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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Helga Zepp-LaRouche in New York:
Wir müssen den Kurs der USA und Europas ändern!

Helga Zepp-LaRouche, die Vorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität und des internationalen Schiller-Instituts, eröffnete am 17. Januar eine Konferenz des Instituts in der Riverside Church in New York City mit dem folgenden Überblick über die derzeitige Weltlage.

Ich bin hier, um über eine großartige Vision einer Welt ohne Krieg und Terrorismus zu sprechen.

Nun, das klingt an diesem Zeitpunkt, da wir am Rande des Dritten Weltkriegs stehen, wie eine recht unwahrscheinliche Vorstellung. Selbst Gorbatschow hat das kürzlich sehr klar ausgesprochen, und auch viele andere sehen die Gefahr. Und die Welt wird derzeit von einer Welle des Terrorismus zerrissen, bei der es auch nicht einfach ist, sich vorzustellen, wie wir uns aus dieser barbarischen Tendenz wieder befreien können.

Aber wir können es schaffen. Das Potential, die Welt wieder in Ordnung zu bringen, existiert. Es existiert in Form des Beginns einer neuen Weltwirtschaftsordnung, die seit anderthalb Jahren von den BRICS-Staaten, den CELAC-Staaten in Lateinamerika und einigen asiatischen und afrikanischen Ländern aufgebaut wird. Aber damit diese Vision wirklich zu einer realistischen Perspektive für die Zukunft werden kann, ist es absolut unverzichtbar, daß wir den Kurs insbesondere der Vereinigten Staaten und Europas ändern.

Denn dies geht nur, wenn sich die Vereinigten Staaten den BRICS-Ländern anschließen und China, Indien und die übrigen BRICS-Nationen nicht als geopolitische Bedrohung ihrer oder unserer geopolitischen Interessen betrachten. Es muß absolut klar sein, daß Krieg im Zeitalter thermonuklearer Waffen kein Mittel zur Lösung von Konflikten mehr sein kann - es sei denn, man will Selbstmord verüben.

Krieg und Terrorismus sind die beiden bösen Zwillinge unserer Zeit, die sich in einer inzestuösen Verbindung fortpflanzen. Es gibt Terrorismus. Dann gibt es den Krieg gegen den Terrorismus, der weitere Terroristen erzeugt, was wiederum die Notwendigkeit weiterer Kriege schafft. Dann haben wir noch mehr Terrorismus - und so geht es weiter, bis ein Dritter Weltkrieg droht.

Man sollte verstehen, daß Krieg und Terrorismus - wahrscheinlich schon immer, aber speziell in unserer jetzigen Zeit - Werkzeuge eines imperialen Systems sind, das den Abstand zwischen arm und reich in einer völlig wahnsinnigen, perversen Art und Weise vergrößert hat; ein System, das eine Lage geschaffen hat, in der die reichsten Menschen - 85 Personen - genausoviel besitzen wie die ärmere Hälfte der Menschheit - 3,5 Milliarden Menschen.

Papst Franziskus nannte dieses System ein System, das tötet, und er fordert, daß man das fünfte Gebot - „Du sollst nicht töten“ - auf dieses System anwendet. Und hier in Manhattan, an der Wall Street, haben wir in gewissermaßen das Hauptquartier dieses Systems - zusammen mit der Londoner City.

Aber hier war auch der Beginn der amerikanischen Republik und der amerikanischen Verfassung, die Alexander Hamilton verkörperte, und der Idee, daß die souveräne Regierung das Recht hat, für das Gemeinwohl ihren eigenen Kredit zu schöpfen, und daß dieser ausschließlich dem Wohl der Nation zu dienen hat.

New York war der Beginn der Republik der Vereinigten Staaten und ihrer Institutionen, und die Wall Street war von Anfang an der Feind dieses amerikanischen Modells. Sie war schon immer der Brückenkopf für die Subversion durch das Britische Empire - die ganze Zeit über. Sie finanzierte stets die falschen Leute, darunter auch die Konföderation [der Südstaaten] im amerikanischen Bürgerkrieg.

