man mit seinem Leben anfangen oder in seinem Leben für die Menschheit tun soll? Wie kann man beweisen, daß diese Entscheidung keine Zeitverschwendung war, weil man die Vorstellung, die man hätte erkennen sollen, nicht erkannte? Das macht alle Kreativität aus.

Wenn Sie Shakespeares Aufführungen im Theater richtig verstehen, eine gute Aufführung von Shakespeare, da erlebt man dasselbe. Man merkt, wie man nach und nach die zukünftige Entwicklung in dem Drama vorhersieht. Bei jeder großen Oper, klassischen Oper, ist es das gleiche, im klassischen Lied das gleiche! Die Oper ist für diesen Prozeß nützlich, weil sie eine Zeitspanne umfaßt. Kann man die Ironie davon vorhersehen, was in der Zukunft in diesem klassischen Drama geschehen wird? Kann man diese Fähigkeit auf die Erfahrung im wirklichen Leben anwenden?

Nun, ich sage Ihnen, der Mensch ist vollkommen fähig dazu. Es ist eine Fähigkeit der Gattung, des Menschen. Das macht den Unterschied zwischen dem Menschen und dem Tier aus. Und Sie alle haben Teil daran. Sie müssen nur das Kommando über ihren Anteil übernehmen. [Applaus]


Fußnote

1. Bruce Fein hatte bei der Konferenz eine Rede über die „Die Fundamente der Zivilisation“ gehalten, siehe Neue Solidarität 18/2013.