„Der Krieg im Jemen könnte sehr schnell beendet werden“
Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim sprach mit Ulf Sandmark
vom schwedischen Schiller-Institut über die Lage im Jemen.
„Die größte potentielle Gefahr ist nun eine neuerliche saudische Strategie,
kampferprobte ISIS-Söldner aus Syrien und dem Irak in den Jemen zu verlegen“,
warnt Ulf Sandmark in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Tasnim. „Es
sollte einen internationalen Aufschrei gegen den fortgesetzten Einsatz dieser
ISIS-Verbrecher geben, die man wegen ihrer Verbrechen gegen die Menschlichkeit
vor Gericht stellen und einsperren sollte.“
Sandmark ist ein schwedischer Ökonom und Menschenrechtsaktivist, und seit
langem Mitstreiter des amerikanischen Politikers Lyndon H. LaRouche. Er ist
Vorstandsmitglied des Schiller-Instituts in Schweden und der Stockholmer
Korrespondent des Executive Intelligence Review (EIR). Als Kind lebte
Sandmark mit seiner Familie drei Jahre lang in Addis Abeba, später engagierte
er sich seit seinem Studium an der Stockholm School of Economics für die
Entwicklung der Dritten Welt. Er hat zahlreiche Artikel und Vorschläge für
Entwicklungsprogramme verfaßt, darunter auch (zusammen mit Hussein Askary)
„Das Phönix-Projekt: Syrien neu erschaffen – Diskussionspunkte für den
Wiederaufbau Syriens“, das beschreibt, wie sich
das große Potential für Syriens Wiederaufbau durch die Einbindung des Landes
in die Neue Seidenstraße realisieren läßt. In seinen 20 Jahren als
Vorsitzender der Anti-Drogen-Koalition in Schweden hat er darüber geschrieben,
wie man die Rauschgift-Banken und ihre narkoterroristischen Banden zerschlagen
kann. Er hielt auch zahlreiche Vorträge vor internationalen Konferenzen,
darunter eine zweitägige Konferenz in London im vergangenen Jahr zur
„Unterstützung des jemenitischen Volkes gegen den
anglo-amerikanisch-saudischen imperialen Krieg“.
Es folgt der Text des Interviews, das im Original auf Englisch geführt
wurde.
* * *
Tasnim: Das UN-Kinderhilfswerk hat kürzlich erklärt, daß
durch die laufende saudische Aggression gegen den Jemen bereits mehr als 5000
Kinder getötet oder verletzt wurden, weitere 400.000 sind schwer unterernährt
und kämpfen um ihr Leben. UNICEF sagt, daß seit Beginn des Krieges fast zwei
Millionen jemenitische Kinder, ein Viertel aller Kinder, nicht zur Schule
gehen. Gleichzeitig hat der saudische Krieg im Jemen eine Cholera-Epidemie zur
Folge, die die schlimmste ist, die jemals auf der Welt registriert wurde. Was
halten Sie von den saudischen Verbrechen in diesem Land auf der Arabischen
Halbinsel? Warum ergreifen die Vereinten Nationen angesichts dieser Verbrechen
keine konkreten Maßnahmen, wie etwa Sanktionen gegen Riad?
Sandmark: UNICEF und andere Einrichtungen schlagen Alarm,
aber es liegt bei den Regierungen, Entscheidungen zu treffen, und im
UN-Sicherheitsrat werden die Nationen durch strategische Drohungen zum
Schweigen gebracht. Für China besteht die existentielle Gefahr, von
Öllieferungen aus der Golfregion abgeschnitten zu werden. Auch für Rußland
gibt es strategische Gefahren, es muß Vorbereitungen für das Überleben eines
möglichen Nuklearkriegs treffen und gleichzeitig einen Staatsbankrott wegen
niedriger Ölpreise verhindern. Die westeuropäischen Mächte werden mit der von
den Briten geschürten Hysterie eines neuen Kalten Krieges erpreßt. Der
begrenzte Spielraum, den Rußland in Syrien sorgfältig und klug nutzt, ist am
Persischen Golf nicht vorhanden. Das ermöglicht es der saudisch geführten
Koalition, der ja auch westliche Mächte angehören, in der Kriegführung diese
Taktik zu verfolgen, zu versuchen, den Willen der patriotischen Kräfte im
Jemen zu brechen, indem sie diese grausame Hunger- und Gesundheitskrise für
die Zivilbevölkerung erzeugen.