Sie war also verbunden mit der Idee, die Amerikanische Revolution rückgängig zu machen und die amerikanischen Kolonien wieder unter die Herrschaft des Britischen Empires zurückzuführen, und heute laufen die Feinde der Idee Amerikas als Republik Amok. Einige von ihnen haben gerade ein Lunch oder Dinner mit dem Vertreter des Britischen Empires, der gerade die Vereinigten Staaten besucht, nämlich Tony Blair.

Das Schicksal der Welt wird davon abhängen, welche dieser beiden Traditionen sich durchsetzt. Und wir haben uns heute hier versammelt, um von dieser Konferenz aus einen Prozeß in Gang zu setzen, um Amerika wieder zu einer Republik zu machen und die Politik von Alexander Hamilton und John Quincy Adams umzusetzen, damit die Vereinigten Staaten wieder eine Republik werden, in einem Bündnis mit anderen, vollkommen souveränen Republiken.

Die Wall Street steht vor dem Zusammenbruch

Die gute Nachricht bei alledem ist, daß die Wall Street vor dem Zusammenbruch steht. Und die noch bessere Nachricht ist, daß es bereits eine Alternative zu diesem System gibt. Aber die Banken der Wall Street und auch in der Eurozone, die „zu groß zum Scheitern“ („too big to fail“) sind, stehen vor dem Zusammenbruch.

Am Donnerstag dieser Woche gab die Schweizerische Nationalbank ihre Bindung an den Euro auf, und zwar deshalb, weil diese nicht mehr aufrecht zu halten war, nachdem die Schweiz bereits Hunderte Milliarden Franken eingesetzt hatte, um eine Aufwertung des Schweizer Franken zu verhindern, und sie erwartete, daß in der kommenden Woche sehr stürmische Dinge bevorstehen. Und deshalb zog die Schweiz sozusagen die Notbremse und beschloß, die Parität aufzugeben.

Am Donnerstag der kommenden Woche - und das ist eine der Schweizer Befürchtungen - wird die Europäische Zentralbank sehr wahrscheinlich eine gigantische „quantitative Lockerung“ beschließen und uneingeschränkt Staatsanleihen aufkaufen. Sie wird tun, was Mario Draghi schon vor zwei Jahren angekündigt hatte, als der Euro in großen Schwierigkeiten war: Er sagte, er werde alles tun, um den Euro zu retten. Und „alles“ bedeutet, unbegrenzt Geld zu drucken.

Am 25. [Januar] finden die griechischen Wahlen statt, und alles deutet darauf hin, daß die Oppositionsparteien - SYRIZA und die Unabhängigen Griechen - die Mehrheit gewinnen werden. Und sie haben bereits angekündigt, daß sie in diesem Fall das Memorandum der Troika aufkündigen werden: das Memorandum, das der griechischen Bevölkerung unvorstellbare Leiden auferlegt hat - Austerität, höhere Selbstmordrate, höhere Sterberate. Und dagegen gibt es jetzt einen Volksaufstand in Griechenland.

Wenn die Oppositionsparteien gewinnen, dann wird das wahrscheinlich der Anfang vom Ende des Euro sein, denn wenn die EU-Kommission den Forderungen von SYRIZA nachgibt und die Austerität aufgibt, dann wird sich dies wie ein Buschfeuer nach Italien, Spanien, Portugal, Frankreich und wahrscheinlich viele andere Länder ausbreiten. Aber wenn sie das nicht tun, dann wird das Ultimatum wahrscheinlich bedeuten, daß Griechenland aus der Eurozone austritt, und auch das wird sich wie ein Buschfeuer ausbreiten.

