Bankenskandale in Dänemark lösen Glass-Steagall-Debatte aus
Die Bankentrennung war Thema einer führenden politischen
Talkshow in Dänemark.
Das Schiller-Institut ist in Dänemark seit der Parlamentswahl 2011 dafür
bekannt, daß es die Bankentrennung fordert. Aktivisten des Instituts traten
damals unter dem Slogan „Glass-Steagall oder Chaos“ zur Wahl an. Nun hat eine
Serie von Bankenskandalen das Thema Glass-Steagall-Bankentrennung wieder auf
die Tagesordnung gebracht.
Der erste dieser Skandale war der dänische Aspekt des „Cum-Ex“-Skandals
bei dem, wie vor einem Jahr
entdeckt wurde, durch „Dividendenarbitrage“ 1,7 Mrd. Euro an Steuern
hinterzogen wurden. Kopf dieses Schwindels war Sanjay Shah, ein in Dubai
ansässiger britischer Finanzmakler. Dann wurde im vergangenen Monat der bisher
größte Fall von Geldwäsche in Europa entdeckt, in den die estnische Filiale
der für Dänemark systemrelevanten Danske Bank verwickelt war. Zuletzt folgten
Enthüllungen, daß einige der größten Banken an Steuerhinterziehung in ganz
Europa beteiligt sind.
In einer Fernsehdebatte nach dem Bekanntwerden der Geldwäscheaffäre der
Danske Bank forderte ein Abgeordneter der linken Einheitspartei die
Bankentrennung, und auch die Vizevorsitzende der Sozialistischen Volkspartei
forderte in ihrem Blog die Bankentrennung. Beim Tag der Offenen Tür des
dänischen Parlaments am 13. Oktober sprachen Vertreter des Schiller-Instituts
mit Parteivorsitzenden und Abgeordneten über die
Glass-Steagall-Bankentrennung, die Neue Seidenstraße und LaRouches „Vier
Gesetze“.
Am 20. Oktober war dann die notwendige Bankenreform mit einer
Glass-Steagall-Bankentrennung das zentrale Thema in der Sendung „Deadline“,
einer vielbeachteten politischen Debattensendung im Fernsehsender DR2.
Zu Gast waren Dänemarks führender Bankenhistoriker, Prof. Per H. Hansen von
der Copenhagen Business School, und der Chefredakteur der Finanzzeitung
Boersen, Niels Lunde.
Nach einer Einführung über die Verwicklung der größten Banken in den
Dividendenarbitrage-Skandal sagte Hansen, das Problem seien nicht einzelne
schwarze Schafe, sondern das ganze System. Die Moderatorin erwähnte, daß
Hansen die Aufhebung des Glass-Steagall-Bankengesetzes als eines der
wichtigsten Ereignisse in der Geschichte der Finanzwelt bezeichnet hatte, das
solche Bankenkrisen überhaupt erst möglich gemacht habe. Dann wurden
Videoaufnahmen von US-Präsident Clinton bei der Aufhebung des Gesetzes
gezeigt, der sagte, es sei nicht länger zeitgemäß, weil die Industrie und die
nationale Wirtschaft für Amerika nicht mehr so wichtig seien, deshalb müßten
die alten Brandmauern, die der Modernisierung des Finanzsystems im Wege
stehen, abgerissen werden. Später wurden Bilder aus der Großen Depression in
Amerika gezeigt, und die Moderatorin leitete dies mit dem Hinweis ein, Hansen
habe die historischen Parallelen und die jeweiligen Antworten untersucht,
insbesondere die Reaktion auf den Krach von 1929 – und das sei etwas, worüber
man heute nachdenken sollte.
Hansen sagte, Präsident Roosevelts Antwort seien das
Glass-Steagall-Bankengesetz von 1933 gewesen, das die regulären
Geschäftsbanken von den Investmentbanken trennte, und die strengen
Regulierungsgesetze von 1933 und 1934. In Dänemark habe das Bankengesetz von
1930 den Banken Beschränkungen für ihre Aktivitäten als Investmentbank
auferlegt, und andere Länder in der westlichen Welt hätten ähnliche Regelungen
eingeführt. Die Aufhebung von Glass-Steagall sei von symbolischer Bedeutung,
weil an die Stelle der staatlichen Regulierung völlig „freie“ Finanzmärkte
traten, die anstelle des krisengeschüttelten Industriesektors zur treibenden
Kraft in der Wirtschaft wurden. So entstanden „Finanzsupermärkte“, wo zuvor
die verschiedenen Zweige des Finanzsektors – Sparkassen, Investmentbanken,
Hypothekenbanken, Versicherungen und Rentenkassen – jeweils für sich geregelt
waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Banken überall streng reguliert,
und bis in die 1970er Jahre gab es keine Finanzkrisen. Dann wurden die Banken
immer größer, und vor allem die Investmentbanken betrieben immer waghalsigere
Spekulationsgeschäfte, um den Gewinn für die Aktionäre, den „Shareholder
Value“, zu maximieren. Das sei der Kern des Problems.
Die Zulassung des automatisierten Computerhandels mit Finanzpapieren habe
die Instabilität noch verstärkt, sagte Hansen. Ein Finanzsektor sei notwendig,
aber man sollte den Teil, von dem die Instabilität ausgeht, abtrennen. Die
große Frage sei, wie. Es reiche nicht aus, Bußgelder zu verhängen, denn das
Problem sei systemisch – mit der Deregulierung und der Geschäftskultur der
Investmentbanken der Wall Street. Deshalb brauche man viel mehr als hier und
da ein paar kleine neue Vorschriften.
Niels Lunde erinnerte daran, daß früher die Hauptfunktion der Banken darin
bestand, Geld an Menschen zu verleihen, die sie kannten und deren
Kreditwürdigkeit sie beurteilen konnten. Später wurde das Ziel der Banken und
der Banker, ihren Profit zu maximieren – nicht zuletzt durch die Schaffung von
Finanzprodukten, die sie selbst kaum verstanden –, anstatt ihre Verantwortung
gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen.
Daß diese ethische Diskussion erst jetzt, zehn Jahre nach der Bankenkrise
von 2008, geführt wird, habe die neuen Skandale erst möglich gemacht. Lunde
forderte eine engere Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden aus den
verschiedenen Ländern, strengere und durchdachtere Vorschriften für die Banken
– und Haftstrafen für die Schuldigen.
Die Debatte erinnerte viele Zuschauer an das, was das Schiller-Institut
schon seit Jahren fordert. Ein Unterstützer kommentierte sie: „Ich habe an Sie
gedacht, als ich die Sendung sah. Das ist das, was Sie mir schon seit Jahren
sagen, und Sie hatten recht.“
MR
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