Tasnim: Einige westliche Länder, die sich als Vorkämpfer für
Menschenrechte geben, befolgen eine Doppelmoral hinsichtlich Saudi-Arabiens
Greueltaten. Wie sehen Sie die Rolle Washingtons und Riads bei den
schrecklichen Verbrechen des Regimes in Riad gegen den Jemen?
Sandmark: Das Regime in Riad war seit seiner Einsetzung als
britische Maharadschas, um die Region zu beherrschen, noch nie eigenständig.
Der Krieg ist Teil der britischen Strategie, Indien, China und Japan mit
Strangulation zu drohen, indem die Energieversorgung aus der Golfregion
destabilisiert wird. Nun, da die Kriege im Irak und in Syrien vor ihrem Ende
stehen, werden neue Spannungen erzeugt, indem die Briten immer neue Krisen
schüren, die zum Teil darauf abzielen, den amerikanischen Präsidenten zu einem
Krieg gegen den Iran zu verleiten. Die alte britische Politik, den Iran zu
schwächen und zu zerstören, ist jetzt ein zweckmäßiger Teil des kurzfristigen
britischen Ziels, Trumps Präsidentschaft kaputtzumachen und die USA in
Gegnerschaft zu Rußland und China zu halten. Trump würde es als Präsident
nicht überleben, wenn er einen weiteren amerikanischen Krieg in Asien anfängt,
nachdem er versprochen hatte, alle diese Kriege zu beenden. Das Britische
Empire in seiner heutigen Form würde es nicht überleben, wenn es das stabile
und positive Verhältnis zwischen den USA, Rußland und China gibt, das Trump
herzustellen versprochen hat.
Tasnim: Das saudische Regime hat seit dem Beginn seines
Krieges im Jemen keines seiner Ziele erreicht. Wie schätzen Sie die jüngsten
Entwicklungen an der Front ein?
Sandmark: Die saudisch geführte Koalition kann den Krieg
gegen die patriotischen jemenitischen Barfußsoldaten immer noch nicht
gewinnen, weil es auf Söldner setzt, die nur Kanonenfutter sind. Die größte
potentielle Gefahr ist nun eine neuerliche saudische Strategie, kampferprobte
ISIS-Söldner aus Syrien und dem Irak nach Jemen zu verlegen. Es sollte einen
internationalen Aufschrei gegen den fortgesetzten Einsatz dieser
ISIS-Verbrecher geben, diese sollte man wegen ihrer Verbrechen gegen die
Menschlichkeit vor Gericht stellen und einsperren.
Tasnim: Was denken Sie über die politische Zukunft des Jemen?
Durch welche Maßnahmen kann die Jemen-Krise gelöst werden?
Sandmark: Wenn der Krieg endet, hat Jemen eine glänzende
Zukunft vor sich, weil China zusammen mit 70 anderen Ländern die
Wirtschaftsgürtel-Initiative (BRI) gestartet hat, die verspricht, die Armut
auf der Welt zu beenden. Es ist das Gegenstück zu Chinas erfolgreicher
Strategie im Inland, 700 Millionen Chinesen aus der Armut herauszuholen. Zu
der BRI-Strategie gehört, alle Wohnungen auf der Welt mit Strom zu versorgen
und alle Regionen durch moderne Eisenbahnnetze zu verbinden.
Die Vision der BRI ist auch der Kern einer Strategie für den Jemen, den
Krieg zu beenden. Der Jemen kann schon jetzt versuchen, internationale
Bündnisse für seinen Schutz und für den Aufbau der BRI in der Region zu
schließen. Auch wenn es viel Zeit braucht, bis eine solche Strategie sich
konkret in Gebäuden und Infrastruktur umsetzt, kann sie schon jetzt politische
Bündnisse mit wichtigen Mächten sowie einheimischen Fraktionen schmieden, die
stark genug sein könnten, um den Krieg schon sehr bald zu beenden.
Eine dringend notwendige Entscheidung der jemenitischen Regierung sollte
sein, eine dauerhafte nationale Verpflichtung zum Schutz der Maritimen
Seidenstraße einzugehen und zu helfen, die Piraterie zu beenden.
Beispielsweise könnte die illegale mörderische Blockade gegen den Jemen als
Nebenprodukt einer massiven internationalen Friedensmission zur See zur
Beendigung der Piraterie im Golf von Oman und im Roten Meer beendet werden. Da
diese Blockade eine illegale Umsetzung der UN-Resolution 2216 ist, gibt es
viele mögliche Manöver, um sie zu umgehen und zu beenden.
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