Nun, die Wall Street steht nicht besser da, denn die Too-big-to-fail-Banken, die schon zuvor in einer verzweifelten Lage waren, haben spekuliert und in Schiefergas und -öl investiert und dabei etwa eine Billion Dollar an Schulden aufgehäuft, die bei einem Ölpreis von 80, 100 oder 120 Dollar zurückgezahlt werden sollten - aber nicht bei 45 Dollar, wo er im Moment steht. Und dazu haben sie noch etwa 20 Billionen Dollar an ausstehenden Derivatkontrakten unterschiedlichster Art angehäuft.

Das hat eine ähnliche Lage geschaffen wie bei der Krise der nachrangigen Hypotheken 2007, wo aufgrund des Zusammenbruchs der Eigenheimpreise viele Menschen auf Hypotheken sitzen blieben, die höher waren als der Wert ihrer Häuser, und das führte dann zum Zusammenbruch des sekundären Immobilienmarkts, der wiederum zum Kollaps von Lehman Brothers und fast zum Untergang des Systems führte.

Das bedeutet, daß das transatlantische Finanzsystem vor dem Untergang steht. Und angesichts der Tatsache, daß das System etwa zwei Billiarden Dollar an ausstehenden Derivaten hat, ist es völlig ausgeschlossen, daß dieses Geld zurückgezahlt werden kann - weder durch einen Bail-out noch durch einen Bail-in. Und das ist der Grund, warum wir vor dem Dritten Weltkrieg stehen.

Die Kriegsgefahr

Denn der Kollaps des transatlantischen Systems ist die eigentliche Ursache der Kriegsgefahr. Der Zünder ist offensichtlich die Krise in der Ukraine, aber in Wahrheit haben wir es mit einer geopolitischen Konfrontation gegen Rußland und China zu tun. Und wenn Gorbatschow, der im Westen sehr beliebt ist, aber nicht in Rußland, jetzt in einer dramatischen Änderung seiner Ansichten Putin verteidigt und warnt, wenn es zu einem Krieg um die Ukraine käme, würde das zu einem großen Krieg führen, in dem auch atomare Waffen eingesetzt würden, und daß dies dann zur Auslöschung der Zivilisation führen würde, dann kann ich nur sagen, daß das absolut richtig ist.

Derzeit erleben wir eine Aufstellung des US-Militärs und der NATO, die auf einer Erstschlagsdoktrin beruht. Sie haben die NATO nach Osten ausgeweitet und Rußland eingekreist. Die Vereinigten Staaten haben eine Doktrin des „sofortigen globalen Schlages“ angenommen, und das ist eine Erstschlagsdoktrin. Das globale Raketenabwehrsystem der USA ist ein Erstschlagssystem. Und die Vereinigten Staaten sind dabei, zu dem gleichen Zweck ihr gesamtes Kernwaffenarsenal zu modernisieren...

Rußland bildet sich diese Bedrohung nicht ein, sie ist sehr real. Deshalb hat Rußland über die Weihnachtstage reagiert und eine neue russische Militärdoktrin eingeführt, in der sie sagen, daß sie sich ihrerseits das Recht vorbehalten, Kernwaffen einzusetzen, um sich gegen einen Erstschlag der USA zu verteidigen. Sie investieren in neue U-Boote. Sie stationieren Interkontinentalraketen auf Zügen, damit sie keine einfachen Ziele sind. Auch sie modernisieren ihre nuklearen Kapazitäten und ihre Zielerfassungssysteme.

Die Dezemberausgabe des Magazins The Nation enthielt einen Artikel von Prof. Theodore Postol, in dem er mit vielen Details die Erstschlagsposition der Vereinigten Staaten beschreibt. Und er sagt, es sei ein fundamentaler Fehler der Leute, die dies zu verantworten haben, anzunehmen, daß es möglich sei, den Zweitschlag eines Gegners zu neutralisieren. Denn es bestehe ein grundsätzlicher Unterschied zwischen einem konventionellen Krieg, in dem man soviel wie möglich vom Gegner zerstört, bis der Gegner besiegt ist, während das in einem nuklearen Krieg nicht geht. Und er rechnet dann im einzelnen vor, warum die Russen in jedem Falle sechs Minuten haben, um ihre Kapazitäten zu starten, sobald sie angegriffen werden. Und das bedeutet die Auslöschung.

(Frau Zepp-LaRouche gab dann einen historischen Überblick darüber, wie sich diese Lage im Verlauf der letzten 70 Jahre entwickelte, bis zu den jüngsten Anschlägen in Paris, und über die Initiativen der BRICS-Staaten, insbesondere der chinesischen Initiativen des Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße und der Maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts als Ausweg aus der Krise. Sie schloß ihre Rede mit einem Appell an die Amerikaner und speziell an die Menschen in New York:)

Deshalb müssen die Vereinigten Staaten nun mit den BRICS-Staaten zusammenarbeiten, mit Rußland, China, Indien, Iran und Ägypten, um Südwestasien als Verlängerung der Neuen Seidenstraße zu entwickeln. Das ist ein Programm, das wir schon 2012 ausführlich dargelegt haben, mit konkreten Projekten - Wasserregulierung, Begrünung der Wüsten, Aufbau neuer Infrastruktur, Aufbau neuer Städte, dort wo jetzt Hunger und Tod herrschen -, was die Armut und damit auch die Brutstätten für den Terrorismus beseitigen würde.

Ich denke aufgrund meiner Erfahrungen, daß die Menschen in den Vereinigten Staaten dazu tendieren, das Ausmaß des Antiamerikanismus in aller Welt nach drei Bush-Administrationen und sechs Jahren Obama vollkommen zu unterschätzen. Kriege, die auf Lügen beruhten, forderten viele Millionen Menschen das Leben oder haben ihr Leben zerstört. Ich erwähnte den Fall des Irak - die Kriege und das Embargo -, aber denken Sie nur an die Lage in Syrien, in Libyen, in Afghanistan, wo so viele Menschen getötet und traumatisiert wurden, wo so viele Soldaten - amerikanische Soldaten und andere - getötet, verletzt, traumatisiert und für den Rest ihres Lebens zerstört wurden. Und natürlich auch die Angehörigen der Opfer des 11. September.

Um diese gewaltigen Leiden so vieler Menschen zu überwinden - ein solches millionenfaches Verbrechen, Kriegsverbrechen -, brauchen wir wirklich ein größeres, außerordentliches Gutes, um es an seine Stelle zu setzen.

Die Voraussetzung dafür ist, die Kasinowirtschaft der Wall Street zu beenden, sofort das Glass-Steagall-Trennbankengesetz wieder im Kraft zu setzen, eine Hamiltonische Nationalbank einzuführen, die unbezahlbaren Derivate und toxischen Schulden zu beseitigen und die verbleibenden Schulden in einer Nationalbank als Grundlage eines neuen Kreditsystems zu reorganisieren - genau so, wie es Hamilton getan hat. Und deshalb muß New York, in der Tradition Hamiltons, wieder zum Ausgangspunkt für die Wiederherstellung der Vereinigten Staaten als Republik werden.

Nun, die New Yorker sind in aller Welt dafür berühmt, daß New York die geistige Hauptstadt der Vereinigten Staaten ist. Und diese Stadt ist ein wirklicher Schmelztiegel, in dem es Vertreter fast aller Nationen auf diesem Planeten gibt. Und jeder von ihnen leistet einen ganz speziellen Beitrag zu der ganz besonderen Idee von New York, und deshalb ist New York ein Synonym für eine geeinte Menschheit.

Die New Yorker sind stolz darauf, intelligenter, nachdenklicher und kreativer zu sein als die meisten Amerikaner, und deshalb denke ich, daß dies die besten Voraussetzungen sind, um von hier aus eine nationale Bewegung in Gang zu setzen, um eine Neue Ära der Zivilisation einzuleiten und die bestialische Ära der Kriege und des Terrorismus für immer zu beenden. Lassen Sie mich deshalb in diesen guten Geist John F. Kennedys in seiner berühmten Rede sagen: Ich bin ein New Yorker.